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  #1  
Alt 18.12.2005, 00:01
peggysue peggysue ist offline
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Registriert seit: 27.11.2005
Beiträge: 8
Standard ohne Abschied gegangen

Jetzt habe ich schon mehrere Wochen in diesem Forum mitgelesen und auch auf viele Fragen antworten gefunden. Jetzt wird es auch für mich immer schwerer damit allein auszukommen und hoffe auf Eure Hilfe und Unterstützung!
Mein Mann ist am 8.11. an Magen- Bauchspeicheldrüsenkrebs gestorben. Am Anfang habe ich hier noch geschrieben,ich kann nicht trauern Jetzt kommt die Trauer und leider auch die Wut. Warum konnten wir nicht gemeinsam seinen letzten Weg gehen,über alles nochmal reden. Vieles blieb unausgesprochen. Mein Mann war leider ein sehr verschlossener Mensch.Auch nach 30jähriger Ehe wußte ich nicht sehr viel von ihm,von früher ,aus seiner Kindheit. Auch während seiner Krankheit war er sehr verschlossen und willensstark.Er wußte das für Ihn keine Hoffnung bestand,trotzdem wollte er so weiterleben als ob nichts wäre.Das hat er auch von mir und seinen Kindern erwartet.Er wollte nie eine Schwäche zeigen.Vor niemanden!Seine letzten 2 Wochen habe ich ihn hier zu Hause gepflegt und immer gehofft das wir uns gaanz Nahe wieder kommen. Aber nichts,ja er war dankbar ohne viele Worte und das hat mich für vieles entschädigt.Für mich hat es sehr viel bedeutet ihm durch meine Fürsorge etwas von dem zurück zu geben,was er für mich und die Kinder die ganzen Jahre getan hat. Seine Familie ging Ihm über alles.
Sein Sterben war schlimm,er wollte noch so gern leben.Er war ja erst 56 Jahre.
Aber sein ganzer Wille hat nicht dafür gereicht. Und meiner auch nicht.
Und jetztfrage ich mich ,habe ich alles getan? Warum konnte ich ihn nicht zum reden bringen? Noch traue ich mich nicht alle Fragen an mich heran zu lassen.
Ich habe Angst vor den Gefühlen ,die ich viele Jahre unterdrücken mußte.
Manchmal denke ich, ich bin ein gefühlloses Monster. Aber meine Kinder und Familie weiß es besser. Warum ist es nur so schwer, sich damit abzufinden ,das er meine HILFE nicht wollte. Seine letzten Worte waren"hol den Arzt,ich brauche ein Aufbaumittel damit ich wieder auf die Beine komme"
Erst als er im Koma lag konnte ich Ihm für alles danken was er für uns getan hat
Es ist wohl alles ein bisschen durcheinander geschrieben,aber ich weiß nicht wo ich anfangen soll,es liegt mir so viel auf der Seele.

Danke peggysue
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  #2  
Alt 18.12.2005, 07:26
leonore leonore ist offline
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Registriert seit: 02.07.2005
Beiträge: 182
Standard AW: ohne Abschied gegangen

liebe peggysue, lass dich erstmal ganz fest in den arm nehmen. ich fühle mit dir und kann nachvollziehen, dass du jetzt wütend und auch verdammt traurig bist. dein mann hat sicherlich dir nicht wehtun wollen, wenn er keine hilfe wollte. du hast alles für ihn getan was möglich war und soweit er es zugelassen hat. ich denke er hat dich und die kinder so geliebt und wollte nicht, dass seine krankheit zur belastung für euch wird. sei ganz lieb gegrüßt leonore
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  #3  
Alt 18.12.2005, 09:41
Simönchen Simönchen ist offline
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Registriert seit: 14.09.2005
Beiträge: 32
Standard AW: ohne Abschied gegangen

