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  #1  
Alt 27.12.2005, 00:03
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Ylva Ylva ist offline
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Standard Man spürt selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war.

Vergänglich.

Alles im Leben ist vergänglich. Diese Erfahrung habe ich des öfteren gemacht. Sie ist bitter und tut unheimlich weh. Aber sie lässt einen auch "erwachen". Erwachen aus der Traumwelt, in der ich lebte. So danke ich zuerst den Personen, die mir weh getan haben, die gegangen sind und mir dadurch gezeigt haben, dass sie nicht das sind, wofür ich sie hielt.
Vergänglich ist die Liebe.
Die Freundschaft, Geld und auch das Leben. Erlebtes und Vergangenes ist ein Teil von jedem Menschen. Dadurch zeichnen wir uns aus, werden so wie wir sind. Ich trauere oft Vergangenem hinterher. In besonders schönen, glücklichen Momenten möchte ich die Zeit anhalten - für immer. Den Duft des Glückes einatmen und mich in ihm sonnen. Aber die Uhr des Lebens tickt unaufhörlich weiter. Immer weiter.
tick tack tick tack
Die Lebensuhr. Wieso erlebt man die schlimmen Stunden viel länger als die schönen? Aber ich denke auch, dass man durch negatives/positives Vergangenes lernt. Das ist in dem Moment nicht fassbar, aber später wird man sich dessen bewusst. So bekommt man zum Beispiel ein gutes Gespür für Menschen. Wenn man früher oft Schaden von Menschen zugefügt bekam, weiß man zumindest meistens schon anhand einzelner Verhaltensweisen, wie dieser Mensch dich behandeln wird. Aber mir reicht es nicht mehr, in meiner Vergangenheit mit meinen Erinnerungen zu leben. Ich will bestimme Gefühle und Momente nochmal erleben. Das mit den bestimmten Momenten erleben ist gar nicht so schwer, aber leider lassen sich die Gefühle nicht nocheinmal fühlen. Jeder Augenblick, jede Sekunde, jedes Wort ist vergänglich und setzt sich doch tief in dich hinein. Wie widersprüchlich und parodox. Und die Lebensuhr tickt unaufhaltsam weiter...
tick tack tick tack tick tack..

Ylva

Geändert von Ylva (04.01.2006 um 19:05 Uhr)
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  #2  
Alt 27.12.2005, 00:21
Eifel Eifel ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

...wie wahr...
so ein schöner Text, Ylva !
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  #3  
Alt 27.12.2005, 00:26
Liz und Willy Liz und Willy ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

Liebe Ylva

Wie recht du hast mit deinen so treffenden Worten.......

Danke dir für diese wunderschöne Zeilen der Zeit die wir nicht zum Stehen bringen können, um unaufhörlich weiter laufende Lebensuhr nur einen Moment anhalten zu können und die schönen, wertvollen und glücklichen Momente immer wieder zu spüren, zu erleben und beleben.

Leider geht es nicht, Und doch aus unserer Schatztruhe des herzens un dder Erinnerungen werden sie nie gelöscht und sind durch wenige, ja gar Bruchteil von Begebenheiten sofort wieder abrufbar und spürbar. So reicht eine Note einen Duft, ein Licht ein Ort etc. um alles wieder lebendig zu spüren.

Danke für deine Worte .....

Liebe Grüsse Liz und Willy im Doppelpäggli
__________________
***

Willy 54 J. LK Pancoast Tumor Adeno. ES 8/02 ED 11/02, Radio-Chemo, Op. 2/03 seither Teilgelähmt, O2-abhängig
Liz MS im Rolli. Gebärm.ca. 8/05
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inoper. Hirntumor 10/07, Blasenkrebs 1/09
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GEMEINSAM SIND WIR STARK - seit 30 Jahren das DOPPELPÄGGLI!
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  #4  
Alt 27.12.2005, 01:11
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

Hallo,
vielen dank für eure lieben worte.
es tut mir gut zu schreiben auch wenn ich oft nicht die passenden worte finde , für dass was ich fühle und beschreiben will.
wisst ihr,es ist so kompliziert etwas in worte zu fassen,auf papier zu bringen was eigentlich lebt.
Ich habe lange überlegt ob ich mir ein tagebuch anlegen soll.Jetzt habe ich diesen Schritt gewagt und bin froh darüber.
Und auch über eure worte die mir gut tun,die mir das gefühl geben das ich nicht ganz alleine bin..
denn die einsamkeit nimmt wieder überhand und legt ihren schwarzen mantel um mich...
Ihr lieben..ich wünsch euch viel kraft!! Ich weiss das ihr sie brauchen könnt.
Und dankt mir nicht für meine worte sind nicht nicht halb soviel wert wie eure!!!!

