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  #1  
Alt 25.07.2011, 12:33
Azizam Azizam ist offline
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Beiträge: 2
Standard befunderklärung und inofs zu strahlentherapie?

hallo zusammen,
bei meinem vater (66) kam jetzt der arzt-bericht der prostataentnahme, und so ganz versteh ich bzw. wir ihn nicht:
maligne neoplasie der prostata
who-typ: azinäres adenokarzinom
gleason-score 4+4 (also schlecht)
graduierung: g3 (schlecht differenziert)
prostatalappen beidseitig tumorinfiltriert (also war ganze prostata befallen)
assoziierte high-grade PIN (das versteh ich nicht)
durchbruch durch die prostatakapsel links (kein durchbruch rechts)
keine infiltration in samenblase (rechts und links)
infiltration in den blasenhals (was bedeuten diese infiltrationen? das die krebszellen sich ausgebreitet haben? sind aber noch keine metastasen, oder)
infiltration in den "blasenboden, links"
infiltration "retrotrigonal, links" (was ist das?)
nachweis von ausgedehnter perineuralscheideninfiltration (was ist das?)
nachweis von tumorzellen an folgenden resektionsrändern: linke prostatahälfte ventral und dorsal, linke und rechte basis prostatae, blasenboden links, retrotrigonal links
2 lymphknotenmetastasen in 18 untersuchten lymphknoten mit kapseldurchbruch
weitere befunde: adenomyosis prostatae (was ist das?)

der psa wert lag bei ca. 10, glaube das war nach der op, davor war es ungefähr 14. (vorgeschichte: wegen prostatabeschwerden zum urologen, biopsie positiv, knochenszintigramm unauffällig, ein lymphknoten auffällig, stadium t2c)

es wurde ihm gesagt, dass in drei monaten mit der strahlentherapie begonnen wird. von einer hormonbehandlung wurde aber nichts gesagt/geschrieben, müsste die nicht auch gemacht werden? und wie ist das mit den verschiedenen strahlentherapien? was sind die jeweiligen vor- und nachteile?
es nervt total, wenn man da keinen durchblick hat, mit diesen ganzen fach-/fremdwörtern und mein vater schwankt bei den ärzten immer zwischen wissen- und nicht-wissen wollen...

in diesem stadium wird vermutlich nicht mehr über eine mögliche heilung gesprochen, oder? (er raucht zudem noch ich glaube mind. eine schachtel am tag, ans aufhören denkt er nicht, mittlerweile mit dem argument, jetzt wäre es ja eh schon zu spät :p ) ich war nie mit bei den ärzten (wobei die sowas ja auch nicht unbedingt sagen würde, oder?) und bin mir nicht sicher, ob er es überhaupt erzählen würde...

naja, auf jeden fall würde ich ihm gerne noch ein paar weitere infos über die verschiedenen strahlentherapien geben, damit er seine fragen endlich auch mal dem arzt stellen kann (er besteht leider nie darauf, nochmal einen arzt-termin auszumachen, um nochmal fragen zu stellen).

hoffe, ihr könnt mir ein wenig weiterhelfen!
(die prostatakrebsbroschüre haben wir schon)
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  #2  
Alt 25.07.2011, 17:02
Hansjörg Burger Hansjörg Burger ist offline
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Beiträge: 296
Lächeln AW: befunderklärung und inofs zu strahlentherapie?

Hallo,

Ihr Vater ist mit einem T3a, Gleason-Score 8, positivem Schnittrand (R1) und Lymphknotenbefall (vermutlich N2) ein Hochrisikopatient.

In diesem Fall empfehlen die S3-Leitlinien ein voherige, begleitende und nachfolgende Hormontherapie zur Strahlenterhapie:

"5.64 Bei Patienten mit lokal begrenztem Prostatakarzinom und
hohem Risiko soll eine neoadjuvante und/oder adjuvante
Hormontherapie vor und/oder nach Radiotherapie angewandt
werden.
Für Patienten mit niedrigem Risiko besteht kein
Überlebensvorteil einer (neo-)adjuvanten Hormontherapie.
Empfehlungsgrad A"