Liebe Peggysue,
eine unglaublich schwere Situation in der du steckst. Scheinbar hast du nicht mehr die Möglichkeit Dinge zu klären über die nie gesprochen wurde. Mir geht es da ähnlich. Alle "formalen" Dinge konnte ich mit meiner Mutter(sie ist mit 58 Jahren am 23.11. an BSDK gestorben) noch klären wie Ablauf der Beerdigung usw. Allerdings gab es zwischen uns auch Dinge die einfach "offen" blieben. Ein paar Tage vor der Beerdigung wurde mir klar das ich diese Dinge niemals klären kann. All die Verletzungen und schlimmen Momente die ich durch die Alkoholabhängigkeit meiner Eltern erfahren mußte lagen wie offene Baustellen auf meiner Seele. Ich habe aber eine Möglichkeit gefunden mich zu befreien indem ich alle meine Gedanken in einem Brief festgehalten habe und diesen mit ins Grab gegeben habe.

Jeder Mensch hat seine eigene Art mit so einer schweren Krankheit umzugehen. Dein Mann hat die Verdrängung gewählt warscheinlich war dies die einfachste Variante für Ihn. Meine Mutter hat niemals geweint, auch ich war wenn sie dabei war sehr tapfer und mich läßt das Gefühl nicht los das wir uns Gegenseitig um unsere Gefühle betrogen haben. Vielleicht wollte sie mir aus Liebe ihre Tränen nicht zeigen. Vielleicht war ihr nicht bewußt das sie sterben wird ?
Wir Angehörigen verlangen von uns selbst einfach übermenschliches. Wir kämpfen wie die Löwen und wenn wir den Kampf verloren haben machen wir uns auch noch Vorwürfe."Was wird von mir erwartet?", "Was hätte ich besser machen können?" Eigentlich alles Quatsch.... denn wir haben gemacht was in unserer Macht stand und wir dürfen nicht vergessen das das Abschied nehmen von einem geliebten Menschen das Schwerste ist was es gibt.

Während der Pflege meiner Mutter war ich auch sehr "professionell": Da ich lange in der Altenpflege gearbeitet habe wußte ich auf was es ankommt. Als Schutz sah ich meine Mama oftmals nur als Patientin. Ich konnte nicht glauben dass dieser Mensch meine Mutter war wie ich sie kannte sie hatte 55kg abgenommen in dieser Zeit. In den letzten 2 Wochen nahm sie nichts mehr wahr und erkannte nur in wenigen Momenten wer um Sie war.
Um meine Gefühle zu ordnen und Unterstützung in der Trauer zu bekommen habe ich mir einen Therapheuten gesucht. Vielleicht könnte dies auch eine kleine Hilfe für dich sein liebe Peggysue?

Fühl dich von uns allen ganz ganz kräftig gedrückt

Liebe Grüße Simone
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  #4  
Alt 18.12.2005, 17:39
Benutzerbild von Kerstin63
Kerstin63 Kerstin63 ist offline
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Registriert seit: 30.10.2002
Ort: Norddeutschland
Beiträge: 155
Standard AW: ohne Abschied gegangen

Hallo Peggysue,


mein Vater ist letztes Jahr an Darmkrebs gestorben. Er wollte weder mit mir noch mit seiner zweiten Frau (also nicht meine Mutter) über den Tod sprechen. Alles was die möglicherweise tödlichen Konsequenzen der Krankheit anging, war für ihn Tabu, und damit auch für uns. Ich habe nie den Mut aufgebracht das Thema von mir aus anzusprechen. Soweit es ging, habe ich es wohl auch selbst verdrängt. Wir haben zwar über die Behandlungen usw. gesprochen, aber nie über das mögliche "was ist wenn".....

Im Nachhinein habe ich oft gedacht: worüber haben wir alles nicht gesprochen, was hätte man noch alles klären können / MÜSSEN.... und es stand einiges da, was man noch hätte besprechen können (was die letzten ca. 20 Jahre und unsere ganze Familie anging, da war einiges schief gelaufen), und was bestimmt auch gut gewesen wäre (zumindest für mich, jetzt, da ich ja noch da bin).....

