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  #1  
Alt 03.08.2005, 07:53
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Die Liebe meines Lebens

Mein Liebster Schatz,

heute haben wir unseren 39. Jahrestag, leider mußtest Du am 8.5. diese Welt schon verlassen.

Wir kannten uns schon als Kinder, aber mit 17 hat es uns dann erwischt. Die große Liebe! Natürlich waren unsere Eltern nicht begeistert. Du noch in der Lehre und ich hatte schweres Asthma. Aber es wäre niemand auf der Welt gelungen uns davon abzuhalten, zu heiraten. Nach zwei Jahren war es endlich soweit und der schönste Tag in unserem damaligen Leben brach an. Als wir sagen mußten:" Bis daß der Tod uns scheidet" glaubten wir natürlich daran. Aber daß Du mich so jung verlassen mußtest, hätte ich damals nie geglaubt. Von unseren Freunden ist nur noch ein Paar so lange verheiratet wie wir, die anderen trennten sich alle. Uns hat nun wirklich der Tod erst getrennt, aber Du wirst immer bei mir sein, bis der Tag kommt an dem wir uns wieder sehen werden.

Es ist so schrecklich schwer ohne Dich zu leben. Da sind all die Leute, die schon während Deiner Krankheit und jetzt erst recht kaum wissen, wie sie mit mir sprechen sollen. Da ist die leere Wohnung, noch nie hatte ich in meinem Leben allein gelebt und nun ist da diese große Leere. Da sind all die Momente, in denen ich mir in Gedanken sage, wenn Heinz kommt dann muß ich ihm das gleich erzählen. Bis mir wieder einfällt, daß Du nie mehr kommen wirst. Unsere Tochter ist mir eine große Hilfe und der einzige Grund, warum ich noch leben will. Als sie ein Jahr nach unserer Hochzeit mit 7 Monaten zur Welt kam und wir so große Angst um unser Frühchen haben mußten, da schweißte uns das alle drei für immer zusammen. Sie war immer unser großer Stolz. So vernünftig und begabt und immer für ihre Eltern da. Wir hatten alle drei immer die gleichen Urlaubsinteressen und deshalb fährt sie auch heute noch mit uns in Urlaub mit. Es wird nun sehr schwer werden, wenn wir nächste Woche ohne Dich nach London fliegen werden. Die Stadt die Du so geliebt hast und selbst als Du schon schwer krank warst, hast Du immer noch neue Ecken im Stadtplan gesucht, an denen wir noch nicht waren. Aber ich weiß, Du wirst bei uns sein und neben uns all die neuen Dinge sehen, die Du auch noch nicht kennst.

Deine schwere erste Krebserkrankung 2003 (Tonsillenkarzinom) und dann ein Jahr voller Freude und Spaß und schöner Urlaube und Tagesfahrten und dann 2004 am 23. Dezember die schreckliche Diagnose (Pankreaskarzinom). Ich habe im Thread geschrieben unter "Zuversicht" und viele liebe Angehörige und Betroffene haben mir geschrieben. Als wir uns damals nach der Diagnose ansahen, habe ich in Deinen Augen gesehen, wieviel Angst Du hast und daß es vielleicht diesmal keine Hoffnung mehr gibt. Aber Du hast wieder so tapfer gekämpft und wir beide hatten nochmal Hoffnung geschöpft. Als Du am 8. Mai endlich erlöst warst, da hatte ich erst mal nur eine große Erleichterung verspürt, daß Du endlich nicht mehr leiden mußtest. Aber nach einiger Zeit begann dann die große Verzweiflung. Ich konnte nur noch weinen und man stellt sich immer die Frage, die doch keiner beantworten kann: Warum?
In einer Todesanzeige las ich einen Spruch, der auch auf Dich zutrifft:
Als Gott sah,
daß der Weg zu lang,
der Hügel zu steil
und das Atmen zu schwer wurde,
legte er seinen Arm um Dich
und sprach: "Komm heim".

Ich weiß, daß Du nun an einem Ort bist, an dem es nur noch Frieden und Glück und Gesundheit für Dich gibt. Nie wieder wirst Du dich hetzen oder ärgern müssen und nie mehr Schmerzen leiden. Dein Essen wird nun wieder schmecken und Du kannst mit Freude auf uns schauen und an unserem Leben teilhaben, denn auch für uns bist Du noch immer um uns.

Als wir kürzlich einen Ausflug machten, sah ich am Bahnhof ein kleines Büchlein: "Du fehlst mir so". Mir kamen sofort die Tränen und ich bat unsere Tochter es für mich zu kaufen. Daheim in einer stillen Stunde las ich dann darin und fand einen Spruch, der genau beschreibt, was ich jeden Tag fühle:

Morgens fehlt dein sanfter Kuss,
der meinen Tag willkommen heißt.
Mittags fehlt ein liebes Wort,
mit dem du mich ermunterst.
Abends fehlt das zarte Streicheln,
das mir deine Liebe zeigt.
Nachts da fehlt dein ruhiger Atem,
der mich sicher schlafen läßt.
Du fehlst mir so...

Ja, mein lieber Schatz, nun sehe ich Dich also nur noch auf dem Foto, das Dich wieder gesund und glücklich zeigt und mich vergessen läßt, wie dünn und elend Du am Schluß ausgesehen hattest. Für mich bist Du wieder mein gesunder, starker Fels in der Brandung, der immer für mich da war und mich in meinen schlimmsten Stunden aufbaute und immer zu mir stand, selbst wenn ich mal Mist baute.
Nun werden wir beide vor nichts mehr Angst haben müssen und unsere Liebe wird ewig dauern, auch über den Tod hinaus.

Seit ein paar Tagen, geht es mir nun besser (vielleicht die nächste Stufe der Trauerarbeit?) ich weine nicht mehr (kaum mehr) und kann an Dich denken und alte Fotos ansehen, ohne Tränen und unerträglichen Schmerz. Ich freue mich auf "unser" neues Leben und den Urlaub, denn Du wirst ja immer bei uns sein und genauso viel Spaß haben.

