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Alt 13.12.2009, 22:09
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andrea79 andrea79 ist offline
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Registriert seit: 01.04.2009
Beiträge: 1
Unglücklich Papa, ich werde dich nie vergessen

Diesen "Brief" hab ich 5 Monate nach dem Tod meines Vaters geschrieben...
Alles begann Ende 2004, mein Papa hatte ständig schlimme Rückenschmerzen zwischen den Schulterblättern. Die Ärzte gaben ihm Spritzen, bis meine Papa von sich aus sagte er würde gerne ein MRT machen lassen. Am 6.1.05 kam er dann mit einem gebrochenen Brustwirbel ins Andernacher Krankenhaus, wo sie ihm aber auch nicht helfen konnten und ihn nach Koblenz ins Brüderkrankenhaus überwiesen. Die Ärzte hatten schon ihren Vermutungen, wollten aber noch nichts sagen, bevor sie sich nicht 100% sicher waren. Am 7.1.05 wurde er dann an der Wirbelsäule operiert und es wurde eine Probe ins Labor geschickt. Das Ergebnis bekamen wir dann eine Woche später: PLASMOZYTOM
In seinem Alter nicht mehr heilbar! Man könnt die Krankheit nur zurück drängen und hoffen dass sie nicht so schnell wieder ausbricht. Uns ließ die Krankheit nur knapp 4 Jahre
Für uns brach eine Welt zusammen, mein Papa meinte ganz tapfer: “Ich lass euch noch nicht alleine.“ Und er wollte kämpfen! Es war bestimmt nicht leicht! Aber er war tapfer und hat nie geklagt!
Er bekam Chemo ambulant, die nichts half und im Mai musste er nach Heidelberg in die Uniklinik zur 1.Hochdosischemotherapie mit Stammzellentransplantation (an meinem Geburtstag war er nicht da ). Die Chemo nahm ihn schon sehr mit, aber man hat gesehen wie´s ihm allmählich wieder etwas besser ging danach. Die 2. Hochdosischemotherapie mit Stammzellentransplantation folgte dann im November 2005, die leider von Komplikationen begleitet wurde wie Fieber, Durchfall und einem enormen Gewichtsverlust. Als wir ihn abholen durften hab ich mich richtig erschrocken, man hat ihm angesehen wie mitgenommen er war und was er hatte durchmachen müssen; er tat mir sooo leid und es tat so verdammt weh ihn so leiden zu sehn! Und wir konnten ihm nicht helfen
Wir haben ihn unterstützt wo wir konnten, aber wer möchte sich schon eingestehen, das er nicht alleine zurecht kommt und sich helfen lassen muss, sei es Dinge im Garten, am Haus usw zu machen… Ich konnte ihn ja verstehen!!! Aber er hat uns auch immer geholfen, nun waren wir an der Reihe, was eigentlich nur selbstverständlich war….
Er hat sich nie beklagt…. Wir wussten nie was in ihm vorging, weil er alles mit sich selber ausgemacht hat, er wollte uns nicht „zur Last“ fallen, so war er halt.
Anfang 2006 fuhr er dann 6 Wochen zur Kur nach Dobel. Er erholte sich gut, ging viel im Schnee spazieren und war aktiv.
Als er zurück war führte er das mit den Spaziergängen fort, was ihm sichtlich gut tat. Als im November 2006 meine Oma starb brachte ihn das zum grübeln und ich denke, das ihn das noch mal sehr intensiv zum nachdenken brachte und ihn sich erneut mit der Krankheit auseinander setzen ließ.
Das Jahr 2007 verlief im allgemeinen eigentlich sehr gut, er war froh wieder arbeiten zu können, zwar nicht mehr so wie vorher, aber er merkte den Fortschritt und das er bei meiner Renovierung gebraucht wurde, machte ihn schon glücklich denke ich. Er konnte wieder was tun!
Er bekam weiterhin seine monatliche Dosis Zometa ambulant um seine Knochen zu stärken und die Werte wurden regelmäßig überprüft. Sie waren auch soweit immer im grünen Bereich.
Anfang 2008 fuhr er dann 4 Wochen an die Ostsee zur Kur, er war gerne da oben im Norden….
Irgendwann danach bekam er wieder Rückenschmerzen, und obwohl seine Werte zwar grenzwertig waren, aber noch im Norm-Bereich lagen, empfahl der Onkologe wieder mit der Chemo anzufangen.
Das war im Mai….
Und jeden Monat zur Überprüfung wieder hin….
Begleitet von leichten Fieberschüben, wo wir alle dachten die kämen von der Chemo und er auf Anraten vom Arzt dann Antibiotika bekam und ein Teil seiner Chemo abgesetzt wurde.
Die folgenden „Nebenwirkungen“ schoben wir dann auf das Antibiotika, weil keiner von uns auf den Gedanken kam, dass das ein Schub seiner Krankheit war, selbst der Arzt nicht! Woher sollten wir das wissen???
Das war August/September….
Ende September bin ich dann umgezogen und er hat mir noch geholfen in meiner Arbeitsplatte für die Küche die Spüle auszusägen. Im nach hinein weiß ich, dass das alles für ihn eine Qual gewesen sein muss! Ich fühl mich echt schäbig dass mir das damals nicht aufgefallen ist!!!
