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  #1  
Alt 17.12.2015, 18:33
smeagol smeagol ist offline
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Registriert seit: 17.12.2015
Beiträge: 8
Standard Trauer, die nicht vergeht

Hallo Ihr Lieben,

seit einiger Zeit schon lese ich hier im Forum mit. Eigentlich seit mein Bruder 2010 die Diagnose Darmkrebs bekam. Wir waren erst einmal total geschockt, weil bis zu diesem Datum war Krebs bei uns in der Familie kein Thema. Dann war dieses Gespenst plötzlich da. Meine Geschwister und ich waren für ihn und seine Frau da. Dass es so hart werden wird, hätte keiner von uns gedacht. Chemo, Operationen, wieder Chemo, dann war ein Stillstand erreicht. Wir alle haben aufgeatmet. Aber nach 15 Monaten alles wieder von. Darmkrebs, davon sprach niemand mehr, jetzt waren es die Metastasen in der Lunge und der Leber. Aber auch das war zu behandeln, zwei schwere Operationen und die Biester waren weg, zur Sicherheit nochmal Chemo. Mein Bruder, ein echter Kämpfer, er hat nie aufgegeben, wir waren alle für ihn da, es zählte nix anderes. Wir haben zusammen gelacht, geweint, geschrien, die ganze Palette. Und dann waren da plötzlich die Metastasen im Kopf, Chemo, Ganzhirnbestrahlung, ein kleiner Erfolg, 2 von 3 haben sich zurück gebildet, aber eine grosse war noch da. Also eine gezielte Bestrahlung auf dieses Mistding. Wir voller Hoffnung, aber es war der Anfang vom Ende.
Vier Jahre lang hat mein Bruder gekämpft, eine Woche vor seinem Tod haben meine kleine Schwester, mein älterer Bruder und ich ihn aus der Klinik "entführt", er wollte so gerne noch einmal in den Biergarten. Mit Hilfe von 2 Pflegern haben wir es geschafft, er hat sein letztes Weizenbier genossen, es war schön mit ihm noch einmal in der Sonne zu sitzen. Ich werde diese Bilder immer in meinem Herzen haben, wir waren schon eine abenteuerliche Truppe. Wir wussten, dass es das letzte Mal ist, dass wir so zusammen sind. Drei Tage später kam er nach Hause, das war sein Wunsch. Für meine Schwägerin war es sehr schwer, sie konnte einfach nicht mehr, war am Ende ihrer Kraft. Also haben meine Schwester und ich die letzten Tage bei ihm und mit ihm verbracht. Es war eine sehr intensive Zeit, er hat sich so gut es ging von allen verabschiedet die ihm wichtig waren. Freitags Abends hat er uns beiden gesagt, dass er gerne noch leben würde, aber er hat keine Kraft mehr. Wir haben ihm zusammen mit meiner Schwägerin gesagt, das er gehen kann, und das hat er getan. Friedlich und mit seinem üblichen Lächeln auf den Lippen ist er in den frühen Morgenstunden des 24.5.2014 gegangen.

Die Zeit danach war sehr schlimm, wir konnten es alle nicht fassen, er, der von 11 Geschwistern immer der war, der gesund gelebt, Sport gemacht hat, war plötzlich nicht mehr da. Es hat lange gedauert, das zu akzeptieren. Aber es ging langsam Schritt für Schritt vorwärts.

Bis zum 15.12.14. Da bekam meine Schwester die Diagnose Leberkrebs, Endstadium. Wir konnten es nicht glauben, noch einmal das alles erleben. Endlose Untersuchungen, dann stand fest, sie hat ein CUP Syndrom, alles was an Leber und Bauchspeicheldrüse gefunden wurde waren Metastasen. Wo der Primärtumor war, konnte niemand sagen. Wir dachten alle, dass die Zeit mit meinem Bruder das Schlimmste war, was wir je erlebt hatten. Wir haben uns geirrt, 10 Wochen lang gingen meine Schwester, ihr Mann, ihre Kinder und wir durch die Hölle. Sie wusste von Anfang an, dass sie kein Chance hat, aber sie hat gekämpft und wir sind diesen schweren Weg mit ihr gegangen. Letztendlich konnten wir sie nur noch in ihrem Sterbeprozess begleiten. Was bei meinem Bruder so still und friedlich war, war bei meiner Schwester ein schwerer Kampf mit vielen Schmerzen. 2 Tage lang waren wir abwechselnd bei ihr, ihre letzten Minuten werde ich nie vergessen