Ich liebe Dich, Heinz

Delia
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  #2  
Alt 20.08.2005, 21:51
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

nun muß ich also als Delia1 schreiben, weil irgend jemand sich im Februar 2005 unter Delia angemeldet hat. Dabei schreibe ich doch schon seit 2003. Na ja, macht ja nichts, du weißt ja, daß ich es bin. Schade nur, daß nun alle meine Artikel nur als "Gast" dastehen.

Nun haben wir also den ersten Uraub ohne dich verbracht. Es war eine herrliche Woche in London. Wir haben so viel gelacht, aber auch so viel geweint. All die Straßen und Plätze, die wir gemeinsam seit 1987 besucht haben und du hast gefehlt. Kein gemeinsames Bier im Pub, kein Spaziergang an der Themse. Unser erster Ausflug nach Southampton, da habe ich die halbe Fahrt geweint, weil ich nicht fassen konnte, daß ich nun allein mit Carina im Zug sitze. Wir saßen am Pier und haben etwas getrunken und aufs Meer geschaut und uns erinnert, wie schön es 2001 war, als du dabei warst. Seit 2001 konnten wir nicht mehr nach England und letztes Jahr hatten wir uns noch gefreut, diesen Sommer zu fahren. Es sollte nicht sein. Obwohl wir meist bei den Fahrten im Zug geweint haben, spürten wir dich doch ganz nah bei uns. Und wir hörten dein Lachen (du hattest uns ja immer gewarnt, daß wir all die Einkäufe selbst schleppen müßten, wenn du mal nicht mehr da bist), als wir ein kleines Boardcase in Hastings kauften, weil wir sonst nicht mehr alles untergebracht hätten. Und natürlich ist ein Zweibettzimmer auch nicht so groß wie ein Dreibettzimmer. Mit dem Essen waren wir auch etwas nachläßiger, als wenn du dabeigewesen wärest. Mal nur etwas Käse und Brot auf einer Parkbank, oder ein Sandwich und kein Abendessen. Nachdem wir dich wirklich ernsthaft mit uns schimpfen hörten, haben wir uns nach drei Tagen zusammengerissen und sind wieder abends brav essen gegangen.

Es war ein schöner Urlaub und wir wissen, daß du weiter auf uns achten und auch viel Vergnügen haben wirst. Aber du fehlst so sehr und wenn es jetzt dann auch schon wieder vier Monate werden, daß du nicht mehr da bist, es kommt mir vor wie gestern.

Nächste Woche werden wir uns mit deinen alten Kollegen treffen und sicher auch viel Spaß haben und du wirst uns lächelnd beobachten.

In zwei Wochen fahren wir nach Italien (wo wir seit 34 Jahren so glückliche Sommerferien verbracht haben) und da werden wir die traurige Nachricht all unseren Freunden überbringen müssen, die noch gar keine Ahnung haben, daß es dich nicht mehr gibt.

Ich liebe dich mein Schatz und weiß, du wirst immer bei mir sein.

Delia
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  #3  
Alt 25.08.2005, 07:14
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

ich habe gestern einen sehr schönen Spruch in der Zeitung gefunden.
Er soll in Franken an einer Kirche im Altmühltal stehen:

"Herrlich ist der Tod,
da ein End der Arbeit,
eine Vollendung des Siegs,
eine Tür des Lebens und
ein Eingang der vollkommenen Sicherheit."

Du bist nun schon durch diese Tür getreten und ich bin noch hier. 39 Jahre hast du für mich und unsere Tochter gesorgt. Harte Jahre und doch schöne Jahre und nun bist du in einer schöneren Welt. Für uns beide dagegen ist es so hart, daß man manchmal nicht weiß, wie es weitergehen soll. Du fehlst uns so. Und gerade in der schlimmsten Zeit der größten Niedergeschlagenheit, bist du plötzlich wieder da und schaust nach uns. Wir haben von Britisch Airways wegen des Streiks 50.000 Meilen geschenkt bekommen. Dafür können wir nun viermal umsonst nach England. Ich glaube also es hat dir sehr gefallen und du willst wieder hin, oder? Wir werden also in der Vorweihnachtszeit nochmal fliegen, du wolltest ja wieder mal die Weihnachtsbeleuchtung in London sehen.

Ich hab dich lieb!

Delia
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  #4  
Alt 31.08.2005, 18:28
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

das ist er nun also, mein erster Geburtsatg ohne dich.

Nun bin ich also bis zum 17.April wieder ein Jahr älter als du. Aber nun bist du ja nicht mehr da. Nun warst du nicht mehr der erste, der mir morgens übers Haar strich, mich küßte und in den Arm nahm und einen schönen Geburtstag wünschte. Nun hat also unsere Tochter diesen Part übernommen. Noch nie haben mich so viele Leute angerufen und mir gratuliert, wie heute. Aber es sind nicht Menschen, die wegen deines Todes sich plötzlich an mich erinnern. Es sind lauter gute Freunde, die anrufen, weil sie wissen, daß dies im Moment sehr wichtig ist. In all den Jahren war es nicht wichtig für einen von uns. Wir alle wußten, daß wir gute Freunde sind, auch wenn die Gratulation mal zu spät kam, aber heute, dachten alle an mich und natürlich auch an dich.

Du fehlst mir so sehr! Hier im Forum sind lauter Menschen, die wissen, wie ich mich fühle. Auch sie haben Menschen verloren, die sie über alles geliebt haben. Und ich liebe dich über alles und für immer. Ich freu mich, daß du am letzten Freitag die Sonne geschickt hast, so daß das Treffen mit deinen Kollegen doch noch im Biergarten stattfinden konnte. Alle meinten, der Karli möchte doch lieber im Biergarten sitzen als in der Wirtschaft und deshalb hat er das schöne Wetter geschickt. Und es waren so schöne Stunden und wir haben alle viel gelacht und du warst für uns alle immer mit dabei.

Heinz, ich liebe dich und du wirst immer bei mir sein.