Ylva
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  #5  
Alt 29.12.2005, 20:21
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

Tränen schmecken salzig..

Wann war das eigentlich mal anders?
Wie lange ist es her,dass ich meine Mutter das letzte mal lachen sehen habe?
Warum muss ich sie ständig weinend vorfinden?
Was macht der verdammte Krebs mit ihr?
Sie ist nicht mehr die,die sie mal war.
Wird es nie wieder sein. Der Krebs hat alles zerstört. Alles.
Ich weiss das sie sich aufgegeben hat.

Jedesmal wenn ich heimkomme,die Tüer aufschliesse oder in ihr Zimmer komme,sehe ich sie weinen oder sehe ihre roten, verquollenen Augen.
Es tut so weh.
Und da der Krebs niemand ist,dem ich weh tun kann,den ich hassen kann, den ich anschreien kann,lasse ich es an mir aus.
Vielleicht haette ich mehr für sie tun können,vielleicht haette ich sie mehr unterstützen muessen,vielleicht haette ich sie oefter im Krankenhaus besuchen sollen..nein nicht vielleicht,sogar ganz bestimmt.
Aber ich konnte nicht,ich konnte einfach nicht.

Und jetzt liegt sie in ihrem Zimmer auf ihrem Bett und weint..und hat mich weggeschickt.
Was soll ich denn machen?? Bitte sagt mir doch einfach was ich machen soll.
Ich fühle mich mit der Situation überfordert..ausserdem weiß ich wie der Krankheitsverlauf von Krebs sein kann,schliesslich arbeite ich im Krankenhaus.

Wenn ich nur was tun könnte,glaubt mir ich würde alles tun..alles...


Worte gleiten in Sekundenschnelle ueber deine Lippen und können alles zerstören.


manchmal habe ich das beduerfniss zu schreien und zu weinen und zu schreien so laut es geht.manchmal?eigentlich fast immer.egal wo ich bin.ob es in der s-bahn ist oder zuhause.so viele gedanken in meinem kopf,soviele Worte.worte.was sind worte?
Macht es einen sinn,worte auszusprechen?macht es einen unterschied ob ich sie mir denke oder sage?kommen sie an?Was machen sie? sie verwirren,zaubern ein lächeln aufs gesicht,machen traurig. aber was machen,wenn die worte nicht ankommen?oder wenn man sie nicht an sich heran läßt?

aber sie müssen raus.sie koennen nicht in meinem kopf bleiben.er ist voll,zuvoll.so das er schon fast wieder leer ist.

mir geht es zerissen,einsam,und auch lächelend.denn ich habe meine worte wieder gefunden.ich will schreiben und ich will meine worte mögen,sie verletzen manchmal aber nicht immer.
aber sie sind mir,sie sind das einzigste über das ich frei verfügen kann,ganz allein entscheiden kann,wann ich welches benutze und wie.ich habe die macht über meine worte.zumindest meistens.aber manchmal haben auch die worte die macht.und man ist machtlos.dann sagt man ein wort und will es gar nicht sagen,und schon ist es im umlauf und zerstört alles.kennt ihr das?was man mit einem kurzen satz anrichten kann?

worte sind für mich sehr viel.und während ich noch über den sinn,_meiner_ worte nachdenke,habe ich schon wieder einen Menschen ärgerlich gemacht.

Was sind Worte?

ylva
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  #6  
Alt 04.01.2006, 19:04
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

Mein Weg


Man spürt selten, was Glück ist, aber man weiß meistens, was Glück war.

"Wer mein Schweigen nicht versteht, wird auch meine Worte nicht verstehen können."

"Irgendwann kommt immer dieser Moment. Der Punkt, an dem die Umkehr unmöglich wird, an dem klar ist, dass Weitergehen bedeutet, nie wieder zurückzukönnen."


Und so frage ich mich, wann ich diesen Punkt erreichen werde, wann es so weit sein wird, und ich spüre ein mulmiges Gefühl in der Magengegend, ich, die doch Angst vor allem hat, was neu ist. Ein Gemisch meiner Gefühle begibt sich auf eine Reise, eine Gedankenreise.

