Mit 80 noch Chemo?

[cleo]

Mein Vater wurde vorletzte Woche an Darmkrebs operiert. Die darauffolgende Diagnose ist vernichtend.
Adenocarciniom des Coecums G3pT3pN2pM1(PER),L1,V1
Durch die Erklärungen in diesem Forum kann ich die Diagnose wenigstens teilweise verstehen. Unklar sind mir noch die letzten Werte (L1,V1)
Vom Krankenhaus wurden uns 3 Möglichkeiten der Behandlung geboten:
-agressive Chemo mit einer Erfolgswahrscheinlichkeit von 50%
-sanfte Chemo mit 20%
-gar nichts tun mit einer Lebenserwartung von einem halben Jahr
Der Onkologe betonte immer wieder das hohe Alter meines Vaters, ob man sich da eine Chemo noch antuen möchte.
Mein Vater war bis jetzt noch nie ernsthaft krank und arbeitete bis vor 3 Wochen noch freudig in seiner Werkstatt. Er hat eine sehr gute Konstitution für einen 80 jährigen.
Wir haben uns jetzt vorläufig für eine agressive Chemo entschieden. Ich bin jetzt total verunsichert wenn ich mir die Nebenwirkungen der Chemo durchlese. Kann man ihm das zumuten? Ich wäre dankbar wenn Ihr mir über eure Meinung bzw Erfahrung berichten würdet.
mfg cleo

[Jutta]

Hallo Cleo,

Zuerst die Erklärung für L1, V1:
L1 Lymphgefässinfiltration
V1 Mikroskopische Veneninvasion

Es ist schwierig zu sagen, wie ein 80 jähriger Mensch eine aggressive Chemotherapie verkraftet, obwohl sie schon ziemliche Nebenwirkungen haben kann. Wenn auch die meisten Mediziner der Meinung sind, daß sie ab einem gewissen Alter nur noch zur Qual wird, und deshalb mehr zu leichten Variante greifen um die Lebensqualität einigermaßen zu erhalten.

Was möchte Dein Vater?

Wenn er die aggressive Chemotherapie möchte, dann soll er sie versuchen. Nach relativ kurzer Zeit wird sich herausstellen, ob er kräftig genug dafür ist. Sobald die Ärzte sehen, daß es ihn zu sehr schlaucht und seine Lebensqualität darunter leidet, werden sie diese absetzen. Bitte laßt Euch sehr gut beraten, was auf Deinen Vater zukommen könnte, und wie Ihr es auffangen könnt.

Ich war mit meiner Ma in derselben Situation, bis zu ihrer Krankheit fit wie ein Turnschuh. Nach langen Gesprächen mit den Ärzten und dem Onkologen entschied sie sich gegen eine Chemo. Sie erlebte aber bei meinem Vater und bei mir, welche Nebenwirkungen eine Chemo haben kann.

[marillana]

Hallo.ich finde mit 8ß jahren ,ist eine Chemo zu heftig.Die Nebenwirkungen sind wirklich sehr schlimm.Vielleicht könnte er es mit Mistel versuchen.Die stärken auch noch das Immunsystem.Es geht ja darum die lebensqualität zu erhalt

[IsaH]

Hallo Cleo,

auch einem alten Menschen soll man eine wirksame Krebstherapie nicht vorenthalten - wenn medizinisch nichts gegen die Chemotherapie spricht (schwere Begleitkrankheiten wie schwere Herz-Kreislauf-Krankheiten, Nierenkrankheiten usw.), der Betroffene gut medizinisch (gute Begleittherapie!)und von Angehörigen betreut wird und es selbst will.

Mein Vater (80 und auch geistig und körperlich topfit bis auf seinen fortgeschrittenen Blasenkrebs) hat letztes Jahr 4 Zyklen adjuvante Chemotherapie mit Cisplatin/Gemcitabin gemacht und ziemlich gut vertragen (allerdings stationär, zwischendurch war er aber zuhause und hat ganz normal gelebt).