Vom 9.10.-31.10.08 wollte ich nach Amerika in Urlaub fliegen.
Ich verabschiedete mich einen Abend vorher bei meinen Eltern. Meinem Papa ging´s da schon nicht gut, Fieber, Durchfall, er war schwach, hatte so gut wie nichts gegessen die letzten Tage und viel Gewicht verloren. Aber wir dachten das liegt an dem Antibiotika und es würde schon wieder besser werden.
Falsch gedacht….
Ich flog Donnerstags in Urlaub und er schleifte sich in seinem Zustand noch auf die Arbeit.
Er war einfach zu gut für diese Welt!!! Er hat es einfach nicht verdient!!!
Montags brachte meine Mutter ihn dann zum Hausarzt, der ihn direkt ins Krankenhaus überwies.
Hier folgten unzählige Test und Untersuchungen verbunden mit der Verabreichung von Antibiotika und sonstigen Flüssigkeiten, bis zu 5 Flaschen auf einmal….
Er bekam Blut bei einem Hb-Wert unter 8 (normal 13-15) und Blutplättchen wenn der Wert unter 10.000 (normal zwischen 150.000-450.000) war. Damit er nicht innerlich verblutet.
Ich glaube er hatte immer noch die Hoffnung dass es wieder besser wird…. :-(
Da ich ja nur telefonisch Kontakt hatte, hab ich das alles nicht so direkt mitbekommen und mir wurde auch nicht alles erzählt am Telefon.
Nach 2 Wochen an dem Donnerstag erfuhr ich dann wie schlimm es wirklich um ihn stand. Das es ein Schub seiner Krankheit war, das in seinem Knochenmark nur noch böse Zellen seien und das sie da nichts machen können, da er für Chemo zu schwach sei. Der Körper müsse von alleine anfangen wieder gesunde Zellen zu bilden. Und dass das an ein kleines Wunder grenzen müsste sagten sie uns direkt dabei; sie machten uns nicht viel Hoffnung. Mein Papa wusste nichts genaues, nur das es mit seiner Krankheit zu tun hatte, wie schlecht es wirklich aussah hatte ihm keiner gesagt, vielleicht wollte er es auch gar nicht wissen….
Für mich war sofort klar den „Urlaub“ abzubrechen und einen Rückflug zu buchen. Die Kosten waren mir egal!!! Er wollte dass ich bleibe und den Urlaub genieße! Wie sollte mir das möglich sein?!? Ich wusste mehr als er, konnte es ihm aber nicht sagen.
Freitags nachmittags bekam ich noch einen Flug und Samstagnachmittag war ich dann endlich zu Hause. Ich fuhr sofort mit meiner Schwester ins Krankenhaus und fragte sie direkt ob ich mich erschrecken würde wenn ich ihn sehe, das letztemal war ja 2 Wochen her….
Oh mann, ich kann es nicht beschreiben wie er aussah er war so mager und zerbrechlich, hab mich kaum getraut ihn anzufassen. Ich hab ihm die Kappe mitgebracht die ich extra für ihn gekauft hatte, er wollte eine schwarze haben, die er immer tragen kann draußen. Er sagte ich solle sie in den Schrank legen. (Hatte er noch Hoffnung???) Ich weiß es nicht, wir haben nie drüber geredet…. Leider!!!
Es tat verdammt weh ihn da so liegen zu sehn und ihm nicht helfen zu können! Und zu wissen das seine Chancen gleich null sind aber wir haben immer noch gehofft – vergeblich!!!
Montags nachts zerschnitt er sich die Infusionsschläuche und veranstaltet ein halbes Blutbad, Dienstags nachts bekam er Nasenbluten, das auch tagsüber nicht nachließ; dazu bekam er noch Wasser in die Lunge und ne Lungenentzündung. Er wurde von Tag zu Tag verwirrter, ruhiger und schwächer; bis Donnerstags wollte er immer aufstehen um zur Toilette zu gehen, obwohl er so wackelig auf den Beinen war - wir haben es geschafft! Heute wurde er noch mal gewogen, nur noch 58 kg; gegessen hat er seit Mittwoch gar nichts mehr. Seine Mutter war auch da, er hat es zwar realisiert, aber gar nicht weiter drauf reagiert, denke er wollte nicht das sie ihn so sieht! Jeder war noch mal da und ich denke er hat es mitbekommen und ihn auf eine spezielle Art und Weise gefreut! Er konnte sich so von jedem verabschieden!
Samstag war er gar nicht mehr ansprechbar, sie haben ihm Morphium zu Beruhigung gegeben. Ob er gemerkt hat was passieren wird??? Er war total unruhig, meine Mutter blieb über Nacht bei ihm.
Sonntag morgen kurz nach fünf (ich war grad auf dem Weg zur Arbeit) klingelte mein Handy, meine Mutter war dran, ich soll so schnell wie möglich ins Krankenhaus kommen, Papa würde es sehr schlecht gehen.
Ich kam grade noch rechtzeitig, hat er auf mich gewartet?! Ich nahm seine Hand, er holte noch zwei mal tief Luft, und dann hörte er einfach auf zu atmen…. Am 2.11.08 um 6:35 Uhr ist er gestorben… Er hat uns einfach verlassen…. WARUM??? Es tut so verdammt weh!!!
Papa wir brauchen dich doch!!!