Delia
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  #5  
Alt 27.09.2005, 20:08
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

das war er also, unser erster Italienurlaub nach 34 Jahren ohne dich.
Wir haben in diesem Urlaub mehr Leid und Freude erlebt, als wir uns hätten vorstellen können. Ganz zu schweigen von den "Dingen" die es gar nicht geben kann und wenn mir jemand anderer davon erzählt hätte, ich könnte es nie glauben, dass so was möglich ist.

Schon bei der Ankunft am Flughafen von Venedig war alles anders als sonst. Es "regnete" zum ersten mal in 34 Jahren. Als würde auch der Himmel mit uns trauern. Auch unser alter Taxifahrer, dessen Frau letzten Mai an Krebs starb war noch sehr traurig und meinte, dass seine Trauer eigentlich immer mehr würde statt weniger.
Während der ganzen Stunde Fahrt hat es geregnet und kurz vor unseremZiel gab es dann noch einen schlimmen Unfall. Vor uns fuhr ein Wagen und ein anderer kam uns entgegen, als ein junger Mopedfahrer noch dazwischen überholen wollte. Wir sahen ihn erst, als das Moped auf die eine Strassenseite flog und er über den Kühler des Wagens vor uns schleuderte. Aber er hatte wirklich jede Menge Glück, denn er konnte sofort aufstehen und es hat ihm wohl auch nichts gefehlt, nur der Schock stand ihm ins Gesicht geschrieben.

Als wir endlich im Dorf ankamen, ging es dann schon los und wir mußten an der Rezeption erzählen, dass du nicht mehr dabei bist und so ging es auch den ganzen Tag weiter. All die Leute die dich 34 Jahre lang kannten und liebten. Uns ging es sehr schlecht und am Liebsten wären wir wieder heimgeflogen. Am Abend dann der leere Stuhl an unserem "Stammtisch" im Restaurant und dann nachts, das leere unbezogene Bett neben mir. Am Morgen als die Sonne mich weckte und ich rübersah, wo du doch eigentlich schon wach gelegen und in einem Buch gelesen hättest. Ich konnte nur noch weinen. Als ich nachher mit Carina sprach gestand sie mir, dass sie in dieser Nacht, genauso wie ich, schreckliche Angstzustände und Beklemmungen hatte. Wir schworen uns, wenn es am dritten Tag nicht besser ist, fliegen wir wieder zurück.

Der zweite Tag war auch nicht sehr leicht, denn wo wir auch hingingen, folgten wir deinen Spuren von all den Jahren, die du auch mit uns dort gelaufen bist. Und immer wieder trafen wir Bekannte, die es noch nicht wußten und entsetzt waren und weinten. Auch das Abendessen an diesem Tag war noch nicht sehr schön. Und als wir zu Bett gingen, dachten wir eigentlich schon an den Rückflug.

Aber am dritten Tag schien beim Aufwachen die Sonne etwas heller zu scheinen und ich hatte ein unglaubliches Glücksgefühl in mir. Als ich zu Carina ging und es ihr erzählte, meinte sie, dass es ihr genauso gehen würde. Auch sie hatte zum ersten mal sehr gut geschlafen und nun das Gefühl es würde ein schöner Urlaub werden. Wir haben plötzlich beide das Gefühl gehabt, als wolltest du nun deinen Urlaub mit uns geniessen. Und wir haben den ganzen Tagesablauf geändert. Sind zum Markt und haben "natürlich" wieder etwas Kleidung gekauft und hörten auch schon wieder von dir :"Na ja ihr müßt es ja schleppen". Dann nachmittags im Ort spazieren und abends nicht ins Restaurant, sondern Pizza al taglio im Stehen gegessen und nachher in der Bar unseres Restaurants ein Weißbier und einen Grappa getrunken. Unser lieber Wirt war so begeistert, dass wir wenigsten noch auf einen Drink reinschauen, dass er den Grappa für uns ausgab. Nach einem sehr schön verbrachten Tag, gingen wir beide glücklich ins Bett. Hätten wir ahnen können, was am nächsten Tag passiert, hätten wir sicher nicht so seelig geschlafen.

Unser vierter Tag begann sehr früh. Schon um halb sieben ans Meer den Sonnenaufgang anschauen und weil es so nett war, liefen wir gleich die paar Kilometer den Strand hinauf bis zur Insel Albarella. Natürlich war es in der Zwischenzeit schon ganz schön heiß geworden und Carina meinte auf dem Rückweg man könne ja im nächsten Ort ein Eis kaufen, wie immer. Ich erklärte ihr, daß ich doch gar kein Geld dabei hätte und sie meinte, dass ich dich doch ersetzten müßte, denn du hattest ja immer etwas Geld in deiner Shorts. Auf meine Antwort, dass ich mich daran auch erst gewöhnen müsse, schaute sie mit einem vorwurfsvollen Blick nach meiner Seite in den Himmel und meinte:" Siehst du Dad, sie kann dich einfach nicht ersetzten und du fehlst auch bei den wirklich wichtigen Dingen. Jetzt gibt’s kein Eis für dein Kindi." Nun liefen wir also in der Hitze weiter den Strand entlang. Bei diesem Strand handelt es sich um einen sogenannten "wilden" Strand, das heißt er wird nicht gepflegt und es gibt da auch kaum Leute nur ab und zu ein paar Spaziergänger. Wir liefen noch ein paar Minuten, als ich am Boden eine angeschwemmte Wurzel sah und darunter etwas rosa silbernes. Als ich Carina darauf hinwies und meinte sie solle es doch mal anschauen, bückte sie sich und hob das Stück Papier auf. Ich sah ihre Verblüffung als sie sie es entfalltete und ihren Blick in den Himmel mit einem :"Danke Dad". Es war ein nagelneuer 10 Euroschein!! Man kann es nicht glauben. Wie und breit war kein Mensch zu sehen und der Schein war auch wirklich ganz neu und schön gefaltet und nicht nass, obwohl der ganze Boden vom Meerwasser patschnass war. Man könnte nun sicher viele Erklärungen finden, aber für uns gab es nur eine. Du wolltest uns eine Freude machen und den Urlaub wieder so richtig mit uns geniessen. Wir haben uns also das Eis doch kaufen können und auch gleich die Einkäufe für mittag und das Gefühl, dass du bei uns bist wurde noch stärker. An diesem Abend sind wir wieder ins Restaurant und der leere Stuhl war plötzlich nicht mehr so leer und der Abend klang wunderschön aus.

