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  #1  
Alt 29.09.2017, 00:55
Tiger_ Tiger_ ist offline
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Registriert seit: 28.09.2017
Beiträge: 2
Blinzeln Einsamkeit - geh weg von mir!

Hallo ihr Lieben! Ich bin auf dieser Plattform gelandet, weil ich durch den Krebs in meiner Familie vor allem sehr einsam geworden bin. Ich bin jetzt 51 Jahre alt. Ich hatte 2 Brüder, die sich vor bald 30 Jahren innerhalb von 2 Wochen beide das Leben genommen haben. Meine Mutter war zu der Zeit 46 Jahre alt und an Brustkrebs erkrankt. Ich war 23 und steckte mitten im Medizinstudium. Mit 51 verlor meine Mama den Kampf gegen den Krebs oder vielleicht hat sie, nach all den Schicksalsschlägen, auch einfach keine Kraft mehr zum Leben gehabt. Zu meinem Vater hatte ich nie ein gutes Verhältnis. Meine Eltern lebten seit ich 6 war in Trennung. Er starb mit 57 an Lungenkrebs (Raucher). Zur selben Zeit erkrankte ich selber mit 36 Jahren zum ersten Mal an Brustkrebs. Ich war bereits geschieden und Alleinerzieherin einer 5-jährigen Tochter. OP, Chemotherapie, Bestrahlung. Nach nur 5 Monaten Krankenstand ging ich wieder arbeiten. Ich musste ja für unseren Lebensunterhalt sorgen. Mehr als die Hälfte meines Einkommens ging für die Kinderbetreuung drauf. Ich hatte keine Freude an meinem Beruf konnte jedoch aus finanziellen Gründen keinen Berufswechsel erwägen. 7 (!) Jahre nach meiner Erstdiagnose erhielt ich den Befund BRCA2 positiv. (BRCA1 wurde damals gleich getestet und das war negativ.) Ich war ziemlich fertig, konnte und wollte mit niemandem darüber reden und so habe ich den Befund in eine Schublade geschmissen und verdrängt. Bis meine Tochter ihr Abitur in der Tasche hatte. Das war im Sommer 2014. Dort fasste ich den Entschluss, die Sache mit dem Entfernen der Eierstöcke anzugehen. Über die Mastektomie wollte ich nach wie vor nicht wirklich nachdenken obwohl ich um das Risiko wusste. Das weitere Nachdenken erübrigte sich dann, weil im Dezember 2014 bei der alljährlichen MRT-Mammographie ein Miniknötchen (6mm) entdeckt wurde; leider wieder bösartig und sehr aggressiv.
Die neuerliche Chemotherapie hatte mir stark zugesetzt. Ende Juli 2015 ließ ich die beidseitige Mastektomie mit zeitgleicher Implantation von Expandern durchführen. Einiges ging schief...
Jetzt aktuell habe ich auf der Seite wo eigentlich die gesunde Brust war, gar keine mehr; der Expander musste in einer Not-OP entfernt werden. Auf der anderen Seite ist der Expander noch drinnen. Schaut nicht so toll aus, habe aber Angst davor mich wieder unters Messer zu legen. Seit Jänner 2016 arbeite ich auch wieder im Krankenhaus. Es fällt mir sehr schwer, weil ich so genug habe dauernd nur um das Thema Krankheiten zu kreisen. Ich bin 51 und hab keine Ahnung was ich sonst tun könnte, um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Manchmal wünschte ich am Morgen einfach nicht mehr aufzuwachen. Das kann ich meiner Tochter aber nicht antun. Sie braucht ihre Mama noch dringend. Ich habe nicht viele Freunde auch wenn ich eigentlich ein offener, lustiger umgänglicher Mensch bin. Ich kann es nicht ertragen, wenn ich nichts Erfreuliches zu berichten habe oder wenn ich bemitleidet werde. Deshalb habe ich mich mehr und mehr zurück gezogen. Obwohl ich mich als attraktiv bezeichne, ist es mir nicht möglich nach einem Partner Ausschau zu halten. Ich fühle mich als Mogelpackung / Mängelexemplar. Ich weiß, dass ich nicht mein Busen bin, aber der hält mir halt meine Schicksalsschläge jeden Tag vor die Nase. Wäre schön, wenn ich jemanden an meiner Seite hätte mit dem ich endlich die Leichtigkeit leben kann, die ich mir schon so lange wünsche. Fröhlich sein, Gutes tun und die Spatzen pfeifen lassen. Danke für's "zuhören"! Gute Nacht allerseits

Geändert von Tiger_ (29.09.2017 um 01:03 Uhr) Grund: Schreibfehler
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  #2  
Alt 29.09.2017, 11:02
Adlumia Adlumia ist offline
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Beiträge: 305
Standard AW: Einsamkeit - geh weg von mir!