Unser Schutzengel wird immer bei dir sein und deine Kappe kannst du jetzt auch tragen da oben…



Es gibt 3 Fragen die mich nicht loslassen:

Hast du sehr gelitten?
Hast du gemerkt dass du sterben wirst?
Hattest du Angst davor oder hast du auf die "Erlösung" gewartet?

Und es tut heute immer noch verdammt weh! Wird es besser irgendwann? Glaube ich werde nie damit fertig!!! Es ist so ungerecht!!!





"""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""""" """"""""""""""""""""""""""""""

Mein Papa Rudi *10.02.51 +2.1108

Geändert von andrea79 (13.12.2009 um 22:16 Uhr)
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  #2  
Alt 13.12.2009, 22:16
martina1964 martina1964 ist offline
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Ort: Köln
Beiträge: 88
Standard AW: Papa, ich werde dich nie vergessen

Es tut mir sehr leid, ja es gibt den Schmerz, der nie vergeht - aber irgendwann wandelt er sich um und man lernt damit zu leben

Ich wünsche dir viel Kraft
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  #3  
Alt 14.12.2009, 08:05
Bremensie Bremensie ist offline
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Registriert seit: 25.11.2007
Beiträge: 758
Standard AW: Papa, ich werde dich nie vergessen

von Erika
__________________
Jeder Tag ist der Anfang des Lebens.
Jedes Leben der Anfang der Ewigkeit.
(Rainer Maria Rilke)
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  #4  
Alt 14.12.2009, 10:28
Benutzerbild von Artemis
Artemis Artemis ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 02.07.2009
Beiträge: 318
Standard AW: Papa, ich werde dich nie vergessen

Liebe Andrea,
ja es ist eine schwere Zeit. Das glaube ich dir.
Mein Beileid.
Ich wünsche dir ganz viel Kraft für die schwere Zeit.

