Stammtisch

[Bremensie]

Hallo an alle,
setze mich heute auch mal wieder zu euch. Mir ging es die letzte Zeit leider gar nicht gut. Lag mit Magen- und Darmschleimhautentzündung im Krankenhaus. Nach ein paar Tagen zu Hause kam dann ein Rückfall mit dem ich immer noch zu tun habe. Außerdem ist mein Trauertier wohl auch aus dem Sommerurlaub zurück.

Liebe Grüße von Erika

[Conan]

Hallo Ihr Lieben,
entschuldigt, ich habe mich auch lange nicht mehr gemeldet. Ich hoffe aber, ich darf mich wieder zu euch setzen.
Ich hatte mir Arbeit verordnet, den ganzen Sommer über-bloß nicht zur Ruhe kommen- alles schaffen- alles muss fertig werden! Ich bin abends nur noch in's Bett geplumst, bin gar nicht zum Grübeln gekommen, hatte keine Zeit zum Traurigsein! Ich dachte, das wäre der richtige Weg. Aber, heute bin ich gegen eine Wand geknallt (richtig heftig aus vollem Lauf!) und umgefallen. Das war eindeutig ein Irrweg! Ich habe mich jetzt total verlaufen, liege am Boden und suche einen neuen Weg! Kann aber vor lauter Tränen noch nichts passendes sehen. Na, vielleicht wird es besser, wenn der Regen aufhört.
Ach, Ihr Lieben, ich wünsche euch allen einen tränen- und regenfreien Sonntag.
Liebe Grüße Carmen

So, nun lese ich erstmal nach, was es bei euch so Neues gibt.

[illy]

Hallo ihr Lieben,
es tut mir leid, dass es einigen von uns mal wieder so schlecht geht. Doch ich denke, dass jeder von uns immer wieder diese Touren mitmacht und vielleicht ist es auch ganz gut so, dass wir unsere Trauer ab und zu auch mal wieder ausleben können, denn ganz verdrängen kann man es doch nicht.
Mir geht es zur Zeit wirklich gut, aber trotzdem habe ich in der letzten Woche abends im Bett gelegen und geheult, weil mir mein Mann mal wieder so gefehlt hat. Doch dann raffe ich mich wieder auf und denke, es muss ja weitergehen und dann geht es auch wieder. Zur Zeit muss ich soviel Neues lernen, da habe ich auch wenig Zeit mich um mein Trauertier zu kümmern, aber es ist immer noch da.
Ich wünsche mir und allen anderen viel Kraft und denke, dass wir es schon alle schaffen werden, jeder auf seine Art.
Alles Liebe und eine schöne Woche mit viel frohen Momenten
Illy

[Bremensie]

Hallo alle zusammen,
ich möchte euch heute mal von, sagen wir mal, positiven Erlebnissen berichten. Vorweg möchte ich sagen dass ich in einem Wohnblock wohne in dem man sich grüßt wenn man sich im Treppenhaus begegnet aber sonst nicht viel mehr. Nur mit den beiden Parteien die eine Etage über mir wohnen habe ich mal ein Wort mehr gewechselt. Soweit so gut. Ich hatte euch ja berichtet dass ich kürzlich im Krankenhaus lag. Da klopfte es und zwei Polisten kamen herrein und fragten nach mir. Man mir ist vielleicht der Schreck in die Glieder gefahren weil ich dachte dass etwas mit meiner Mutter(86) wäre. Die wollten mir mir aber nur Schlüssel für mein neues Schloss in der Wohnungstür bringen weil die Feuerwehr diese aufgebrochen hatte. Das eine Ehepaar das über mir wohnte hatte die Feuerwehr gerufen weil weil sie mich lange nicht gesehen hatten und wußten mir ging es nicht ganz so gut. Nun hatten sie die Befürchtung dass ich vielleicht irgendwie hilflos in der Wohnung liegen würde. Demzufolge stand auch ein Krankenwagen vor dem Haus. Tja die Feuerwehr hat dann ein neues Schloss in meine Wohnungstür eingebaut und damit ich ich nach dem Krankenhaus in meine Wohnung komme haben die Polizisten mir die Schlüssel gebracht. Als ich dann wieder zu Hause bakam ich ja nochmal einen Rückfall und diesmal hat sich die andere Partei bei mir erkundigt wie es mir geht.
Liebe Grüße von Erika. Hoffenlich ist euer Trauertier ein wenig friedlich

[IreenS]

Hallo,

ich war auch lange nicht so richtig hier, ich hab nur immer mal kurz vorbei geschaut.