Denn auch der weiteste Weg beginnt mit einem ersten Schritt.

"Nichts bleibt bestehn, selbst dieser Augenblick ist jetzt schon vorbei."

Und ich sehe Bilder von früher, aus glücklichen, unbeschwerten Tagen..

"Es ist schlimm, erst dann zu merken, dass man keine freunde hat, wenn man wirklich einen braucht."

..sehe Menschen und Tiere, die mir die liebsten waren und jetzt einfach nicht mehr da sind..

"Verbunden mit jedem und doch allein."

..höre Stimmen, Wortfetzen fliegen mir entgegen, ich verstehe nicht alles, aber ich erkenne, dass es Worte von mir sind, Worte, die ich mal sagte, Worte, die einem so schnell über die Lippen gleiten und alles zerstören können, Worte, die in einer Sekunde für ewig trennen können, denn Worte - so flüchtig wie Schall und Rauch - haben Macht, mehr als du dir vorstellen kannst.

"Ich höre höhnisches Gelächter, wenn ich daran denke, wie ich war.."

..sehe alte Plätze, Gemäuer, Ruinen, wo ich früher gerne war, höre lautes Lachen aus allen Ecken, aus vollem Herzen und fröhlich, zuerst erkenne ich es nicht aber dann.. ja, dann merke ich, dass einst ich so lachte.. unbeschwert und frei.

"Wir sehnen uns nicht nach bestimmten Plätzen zurück, sondern nach den Gefühlen, die sie in uns auslösen."

..denke an meine Kindheit, an meine Eltern, deren Leben ich anfangs noch bereicherte, an die schönen Stunden im Garten unter der großen Birke..

"Weißt du noch, wie’s war?
Kinderzeit wunderbar,
die Welt ist bunt und schön
bis du irgendwann begreifst,
dass nicht jeder Abschied heißt
es gibt auch ein Wiedersehen."

..dann sehe ich mich über den Spielplatz nahe an unseres Hauses fliegen, laufen, neben mir meine Oma, eine alte Frau, das Gesicht gezeichnet vom Krieg. Auf einmal geht ein Ruck durch sie, ihr Gesicht wird zu einer verzerrten Maske, die Augen aufgerissen und weiß, ich stehe neben ihr, hilflos, gelähmt, ich war doch noch so klein, ich begriff nicht, dann fing ich an zu schreien und ich schrie noch als meine Oma mit dem Krankenwagen wegfuhr..

"Und diese Zeiten, in denen es dir schlecht geht, die werden nunmal leider immer wieder kommen."

..ich sehe mich glücklich mit Menschen, die mein Leben bereichern, sehe mich lachend und tanzend, damals, und ich frage mich fast wütend, warum es nicht mehr so ist.. dennoch

"Was getan ist, ist getan, was jetzt ist wird nie mehr so geschehen. Es geht kein Weg zurück."

..jemand sagte mal zu mir, ich müsse loslassen, wenn ich wieder leben möchte.

LOSLASSEN

Wie kann ich das kostbarste, das einzige, was ich noch habe - die Erinnerungen - loslassen?

Ylva
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  #7  
Alt 05.01.2006, 00:39
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

Verdammnochmal,warum lassen sich Gedanken nicht wie lästige Insekten mit einer Handbewegung verscheuchen?
Nein,sie gehen einfach nicht weg.
Dabei würde ich so gerne mal abschalten.
Es ist ja nicht nur die belastende situation zu hause, die sorgen um mama und das wissen sie gehen zu lassen, es ist auch noch mein verkorkstes leben mit dem ich so unzufrieden bin.
und keine stütze,keine schulter zum anlehen, zum ausweinen.
leere.

ylva
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  #8  
Alt 05.01.2006, 18:31
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

einerseits mache ich mir grosse sorgen um mama und will versuchen mit und fuer sie zu kaempfen und anderrerseits komm ich mit ihr nicht mehr klar.
wie paradox das ist.
aber sie hat sich so verändert und rastet schnell aus.
alles ist falsch was ich mache und so kommt ein wort zum anderen.
ist das normal?
Natürlich veraendert die krankheit den betroffenen und auch den angehörigen aber ist es auch bei anderen so das man mit dem "kranken" nicht mehr klarkommt?
Bin ich zu streng mit ihr? Bin ich zu unflexibel? Zu schlecht índem was ich tue?Helfe ich zu wenig? Was kann ich ändern? Kann ich etwas ändern?
Muss sie all meine worte auf die goldwaage legen?