Hallo Tiger,

was du über dein Leben schreibst, über die vielen Schicksalsschläge, ist erschütternd aber auch gleichzeitig kann ich herauslesen, welche Kräfte du immer wieder zeigst und gezeigt hast, aufzustehen und weiterzumachen! Es muss hart sein, immer wieder den Boden unter den Füßen weggezogen zu bekommen, ich kann mir nicht ausmalen, wie es dir ergangen sein muss.

Ja, es gibt auf jeden Fall schon mal einen Grund, warum es sich aus deiner Sicht lohnt zu leben: Deine Tochter
aber da bist auch du, du als Mensch, der sich durch viele Tiefen durchgekämpft hat.
Du schreibst selbst, du willst wieder fröhlich sein, Gutes erleben und ich glaube, dass wenn du diese Kraft hast gegen all das Böse und Schlechte anzugehen, dass du auch die Kraft in dir hast, wieder das Gute zu erfahren, es dir zu ermöglichen auf welchen Wegen auch immer. Das kann ein neues Hobby sein, so dass du in irgendetwas hineinschnuppern kannst, ob es dir gefällt, sei es etwas mit Kunst, vielleicht etwas mit Musik, vielleicht aber auch eine Vereinstätigkeit im sportlichen Bereich. Es wäre traurig, wenn du weiterhin dich zurückziehst. Ich wünsche dir, dass du Möglichkeiten findest/hast, um Menschen kennenzulernen, um vielleicht auch dich wieder ein Stück weit kennenzulernen, wer du bist, was du magst. Du schreibst richtig: Du bist nicht nur die Brust und du bist auch nicht nur die Krankheit, da gibt es sicher ganz ganz wertvolle Schätze in dir drin!

Und weißt du, ich würde dir Menschen wünschen, die eben nicht nur den fröhlichen lustigen Menschen in dir sehen (was gut ist und was auch eine Stärke ist), aber du hast auch viel trauriges erlebt. Vielleicht ist es an der Zeit auch das zu teilen, es gehört zu dir. Ich wünsche dir von Herzen, dass solche Menschen die nicht schwarz-weiß denken, deinen Weg kreuzen werden!

Grüße
Adlumia
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  #3  
Alt 29.09.2017, 18:03
Safra Safra ist offline
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Ort: Sachsen-Anhalt
Beiträge: 533
Standard AW: Einsamkeit - geh weg von mir!

Hallo Tiger,

Adlumia hat das schon gut geschrieben, ich denke auch so. Dass Du hier über Deine Sorgen schreibst, ist schon mal ein Schritt in die richtige Richtung. Es liegt an Dir, etwas zu ändern. Sicher bist Du durch Beruf und Tochter sehr eingebunden, aber bestimmt findet sich die Zeit, irgendetwas anzuschieben. Ich habe da immer meine alte Mutter vor Augen, die, nachdem die erste Trauerphase nach dem Tod meines Vaters überwunden war, selber auf Achse gegangen ist, alte und neue Freunde aufgetan hat.
Wenn du Hemmungen gegenüber Männern hast oder nicht für so eine Beziehung bist, finden sich bestimmt auch Frauen, die ähnliche Schicksalsschläge durchgemacht haben, mit denen Du Dich austauschen kannst. Auch auf Reisen lernt man nette Menschen kennen. Es liegt an Dir. Natürlich will nicht jeder gleich die ganze Krankengeschichte des anderen hören. Aber wenn Du so bist, wie Du schreibst, dann müsste es Dir gelingen, nette Leute kennen zu lernen, denen man später, wenn man sich vertraut, vielleicht auch mal seine Geschichte erzählt. Meine Erfahrungen sind so, dass diejenigen, die mit Vorliebe über ihre echten oder eingebildeten Wehwehchen erzählen, auch nur entsprechende Menschen anziehen. Also würde ich versuchen, meine eigenen Schicksalsschläge erst einmal in den Hintergrund zu rücken.

Viele Grüße! Safrra
__________________
"Die Hoffnung ist der Regenbogen über den herabstürzenden Bach des Lebens."
Friedrich Wilhelm Nietzsche
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  #4  
Alt 30.09.2017, 20:18
Clea Clea ist offline
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Beiträge: 561
Standard AW: Einsamkeit - geh weg von mir!