Ja Erika, mußte ja doch schmunzeln.

Seit ich alleine bin, sag ich allen Nachbarn ringsrum: ich bin weg ... bis.

Und dann melde ich mich auch möglichst zurück.

Ich hab auch schon Anrufe aus der Nachbarschaft bekommen :
Geht es dir gut.
Wollte mal wissen, ob du da bist
Na gut, wenn das Licht brennt, dann ...

Wenn man natürlich in KH muß und in einer neuen Umgebung lebt (du bist doch umgezogen?),
dann denkt man daran natürlich nicht.
Es ist aber doch schön zu wissen, man wird vermisst,
jemand hat doch ein Auge auf mich.

Es sagt uns doch: wir werden wahrgenommen,
auch wenn man manchmal selbst den Eindruck hat
ziemlich unsichtbar zu sein oder auch sein zu wollen.

Hält also wohl doch jemand die Hand drüber (?).

Eine schöne Woche für euch

Ireen

[IreenS]

Ja heute ist hier bei mir der Tag an dem die Hoffnung Fersengeld gegeben hat.

Wolfgangs: die Hoffnung stirbt zuletzt, hat heute (vor einem Jahr) Sprünge bekommen.

Nichts desto trotz: gesprochen hat er nicht darüber.

Mit niemanden - das ist es, was mir so Kummer bereitet,
obwohl ich kann und konnte es nicht ändern, er war eben so.

Angst und Bangen - schon lange Programm - haben eine neue Dimension bekommen.

Entschuldigt - aber vielleicht nimmt ja doch jede Träne ein Stückchen Trauer mit sich fort.

Vielleicht lässt die Wut auf die Diagnose: Krebs
mal etwas nach.

Ich bin im Moment nur wütend.
SORRY

Ireen

[AndreaS]

Nichts desto trotz: gesprochen hat er nicht darüber.

Liebe Ireen,

lange Zeit hat mich eben genau dieses Verhalten meines Mannes auch sehr stark belastet, auch heute noch hin und wieder. Immer wieder dachte ich, warum er alles mit sich selbst ausgemacht hat, oder war ich nicht achtsam genug, um zu fühlen, was in ihm vorging. Und dann sagte eine Kollegin zu mir: Es war das Letzte was er für uns tun konnte. Der Mann, der sein Leben lang seine Familie beschützt hat, sein Schweigen über seine Ängste war der letzte Schutz, den er uns geben konnte, wissend, dass der Weg nach seinem Tod schwer genug werden würde, ohne seine Hilfe...

Es gab mir sehr viel Trost, es so zu sehen und ich hoffe sehr, dass auch dich diese Möglichkeit, dass dies seine Beweggründe seines "mit sich selbst ausmachen" gewesen sein könnten, ein wenig trösten wird.

Wütend? Mein Gott, wie wütend ich bin und ich gedenke nicht, mich jemals mit dem Krebs zu "versöhnen"

Komm gut durch die Nacht und liebe Grüße in die Runde

Andrea

[IreenS]

Hallo Andrea.

Vielleicht hätten uns diese Gespräche ja auch überhaupt nicht gefallen
- ja und würde ich, in so einem Fall, mit meinen Kindern darüber reden wollen?
Keine Ahnung, man kann sich in diese Situation auch nicht wirklich hinein fühlen.

