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Alt 22.03.2006, 22:10
Parga Parga ist offline
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Registriert seit: 12.02.2006
Beiträge: 50
Standard Abschied auf griechisch

Hallo Ihr Lieben.

Ich habe am 11. März meinen Vater verloren. Es ist so schwer zu verstehen, dass er nicht mehr bei uns ist.
Um das alles ein bischen mehr verarbeiten zu können, möchte ich mir einiges von der Seele schreiben und Euch einen kleinen Einblick geben, wie wir von ihm Abschied genommen haben. Für mich war es erst auch sehr befremdlich, hat mir aber auch ein großes Stück geholfen die ersten Tage zu überstehen.

Mein Papa war nach seiner niederschmetternden Diagnose in seine Heimat nach Griechenland gereist. Er wollte ein bischen Abstand, freute sich auf das andere Klima. Er fühlte sich dort einfach viel, viel besser. Leider hatte sich seine Situation sehr schnell verschlechtert, sodass wir schnell nachgereist sind. Ich bin so unedlich froh, dass wir (meine Mutter, meine Schwester und ich) unserem Instinkt gefolgt sind und zu Papa gereist sind. So konnten wir ihn in seiner schweren Zeit begleiten bis er von uns gegangen ist. Als er im Krankenhaus gestorben ist waren wir bis zum Ende bei ihm. Es war früher Abend. Nachdem im Krankenhaus alles geklärt war, wurde Papa zu einem Bestatter gebracht. Mama hatte dort alle Sachen (Anzug, Sarg, Kissen uws.) ausgesucht. Papa wurde sofort zurecht gemacht. In der Zwischenzeit sind wir zurück zu unserem Haus gefahren. Das liegt 1 Std. vom Krankenhaus entfernt. Als wir dort ankamen, standen dort schon eine große Anzahl an Autos. Am Haus waren schon sehr viele Menschen versammelt, die uns erwarteten. Ich schätze mal so an die 50 Personen. Unser Haus war schon z. T. ausgeräumt worden. Das Schlafzimmer war mit Stühlen bestückt, damit sich die Männer dort aufhalten konnten. Das Wohnzimmer war ebenfalls mit Stühlen bestückt und in der Mitte des Raumes war ein Bett aufgestellt, wo Papa aufgebarrt werden sollte. Dies alles und noch viele weitere Dinge werde in Griechenland von den Nachbarn und Verwandten übernommen. Wir brauchten uns darüber keine Gedanken machen.
Ca. 1 Std. nach unserer Ankunft wurde Papa im Leichenwagen zu uns gebracht. Im ersten Moment war es für mich ein riesen Schock, als er im offenen Sarg aus dem Auto ins Haus getragen wurde. Sie brachten ihn ins Wohnzimmer, wo wir, Papas Mutter, Papas Schwestern und andere Verwandte saßen. Ich wusste erst nicht, ob ich überhaupt zu ihm gehen könnte oder ihn auch anfassen. Es schien mir erst unmöglich. Aber ich habe mich getrau und hinterher war es kein Problem mehr für mich. Ganz im Gegenteil. Es hat mir sehr geholfen.
Menschen kamen noch Abends oder die Nacht durch bis zum nächsten Morgen um sich von Papa verabschieden zu können. Während der ganzen Zeit stand die Haustür offen. Sie sollte allen Besuchern zeigen, dass sie willkommen sind.
Wer wollte konnte ihn Küssen oder ihn streicheln. Manche haben mit ihm geredete oder geweint. Manchmal war es schon sehr dramatisch und schwer auszuhalten. Zwischendurch bin ich raus gegangen. Aber eingendlich kann ich nur sagen, dass diese Form von Abschied mich auch sehr getröstet hat und irgendwie "schön" war. Nicht so anonym, sondern mitten im Leben. Ich habe
mich auch für Papa gefreut, dass so viele Menschen gekommen sind.
Außerdem war Papa auch für uns nicht sofort weg, sodass auch wir uns Schritt für Schritt von ihm veraschieden konnten.
Am nächsten Morgen fand dann die Beerdigung statt. Der Pope (Pastor) kam in unser Haus und hat dort eine kleine Liturgie abgehalten. Dann würde Papa in den Leichenwagen gebracht. Einer meiner Cousins hat ihn gefahren. Papa war durch die Scheiben zu sehen. Wir sind zu Fuss zur nahe gelegenen Kapelle gegangen. Papa wurde im offenen Sarg in die Kapelle gebracht und aufgebarrt. Da die Kapelle sehr klein ist, stand der großte Teil der Menschen davor und harrte den ganzen Trauergottesdienst dort in Kälte und starken Regen aus. Wir haben hinterher nachgefragt und man sagte uns, dass kein einziger gegangen wäre!! Nach der Trauerfeier konnten wir uns noch ein letztes Mal von Papa verabschieden. Wir sind dann um den Sarg herum. Alle Trauergäste sind noch einmal an Papa vorbei und haben uns dann kondoliert. Ich weiss nicht wie lange wir Hände geschüttelt haben. Es waren so viel Menschen. Die Schätzungen liegen bei ca. 1500 Personen. Ich konnte es auch nicht glauben, aber es war so. In Griechenland sind große Trauergemeinden üblich. Aber meine Verwandten meinten, dass das bei Papa schon sehr, sehr viele Menschen gewesen sind. Es macht mich stolz, dass so viele nur für meinen Papa gekommen sind.
Nach dem Kondolieren in der Kirche wurde mein Papa dann von meinen Cousins nach draußen zum Grab gebracht. Dort wurde er mit offenem Sarg hineingelegt und dann ist erst der Sargdeckel darauf gelegt worden. Anschließen konnte wer wollte Erde auf den Sarg werfen.

Gemeinsam mit der Trauergemeinde sind wir dann zurück in das Haus meines Onkels. Dort hatten die Nachbarn und Verwandten Tische und Stühle aufgebaut und Essen vorbereitet. Leider konnten nicht annähernd alle Menschen Platz finden, sodass die weiter entfernteren Verwandten gegangen sind um der engeren Familie Platz zu lassen. Das waren auch immerhin so an die 500 Leute. Es hört sich für Euch bestimmt unglaublich an, aber es war so.
Die Bewirtung und alle anderen anfallenden Arbeiten ( auch hinterher) haben wieder die Nachbarn und Verwandten übernommen. Recht bald nach dem Essen wurde die Gesellschaft aufgelöst. Trauerfeiern haben ein recht schnelles Ende. Der älteste Bruder meines Vaters hatte sich bei allen Leuten bedankt und gesagt, dass wir uns das nächste Mal zu einem fröhlichen Anlass treffen mögen.

Eine Woche lang stand anschließend unsere Haustür offen. Die Menschen kommen zu Besuch um einen in der Trauer nicht alleine zu lassen. Außerdem haben dann auch Menschen die Möglichkeit noch mal ihre Anteilnahme auszudrücken, die erst spät davon erfahren haben oder nicht eher kommen konnten.

Ich kann nur sagen, dass ich rückblickend nur sagen kann, dass mir diese offe Art von Trauer und Abschied sehr gut getan hat und ich das für mich schöner fand, als einen schnellen, stillen und anonymen Abschied.

Ich habe bestimmt einige Dinge vergessen oder aber vielleicht nicht so gut beschrieben. Ich hoffe aber, ihr könnt etwas damit anfangen.

Ich sage auch schon mal vielen Dank für Euer Interesse. Mir hat das ganze ein bischen geholfen in meiner Trauerarbeit weiter zu kommen.

Seit herzlich gegrüßt

Greta

Geändert von Parga (23.03.2006 um 22:03 Uhr)
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