Hallo Tiger,
Mensch, du wärst das perfekte Gegenstück zu meinem Papa.
Der sucht jetzt auch jemanden, mit dem/der er seine Zeit verbringen kann.
Für ihn muss es auch nicht gleich eine Partnerschaft sein, raus aus dem Alleinsein reicht im auch erstmal. Er hatte jetzt schon mehrere Bekanntschaften.
Und alle hatten sie ihr Päckchen zu tragen, genau wie mein Dad auch. Sie suchen alle nach dem Verlust des Partners nach Wegen aus dem Alleinsein.
Da bist du also nicht allein. Und da tut es vielleicht auch mal gut, über das zu reden, was man erlebt hat. Denn der Andere ist in der Regel auch kein unbeschriebenes Blatt. Und Freizeitaktivitäten gibt es doch zuhauf.
Er war schon im Theater, Essen, Sandburg in Duisburg besichtigen undundund.
Also, was hast du zu verlieren? Der Markt ist groß und du noch zu jung zum Versauern!
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  #5  
Alt 01.10.2017, 10:30
Tiger_ Tiger_ ist offline
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Registriert seit: 28.09.2017
Beiträge: 2
Standard AW: Einsamkeit - geh weg von mir!

Liebe Adlumia, Safra und Clea! Ich danke euch für eure Antworten! Eure Zeilen haben mir gut getan. Jetzt sitze ich da mit einem breiten Grinsen im Gesicht . Ihr habt ja so Recht mit euren Vorschlägen mich auf den Weg zu machen; allein an etwas Mut fehlt es mir noch. Ich spüre aber, dass er bald kommt, der Moment an dem ich mich aufmache um auf Neues zuzugehen. An meinem "stillen Örtchen" sind die Wände mit positiven Gedanken und Sprüchen tapeziert. Einer davon: "Wenn die Sehnsucht wächst, wird Mut geboren!" Ich freue mich auf das, was das Leben mir noch bringen wird, auch wenn dazwischen immer wieder Tage kommen, an denen ich einfach die Schnauze voll habe. Clea - grüß deinen Papa von mir . Schönen Sonntag euch allen! Claudia
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  #6  
Alt 02.10.2017, 14:15
Clea Clea ist offline
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Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 561
Standard AW: Einsamkeit - geh weg von mir!

Mach ich, danke! Dir viel Freude an allem, was dir noch passieren wird.
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  #7  
Alt 02.10.2017, 14:58
Sonnenschein30 Sonnenschein30 ist offline
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Registriert seit: 18.09.2017
Beiträge: 19
Standard AW: Einsamkeit - geh weg von mir!

Hallo Claudia, vielleicht hilft es dir erst einmal deinen Freundeskreis zu erweitern. Es gibt bestimmt auch bei dir in der Umgebung Selbsthilfe Gruppen. Schau mal nach Frauenselbsthilfe nach Krebs. Dort sind bestimmt viele Frauen, die Ähnliches erlebt haben oder empfinden.

Du bist eine starke Frau und du machst das sehr gut!
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  #8  
Alt 08.10.2017, 18:12
Der Beatlesfan Der Beatlesfan ist offline
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Registriert seit: 08.10.2017
Beiträge: 2
Standard AW: Einsamkeit - geh weg von mir!

Hallo Tiger,

Ich habe deinen Beitrag gelesen. Das ist alles sehr traurig. Ich möchte dir eine Erfahrung schreiben die ich gemacht habe. Sie hat etwas mit deinen Gedanken über Berufswechsel zu tun. Ich habe noch vor 1,5 jahren bei einem Bildungsträger gearbeitet. Dort habe ich versucht Menschen in Arbeit zu bringen. Eine Erfahrung die ich dabei gemacht habe ist, das mehr geht wie man denkt bei der Jobsuche. Ich bin m und 48 Jahre alt und hatte Krebs. Und die mischung Sch....arbeit und Krebs kenne ich. Ich habe meinen Job gekündigt und es war für mich eine Kluge entscheidung. Ich konnte dieses aber auch leicht machen, weil ich den Rückhalt von Eltern und Meiner Frau habe. Es ist echt Sch..... das es bei dir Schwieriger ist, ich glaube aber es ist machbar. Ich glaube ein Jobwechsel ist wichtig. Vielleicht kannst du mal bei einem Bildungsträger vorbei schauen und mit einen Rehaberater reden. Leider gibt es bei diesen Beratern auch Flachpfeifen. Es gibt aber auch gute Berater, die gerne helfen, z.B beim Bewerbungsschreiben.

Geändert von gitti2002 (08.10.2017 um 21:44 Uhr)
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Stichworte
brca2, einsamkeit, komplikationen, mastektomie beidseitig


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