Danke für deine lieben Worte

Ireen

[Conan]

Hallo Ihr Lieben,
mein Spatz hat auch niemals über seine Ängste gesprochen. Im Gegenteil, als alle schon wussten, was kommen wird, war er der Starke: bis zum letzten Tag musste ich ihm aufhelfen, mit ihm rausgehen, damit er "wieder zu Kräften kommen kann", wie er gesagt hat! Wir haben alle sein "Spiel" mitgespielt. Und im Nachhinein denke ich, das war gut so, wir haben heimlich geweint und mit unserem "Baba" Pläne geschmiedet. Ob er das alles selbst noch geglaubt hat?
Er hat sich nur einmal mit der Krankenhausseelsorgerin über das Sterben unterhalten, wie er mir selbst gesagt hatte. Er hat mir aber nicht erzählt, was genau. Für ihn war es wohl einfacher, mit einer fremden Person zu reden, als uns zu belasten. Gleich nach der Beerdigung wollte ich mich mit dieser Frau treffen, um zu erfahren, was mein Spatz über den Tod gedacht hat. War er wirklich so cool, wie er immer tat?! Ich hatte auch schon einen Termin, hatte aber einfach nicht die Kraft hinzugehen. Es würde mich noch immer interessieren aber ob sie sich noch erinnert, so viele Schicksale, wie sie begleitet?!
Immer dieses Grübeln, dieses alles nochmal Durchgehen, war alles richtig, was wir getan haben überhaupt, haben wir alles getan?!
Ich wünsche euch jetzt mal ein paar schöne Gedanken
und ganz liebe Grüße an alle
Carmen

[IreenS]

Hallo Stammtisch,
Hallo Carmen,

ich denke schon, versuch es einfach.
Unterschätze diese Leute nicht.

Wenn du das Gefühl hast - nein, dann ist es ok.
Aber man kann doch auch dann noch sagen: war nicht meine Schiene.

Irgendwie glaube ich, einen Versuch ist es wert.

"mein gärtner" - Bio-Gärtner und er liefert uns seit Jahren "Öko" ins Haus, erzählt mir:
in seinem Dorf kann ein Frau Kontakt zu Verstorbenen herstellen.

Da bin ich mir auch nicht so sicher: will ich das?
Auf jeden Fall jetzt noch nicht.
Mal sehen.
vielleicht auch nie.

Schau Wolfgang hat mit meiner Schwester - über manches - reden können.
Mit meinem Schwager - an seinem eigentlich letzten Tag
Zu unserem Junior hat er gesagt: ich muss jetzt sterben -
- aber zu mir: kein Wort - und ich war doch immer da.

Wie Andrea sagt: wollte er mich schützen? keine Ahnung - vielleicht

- ja und auch "glauben heißt - nicht wissen"

Ich kann mir aussuchen, was mir in den Kram passt.
Ich "versuche" es so zu nehmen wie es eben ist.
Vielleicht funktioniert es ja.
Keine Ahnung - im Moment kämpfe ich da schon

Ireen

[Bremensie]

Hallo,

Auch mein Lebensgefährte war ein solch Exemplar Mann der alles mit sich alleine ausgemacht hat. Doch mit diesem Verhalten habe ich mich so hilflos gefühlt. Dabei musste er doch wissen wie sowas ist. Seine Frau war doch auch an Krebs verstorben und die hat auch alles mit sich ausgemacht. Heute frage ich mich manchmal ob es ihm recht war dass seine Tochter und ich in seinen letzten Stunden bei ihm waren und seine Hand gehalten haben. Aber auf der anderen Seite nach dem Anruf des Arztes aus dem KH dass es zuende ginge und wir dann bei ihm sein konnten lagen 3 Stunden dazwischen. Darum sage ich mir wenn er es nicht gewollt hätte das wir bei ihm sind hätte er seine letzte Reise früher angetreten als wir noch nicht im KH waren.
Liebe Grüße von Erika

[IreenS]

Hallo Erika,

ich glaube auch, dass er auf euch gewartet hat.

Mein Mann hat auf unseren Sohn gewartet,
er wusste, dass er am Freitag Abend kommen würde
und er hat sich gefreut.
Am nächsten Tag wollte er dann früh gar nicht mehr aus dem Bett.