Auch am nächsten Tag liefen wir wieder den Strand hoch und unterhielten uns über dich, wir haben seit deinem Tod noch nie so viel über dich geredet wie hier. Ist ja auch kein Wunder Strand rauf und runter sind drei Stunden. Wir waren auf Muschelsuche, weil es in der nacht etwas gestürmt hatte und da findet man oft welche. Aber es gab keine wirklich schönen Muscheln und wir waren schon etwas enttäuscht, als Carina sich plötzlich bückte und meinte:"Schau mal, die sieht ja interessant aus." Sie hielt mir eine Engelsflügelmuschel hin. Die gibt es eigentlich hier gar nicht und wir hatten uns vor vielen Jahren mal eine sehr teuer in England gekauft, weil es sie nur in Amerika und der Südsee gibt. Und nun lag sie hier am Strand von Rosolina Mare. Carina meinte, dass du uns die wohl geschickt hast. Ein kleines Engelsflügelchen. An der Muschel fehlte die Spitze und sie hatte einen kleinen Sprung und Carina meinte:"Siehst du, wie Dad. Er war auch nur ein Mensch und nicht perfekt und hatte auch seine kleinen Fehler und hiermit zeigt er es uns, dass er es auch weiss."

Am letzten Tag sind wir wieder den Strand hoch zum Abschied und haben über dich geredet. Ich war mal wieder sehr traurig, weil du mir ein paar Tage vor deinem Tod Blumen schenken wolltest. Du hattest Carina gebeten, schöne zu besorgen. Doch es gab gerade da keine und du hast zu ihr gesagt, sie solle dann morgen welche besorgen. Leider ging es dir dann so schlecht, dass sie nicht mehr daran dachte und dann hast du uns verlassen. Ich habe die Blumen also nicht mehr rechtzeitig bekommen. Und während wir noch so davon reden und am Strand laufen, bückt Carina sich plötzlich und meint:" Ich glaube Dad möchte dir jetzt seine Blume schenken." Und sie hält mir eine kleine wunderschöne rote Seidenrose entgegen. Und auch sie war total trocken im Sand gelegen, obwohl der Sand nass vom Wasser war und weit und breit kein Mensch zu sehen. Ich hielt die Rose in meinen Händen und sie war wunderschön und ähnelte etwas der kleinen Plastikrose, die du mir bei unserem ersten Oktoberfestbesuch geschossen hattest. All das war zuviel für mich und ich begann hemmungslos zu heulen. Carina meinte, ich solle doch aufhören, weil du uns doch zeigen willst, wie sehr dir der Urlaub gefallen hat. Und wie um es zu bestätigen, erschien in diesem Moment der größte und schönste Regenbogen über dem Meer, den ich je sah. Er ging von einem Ende des Horizonts bis zum anderen. Und Carina meinte, dass du uns nun wohl nach Hause begleiten möchtest. Den ganzen Weg bis Nachhause war er da und er verblasste von hinter uns, so als wolle er uns den Weg nach vorne noch zeigen. Als wir wieder an den belebten Strandteil kamen, standen alle Leute da und staunten über diesen herrlichen Regenbogen. Ich fühlte mich so getröstet und beschützt und wußte, dass auch du diesen Urlaub genossen hast.

Nun sind wir wieder zuhause, aber in meine Trauer mischt sich immer mehr dieGewissheit, dass vielleicht stimmt was schon in alten Büchern steht: Wenn die Liebe sehr groß ist, wird sie auch nach dem Tod nicht enden. Ich glaube, es gibt wirklich Dinge zwischen Himmel und Erde, die man nicht erklären kann. Aber warum sollte man das auch wollen, wenn es so herrliche Dinge sind, wie wir sie erlebt haben.

Bis bald
mein Schatz
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  #6  
Alt 04.10.2005, 08:01
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

heute hätten wir also unseren 37. Hochzeitstag.

Letztes Jahr hatte ich in mein Tagebuch geschrieben: Der schönste Hochzeitstag seit 20 Jahren. Als ob wir geahnt hätten, daß es unser letzter war.

Wir haben so viel erlebt und durchlebt in all diesen Jahren, aber das wichtigste war, daß wir immer zusammengehalten haben. Wir haben zusammen gelacht und auch geweint. Wir haben unser Leben aufgebaut und unsere wunderbare Tochter bekommen und aufwachsen sehen. Ich weiß, daß es dich sehr beruhigt hat, daß sie mir nun beisteht (oder besser gesagt, wir bauen uns gegenseitig auf, jeden Tag aufs neue), aber auch ihr fehlst du so unendlich und im Moment geht es uns beiden nicht sehr gut. Ich habe begonnen, all meine Tagebücher in den Computer zu übertragen, so kann ich sie später einmal Carina auf CD brennen. Wenn sie dann später mal allein ist, kann sie die verrückten Abenteuer ihrer Eltern nachlesen. Ich kann durch dieses Abschreiben auch nochmal unser ganzes Leben nachvollziehen und habe festgestellt, daß mir das im Moment wirklich hilft. Es ist so viel zum Lachen drin. Selbst wenn ich jeden Tag einen Monat abschreibe wird es fast 2 Jahre dauern.

Unser Leben! Wie herrlich war es doch dich lieben zu dürfen und von dir geliebt zu werden. Was für eine untrennbare Einheit waren wir drei gegen den Rest der Welt. Und nun versuchen wir zwei noch zu retten, was zu retten ist. Aber wir danken dir auch, für all die Zeichen die du uns schickst. Wir haben schon festgestellt, daß du immer nur bei einem von uns beiden bist (man kann sich also doch nicht so ganz aufsplitten dort oben ,oder hi,hi!).