Und nun versuche ich Ihre Fragen zu beantworten:

gleason-score 4+4 (also schlecht)] = ja

graduierung: g3 (schlecht differenziert) = ja, entspricht dem GL

prostatalappen beidseitig tumorinfiltriert (also war ganze prostata befallen) = ja

assoziierte high-grade PIN (das versteh ich nicht) = Vorstuffe von Prostatakrebszellen

keine infiltration in samenblase (rechts und links) = mal was positives!

durchbruch durch die prostatakapsel links (kein durchbruch rechts) = ja

infiltration in den blasenhals (was bedeuten diese infiltrationen? das die krebszellen sich ausgebreitet haben? sind aber noch keine metastasen, oder)
infiltration in den "blasenboden, links"
infiltration "retrotrigonal, links" (was ist das?) = der Primärtumor, also der Prostatakrebs ist in benachbarte Organe oder Regionen eingewachsen, im Falle Ihres Vaters in den Blasenhals und Blasenboden. Das sind keine Metastasen. Metastasen sind Absiedelungen des Tumors in entfernet Regionen z.B. Lymphknoten, Knochen, Leber etc..

infiltration "retrotrigonal, links" (was ist das?) = weiß ich auch nicht!

nachweis von ausgedehnter perineuralscheideninfiltration (was ist das?) = Über die Nervenbahnen metastasiert der Prostatakrebs am wahrscheinlichsten.

nachweis von tumorzellen an folgenden resektionsrändern: linke prostatahälfte ventral und dorsal, linke und rechte basis prostatae, blasenboden links, retrotrigonal links = Wahrscheinlichkeit zu einem Rezidiv, deshalb auch die Bestrahlung!

2 lymphknotenmetastasen in 18 untersuchten lymphknoten mit kapseldurchbruch = der Prostatakrebs hat in die Lymphknoten metastasiert und gilt als unheilbar. Deshalb ist eine Hormontherapie anzuraten und eventuell eine Erweiterung des Bestrahlungsgebietes auf die Lymphknoten. Das ist aber noch experimentell!

weitere befunde: adenomyosis prostatae (was ist das?) = weiß ich leider auch nicht, empfehle ein Medizinstudium!

Zur Bestrahlung:

Bei der Rezidiv-Bestrahlung scheint die frühere Technik der 3D-konformalen Bestrahlung Vorteile gegenüber der moderneren IMRT zu haben. Ich würde mir darüber aber nicht den Kopf zerbrechen und Ihrem Vater raten die nächstgelegenen Strahlenklinik aufzusuchen, denn immerhin wird er an 35 Werktagen die Klinik aufsuchen müssen.

Das Rauchen hat auf den Prostatakrebs keinen Einfluss. Allerdings verursacht es wie bekannt Lungenkrebs und weniger bekannt auch Blasenkrebs.

Obwohl der Befund Ihres Vaters kritisch ist, würde ich die Hoffnung nicht fallen lassen. Ich kenne Betroffene mit fortgeschrittenen Prostatakrebsen, die 10 und mehr Jahre überlebt haben. Ich selbst gehöre auch dazu. Vor 11 Jahren hatte ich einen T3B (also noch eine Stufe weiter als Ihr Vater), Lymphknotenbefall und unklarer Schnittrandsituation. Mit anschließender 11 monatiger Hormonblockade und einer 3D-konformalen Bestrahlung ruht mein PK, d.h. der PSA-Wert ist unter der Nachweisgrenze.

Fall Sie die neuen Patientenratgeber, die auf den S3-Leitlinien basieren, noch nicht haben, können Sie diese in folgenden Links einsehen:

Patienten-Ratgeber:
Prostatakrebs I Lokal begrenztes Prostatakarzinom:
http://www.krebsgesellschaft.de/down...009-pl-pca.pdf
Prostatakrebs II Lokal fortgeschrittenes und metastasiertes Prostatakarzinom:
http://www.krebsgesellschaft.de/down...ca2_100818.pdf

Die Ratgeber können auch kostenlos beim BPS in Gehrden in gedruckter Form angefordert werden:

BPS <info@prostatakrebs-bps.de>


Alles Gute für Ihren Vater!

Hansjörg Burger

Geändert von Hansjörg Burger (25.07.2011 um 17:09 Uhr)
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  #3  
Alt 26.07.2011, 22:09
Azizam Azizam ist offline
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Beiträge: 2
Standard AW: befunderklärung und inofs zu strahlentherapie?