Ireen

[IreenS]

Heute ist es nun schon ein Jahr her

Wir wollten den Tag
und bekamen die Nacht
Auf einen Schlag
wurden wir um unsren Plan gebracht
Wir waren die Welt
jetzt hat sie dich verloren
Alle Weichen sind verstellt
auf unserem Weg nach vorn

Träume leben ewig hab ich gedacht
doch es ist nicht so
Unsre Zeit vergeht nicht hab ich gedacht
doch es war nicht so
Ich weiß genau du bist nicht mehr hier
doch ich halte mich fest an dir
Träume leben ewig hab ich gedacht
doch es schien nur so
Ich sehe dich nirgendwo

So was wie wir
das geht nie vorbei
Du lebst in mir
weil unser Plan derselbe bleibt
Wir waren das Licht
das die Schatten besiegt
Jetzt verfolgen sie mich
weil es dich nicht mehr gibt

Träume leben ewig hab ich gedacht
doch es ist nicht so
Unsre Zeit vergeht nicht hab ich gedacht
doch es war nicht so
Ich weiß genau du bist nicht mehr hier
doch ich halte mich fest an dir
Träume leben ewig hab ich gedacht
doch es schien nur so

Du warst immer der größere Kämpfer
hast mir viel beigebracht
Hast gesagt was nicht geht, musst du ändern
und mir Mut gemacht

Träume leben ewig hab ich gedacht
doch es ist nicht so
Unsre Zeit vergeht nicht hab ich gedacht
doch es war nicht so
Ich weiß genau du bist nicht mehr hier
doch ich halte mich fest an dir
Träume leben ewig hab ich gedacht
doch es schien nur so
Ich sehe dich nirgendwo


Ireen

PS: dieses Jahr ist das Bäumchen noch voller grüner Blätter,
voriges Jahr waren sie alle schon braun ...
.... deswegen war diese Jahr aber auch kein besseres - nur anders

[AndreaS]

Liebe Ireen,

den ganzen Tag schon auch in Gedanken bei dir. Der erste Regenbogentag bei dir, der sechste Erdengeburtstag bei mir.

Ich hoffe, du konntest den Tag so verbringen, dass er sich richtig angefühlt hat. Keine Kompromisse, nicht heute. Gedanken schweifen ins Gestern, mehr noch als sowieso immer. Heute schließt sich für dich der Kreis, alles einmal durch - und überlebt. Ich wünsche dir auch für die nächste Zeit weiterhin die Kraft, die es braucht, um den Weg alleine und doch nicht einsam weiterzugehen.

LG
Andrea

[IreenS]

Hallo Andrea,

ja wie fühlt sich der Tag an?

Manchmal tatsächlich als letztes Teil um den Kreis zu schließen
und dann wieder einfach zum Ausreißen.

Wir hatten heute hier einen Regenbogen der besonderen Art.

Es waren fast Neonfarben und als lägen 3 oder mehr Regenbogen hinter einander.
Und in etwas Abstand gleich noch einer und sie waren eine kleine Ewigkeit zu sehen.

Hatte da ja auch ein Regenbogenerlebnis 2 Tage nach Wolfgangs Tod.

Da waren erst ein halber Regenbogen, er begann im Zenit
und dann ein ganzer, wie ein Brückenschlag von unserem Haus (Wohnort),
beide endeten im Ruheforst, wo Wolfgang beigesetzt ist.
Ich war zu dem Zeitpunkt irgendwo in der Mitte und nicht allein,
sonst hätte ich gezweifelt das zu sehen.

Da habe ich es als sein Einverständnis für die Beisetzung im Wald genommen,
darüber konnten wir einfach nicht reden und Friedhof - mein Ding ist es nicht.

Ja ein Jahr und nichts ist zu Ende.

Vielleicht fällt mir jetzt das eine oder andere leichter,
mal sehen.

Zum Glück habe ich gute Freunde und Nachbarn,
sie kümmern sich rührend, das hilft ganz viel.

Und auch hier an alle Danke für Beistand, Rat und vor allem Verständnis.

Ireen