Ich liebe dich und du lebst immer noch mit uns jeden Tag. Nur umarmen und küssen kann ich dich nicht mehr und gerade das fehlt mir so. Deine starke Schulter zum anlehnen und deine Backe, die so gut nach deinem Rasierwasser duftet. Aber wenn ich traurig bin, spüre ich immer noch deine Hand, die über mein Haar streicht und deine Augen die mich so lieb ansehen.

Ich werde dich immer lieben, mein Schatz

Deine Frau
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  #7  
Alt 09.10.2005, 21:30
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

seit einer Woche habe ich nun damit begonnen, all meine Tagebücher der vergangen 39 Jahre in den Computer zu übertragen. Und dabei bin ich auf den folgenden Eintrag gestoßen. Er stammt vom 9.März1967 und wir kannten uns damals schon 7 Monate und waren auch schon verlobt.

"Ich schwöre dir mein Schatz, meine Liebe wird solange dauern, wie der Mond und die
Sterne am Himmel stehen und die Erde sich um die Sonne dreht. Und wenn es nach
dem Tod noch ein Leben gibt, dann werde ich dich auch dann noch lieben. Deine Braut."

Ich hätte nie geglaubt, daß der letzte Teil dieser Zeilen schon so bald eintritt. Aber ich werde dich wirklich immer lieben, bis wir uns eines Tages auf der anderen Seite wieder treffen werden und dann werden wir noch mehr Spaß haben als wie in dieser Welt.

Ich liebe dich

Deine Frau
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  #8  
Alt 12.10.2005, 22:11
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

heute wurde unsere Tochter 36. Was für ein trauriger Geburtstag.

Wir haben uns nach Kräften bemüht um etwas Fröhlichkeit aufkommen zu lassen und es ist uns auch gelungen. Ich glaube es war auch Dank deiner Hilfe.
Als ich heute morgen einkaufen ging und in Gedanken zu dir sagte, daß du doch wieder mal so ein Wunder wie in Italien geschehen lassen könntest, da dachte ich nicht, daß wirklich sowas passiert. Aber als ich dann diese lustige Geburtstagskarte fand, die wirklich nur von dir sein konnte und laut Verkäuferin nur "20 Cent" kostete.
Und nachher auch noch diese Riesenfledermaus, auch die ein Sonderangebot für 50% weniger. Da wußte ich, das warst du und du wolltest Carina wieder mal etwas für ihre Sammlung schenken. Dieses Mal mußte ich also nicht das Geschenk besorgen, sondern nur mitnehmen und zahlen. Und unsere Tochter hat sich so über die Fledermaus gefreut, obwohl sie meinte, daß man sich gleich drin einwickeln könne.

Am Freitag werden wir einen Ausflug machen und ich weiß, du wirst uns begleiten.

Ich liebe dich
Delia
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  #9  
Alt 22.10.2005, 20:20
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

nun ist sie endlich zu Ende diese stressige Woche. In dem Haus in dem unsere Tochter wohnt (Baustelle seit nun 2 Monaten) wurden neue Fenster eingebaut. Und statt 2 Tage hat es 4 Tage gedauert und es fehlen immer noch ein paar Kleinigkeiten. Ich hätte dich so dringend gebraucht. Du konntest mich immer so beruhigen, wenn ich Stress hatte, mich massieren, eine Umarmung, ein Kuß und auch nur ein über die Haare streicheln. All das hat mich wieder zurückgebracht und beruhigt. Nachdem nun der Stress vorbei ist, fehlst du mir wieder so schrecklich und ich weine wieder mal einfach so los.

Als ich heute einkaufen ging, in diesem herrlich bayerischen Föhntag mit dem blauen Himmel und den weißen Wölkchen, da habe ich dich beneidet. Du kannst nun von dort oben überallhin, wohin du auch möchtest. Du bist immer jeden Tag so gern spazierengegangen. Du konntest stundenlang laufen und hast dich dabei entspannt, vom Stress der Arbeit und der Hektik des Tages. Nun kannst du also auch mal kleine Abstecher überallhin auf die Erde machen. Vielleicht nach China (möchtest du mal schauen, ob die Qigong anders unterrichten als Carina und ich) und vielleicht auch mal nach San Francisco. Wir waren dort vor fast 25 Jahren. Und vielleicht willst du ja mal nachschauen, ob es dort im Hofbräuhaus noch immer Pfälzer als Knockwurst und abgebräunte Kartoffel als Kartoffelsalat gibt. Wir hatten uns damals sehr darüber amüsiert und gemeint, daß wir selbst schuld sind, wären wir halt zum Italiener gegangen.

Ich liebe dich unendlich und freue mich für dich, daß nun die unendliche Weite des Weltalls für deine Spaziergänge da ist. Und noch mehr freue ich mich, wenn du wieder mal nach uns schaust und uns kleine Zeichen sendest, an denen wir erkennen können, daß du an uns denkst und uns auch liebst.

Bis bald

Delia
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  #10  
Alt 29.10.2005, 21:00
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

habe eine neue TV-Bank bei Ikea erstanden und heute aufgebaut Ich weiß genau, sie würde dir gefallen. Ein neues Stück in meiner (früher unserer) Wohnung. Noch immer ist es ein reißender Schmerz,wenn ich merke, daß es nun nicht mehr unsere Wohnung ist. Als ich gleich nach deinem Tod begann, die Wohnung zu verändern, um darin ein neues Leben beginnen zu können, war es noch verhältnismäßig leicht. Aber nun fast 6 Monate danach, fällt mir jedes Stück, das ich verändere furchtbar schwer.

