Er hat den Kampf verloren ...

[stella29]

Hey Ela,

manchmal wünschte ich mir, ich könnte meine Tränen öfters freien Lauf lassen.. Aber ich bin wie versteinert ... Nur wenn ich wirklich alleine bin, kann ich loslassen.. und losheulen.

Heute geht es besser ... Die Bilder haften auch nicht mehr so stark im Gedächtnis von Papas letzten Stunden...

Es wird nie aufhören der Schmerz - aber ich weiss, JEDER muss irgendwann mal einen lieben Mensch verlieren - LEIDER !! - und somit ist man auch nicht "alleine". Ich denke immer viel an Bekannte, die ihr liebstes verloren haben.. oder hier die Leute...

es hilft

umarme dich !

[HelmutL]

Hallo Stella, hallo Ela,

ich hatte das grosse Glück bei meiner Frau sein zu dürfen. Ich war bei ihr bis zur letzten Sekunde, habe ihre Hand gehalten, ihren letzten Atemzug gespürt, ihre letzten Herzschläge gesehen. Genau das hat sie gewollt. Auch genau in diesem Moment. Sie hat damit den Stein von meinem Herzen genommen.

Alles war Friede.

Die Welt mit all ihrer Hektik, Streit, Schmerz, Angst und Not hielt für einen winzigen, langen Moment den Atem an. Es war unglaublich still. Keine Kälte, keine Wärme. Nur hell und klar.

Sie ist frei. Grenzenlos. Nicht mehr gefangen in diesem kleinen, gequälten Körper. Nichts kann ihr mehr etwas anhaben. Nichts konnte uns Beiden in diesem Moment etwas anhaben. Alles Andere war unwichtig.

Nie in unserem Leben waren wir so Eins wie in dem Moment ihres irdischen Todes.

Ich bin Gott dankbar, dass ich das miterleben durfte. Diesen winzigen Augenblick des Ausblicks in die Ewigkeit. Ich küsste zum letztenmal ihre Stirn, schloss ihre Augen.

Ihre Seele hat den Körper verlassen. Zurück bleibt nur die sterbliche Hülle. Ich hatte das Gefühl: das ist nicht mehr meine Frau, die da liegt. Nur wie ein Kleid, das man ablegt um ein neues anzuziehen. Ich ziehe nur die Falten glatt, dass es nicht noch mehr zerknittert.

Ich kann es nicht anders beschreiben. So war es und so ist es. Das ist es, was mich aus diversen schwarzen Löchern der Trauer wieder nach oben holt. Und noch etwas: ist das Loch so schwarz und tief, dass das alleine nicht reicht, so habe ich mir zur Sicherheit 4 Nothaken in die Wand geschlagen an denen ich mich hochziehen kann. Die haben alle einen Namen: Debora, Vanessa, Paulina und Finnja.

Ich drücke euch, gebe euch die Hand und halte sie fest

Helmut

[Ela4811]

Lieber Helmut,

du beschriebst das Sterben als was schönes...

Meine Mam hat hart dagegen angekämpft. Es war furchtbar sie so zu sehen, ihr sagen zu müssen, dass es in Ordnung ist, dass sie los lassen soll und nicht dagegen ankämpfen soll. Wir haben sie in den Arm genommen, sie gestreichelt und sie hat so lange kämpfen müssen...

Aber ich bin froh, dass sie den letzten Gang nicht alleine gehen musste, da sie bis zur letzten Minute auch dagegen gekämpft hat.

Ich habe ihre Hand gehalten bis ich gemerkt hatte, dass die Wärme aus ihrem Körper verschwindet... Wir haben die Fenster geöffnet, damit ihre Seele raus kann.

Dann musste ich alle anrufen. Erst den Notdienst, damit ein Arzt kommt. Als der dann endlich da war, habe ich das Bestattungsinstitut angerufen.

Als ich dann zu Hause war, musste ich mit meiner Schwester alle anderen anrufen... Abends war ich noch gut drauf, ich habe es lange verdrängt und nicht glauben wollen als würde ich das nicht erleben. Bewußt wurde es mir erst richtig bei der Trauerfeier.

Ich danke dir, für deinen schönen Eintragungen. Es hilft mir mehr, meinen Papa zu verstehen. Meine Eltern waren fast 39 Jahre verheiratet.

Ich danke dir und drücke dich

Ela

[Ela4811]

Hallo Stella,

am Anfang konnte ich auch nicht weinen. Die Tränen kamen erst viel später... Irgendwann, wenn der Moment gekommen ist, dann kannst du auch richtig weinen und das tut dir dann gut.

Wenn ich bestimmte Lieder höre, die meine Mam mochte, dann kommen mir die Tränen...

Der Schmerz wird mit der Zeit anders, daran glaube ich ganz fest. Und unseren Lieben geht es jetzt besser...

Ich drücke dich

Ela

[stella29]

Hallo Helmut,

einfach unbeschreiblich deine Worte !!!!!! Du schreibst immer so gefühlvoll und ehrlich .... wenn ich das lese, dann vergisst man eine Zeit die Trauer und beginnt es wirklich als "schön" zu erleben, wenn man SO Abschied nehmen konnte !!!!!!


