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#1
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AW: Du schaust überhaupt nicht krank aus!
Hallo!
Mir ist der Titel dieses Threads sofort ins Auge gesprungen. Und zwar, weil ich gemerkt habe, dass ich auf Sätze wie diese inzwischen regelrecht allergisch reagiere. Ich bekam schon mehrmals von Leuten, die wussten, dass ich krank bin, gesagt: "Du siehst aber gut aus!" Ich weiss, es war freundlich gemeint. Es sollte mich wohl aufmuntern. Aber es war eher das Gegenteil der Fall. Ich fühlte mich sozusagen als Simulantin gebrandmarkt. Wer so gut aussieht, kann ja nicht krank sein. So in dem Sinne. Ich denke, das haben die Leute nicht so gemeint. In meinem Kopf wurde es dazu. Ich habe gemerkt, dass ich allgemein - schon vor meiner Krebsdiagnose - dazu neig(t)e, Schuldgefühle zu haben. Ich fühle mich schuldig, selbst, wenn ich überhaupt nichts falsch gemacht habe. So interpretiere ich oft harmlose Aussagen um und gehe sofort in die Defensive, verteidige mich, obwohl ich überhaupt nicht angegriffen wurde, etc. Ich denke, es liegt also nicht an den "Anderen" etwas zu ändern, sondern an mir. Das sind meine persönlichen Überlegungen zu dem Thema. Ich will damit niemandem unterstellen, dass es bei ihm/ihr genau so ist! Dazu kommt noch etwas Anderes: Ich habe festgestellt, dass man mir meine Krankheit tatsächlich kaum ansieht. Das liegt einerseits daran, dass ich vor der Erkrankung einiges an Übergewicht hatte. Jetzt, da ich fast 30 Kilo leichter bin, bin ich normal gewichtig/schlank. Aber ich bin nicht mager. Und ich sehe dadurch tatsächlich besser aus. Ausserdem habe ich offenbar eine relativ starke Konstitution. Ich bin so der Typ "Bauernmagd". Ich bin ziemlich kräftig und hart im Nehmen. So kann ich - auch wenn es mir nicht gut geht - wenn nötig immer noch irgendwoher Kraft mobilisieren ... Zum Glück. In der letzten Zeit ist diese Fähigkeit zwar nicht mehr so stark vorhanden, aber ganz verloren habe ich sie noch nicht. Das wirkt dann auf mein Umfeld so, als ob es mir ganz gut ginge. Ich habe gemerkt, gerade bei den Ärzten hatte das am Anfang einen sehr negativen Effekt. Sie haben meinen Zustand positiver bewertet, als er effektiv war. Sprich, sie haben meine Erkrankung bis zum 1. Rezidiv nicht wirklich ernst genommen. So, das waren meine Gedanken zu dem Thema. Wer weiss, vielleicht fühlt sich ja jemand angesprochen, wenn nicht, auch kein Beinbruch. Habt einen schönen Restsonntag! Arsinoe |
#2
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AW: Du schaust überhaupt nicht krank aus!
Liebe Lena,
auch bei mir ruft der Satz recht allergische Reaktionen hervor... Mir sieht man meine ERkrankung (Lungenkrebs,Stadium IV) auch nicht an. Auch im letzten Jahr während der Chemo,obwohl es mir echt mies ging. Ich habe allerdings auch immer auf ein "perfektes" Äusseres geachtet,d.h. ohne dezentes Make-up oder mit unlackierten Nägeln bin ich nie vor die Tür gegangen. Liebe Arsinoe,über die Bauernmagd musste ich herzhaft schmunzeln! Ich bin auch so`n Typ "starke Frau". Bei den Ärzten empfand ich das nicht nachteilig. Eher im Gegenteil-wenn ich ausserhalb der Reihe nach einem Termin fragte,weil es mir schlecht ging,konnte ich immer SOFORT kommen. Meine Ärzte wissen,das ich erst "Hilfe" rufe,wenn ich den Kopf schon unterm Arm trage! Den blöden Spruch "Du schaust überhaupt... " (der wirklich oft nett gemeint ist) für mich aber auch oft im Unterton " So schlecht kanns dir ja nicht gehen!" mitschwingt konter ich folgendermassen : " Nicht wahr,der Krebs steht mir gut. Wenn ich das schon früher gewusst hätte..." Liebe Grüsse von Heaven (dem Himmel so fern)
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ED 12/2011 Primärtumor Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom (grosszellig) T2a,N2,M1b entsprechend Tumorstadium IV Dünndarmkarzinom pT3,pN1,R0,G3 Jan-April 2012 Chemo Cisplatin/Alimta Seit Mai 2012 in Remission Erhaltungstherapie mit Alimta bis Ende Juni 2012-seitdem Therapiepause! |
#3
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AW: Du schaust überhaupt nicht krank aus!