Gaby hat nun, nach dem Tod ihres lieben Franz, einen neuen Mann in ihrem Leben gefunden und ich wünsche ihr alles Glück der Welt. Ich für meinen Teil muß meine Trauer ausleben, nein eigentlich "ertragen", und ich weiß heute schon, daß dies viele Jahre dauern wird. Aber ich hatte dich ja auch 39 Jahre meines Lebens und du warst die Liebe meines Lebens. Ich glaube nicht, daß ich wieder einen Mann lieben werde nach dir. Aber eines weiß ich genau, ich könnte niemals aber wirklich niemals mit einem anderen Mann in unserer Wohnung leben. Ich ertrage es schon kaum allein, aber ein fremder Mann und wenn ich ihn auch lieben würde, das könnte ich nicht ertragen. Unsere Tochter hat, wegen der Umbauarbeiten in ihrem Haus, nun einige Tage bei mir geschlafen. Sie fand die Matratze in meinem alten Bett zu hart. Als ich meinte, sie könnte doch in meinem (früher deinem) Bett schlafen, erklärte sie mir, das könne sie nicht. In "Dad's" Bett zu schlafen würde sie nicht über sich bringen. Nachdem du gegangen warst, habe ich zuerst auch nicht in deinem Bett liegen können, später jedoch war es ein Trost für mich. Ich fühlte mich dir näher.

Ich frage mich oft, ob du einverstanden wärest, daß ich hier so intime Dinge aus unserem Leben schreibe. Ich weiß, du hast bei anderen Menschen nie viele Worte über dein Leben zuhause verloren. Aber ich muß die Dinge auch mal loswerden und kann unsere Tochter nicht noch mehr zumüllen. Ich weiß, das war eine blöde Äusserung, denn wir sprechen jeden Tag über dich und ich weiß, sie leidet genauso wie ich. Sie hat dich doch so sehr geliebt.Und wir beide wissen, daß wir bis mindestens Juni nächsten Jahres nicht wieder normal leben werden. Ab 17. Dezember werden wir nochmal jeden Tag diese furchtbaren und schrecklichen und für uns schlimmsten Jahres unseres Lebens durchstehen müssen.

Nun geht es auch Ekki aus "Ich pack's" sehr schlecht. Er tut mir so leid, ich konnte noch nicht mal ein paar tröstende Worte für ihn schreiben. Ich denke immer an uns, als wir die aussichtlose Diagnose erhielten. Wie schrecklich ist es für die ganze Familie. Frau und Kinder denken: Wie schrecklich, wir werden ihn verlieren. Wir müssen stark sein und ihm helfen und nicht merken lassen, wie schlecht es uns und ihm geht. Der Mann denkt: Ich will mein Leben nicht verlieren , ich habe Angst. Ich muß stark sein und darf meine Familie nicht belasten. Beide Aussagen sind richtig und doch falsch. Man sollte miteinander bangen und weinen und hoffen und lieben. Ich hoffe, daß Ekki nun viel mit seiner Frau redet, über glückliche vergangene Zeiten und die Restzeit. Schrecklich diese Wort: Restzeit. Man weiß es und hofft, es geht noch ewig und hofft doch, daß das Leiden des Liebsten bald ein Ende hat. Es ist ein Zustand, den man auch seinem ärgsten Feind nicht wünschen würde.

Ich liebe dich und freue mich, daß es dir nun besser geht und ich weiß, daß das so ist. Nachdem ich dich seit Tagen nicht mehr in "unserer" Wohnung spüre, weiß ich nun auch warum. Carina (mit ihrem Umbaustreß) ist wirklich total fertig und erzählte mir heute, daß sie von dir geträumt hat. Unsre Träume von dir kann man an einer Hand abzählen, aber sie kommen immer, wenn einer von uns total fertig ist. Sie träumte, daß du in ihr Zimmer kommst, in dem sie schläft, und meinst: "Komm steh auf ich lade dich zum Sarcletti zum Eis ein." Sie war sehr überrascht und auch glücklich, dich zu sehen.

Mein geliebter Mann, nun ist es fast ein halbes Jahr, seit du uns verlassen hast und es scheint erst gestern. Meine Trauer verändert sich, aber es gibt immer noch Tage, da hören die Tränen nicht auf zu fliessen. Aber ich weiß nun, alles mußte so kommen und du hast deinen Frieden gefunden und wir werden unseren auch noch finden. Du bist fern und doch so nah und solange wir dich spüren, bist du bei uns.

Ich liebe dich unendlich und für immer

Delia
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  #11  
Alt 07.11.2005, 08:07
Delia1 Delia1 ist offline
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Mein lieber Schatz,

ich fühle mich dir so nahe wie noch nie seit deinem Tod. Ich bin ruhig und weine nicht mehr so oft, denn das Abschreiben unserer Tagebücher ist für mich die beste Therapie. Ich bin nun schon bei 1970 und dadurch, daß ich deine und meine Eintragungen jeden Tag untereinander schreibe, kann ich noch mal alle unsere Gefühle von damals durchleben. Unsere große Liebe und auch die Verzweiflung, wenn wieder einmal jemand gegen uns opponiert hat. Aber wir waren so zuversichtlich und haben uns nie auf unserem Weg abhalten lassen. Und das für fast genau 39 Jahre.