Auf den Tag genau 9 Monate nach meinem Bruder, am 24. 02.15 ist meine Schwester für immer gegangen.

Es tut heute noch genauso weh wie im Februar, ich werde mit diesen beiden Schicksalsschlägen einfach nicht fertig. Für mich ist jeden Monat der 24. ein ganz schlimmer Tag. Und jetzt kommen die Weihnachtstage, wie sollen wir das alles überstehen? Wir Geschwister versuchen uns gegenseitig zu stützen, aber das gelingt auch nicht immer. Jeder von uns hat seine eigene Familie uns seine eigenen Probleme. Aber irgendwie müssen wir es schaffen.

Auch wenn das hier niemand liest, mir hat es gut getan, es auf zu schreiben.

LG
Christel
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  #2  
Alt 17.12.2015, 20:27
Benutzerbild von Monika Rasch
Monika Rasch Monika Rasch ist offline
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Registriert seit: 23.02.2005
Ort: Gelsenkirchen-Buer
Beiträge: 2.008
Standard AW: Trauer, die nicht vergeht

Liebe Christel,
ich weiss ziemlich genau was Du fühlst.
Besonders Geschwister die ihr Leben lang immer füreinander da waren tun sich schwer-
mir gehts auch so, ich hatte 2 Schwestern, beide sind tot-
die Kleine gerade beinahe 4 Wochen....
ich kann mich gar nicht beruhigen.

Es ist einfach alles ...und schon fehlen mir die Worte.
Unbegreiflich triffts glaub ich am ehesten.

Ich bin immer noch wie unter Schock, und weiss selber noch nicht wo mein Trauerweg mich hinführen wird.
Zu viel ist einfach innerhalb kurzer Zeit passiert.

Aber ich weiss dass ich hier im Forum mit unserer Geschichte gut aufgehoben bin.
Vielleicht wird es Dir helfen hier zu schreiben, das hoffe ich.
__________________
Mein Ehemann Georg+36jährig+1988(NHL)
Mein Liebster Joachim+42jährig+1997 (kleinzell. Bronchial Ca.)
Ich : 2002 DCIS re.Mamma, operiert, bestrahlt, AHT
Meine Schwester Heike +2011(Bronchialca)
Unsere Mama +2013(operiertes Glioblastom, Nierenversagen bei Temodal Therapie)
Meine Schwester Sandra(45),TN mamma Ca.metastasiert, +21.11.2015
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  #3  
Alt 17.12.2015, 20:33
Löffel Löffel ist offline
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Registriert seit: 26.09.2013
Beiträge: 172
Standard AW: Trauer, die nicht vergeht

Hallo Christel,
ich hatte Tränen in den Augen als ich deine Geschichte gelesen habe.
Es ist gut dass ihr Geschwister euch gegenseitig stützt und genauso wichtig ist es das jeder in seiner eigenen Familie versucht etwas Normalität zu leben.
Gerade die Weihnachtstage stelle ich mir schwer vor.
Ich glaube nicht dass ich dir helfen konnte,aber ich wollte einfach dass du weisst das ich deinen Text gelesen habe.
LG
Löffel
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  #4  
Alt 17.12.2015, 23:00
Benutzerbild von Tinele
Tinele Tinele ist offline
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Registriert seit: 18.05.2015
Beiträge: 822
Standard AW: Trauer, die nicht vergeht

Mir fehlen die Worte , aber ich hab ein für dich .

Alles Liebe T.
__________________
Mein Mohle - Diagnose von SPK Krebs am 3.6.2014

Seither ist nichts mehr , wie es vorher war .