Aber mein Vater hat jeden Konflikt oder jedes schwierige Thema gemieden. Die erste Zeit nach seinem Tod habe ich mich sehr gequält mit all dem "warum habe ich nicht.... warum haben wir nicht... man hätte doch.... wenn wenn wenn, hätte hätte hätte....". es hat ziemlich gedauert, bis ich einigermassen akzeptieren konnte dass es nun mal so war wie es war. Vielleicht hätte ich, wenn ich mehr Mut (???) gehabt hätte, mal was von mir aus ansprechen können. Wenigstens VERSUCHEN können, bestimmte Dinge noch zu klären. Es war sehr schwer, mir selbst zuzugestehen dass es nun mal nicht so war. Und zu akzeptieren, dass mein Vater nun mal so war... mir scheint ziemlich sicher, dass er nicht erleichtert auf meinen Vorstoss eingegangen wäre, im Gegenteil bin ich sicher dass ich ihn damit bedrängt hätte. Er war sein ganzes Leben lang ein Verdränger..... In unserer Familie wurden nie die grossen Emotionen gezeigt, wurden nie Probleme thematisiert.

Ich glaube aber auch, dass man lernen kann, die bisher verdrängten Dinge, die unerledigten Dinge für sich selbst noch zu klären und zu erledigen. Dieser eine Mensch ist jetzt zwar nicht mehr da, und natürlich ist es unglaublich schwer sich neben der "normalen" Trauer auch noch mit diesen Gefühlen von Versäumnissen herumzuschlagen. Aber man kann auch einen Weg finden, das zu verarbeiten. Ich hatte zum Glück auch einen Therapeuten der mir dabei geholfen hat. Natürlich ist es auch manchmal noch schwer, diese Gedanken kommen bei mir auch hin und wieder noch auf. Aber inzwischen kann ich es akzeptieren, wie es gewesen ist.

Im übrigen glaube ich nicht, dass ihr seinen letzten Weg nicht gemeinsam gegangen seid. Natürlich kann man immer noch etwas finden was noch getan oder gesagt werden könnte. Aber wir leben hier keine idealen Vorstellungen, sondern eine Wirklichkeit die einem manchmal alle Kräfte raubt, und man schleppt sich von Tag zu Tag. Und manchmal ist man eben auch nur in seinen eigenen Grenzen gefangen. Ich denke, dein Mann wollte es nun mal so, und für ihn ist es vermutlich so richtig gewesen (ohne Aussprachen...). Das ist jetzt zwar schwer für Dich, aber ich denke es ist doch ganz wichtig dass Du Dir sagst, Du hast es für IHN richtig gemacht. Da Du jetzt zurück bleibst, hast Du nun die Aufgabe damit weiter zu leben, wie es war. Und Du musst nun Deinen Weg finden, Deinen Frieden damit zu machen.

Ich habe es übrigens auch erst geschafft meinem Vater im Koma zu sagen, dass ich ihn lieb habe. Er lag zuletzt über 9 Wochen auf der Intensiv, manchmal mag er wacher gewesen sein, sicher waren wir aber fast nie ob er wirklich wusste was passierte. Ich muss allerdings auch sagen dass es mir leichter fiel es ihm zu sagen wenn er anscheinend schlief (????) als wenn er die Augen offen hatte. So war es eben.....

Alles Gute
Kerstin
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  #5  
Alt 18.12.2005, 21:59
Line Line ist offline
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Registriert seit: 16.12.2005
Beiträge: 1
Standard AW: ohne Abschied gegangen

Liebe peggysue,

mein Mann ist am 7.11.05 mit 55 J. an Rippenfellkrebs gestorben. Auch ich konnte nicht richtig Abschied nehmen, da es ihm innerhalb von 3 Tagen plötzlich schlechter ging. Die letzten beiden Tage hat er nur geschlafen. Ich habe Schuldgefühle, weil ich mit ihm nie übers Sterben reden wollte. Ich habe gedacht, dass wir noch mehr Zeit haben. Am Schluss war nur der Gedanke, dass ich jetzt Schuld bin, wenn er nicht vom Leben loslassen kann, weil er mich nicht allein lassen will.
Ich glaube, die Trauer fängt jetzt erst richtig an, nachdem alles vorbei ist, die Trauerfeier und Urnenbestattung.