Hallo Ela,

das Sterben meines Papa`s war auch nicht so schön. Ich habe es nicht wie Helmut in so einer Erinnerung - für mich war es einfach nur schlimm und erschreckend.


Ich drück euch beide !!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!

[stella29]

DU fehlst mir sooo sehr ..

Bin in Gedanken immer bei dir !!!!

Ich liebe dich

[Ela4811]

Hallo Stella,

wie geht es dir heute?
Bei uns scheint die Sonne und der blöde Schnee ist weg.

Im Moment klappt es nicht so gut bei mir. Wir sind am Überlegen, ob wir umziehen. Einiges muss noch geklärt werden und dann hätten wir schon eine Wohnung. Meine Mam wollte sich um die Fenster kümmern, das machte sie immer so gerne.
Wie kann ich an die Zukunft denken, wenn meine Mam erst vor 10 Wochen und 1 Tag von uns gegangen ist??? Mir fällt das besonders schwer. Sie hat sich so darauf gefreut, dass wenn mein Schatz einen neuen Job hat, dass wir dann umziehen werden. Jetzt hat sie beides nicht mehr so mitbekommen, nur dass mein Schatz ein Vorstellungsgespräch hat (ihr war so wichtig, dass er den Job wechselt).

Ich umarme dich

Ela

[stella29]

Liebe ELa,

heute geht es so lala... Tagsüber war Arbeit angesagt, da geht es schon.. aber Abends kommt der Absturz... ich heule nur...

Papa`s Auto haben wir heute leergeräumt... Das war HÖLLE !!!!!!!!

Ich kann es nicht verstehen, alles was nun passiert - wie bei dir der Umzug zb - all das können unsere Lieben nicht mehr mitbekommen. Das tut so weh.

Ich weiss manchmal wirklich nicht, wie ich das alles überstehen soll.. Wie machen das die anderen ?? Wieso bin ich nur so schwach ????

Auch verfolgen mich nun immer öfter Nachts Albträume...
Habe schon Angst einzuschlafen.. Neulich habe ich geträumt, ein BUS mit Leuten ist in einen Graben gefahren, der mit Wasser gefülllt war... Die Leute schauten mich an - ich sollte ihnen helfen.. Ich fuhr einfach weiter !!!!!!!!!!!!!!!! Ich KONNTE nicht helfen - ich war wie gelähmt. Ich wusste, ich KANN doch sowie nix tun . Hab mich wie ein Versager gefühlt. Und GENAU mit diiesem Gefühl, als Versager, bin ich aufgewacht. Frag bitte nicht wie ich durch den Wind war. Wusste sofort, ich hab das nur geträumt, weil ich Papa ja auch nicht helfen konnte.... Es war so wirr und ich war den ganzen Tag fix und alle....

ups, bisschen lang geworden...

Hoffe, du kommst einigermaßen besser klar als ich momentan... !

Lieben Gruß

[Ela4811]

Ach Stella,

mir fällt es auch oft schwer. Gerade jetzt, wo wir umziehen wollen usw. Ich habe sowas immer mit meiner Mam besprochen. Sie wollte uns helfen und hat sich auf die Zeit gefreut.
Jetzt kann ich sie nicht mehr fragen...

Bei dir ist das noch "frischer". Am Anfang hatte ich auch starke Probleme. Mit der Zeit wird es ein wenig besser. Schlafen kann ich jetzt aber ich bin nicht ausgeruht. Aber wie gesagt, an manchen Tagen geht es und an anderen Tagen geht es schlecht.

Zur Zeit kann ich nicht sagen, wie es mir geht. Irgendwie komisch. Ich könnte sofort los heulen und auch gleichzeitig lachen...

Ich drücke dich

Ela

[Tanni2006]

Liebe Stella,

das Gefühl des Versagens kenne ich auch. Ich war schließlich nicht da wo meine Mama starb, ich konnte es eben nicht. Das kann ich mir auch nicht verzeihen..
Aaaaber, hätte EINER unserer geliebten Angehörigen DAS gewollt??? Nein, Eltern würden das nicht wollten. Sie wollen, dass wir glücklich sind und meine Mama sagte immer: Ich bin froh, dass die Reihenfolge eingehalten wird, erst die Eltern, dann die Kinder. Aber mit 54 eindeutig zu früh.

Eins kann ich dir aber versprechen: Das mit dem schlafen wird wieder. Ich musste Anfangs mit TV und Licht schlafen, dass geht langsam und ich schlafe wieder durch. Es ist ganz normal, angst zu haben.

Und du hast NICHT versagt, denn deine Taten kamen aus dem Herzen, meine liebe Stella und da kann man nichts falsch machen.

Lieben Gruß

Tanja

[stella29]

Liebe Tanni!

danke für deine Worte ! Ich wünsche es mir so sehr, daß ich irgendwie wieder in ein "normales" Leben zurückfinde. Momentan fühl ich mich jedoch davon noch meilenweit entfernt.