Du weißt erst wie stark du bist , bis stark sein die einzige Option ist , die dir noch bleibt !
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  #5  
Alt 22.12.2015, 18:44
smeagol smeagol ist offline
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Registriert seit: 17.12.2015
Beiträge: 8
Standard AW: Trauer, die nicht vergeht

Hallo Ihr Lieben,

vielen, vielen Dank für Eure Posts, das bedeutet mir sehr viel. Es tut gut, hier zu lesen und ich glaube mir wird das Schreiben hier auch gut tun, ich nehme es in Angriff.

@Monika
ich habe die Geschichte Deiner Schwester und Dir gelesen und ich bin gerade Dir mehr als dankbar, dass Du mir geschrieben hast. Du steckst doch selbst noch so tief in der Trauerphase und hast noch tröstende Worte für mich übrig. Ich wünsche Dir und Deiner Familie alles nur erdenklich Gute.

@tinele
auch Deine Geschichte habe ich gelesen, und ich danke auch Dir von Herzen.
Ich weiss, dass das Leben mit einer Depression allein schon sehr schwer ist, ich lebe damit seit 30 Jahren. Dann noch eine lebensbedrohliche Krankheit in der Familie, bei Dir bei einem Partner, ist kaum zu verkraften. Ich kämpfe zur Zeit mit meinen Dämonen, aber ich werde siegen, genau wie du. Auch Dir und Deinem Mann alles, alles Gute und dass es weiter bergauf geht.

@löffel
vielen Dank auch Dir, auch Deine Worte haben mir sehr gut getan.

Morgen ist der Geburtstag meines Bruders, wir werden uns an seinem Grab treffen, jeder sein Lieblingsgetränk (Hefeweizen) in der Hand und auf ihn anstossen. Er wird dann von oben zuschauen und zufrieden mit uns sein.

Heiligabend werden wir wie jedes Jahr allein für uns verbringen,
am 1. Feiertag werden dann alle meine Geschwister bei uns sein, darauf freue ich mich schon. Kochen für alle, das wird mir sehr gut tun, da ich das sehr gerne mache.

Ich wünsche allen ein schönes Weihnachtsfest und für das neue Jahr alles, alles Gute.

LG
Christel
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  #6  
Alt 11.01.2016, 22:05
Hippy Hippy ist offline
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Registriert seit: 18.01.2015
Beiträge: 3
Standard AW: Trauer, die nicht vergeht

Hallo an alle,

auch ich habe mit dem Tod meiner (einzigen) Schwester so sehr zu kämpfen, deshalb wollte ich mal hallo sagen.

Es ist schön, wenn man sich verstanden fühlt.

Bei meiner Schwester steht der 2. Jahrestag bevor, und gerade die letzten Wochen waren sehr schwer für mich.

Einerseits ist Weihachten immer eine schwierge Zeit, und dann auch noch die Erinnerung an die Diagnose und Zeit des Leidens. ....Am 2. Januar bekam sie die Diagnose akute Leukämie und schon 20 Tage später ist sie von uns gegangen.

Für mich immer noch unbegreiflich, und ich weiss oft gar nicht, wie ich den Rest meines Lebens ohne sie bewältigen soll, denn sie war meine beste Freundin und mein Ratgeber und meine Seelenverwandte.

Voller Humor und Liebe war sie, und solche Gespräche wie mit ihr kann ich mit niemandem sonst führen. Davon zehre ich jetzt, ich denke immer dran, was sie jetzt zu diesem und jenem sagen würde.

Ich kann mit allen, die hier geschrieben haben, so sehr mitfühlen und es tröstet mich, dass andere auch so fühlen, dass sie ihre Geschwister genauso vermissen, und dass es normal ist, so sehr um die verstorbenen Geschwister zu trauern.

Wie schafft Ihr es, mit dem Verlust umzugehen?

Freue mich über jede Inspiration.

Alles Liebe und Gute zum Jahresanfang von Hippy
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