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Alt 17.03.2013, 10:35
seestern223 seestern223 ist offline
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Registriert seit: 11.11.2012
Beiträge: 3
Standard ...die Angst übernehmen.

Ihr Lieben....

Ich möchte euch gern ein paar Dinge fragen, weil wir irgendwie nicht weiter wissen.
Mein Vater (59) bekam im September 12 die Diagnose Lungenkrebs. Er wurde untersucht...keine Metastasen und der Tumor wurde herausoperiert. Der linke Oberlappen wurde entfernt. Der Tumor hatte sich schon an eine Schlagader (Lungenarterie?) gelegt, hier musste man den Tumor abschälen und die Ader an einem Teil plastisch versorgen. Der Stimmbandnerv wurde durchtrennt, um den Rest sichtbaren Tumorgewebes entfernen zu können.
In der Histologie stellte sich nachher heraus, dass es sich um eine sehr seltene und äußerst aggressive Form eines sarkomatoiden Karzinoms (Weichteilkrebs) handelt, das sich auf die Lunge gelegt hatte.
Er bekam eine (ich glaube es handelt sich um eine adjuvante Chemo?) zumindest war sie anscheinend eher schwach dosiert. Die Haare blieben und die Begleiterscheinungen hielten sich laut Aussagen meines Vaters "in Grenzen".
Er bekam aber mehr als 30 Bestrahlungen.
Im Dezember/Januar wurden dann insgesamt 3 Metastasen gefunden-eine in der Rippe, eine an der Stirn im Stirnknochen nach aussen wachsend und die andere an der Nebenniere.
Es begann die erste Chemo 4 Tage Infusionen stationär, dann 3 Wochen Pause und das Ganze 4 mal-er befindet sich kurz vor dem 3. Mal Chemo.
Es ist schlimm...die Übelkeit, das Erbrechen....die Schmerzen die er ertragen muss, weil die Tabletten nicht drin bleiben um ihm die Schmerzen vom OP-Bereich sowie die Schmerzen der einen Metastase an der Rippe zu nehmen.
Wir haben eine unheimlich tolle Hausärztin, die sich wirklich sehr kümmert. Sie kommt und hängt Infusionen an (auch abends oder am Wochenende) damit er wenigstens Flüssigkeit bekommt. In diese Infusionen macht sie meist ein Mittel gegen Übelkeit und auch ein Schmerzmittel. Nach der ersten Chemo wurde er untersucht und man sagte ihm, dass die Metastasen kleiner geworden sind.
Soweit der (aufs Wichtigste gekürzte) Verlauf seiner Erkrankung.

Ich habe mich in den letzten Wochen mit meiner Mama in der täglichen Begleitung abgewechselt. Meine Mama muss 3 Tage die Woche arbeiten und das ist auch gut so, denn sie soll sich auch mal was anderes anschauen dürfen. Denn ich glaube sie leidet genau wie wir alle....aber noch intensiver und dauerhafter, weil sie es täglich, stündlich tja dauerhaft vor Augen hat was mit meinem Vater-ihrem Mann passiert. Unter anderem durch Wutausbrüchen und täglichen Gemeinheiten ihr gegenüber.Wir Kinder haben auch mal eine Atempause, wenn wir in unserem eigenen Zuhause sind.