Ylva
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  #9  
Alt 05.01.2006, 19:26
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

ich koennte schreien,schreien,schreien und heulen und schreien. um all das nicht wieder an mir auszulassen (ich will doch endlich von dem schneiden wegkommen) schreibe ich. ich schreibe und schreibe,irgendwas.irgendwie. einfach schreiben.die leere in meinem kopf zu fuellen. mit worten die mir momentan so sinnlos erscheinen.
ich kenne das ja schon,habe momentan wieder eine richtig schlimme phase,aber auch diese wird vorbei gehen. irgendwann muss es doch bergauf gehen oder ?
ich schreibe so gerne, ich mag worte aber ich habe das gefuehl das ich nie die richtigen finde. weder beim schreiben noch bei reden. das ich nie das sage was ich will und das,wenn ich was sage es total verletzend ist.
worte koennen viel anrichten.
warum muss ich mich mit mama streiten?
Soll ich ueberhaupt noch nach hause kommen? Wenn ich ín L. bin geht es mir doch besser. Ja,ich fuehle mich einsam. mir fehlt mein hund,die katze,der pc und natürlich auch meine mama. aber zuhause ist es doch dann nicht schoen.
vielleicht bin ich der störfaktor.
klärende,offene gespraeche kann man mit mama nicht mehr fuehren.
meine guete es hat sich innerhalb der letzten eineinhalb jahre,seit der erkrankung so verdammt viel geaendert...
und doch lese ich so oft,das gearde die krankheit zusammengeschweisst hat usw.
warum kann das bei uns nicht so sein? Warum kann die scheiss krankheit nicht wenigstens ein gutes haben????

ich lese meinen beitrag und fuehle mich schlecht,weil es mir trotz allem noch banal erscheint was ich schreibe. und irgendwie zynisch.
denn ich habe meine mama noch,kann noch alles mit ihr machen mit ihr geniessen.mit ihr zusammen sein und tue es nicht obwohl ich es will.
merkt irgendjemand wie verzwickt und kompliziert das ist oder denkt ihr einfach das ich mich nicht so anstellen soll?
Genau das haben naemlich meine "freunde" gedacht,die sich langsam aber sicher seit der diganose krebs von mir distanziert haben. jetzt,heute steht mir nur noch eine person im realen leben zur seite. und auch sie vermeidet es ueber dieses thema zu reden. aber sie ist da.
ich will etwas sagen aber ich kann es nicht formulieren.
ich will etwas tun,etwas erreichen aber ich laufe auf der stelle.
ich will leben und ich will ich sein,aber ich habe keine kraft den weg zu ebnen.

Ylva

Geändert von Ylva (05.01.2006 um 19:51 Uhr) Grund: nachtrag
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  #10  
Alt 06.01.2006, 02:05
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Ylva Ylva ist offline
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Standard AW: la follia della realtà

so jetzt will ich mal versuchen meine gedanken zu ordnen.
ich will ganz vorne anfangen.