Liebe Grüße Artemis
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__________________


Meine geliebte Mama ist jetzt ein Engel
07.04.1948-18.06.2009
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  #5  
Alt 14.12.2009, 12:17
Benutzerbild von Wetterhexe
Wetterhexe Wetterhexe ist offline
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Registriert seit: 11.09.2008
Ort: Stuttgart
Beiträge: 142
Standard AW: Papa, ich werde dich nie vergessen

Liebe Andrea,
ich weiß nicht ob der Schmerz irgendwann aufhört,
aber ich hoffe ds er besser wird.
Ich wünsche dir viel Kraft.
Alles liebe
Wetterhexe
__________________
Mein lieber Paps
31.08.1955 bis 03.03.09

Unser neuer gemeinsamer Lebensweg ging viel zu schnell zu Ende.
Ich vermisse Dich
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  #6  
Alt 14.12.2009, 13:36
Benutzerbild von Ute08
Ute08 Ute08 ist offline
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Registriert seit: 26.02.2009
Beiträge: 939
Standard AW: Papa, ich werde dich nie vergessen

Auch ich möchte dir ganz viel Kraft wünschen.
Ich kann gut verstehen, wie du dich fühlst,
weil ich noch ganz am Anfang unserer Trauer bin.
Gerade jetzt in der Weihnachtszeit ist es nochmal
doppelt schlimm. Allewelt freut sich auf die Festtage
und man selbst weiß gar nicht, was man feiern soll.
Alles, alles Liebe
__________________
Meine Tochter Melanie + 31.10.2009 14.54 Uhr
Du durftest nur 17 Jahre alt werden.
Ich werde dich immer in meinem Herzen haben!!!
www.darkprincess-melaniehuemmer.de
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  #7  
Alt 14.12.2009, 13:58
Antara-01 Antara-01 ist offline
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Registriert seit: 23.06.2008
Ort: Niederrhein
Beiträge: 56
Standard AW: Papa, ich werde dich nie vergessen

Liebe Andrea,

mein Beileid. Ja, es fühlt sich an, als würde man zerrissen. Und dieser Schmerz frisst sich immer tiefer und tiefer. Ich weiß nicht, ob er jemals "besser" wird, aber er wandelt sich mit der Zeit und man lernt wohl mit der Zeit, mit diesem Schmerz zu leben.

Die ersten Wochen fahren nicht nur die Gefühle Achterbahn, sondern auch die Gedanken kreisen immer und immer wieder auf's neue. Ich kenne das. Immer wieder sieht man Bilder, geht nochmals durch Situationen durch, fragt sich, hätte ich hier oder da vielleicht doch etwas anders machen können... Deine drei Fragen wird dir wohl niemand beantworten können... Ich weiß, dass meine Ma wusste, dass sie sterben würde. Sie sagte schon Anfang 2009, dass sie im August sterben würde, und so kam es. Am 07.08. brach sie am Nachmittag zusammen und sagte "jetzt sterbe ich", und am 09.08. schlief sie ein. Sie wusste es. Hatte sie Angst? Ja, sicherlich war auch Angst dabei. Hat sie sehr gelitten? Sie hat in der Zeit davor so sehr gelitten... Sie sagte so lange schon, sie möchte nur einschlafen und nicht mehr aufwachen und sich quälen müssen. Ja, es war wohl auch eine Erlösung. Es war sicherlich nicht der Ausgang, den wir uns alle gewünscht hatten, aber der einzige, den es gab. Es lag nicht mehr in unseren Händen...

Ich wünsche dir viel Kraft für die kommende Zeit,

Yvonne
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