@Heaven: Guter Spruch! Ich hab mir schon überlegt, wenn jemand ein Kompliment zu meiner Figur macht, ihm die "Krebsdiät" zu empfehlen. - Mich nerven nämlich die Leute, die immer meinen schlank=gesund. - Aber das wäre wohl zu makaber ...
Hmmm ... Was das Zurechtmachen angeht, geht es mir ähnlich. Wenn ich nach draussen gehe, schminke ich mich meist auch und ziehe etwas Vorteilhaftes an. Irgendwie gibt mir das ein besseres Gefühl. Aber es hat natürlich auch zur Folge, dass man mir meine Krankheit weniger ansieht. Ich hab auch grosse Mühe mit Mitleidsbekundungen und so. Ich reagiere auf die Krankheit eher mit schwarzem Galgenhumor und schockiere damit nicht selten meine Umwelt. |
#4
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AW: Du schaust überhaupt nicht krank aus!
Liebe Arsinoe,
Galgenhumor ist für mich auch der beste Weg. Am besten klappt es die Leute mit ihren eigenen Waffen zu schlagen. Als selbständige Fahrlehrerin in einer Kleinstadt weiss nun auch der letzte Bescheid. Wenn mich dann Menschen,mit denen ich kaum was zu schaffen habe mit diesem besonderen Tonfall fragen: "Na, wie geht`s dir denn?" antworte ich mit breitem Lächeln: "Prima!" Um dann mitleidig/verschwörerisch ebenfalls in diesem Tonfall zu fragen: " Und DIR? Erzähl mal.." Die sind so verdattert,das ich schnell das Weite suchen kann. Ich kann mittlerweile ehrliches Interesse von diesem Pseudogelaber unterscheiden und ich muss mich auch nicht mit jedem "gutstellen"! Dafür ist mir meine verbleibende Lebenszeit zu schade.. Liebe Grüsse von Heaven (dem Himmel so fern) P.S. Lese im Darmforum immer fleissig bei euch mit,obwohl meine Dünndarm-Meta durch die erfolgte OP "kein Thema" mehr ist..
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ED 12/2011 Primärtumor Nichtkleinzelliges Bronchialkarzinom (grosszellig) T2a,N2,M1b entsprechend Tumorstadium IV Dünndarmkarzinom pT3,pN1,R0,G3 Jan-April 2012 Chemo Cisplatin/Alimta Seit Mai 2012 in Remission Erhaltungstherapie mit Alimta bis Ende Juni 2012-seitdem Therapiepause! |
#5
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AW: Du schaust überhaupt nicht krank aus!
Zitat:
Man sollte über unsere Krankheit wirklich nur mit Leuten reden, die selbst betroffen sind, und davon kenne ich nun einige, da ich in der Nähe einer Krebsklinik wohne. Liebe Grüße Gertraud |
#6
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AW: Du schaust überhaupt nicht krank aus!
Vielen Dank für eure Antworten!
Ich habe meinen Beitrag und eure Antworten heute noch einmal mit etwas mehr emotionalen Abstand gelesen. Vielleicht bin ich wirklich empfindlich geworden? In der Antwort von @Arsinoe finde ich mich aber total wieder. Nach außen hin gebe ich mich stark (gesundheitlich eigentlich sonst auch robust wie `ne Bauernmagd ), fasse aber gleichhin viele, vielleicht ernst gemeinte Aufmunterungen einfach negativ auf. Ich höre in meinem Kopf dann halt gleichbedeutend den Nebensatz "... dann kann es auch nicht so schlimm sein." Manchmal habe ich regelrecht das Gefühl, man erwartet von mir eine Entschuldigung, weil ich krank geworden bin und andere mit meiner Erkrankung eventuell belaste. Ich bereue meine Offenheit trotzdem nicht, denn ich bin auch auf viel Verständnis gestoßen. Ohne Hilfe hätte ich vieles nicht geschafft. Ich habe aber nie von Krebs gesprochen, sondern immer von einem Knochentumor, der halt leider bösartig ist. Ich meinte, das sollte bei vielen keiner Erklärung bedürfen, denn was das zumindest im wesentlichen bedeutet bzw. bedeuten kann, wusste auch ich vor meiner Erkrankung. Außerdem habe ich die Diagnose niemanden einfach so vor den Kopf geklatscht und danach unwissend stehen gelassen. Vor der Diagnose hatte ich halt über 8 Wochen einen extrem starken Husten, wobei ich mir dann auch spontan zwei Rippen gebrochen hatte und so führte eines zum anderen (Zufallsbefund). Durch den Husten haben sich bereits viele große Sorgen gemacht, deshalb habe ich meine Erkrankung nach und nach offen gelegt, sofern ich darauf angesprochen wurde. Euch allen deshalb einen ganz lieben Dank! Liebe Grüße Lena |
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