Ich habe nun nicht mehr all die "was wäre gewesen wenn" Gedanken, denn durch das Lesen der Tagebücher habe ich dich so nah bei mir, daß ich nun genau weiß, was du gewollt hättest und was nicht. Ich wußte das auch schon vorher, aber man macht sich selbst immer wieder Vorwürfe, ob man nicht doch anders hätte handeln sollen. Du hättest mich nie an deinem letzten Atemzug teilhaben lassen. Wie oft habe ich im Forum gelesen, daß Männer ihre Frau schützen wollten und gewartet haben, bis sie mal kurz das Zimmer verließ. Immer hast du darauf geachtet, daß ich mich nicht zu sehr aufrege wegen meines Asthmas. Nur einmal habe ich bei deiner ersten Krebserkrankung Tränen in deinen Augen gesehen. Am Valentinstag 2003 als ich abends gehen mußte und du mich noch bis zur Tür begleitet hast. Da hast du mir noch durch die große Scheibe nachgesehen und da sah ich dich, so dünn und einsam und da sah ich die Tränen in deinen Augen. Ich wollte sofort zurücklaufen und dich in meine Arme nehmen und nie mehr loslassen, aber ich wußte auch, daß du das nicht gewollt hättest. Also habe ich dir nochmal zugewunken und bin erst an der nächsten Ecke in Tränen ausgebrochen. Auch in diesem Jahr hast du sicher viele Tränen ohne mich vergossen, aber ein paar auch mit mir gemeinsam. Ich habe doch dauernd geheult und du hast genau gewußt, daß die 4 Krebserkrankungen und bis dahin 2 Verstorbenen einfach zu viel für mich waren. Nachdem ich erfahren habe, daß du dieses mal den schlimmsten Krebs überhaupt hast, war es einfach zu viel für mich und ich brach dauernd in Tränen aus. Wir beide haben meine Tränen "Streßabbau" genannt und du hast mir dabei immer den Kopf gestreichelt. Die paar mal, als du mit mir zusammen geweint hast und dabei in meinen Armen lagst und mich verzweifelt festgehalten hast, das werde ich nie vergessen.

Ich sitze jetzt hier und weine wieder, aber ich weiß nun, daß diese Tränen nun nicht mehr so oft kommen. Jetzt werde ich täglich beim Schreiben überschwemmt von unseren Gefühlen der Liebe und des Kampfes um unsere Ehe. Ich fühle nun eine tiefe Ruhe und Frieden in mir, weil ich weiß, daß du dein Leben mit den beiden Menschen verbracht hast, die du so unendlich geliebt hast. Du hattest das Leben, das du dir mit 17 Jahren schon so sehnlich gewünscht hattest. Du hast deinen Traum gelebt und bis zuletzt fühltest du dich geliebt und geborgen und aufgefangen in den Armen deiner beiden liebsten Menschen. Und wir haben dir bis zum letzten Abend gesagt und dich fühlen lassen, wie sehr wir dich lieben. Und ich weiß nun genau, als der Pfleger dir sagte, daß ich gleich komme, bist du deshalb so friedlich eingeschlafen, weil du wußtest ich komme und du konntest noch schnell vorher "verschwinden". Aber ich sehe dich heute nicht, wie so viele Andere, als den perfekten fehlerlosen Menschen. Ich weiß, du hattest deine Fehler und wir haben uns oft, auch schon zu Beginn unserer Liebe, gestritten. Aber ich liebte dich und du mich, gerade weil wir unsere Fehler hatten und nicht so perfekt und immer beherrscht waren.


Du bist die Liebe meines Lebens und wenn du auch oft Dinge getan hast, die ich nicht verstand, so werde ich dich ewig lieben und je länger ich abschreibe, desto mehr lebt unserer Liebe wieder auf. Und wie im Märchen werden wir wohl bis ans Ende (nein, nicht unserer sondern) meiner Tag zusammen glücklich leben. Und danach werden wir auch wieder vereint sein.

Ich liebe dich, mein Schatz

Delia
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  #12  
Alt 25.11.2005, 12:05
Elfie Elfie ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Liebe Delia,
ich hoffe, dass es Dir einigermassen gut geht. Du hast so lange nicht mehr geschrieben. Ich habe im BSDK-Forum meistens still mitgelesen und
bewundere Dich sehr, wie Du Deinem Heinz die Krankheit und auch den
Abschied erleichtert hast. Ich wünsche Dir und Deiner Tochter Carina weiterhin ganz viel Kraft für Euren weiteren Lebensweg. Liebe weiße Wochenendgrüsse
aus OWL von Elfie
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  #13  
Alt 27.11.2005, 19:04
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Liebe Elfie,

danke für deine lieben Zeilen. Wir sind vor ein paar Tagen wieder aus einem Kurzurlaub in England (haben ja noch die vielen Freimeilen!) zurückgekommen. Wir können es kaum mehr glauben, daß wir am Montag noch in England am Meer spazierengegangen sind und Eis geschleckt haben. Sechs Tage strahlender Sonnenschein und warm war es auch. Erst nach Sonnenuntergang wurde es empfindlich kalt. Und dann landet man und findet Eis und Schnee vor. Wir hatten aber noch Glück, weil es in England ja jetzt auch geschneit hat.

Ich wollte schon lange wieder schreiben und habe es immer wieder vor mir hergeschoben. Langsam aber sicher kommt er näher, der unheilvolle 17.Dezember.
Vor einem Jahr begann an diesem Tag der Anfang vom Ende für meine große Liebe und unsere Familie. Es sollte der erste Urlaubstag für Carina und mich werden. Aber schon am Morgen als mein Mann ohne Aktenkoffer ("Den brauche ich heute nicht") das Haus verließ hatte ich kein gutes Gefühl. Und noch bevor wir zu unserem Tagesausflug aubrechen konnten, rief Heinz an und erzählte, daß er beim Betriebsarzt war und der meinte, er müsse sofort ins Krankenhaus und sich röntgen lassen. Er bat mich daheim zu bleiben. Als ob ich da hätte wegfahren können! Wir waren zu dritt für Stunden im Krankenhaus und es stellte sich heraus, daß er wirklich Gelbsucht hatte (hatte ich seit einer Woche schon gesagt, aber er wollte es nicht glauben!). Als er mir nach Stunden endlich sagen konnte, daß der Arzt meinte, es wäre vielleicht etwas in der Bauchspeicheldrüse, weiß ich noch genau, daß ich einen Schritt zurückwich und meinte: Nein, nein bitte das nicht." Aber ich mußte ihn noch an diesem Tag ins Rechts der Isar bringen und dort lassen, zur genauen Untersuchung.