Liebe Grüße
Line
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  #6  
Alt 18.12.2005, 23:22
peggysue peggysue ist offline
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Beiträge: 8
Standard AW: ohne Abschied gegangen

Liebe Kerstin,Simone,Leonore,
vielen Dank für Eure lieben Zeilen und Wünsche. Damit habe ich dann doch nicht gerechnet.Jede von Euch hat vieles von dem geschrieben was mir auch auf der Seele liegt.Jede hat in irgendeiner Weise das Gleiche durchgemacht oder empfunden, was ich jetzt durchmache. Am Dienstag habe ich einen Therapeutentermin.Ich muß mich wirklich überwinden dahin zu gehen.Am liebsten würde ich ihn absagen.Aber nein, ich weiß,ich muß das durchziehen.!Und dann noch vor Weihnachten!Ich habe Angst ,ob ich überhaupt was sage?
Ich hatte beim Lesen im Forum oft das Gefühl,das es nur gute Ehen gab,.meine war nicht so.Mein Mann war früher auch Alkoholiker. Ob er ganz trocken war,glaube ich nicht. Aber auch darüber konnten wir nie reden.selbst die AA Therapheuten haben mir damals gesagt,das sie nicht an ihn rankommen. Ich habe die ganzen Jahre wie auf dem Pulverfass gelebt.Hat er oder hat er nicht?
Trotzdem, gesorgt hat er immer gut für uns,das muß wohl seine Art gewesen sein,seine Liebe auszudrücken . Aber es war nicht genug !
Jetzt die letzten Jahre war er viel krank,Schlaganfälle,Bauchspeicheldrüsenop und noch so einiges.Nie hat er mir gesagt das er mich liebt ,braucht und akzeptiert.Und ich habe versucht ihm alles recht zu machen. warum ?
Die letzten Jahre waren vom verstehen her besser,man paßte sich an.Ich habe immer geahnt das er mal nicht alt wird.Er wollte nie danach leben.
Aber jetzt wundere ich mich doch ,wie sehr es mir weh tut und er mir fehlt,das wir uns auch ohne viele Worte oft verstanden haben.
Jetzt beim schreiben wird mir auch vieles klarer. aber ich muß erst lernen meine Gedanken zuzulassen,. Vieles ist auch jetzt leichter zu schreiben,weil ich hier doch anonym bin.Für manche Gedanken schäme ich mich doch. Aber ich trauere wohl nur anders.
Jeder hier kämpft sich durch seine Gefühle und ich hoffe das ich irgendwann alles so akzeptieren kann wie es nun einmal war. Ich werde Eure Zeilen noch oft durchlesen und daraus lernen und hoffentlich Kraft schöpfen.
Vielen Dank für Eure guten Wünsche Petra
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  #7  
Alt 18.12.2005, 23:42
peggysue peggysue ist offline
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Registriert seit: 27.11.2005
Beiträge: 8
Standard AW: ohne Abschied gegangen

lLiebe Line,
es tut mir so leid für Dich,bitte mache dir keine Vorwürfe, das Du nicht loslassen wolltest,über die Beerdigung sprechen konntest.Glaube mir, Dein Mann wußte bestimmt das er sterben wird und du alles in seinem Sinne für ihn tun würdest.Auch mir ist erst jetzt die Erkenntnis gekommen, das man sich auch ohne viele Worte verstehen kann.Dein Herz wird dir schon das richtige sagen!Es stimmt ,nach der Trauerfeier und bei mir nach der Urnenbeisetzung drei Wochen später wurde es mir erst richtig bewußt,daß mein Mann nun nicht mehr wiederkommt.Ich finde auch, das es nochmals ein schwerer ,endgültiger Abschied ist.Laß die Trauer zu,ohne wenn und aber !

Sei ganz lieb gedrückt von Petra (Peggysue)
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