Hallo,
vielen Dank für die schnelle und so ausführliche Antwort!
Ich werde meinem Vater bei Gelegenheit von der Hormontherapie berichten, damit er dies beim nächsten Arzttermin ansprechen kann, der ist aber erst wieder in 4-6 Wochen...
Ist es denn normal, dass sich das ganze so hinzieht? Im März hat er die Diagnose Krebs erhalten, bei der anschließenden Gewebeprobe (die soweit ich weiß erst ein paar Wochen später stattfand), hatte er noch einen Gleason-Score von 7 (3+4) und es wurde lediglich davon geredet, dass ein Lymphknoten auffällig sei (ein anderer Arzt hielt ihn wiederum nicht für auffällig).
Die OP hatte er vor zwei Wochen und, wie gesagt, viel stärker ausgebreitet und aggressiver als erwartet.
Ist es normal, dass die Strahlentherapie erst in drei Wochen anfangen soll? Kann man sagen, dass die Zellen sich innerhalb dieser Monate (von April bis jetzt) um einen Gleason-Punkt verschlechtert hat? Und wenn das so schnell geht, müsste dann nicht auch schneller gehandelt werden?

Ich weiß im Moment gar nicht, wie bzw. wie weit ich mit ihm reden kann. Er ist prinzipiell und schon immer sehr verschlossen und bringt nur manchmal recht trockene Sprüche, dass er jetzt nochmal in Urlaub fahren will, damit/dafür es sich zu kämpfen lohnt und allgemein Andeutungen, von wegen jetzt die letzte Zeit, die er noch hat... Und auf der anderen Seite ist es für seine Verhältnisse relativ aktiv, und will jetzt zum ersten Mal mit zu meiner Wohnung fahren (andere Stadt)...
Er hat ja bestimmt ziemlich Angst und macht sich Gedanken, aber redet eben nicht drüber - mit niemandem.
Ich fände die Vorstellung schrecklich, dass er eben so mit sich alleine sterben könnte. Andererseits versteh ich ihn und konzentriere mich auch auf die Fakten und versuche, das Ganze nur sachlich zu sehen...
Wie kommt ihr damit klar?
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  #4  
Alt 27.07.2011, 09:35
Hansjörg Burger Hansjörg Burger ist offline
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Beiträge: 296
Standard AW: befunderklärung und inofs zu strahlentherapie?

Hallo,

das nennt man "Understaging", wenn der Befund nach der Biopsie besser ausfällt als nach der OP.

Grund: Bei der Biopsie handelt es sich um Stichproben, die kein exaktes Bild vom Prostatakrebs geben können, während nach einer OP der Pathologe die ganze Prostata auf dem Tisch hat und den Krebs genauer beurteilen kann.

Es hat sich in der Zeit zwischen Biopsie und OP nicht der Krebs Ihres Vaters verändert, sondern die Beurteilung nach der Biopsie war zu positiv.

Zwei Wochen sind beim Prostatakrebs keine Zeit, weil er normalerweise langsam wächst.

Die Strahlentherpie nach einer OP sollte besser überhaupt erst gemacht werden, wenn der Patient nicht mehr inkontinent ist. Bei mir selbst fand übrigens die Strahlentherapie erst 4 Monate nach der OP statt. Als eine übertriebene Eile ist bei Ihrem Vater nicht angesagt.

War Ihr Vater überhaupt in einer AHB (Anschlussheilbehandlung)?
Wenn nicht sollte er eine REHA beantragen, vielleicht hilft ihm der Aufenthalt unter Gleichbetroffenen sich andern gegenüber mit seiner Krankheit zu öffnen. Eine andere Möglichkeit ist die Teilnahme an einer Selbsthilfegruppe.

Unter diesem Link finden Sie eine Selbsthilfegruppe für Prostatakrebs in seiner Nähe:

http://www.prostatakrebs-bps.de/inde...per&Itemid=134

Zum Schluß nocheinmal:

Es ist wegen der Bestrahlung keine übertriebene Eile oder Hektik angesagt, es hat sich nicht der Prostatakrebs in seiner Gefährlichkeit verändert (so schnell geht im Allgemeinen nicht), sondern die Biopsie hat einfach eine zu gute Beurteilung ergeben.

Gruß

Hansjörg Burger
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