Es tut mir wegen deiner Mama so leid - mensch, daß ist doch alles kein Alter !!!!!!!!! Natürlich ist es besser so, dass die Reihenfolge eingehalten wird... aber auch kein Trost wenn man noch so jung stirbt..... Papa wäre jetzt grad mal ins Rentenalter ( 66) gekommen und hatte eigentlich gar nix mehr davon. Wie schlimm ist das denn ?

Ich wünsche dir auch ganz viel Kraft... du machst mir Mut wenn ich lese, daß du es auch nach einer Zeit schon bisschen geschafft hast.. wenigstens um mal durchzuschlafen..

Drück dich !

[Tanni2006]

Liebe Stella,

ich kann auch wieder lachen, das konnte ich relativ schnell. Ich glaube das wollte meine Mama, anfangs hatte ich ein schlechtes Gewissen, heute nicht mehr so. Es war 1 Tag nach Ihrem Tod, mein Bruder und ich sind in den Vorbereitungen für die Beerdigung gewesen und was musste passieren? Er rannte mit voller Wucht gegen eine Schaufensterscheibe, da musste ich so loslachen und wusste genau, dass meine Mama es auch tut.
Und fast immer wenn ich an Ihrem Grab stehe, kommt von dem Baum der darüber ist das ganze Wasser von den Blättern auf mich und zwar immer dann, wenn ich runter auf das Grab schaue, so schaue ich dann immer hoch zu dem Baum und gehe in Deckung und sage zu Mama, hör auf damit.
Und das sagt mir, dass Sie nicht 2 Meter unter meinen Füßen liegt, sondern dass ich nach oben schauen soll.
Klar habe ich manchmal vorm einschlafen die letzten Bilder im Kopf, aber es geht am anderen Tag meist wieder.
Aber eins kann ich dir sagen: Ich vermisse Sie mehr, als Worte es jemals ausdrücken könnten.

Sei ganz lieb gegrüßt

Tanja

[HelmutL]

Guten Morgen Tanja, Stella, Ela,

leider bin ich auf dem Sprung. Muss gleich weg. Es tut mir weh, was ich so lese. Heute Abend habe ich Zeit und werde euch etwas schreiben, das euch vielleicht ein bisschen helfen kann.

Bis dann

Helmut

[stella29]

Hallo lieber Helmut,

ich bin auch jetzt online - lese mich mal wieder durch... heute war ein mieser Tag. Mein Sohn ist krank und dementsprechende quengelig. Die Nacht kein Auge zugemacht, und somit nur am grübeln und wie immer Papa vor Augen.

Weiss langsam nicht mehr, was mich wirklich aufmuntern könnte.... Heute sind es genau 3 Wochen wo er uns weggenommen wurde

Es tut so weh.

Gehe in Gedanken immer wieder durch, was vor 3 Wochen alles war... es schmerzt einfach.

Es kann doch nicht so weitergehen... das man denkt man verzweifelt an dem Verlust. Er fehlt ja jeden Tag und mehr. Es wird doch nicht weniger ! Im Gegenteil !!!

Papa ich vermisse Dich so sehr. In Liebe

[HelmutL]

Hallo zusammen,

In der Danksagung für Myriam stand folgender Spruch (ich weiss nicht mehr von wem)

Das was ich für euch war, bin ich immer noch.
Gebt mir den Namen, den ihr mir immer gegeben habt.
Sprecht mit mir, wie ihr es immer getan habt.
Lacht weiter über das, worüber wir gemeinsam gelacht haben.

Er bedeutet, die Trauer darf uns treffen, jedoch nicht beherrschen. Nie wird sie ganz überwunden sein, jedoch immer mehr zur Hoffnung werden. Wir haben auch über das Weiterleben dessen gesprochen, der zurückbleibt, und uns gegenseitig versprechen müssen, auch leben zu wollen. Ich bleibe noch ein paar Tage hier, auf dieser Erde.

Was heisst Hoffnung? Die Hoffnung sich irgendwann wieder zu sehen. Die Hoffnung, das eigene Leben gut zu Ende bringen zu können, irgendwann. Die Hoffnung, wieder leben zu können. Die Hoffnung, die man an die Kinder weitergibt. Die Hoffnung, die sie einmal haben werden ein gutes Leben führen zu können. Die Hoffnung, die man mit seinen Mitmenschen teilt. dass diese Erde schöner wird. Die Hoffnung, dass unser Handeln, unser Leben etwas Gutes, etwas Bleibendes bewirkt.

Und dann (bitte, bitte versteht mich nicht falsch), fragen wir viel zu oft, wie geht es uns. Sollten wir uns nicht viel öfter fragen, wie geht es dir? Wir dürfen weiterleben, wir sind gesund, wir haben keine Schmerzen, wir haben keine Angst vor dem Tod (zumindest jetzt nicht). Wir müssen sie/ihn fragen wie er/sie sich jetzt fühlt.

Wenn wir die Fragestellung umdrehen, wird es ein kleines bisschen einfacher. In unseren Herzen sind sie bei uns. Das kann uns keiner nehmen. Tod ist nur der, der vergessen ist. An der Trauer verzweifeln kann nur der, der nicht an das Leben nach dem Tod glaubt.

Ich drücke euch alle

Helmut