Ich bin ende august geboren,am letzten tag im august.jedes jahr an meinem geburstag erzaehlt meine mutter mir,dass es ein schöner,warmer,wolkenloser spätsommertag war.und so fing alles an.
wir wohnten und wohnen noch immer auf dem land.ich liebe das landleben auch wenn das viele in meinem alter nicht verstehen koennen.
ich bin mit meinem bruder,der zwei jahre juenger ist aufgewachsen und vielen kindern,die nicht mehr zu hause leben konnten,die meine mutter betreut hat.
es war eine schoene und zugleich anstrengende zeit. aber es war alles bunt und ich habe mir keine gedanken ueber das leben gemacht.ich musste sie mir nicht machen.ich hatte alles was ich wollte.und vorallem hatte ich geborgenheit,was ich damals nicht schaetzte inzwischen aber alles fuer geben wuerde.
ich habe ein islandpferd bekommen,wofuer ich meinen eltern sehr,sehr dankbar bin. auch wenn die finanziellen mittel immer geringer wurden ermöglichten sie mir doch,mein pferd zu behalten. mein pferd war oftmals der einzigste halt in zeiten in denen es mir schlecht ging.
meine kindheit war aus heutiger sicht betrachtet wirklich sehr schön. ich hatte alles wovon andere traeumen.
als ich nach der vierten klasse auf das gymnasium wechselte fingen die probleme an. ich war zu faul zum lernen,kam nicht mehr mit dem stoff hinterher und schrieb schlechte noten. als ich dann in die pubertaet kam wurde es noch schlimmer. ich war launisch,hatte stimmungsschwankungen und geriet immer mehr mit meiner mutter aneinander. es gab tage da flogen wirklich die fetzen. ich liess mich haengen,hatte keine motivation mehr, für nichts. es kam wie es kommen musste und ich musste das gymnasium verlassen und wechselte auf die realschule. dort ging es mir wieder besser. in der zehnten klasse,ich hatte gerade die mündliche abschlussprüfung mit zwei bestanden und war glücklich und stolz auf mich bemerkte ich,dass meine mutter sich komisch verhielt. ich weiss es noch wie heute obwohl es nun fast zwei jahre her ist...wir mussten mit meinem hund zum tierarzt.wir sassen im wartezimmer und ich sprach meine mutter drauf an warum sie sich in den letzten tagen so komisch verhielt.sie schaute mich traurig an und der satz der dann kam,riss mir den boden unter den fuessen weg. " Ich habe einen knoten in der brust ylva" sagte sie. bevor ich etwas erwiedern konnte wurden wir zum arzt gerufen. ich musste mich sehr zusammenreissen um nicht loszuweinen.meine mutter.einen knoten in der brust.was bedeutet das jetzt? Als wir dann im Auto sassen erklaerte sie mir,dass weitere untersuchungen bevor stehen und dort dann,mit hilfe einer gebwebsprobe festgestzellt werden kann ob der tumor gut oder bösartig ist.natürlich ist er gutartig ermutigte ich mich und meine mutter. aber glaubte ich wirklich daran?Ich kann es nicht mehr sagen,ich glaube ich wollte es nicht wahrhaben.es war das erstemal seit langem,dass ich wieder betete.
ein paar tage danach fuhr meine mutter ins krankenhaus um das ergebniss abzuholen.ich wartete zuhause.mir schossen viele gedanken durch den kopf aber ich sagte mir immer und immer wieder das meine mutter keinen krebs hat.
auch an diesen tag kann ich mich ganz genau erinnern. um 15 uhr kam sie nachhause.mit meinem vater zusammen,er hatte sie begeleitet.ich rannte zur tür.ich blickte in ihre gesichter.ich sah ihre verweinten augen,die traenen die meiner mutter ueber die wangen liefen,den müden ausdruck in ihren augen und die angst.und bei meinem vater sah ich das pure entsetzen.meine mutter hatte also krebs.brustkrebs.warum wurde ich nicht ohnmaechtig?Warum stand ich noch? Im fernseh fallen sie dann doch immer um? Warum konnte ich noch denken? Wir gingen ins wohnzimmer. wir weinten.meine mutter erzaehlte das der tumor bösaartig ist und acht cm gross.acht zentimeter!!Sie sprach von einer chemotherapie,einer op und weinte.ich hörte chemotherapie,dachte an kahlköpfige menschen die furchtbar aussahen und denen es schlecht ging. chemotherapie...,aber ich weiss nicht ob ich das mache - das hat doch alles keinen sinn. hoerte ich meine mutter sagen. nichtmal kaempfen wollte sie? Gleich aufgeben ohne etwas zu versuchen? Ich hielt es nicht mehr aus und lief in mein Zimmer. Ich weinte und weinte. Dann rief ich meine angeblich beste freundin an und erzaehlte ihr wirr und ohne zusammenhang das meine mutter krebs hat. sie reagierte wie ich heute finde kalt. aber vielleicht war es auch einfach eine situation mit der sie nicht umgehen konnte.
die tage die dann kamen,waren die hoelle.meine mutter weinte ununterbrochen,geisterte nachts durchs haus,weinte,wollte nicht mehr lieben.sie war nicht mehr siie selber..ich musste sie einmal im haus einsperren weil sie drohte sich im auto zu vergasen.
dann begann die chemo.mama vertrug die chemo sehr schlecht.sie erbrach,die leukos fielen in den keller und sie verlor ihre haare. es war furchtbar sie so zu sehen.und auch sie kam damit nicht klar. in dieser zeit fing meine ausbildung an und ich musste ausziehen. es war eine schlimme situation fuer mich aber ich musste es machen.
wisst ihr wie ich mich gefuehlt habe????
nach der chemo,die dann endlich vorbei war,kam die op.zuerst hiess es brusterhaltend dann wurde sie doch abgenommen. auch das war sehr schwer fuer meine mutter...
es folgte die bestrahlung,die sie zwar schwach und muede machte aber nicht so schlimm wie die chemo war.