Bei dem was ich nun schreibe hoffe ich, dass es niemand falsch versteht-ich hoffe mir kann jemand verdeutlichen was da vorgeht:
Ich musste feststellen, dass mein Vater streckenweise seine Medikamente nicht nimmt. Es gibt Tropfen gegen Übelkeit und eine Tablette gegen Übelkeit/Erbrechen in denen aber auch etwas stimmungsaufhellendes enthalten ist.
Er behauptet, dass ihm davon ebenfalls übel wird. Er liegt nur noch im Bett, obwohl er laufen kann. Er starrt an die Decke-den ganzen Tag. Zwischendurch schläft er dann ein. Ich lege mich zu ihm und sehe, dass er weint. Am Donnerstag habe ich ihn gefragt was er denkt wenn er so da liegt. Er "denkt das Ganze bis ganz zu Ende" war seine Aussage. Er träumt Horrorträume von seinem Tod....dass sein Enkel vor dem Sarg steht und schreit " Gebt mir meinen Opa wieder".
Wisst ihr ich weiss gar nicht, wo wir uns derzeit befinden mit unserem Vater - ich meine - befinden wir uns schon im Sterben meines Vaters oder stehen wir ihm noch bei seinem Kampf gegen den Krebs bei? Meine Eltern haben bisher auch bei den Arztgesprächen nicht gefragt auf welcher Etappe wir uns mit meinem Vater befinden - was ich irgendwie auch verstehen kann. Ihm wurde nach der OP gesagt "dass er eine Chance hätte".
Manchmal würde ich ihn gern rütteln und ihm sagen, dass er niemals leiden muss und er es ein Stück weit auch selbst schuld ist wenn er einfach seine Medikamente nicht nimmt, die ihm zumindest einen Teil von seinem Leiden nehmen sollen. Auch hatte ich den Eindruck, dass er immer dann, wenn die Hausärztin kommt sagt, dass es ihm gar nicht so schlecht geht. Dann ist er ein klein wenig wacher/mobiler, setzt sich im Bett auf, zieht sich etwas ordentliches über oder sagt halt, dass es ihm gar nicht so schlecht geht oder er keine Schmerzen habe. (Auch soll ich vorher lüften und ein wenig aufräumen)
Ich verkneife mir dann dieses "rütteln wollen" weil er schließlich derjenige ist der diese schreckliche Krankheit hat und ich denke dass es frech von mir wäre ihm so etwas zu sagen.

Seit ein paar Tagen hat er starke Schmerzen im Schulterbereich. Meine Mama hat ihn heute ins Krankenhaus bringen wollen (unsere Hausärztin hat Urlaub diese Woche) was er aber strikt ablehnt.
Am liebsten würde ich rübergehen und ihn vor die Wahl stellen - entweder Krankenhaus oder ich rufe den ärztlichen Notdienst nach Hause.
Meine Mama sagt ich soll zuhause bleiben - sie schafft das schon.

Seine Mutter ist an Bauchspeicheldrüsenkrebs so schrecklich gestorben. Ich erinnere mich noch an ihre letzten Tage kurz vor Ihrem Tod. Ich saß neben ihr auf ihrem Bett und sie sagte zu mir: " Ich werde sterben" . Ich habe sie dann gefragt, ob sie Angst davor hätte. Da meinte sie " Nein, jetzt nicht mehr".
Ich muss mich jetzt immer an Sie erinnern wenn ich meinen Vater ansehe. Er hat mittlerweile 21 Kilo abgenommen und seine Mutter war damals auch so schrecklich abgemagert bevor sie dann letztendlich starb.

Ich möchte gern wissen, was wir noch tun können? Mit ihm schimpfen dürfte ja wegfallen. Dass er Angst hat zu Sterben und vor dem Todeseintritt macht mich irgendwie "fertiger" als die Tatsache, dass er Schmerzen hat, denn dafür ist unsere Hausärztin ja da! (ohne sein körperliches Leiden schmälern zu wollen)Ich meine die Vorstellung dass er täglich, minütlich Angst verspürt macht mich total irre.
Ich würd ihm das alles so gern abnehmen und ich weiß nicht was ich sagen soll. Wenn er darüber reden will, dann bin ich gern für ihn da. Ich werde alles mit ihm besprechen - aber ich habe Angst, dass er das nicht anspricht, denn wenn ich es anspreche kann es sicher auch anders ankommen bei Ihm. Nachher denkt er vielleicht, dass ich ihn schon aufgegeben habe.

Was können wir noch tun?

Ich habe jetzt ganz schön viel geschrieben-ich hoffe der ein oder andere hat die Muße sich das durchzulesen und mir vielleicht das Ein oder Andere zu erklären.

Viele liebe Grüße
Ich wünsche euch allen viel Kraft und danke euch für eure Lesezeit.
P.S.: Gern könnt ihr mir auch eine persönliche Nachricht schicken.
seesterni

Geändert von seestern223 (17.03.2013 um 10:37 Uhr)
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