Also Alter allein ist kein Grund, da sind noch viele Faktoren zu berücksichtigen, die ihr natürlich genau mit den Ärzten und deinem Vater besprechen müsst. Man kann ja auch erst mal einen Versuch machen und sehen, wie dein Vater die Chemo verträgt.

Eine 85-jährige Verwandte von unserer Familie hat auch vor 2 Jahren Chemo wegen Darmkrebs bekommen und recht gut verkraftet - nachdem ihr die Ärzte zuerst noch ein halbes Jahr gaben, lebt sie heute immer noch!

Alle Gute für euch!
Isa

[tronic]

die oma meines mannes ist vor einigen jahre auch an darmkrebs erkrankt, kaum einer hat ihr eine chance gegeben, das war sie 73!
sie hat alles mitgemacht, was die ärzte ihr vorgeschlagen haben und sie hat es geschafft. im oktober war die berühmte 5-jahres grenze und sie ist gesund.
fährt auto geht zur vhs und auch ihr stoma konnte zurückverlegt werden.
eine solche entscheidung ist wirklich nicht einfach.
wie schon geschrieben, was will dein vater? wenn er die chemo wirklich nicht vertragen kann, kann man die therapie immer noch abbrechen.
ich wünsche euch alles gute

[cleo]

Vielen Dank für eure Antworten die mir etwas Mut gemacht haben. Vorallem möchte ich Jutta danken für ihre ausführlichen und vorallem für Laien sehr gut verständlichen Erklärungen über die Chemo und die Diagnosekürzel.
Mein Vater hat sich entschlossen die Chemo zu versuchen. Allerdings besteht er darauf diese ambulant durchzuführen. Er ist da sehr sturr. Auch die Psychopharmaka (Diazepam) die ihm der Arzt verschrieben hat, lehnt er ab.
Es geht ihm 14 Tage nach der OP überaschend gut. Er ist nur noch etwas müde, beginnt aber langsam wieder aktiv zu werden. Wir haben zwar alle Angst vor den Folgen der Chemo, sind aber entschlossen ihm beizustehen so gut es geht. Es ist im Moment die Ruhe vor dem Sturm.
Alles Liebe Cleo

[Waltraud1]

Wenn Dein Vater es will,dann laßt Ihn die Chemo machen... ich bin vor 5 Jahren mit einer damals 86 Jährigen Frau immer zusammen im Taxi zu den Bestrahlungen gefahren, die Dame hatte gebährmutterkrebs und kriegte auch noch Chemo dazu, Sie haben die Bestrahlungen und Chemo weniger geschafft wie mich, war damals 53... Sie hat noch 5 Jahre gelebt, also noch richtig am öffentlichen Leben teilgenommen... hat also wirklich nichts mit Alter zu tun...
LG Waltraud

[cleo]

Hallo Waltraut,
danke für deine aufbauenden Worte.
Ich habe eure Beiträge meinem Vater vorgelesen und glaube dass es ihm gutgetan hat.

Heute war er zum ersten Mal beim Onkologen. Er bekommt jetzt 5FU+Oxaliplatin+Calciumfolinat. Er ist guten Mutes und wir hoffen alle, dass die Nebenwirkungen bei ihm nicht allzu schlimm werden.
LG cleo

[cleo]

Die erste Chemo ist vorbei. Erst bekam er eine Infusion, dann wurde 24 Std das Medikament über den Port eingeleitet. Er hatte keinerlei Nebenwirkungen. Kommt das erst noch?
Wir waren alle furchtbar angespannt.
Ich wünsch euch allen viel Kraft! cleo

[Birgit4]

Liebe Cleo,mach dir nicht so einen Kopf,du muß daran glauben das alles "GUT " wird.
Nur so kommt man Schritt für Schritt durchs Leben.
Ich wäre " Dankbar" wenn ich 80 Jahre alt werden darf.
Ich bin 48 Jahre und habe meine Diagnose, ( Darmkrebs mit 2 Lebermetastasen) im Sep.2003 erhalten,( pT4, pN2,pM2 G2 )
Alles Liebe für euch,und genießt die schönen Momente
Lieben Gruß
von Birgit