Uns beiden geht es im Moment gut und schlecht zugleich. Der Urlaub war sehr schön, aber nun beginnt die Zeit (ich denke bis nächsten Mai/Juni) in der man nochmal alles durchleben muß. Erst dann wird es abgeschlossen sein. Wir haben uns entschlossen nochmal kurz nach England zu fahren um am 17. Dezember nicht hier zu sein. Wir hatten Glück und konnten Karten für "Christmas Carol" mit Patrick Stewart (Captain Picard aus Star Trek Raumschiff Enterprise) bekommen. Wir wollten diese Aufführung (er ist so ein phantastischer Shakespeare Darsteller) schon vor Jahren sehen und Heinz meinte immer, wir sollten doch hinfliegen. Leider haben wir nie Karten bekommen. Nun ist es, als wollte er sie uns schenken. Wir hätten eigentlich zwischen Weihnachten und Neujahr fliegen wollen, aber genau für den 17.12. haben wir die besten Karten bekommen (6.Reihe, super!) Wir möchten damit die schreckliche Erinnerung an den 17. in eine gute umwandeln und ich denke, Heinz möchte das auch. Ich weiß, daß er immer bei uns ist und uns hilft wo er kann. Es gab wieder eine wirklich lustige Geschichte, vor dem Abflug in London. Wir hatten natürlich wieder viel zu schweres Handgepäck dabei und freuten uns, daß es beim Einchecken nicht gewogen wurde. Aber als es soweit war, daß wir einstiegen mußten, wurde plötzlich bei allen das Handgepäck gewogen. Carina meinte:"Oh weh, jetzt erwischt es uns wohl!" Aber wie durch ein Wunder, wurde bei dem Mann vor uns plötzlich seitlich ein Band geöffnet und wir durften alle sofort in den Flieger, ohne wiegen. Carina meinte dann:" Ich kann es mir genau vorstellen, die saßen da oben beim Essen, als plötzlich jemand meinte:" Hallo, hallo, ich glaube da unten gibt es Schwierigkeiten!" Und dann wurde uns auch schon geholfen.

Im Urlaub ist es immer etwas leichter, aber zurück in der Wohnung fällt alles wieder über einen her. Man hofft immer noch, daß plötzlich die Tür aufgeht und er steht da. Ich freue mich so für ihn, daß es ihm jetzt gutgeht und er keine Schmerzen und keine Angst mehr vor einem neuen Krebs haben muß, aber dennoch...

Liebe Elfie, ich hoffe dir geht es gut und wünsche dir auch eine schöne Adventszeit.

Liebe Grüße
Delia
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  #14  
Alt 06.12.2005, 08:36
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

seit zwei Tagen bin ich nun etwas neben mir und wußte nicht warum. Nun weiß ich es, leider. Um 8 Uhr hat der Postbote geläutet und das Weihnachtspaket deiner Firma abgegeben. Und da stand ich nun und begann hemmungslos zu weinen. Ich wußte, daß das Paket heute kommt, aber ich dachte es macht mir nichts aus und nun sehe ich, daß das nicht stimmt. All die Jahre bist du morgens los, ohne Aktenkoffer weil das Paket so schwer ist, und wenn du dann abends heimkamst, war auch Carina schon da und wir machten gespannt das Paket auf und sahen all die leckeren Sachen. Du konntest dich so amüsieren über uns, denn du wußtest als Einziger was drin war. Nicht alles, aber das meiste. Wir hatten alle drei so einen Spaß am Auspacken und Anschauen. Und wenn du dann immer lachend gesagt hast: "Aber nicht jetzt schon essen, sondern erst Weihnachten". Dann hast du dich aber doch gefreut, wenn wir schon mal ein paar Kleinigkeiten probiert haben.

Wie du mir doch fehlst! Da sind Tage und alles läuft super und ich denke, wow, so einfach kann das Leben wieder sein. Aber dann schleicht es sich wieder ein, das Gefühl, daß du nun nie mehr kommst und ich dich nun morgens nie mehr in den Arm nehmen kann und an deiner nach Rasierwasser duftenden Backe schmusen kann.
Ich liebe dich wie die letzten 39 Jahre unendlich und nichts auch nicht der Tod kann uns trennen. Aber warum muß er es uns so schwer machen.

Bis bald
Delia
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  #15  
Alt 14.12.2005, 08:51
Delia1 Delia1 ist offline
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Standard AW: Die Liebe meines Lebens

Mein lieber Schatz,

am 10.Dezember 2004 hatten wir unseren letzten unbeschwerten Ausflug.
Wir waren alle drei nach Ulm gefahren auf den Christkindlmarkt. Es war solch ein herrlicher Tag und er hatte dir so viel Spaß gemacht. Wir waren Mittagessen und es hat dir so richtig geschmeckt. Und auf dem Weihnachtsmarkt gab es Mandeln und Kletzenbrot usw. Noch nie waren wir so lange unterwegs. Abends wurde der Münster angestrahlt und sah so richtig zum Fürchten aus. Man konnte sich vorstellen, wie im Mittelalter die Kirchenleute mit Umhängen und Kapuzen herrschten und die armen Leute ehrfürchtig und ängstlich zum Dom aufsahen.

Du warst zu dieser Zeit schon sehr gelb und hast dich standhaft geweigert zum Arzt zu gehen. Bei deiner Krebsuntersuchung kurz vorher war alles in Ordnung gewesen und du hast darauf bestanden, daß es dir prima geht. Wir haben es nicht geglaubt, aber an so etwas Schlimmes hätten wir nie gedacht. Wir haben an diesem Tag zum ersten Mal keinen Photo dabeigehabt und jetzt weiß ich, daß das wohl so sein sollte.
Es gibt nur noch ein Paßfoto aus dieser Zeit und ich bin froh darüber. Nun habe ich dich so in Erinnerung, wie du immer warst, gesund und lustig und voll im Leben stehend.

Dieser Freitag der 10. war unser letzter gemeinsamer Ausflug und schon eine Woche später am Freitag den 17. wurdest du vom Arzt ins Krankenhaus geschickt und alles begann.

Ich liebe dich und freue mich für dich, daß nun all das Elend und die Schmerzen für dich vorbei sind. Du fehlst mir so und ich möchte so gern nochmal umarmt werden und dich küssen. Aber ich freue mich auch über deine Freiheit die du nun hast und du wirst für immer nah bei uns sein.

Delia
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