ich kann nicht weiter schreiben.
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  #11  
Alt 06.01.2006, 12:21
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Standard AW: la follia della realtà

...sooft ich heim konnte war ich bei mama.während der chemo lag sie meistens im bett in ihrem zimmer.ich lag oft stundenlang bei ihr.das pferd und die angeblichen freunde mussten etwas kuerzer treten.das pferd nahms mir nicht uebel,die angeblichen freunde schon.sie distanzierten sich von mir - langsam aber sicher.bis heute.heute ist nur noch eine freundin da.
die haare von mama wuchsen wieder,sie hatte nur noch selten phasen in denen sie schrie und weinte und n icht mehr leben wollte (wobei ich ja nicht weiss was sie macht wenn ich nicht zuhause bin)
ihr fiel es schwer,nicht arbeiten gehen zu koennen.sie war immer ein arbeitstier,ging in ihrer arbeit auf.warum mama?
Die erste nachsorge untersuchung.ich hatte eine wahnsinnige angst.
ich sass in der schule und beklam die sms von mama " alles ok,nichts neues,mache mir jetzt mit papa einen schoenen tag in der stadt" mitten im unterricht fing ich an zu weinen,weil ich so erleichtert war.weil ich mich so sehr fuer mama freute. endlich mal eine gute nachrricht.
und jetzt heisst es warten und hoffen und bangen bis zur naechsten nachsorge untersuchung.

der krebs hat unser leben veraendert,von einem tag auf den anderen.der krebs hat und veraendert. er hat uns gepraegt und es wird nie vorbei sein.
wie kann ich meine gefuehle beschreiben?
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  #12  
Alt 07.01.2006, 12:36
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Standard AW: la follia della realtà

heute geht es mir ganz gut.
ich habe es gestern abend endlich mal geschafft abzuschalten,den krebs und alles andere aussen vor zu lassen und habe mir mit einer guten bekannten einen schoenen abend gemacht. zwar zuhause aber das mit dem weggehen schaffe ich auch noch irgendwann.nur noch nicht jetzt.
ich merke,dass ich jetzt schon wieder ein bisschen ins gruebeln komme aber insgesamt geht es mir besser als die letzten tage.
auch mama ist optimistischer und lacht oefters (ich hoffe ich mache mir nichts vor)
trotzdem lassen sich die anderen gedanken nicht vertreiben.

Gedanken losschicken.
Auf eine Reise ohne Ziel.
Gedanken einfangen - zu spät.
Ein Wort ,
binnen weniger Sekunden
kommt es über unser Lippen .
Ein unscheinbares Wort
kann soviel zerstören.

[©ylva ´05]
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  #13  
Alt 07.01.2006, 13:25
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nein,nein,nein es ist nicht alles gut.
der beste beweis dafuer das die laune von einer sekunde auf die andere kippen kann bin ich selber.
irgendwie finde ich es ja auch furchtbar laecherlich,was ich schreibe,was mich beschaefftigt,wie ich im selbstmitleid versinke wenn ich lese was andere durchmachen.da kommt mir mein leben ja gradezu banal vor.
aber es beschaefftigt mich und es macht mich fertig und ich habe angst. ich weiss nicht was mit mir los ist.
ich hatte eben schon wieder eine auseinandersetzung mit meiner mutter.
und genau DAS ist das was mich so zerreisst.
ich sollte gar nicht mehr nach hause fahren,dann gibt es keine auseinandersetzungen,keinen streit keine traenen ABER dann habe ich das gefuehl sie im stich zu lassen.dann denke ich das ich nicht fuer sie da bin und das ich das spaeter bitter bereuen werde,naemlich dann wenn es zu spaet ist.
aber zuhause klappt es mit uns beiden eben auch nicht.
meine mutter ist unzufrieden mit ihrem leben,hat schwer zu kaempfen mit ihrer erkrankung obwohl es doch gute prognosen gab schoepft sie nicht eine sekunde lang hoffnung. und ich,ich bin gestresst von der arbeit im krankenhaus,von einigen patienten und betroffen von einigen schicksaelen und will einfach meine ruehe haben.und das klappt irgendwie nicht.
ist nicht mehr heimkommen dann der bessere weg?
Ich weiss es nicht.
Ich habe mich auch nicht im Griff,ein falsches Wort zu mir und ich werde laut und verletzend.
ich weiss das mama nicht mehr so belastbar ist und das kann ich auch nachvollziehen,nachdem sich ihr leben um 180 grad gewendet hat und sie von einer selbststaendigen lebenslustigen frau zur schwerkranken inzwischen mit behinderung,frau wurde.ich weiss das,ich weiss das alles.und ich bewundere meine mutter dafuer wie sie alles trotz der krankheit meistert.aber in manchen momenten kann ich einfach nicht mehr klar denken.


geh bitte geh
lass mich
geh einfach weg
wo bist du ?
du hast mich alleine gelassen
wie konntest du nur ?
geh bitte geh
lass mich
du läßt mich im stich
es tut mir weh
warum ?

geh bitte geh
[©ylva ´05]

Geändert von Ylva (07.01.2006 um 13:47 Uhr)
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  #14  
Alt 08.01.2006, 13:09
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Gestern doch noch ein wenig zuversichtlich gewesen das es langsam aber sich bergauf geht ist meine stimmung heute wieder gleich null.
Es gibt nichtmal einen bestimmten grund,es ist diese schwermut die sich wie ein dunkler schleier um mich legt.
ich habe keine lust wieder wegzufahren. will bei meiner mutter sein und in meiner eigenen welt. will traeumen duerfen und in der vergangenheit leben.
manchmal frage ich mich,ob es nicht bessere waere alles hinzuschmeissen. vielleicht bin ich zu sensibel fuer den beruf? gerade jetzt. mir gehen einige patienten nicht aus dem kopf und das obwohl ich doch abschalten sollte.
wird mama auch so enden?
Ich darf mich das nicht fragen.
ich muss weiter machen koste es was es wolle.
ich darf nicht schwach sein.
mein leben ist momentan eine einzige katastrophe.unstrukturiert undaufgeraeumt und durcheinander.genauso fuehle ich mich auch.
und im mittelpunkt die angst.
der einzigste halt in meinem leben sind derzeit die worte.sie sind gefuegig und lassen alles mitsich machen.

wenn ich wiedergeboren werde, dann moechte ich ein stein sein oder ein wassertropfen - oder ein wort. wenn das geht. ich moechte geduldig sein und jahre als sekunden empfinden, ein teil der welt sein, der sich fuegt, immer im kreis und dabei wissen, dass es gut ist. Oder ich moechte macht haben, schoene macht. als wort koennte man so vieles tun, schoenes und weniger schoenes, aber man haette leider keine kontrolle, weil die menschen einem noch eine betonung hinzufuegen, ironie vielleicht, das macht die worte wahnsinnig. ich glaube, ich werde alles. die welt hat tausend augen und ich moechte durch alle sehen koennen. aus den augen des weges, der den schuh nur von unten sieht und aus denen des adlers, für den die welt ein flickenteppich ist, auch aus den ewigen augen des wassers oder der luft. Ich moechte erleben, was es ist, eingeatmet zu werden und ausgesprochen, ich moechte getraeumt werden und beruehrt, ich waere gerne alles.
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  #15  
Alt 08.01.2006, 18:43
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habe mir heute noch einen schoenen tag mit meinem pferd gemacht und muss jetzt langsam meine sachen packen und richtung fremde fahren.
das ich unmotiviert bin und keine lust habe,habe ich sicherlich schoen oefters erwaehnt.wenn es ohne konsequenz waere wuerde ich alles hinschmeissen.
die zeit im wohnheim ist bedrueckend und ich weiß nicht,wann ich das naechste mal heimfahren kann.
das schreiben wird mir fehlen (denn dort kann ich nicht schreiben,die atmosphaere ist die falsche)
ich hoffe das ich nicht voellig untergehe und man mir meine schwaeche nicht anmerkt. das wuerde mir gerade noch fehlen.
mir graut es schon jetzt vor dem autofahren.
dir liebe mutti wuensch ich alles,alles gute fuer morgen und ich weiß das esjetzt bergauf geht. wenn es jemand verdient hat dann du.
sei stark.
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