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  #16  
Alt 14.08.2004, 20:38
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Standard Letzte große Reise

Hallo Friedl,

habe gerade noch einmal Deinen ersten Beitrag gelesen und vieles trifft mein eigenes Empfinden, dass ich gerne noch einmal darauf eingehen möchte:

Ich hatte meiner Mutter gegenüber in ihrer Krankheitszeit ganz oft ein schlechtes Gewissen. Unsere Familie war nie eine, in der ständig umarmt und geküsst wurde. Austausch von Zärtlichkeiten und wie gut das tut, habe ich anderswo kennengelernt. Konnte es aber in den Umgang mit meiner Mama nur ganz schwer einbringen. Ich hatte dabei immer ein Gefühl des Versagens. Und konnte dennoch lange nicht "über meinen Schatten springen". Erst als sie ganz hilfebedüftig war. Da kamen die zärtlichen Gesten und Worte ganz von selbst. Ich habe ihr sogar sagen können "Mama, komm gib mir Deine Hände, bleib ganz dicht bei mir, auch wenn wir zwei früher nicht viel geschmust haben. So waren wir halt und jetzt machen wir es noch einmal anders, holen ein bisschen was nach". Ich hoffe, sie hat mich verstanden. Und ich habe ihr auch gesagt, dass wir alle sie gehen lassen, es ihr von Herzen gönnen, wenn sie dieses Leben loslassen kann.

Fände es schön für Dich, Friedl, wenn Du Dir Deinen Vater auch "auf einer weißen Wolke sitzend" vorstellen könntest. Umgeben von Menschen, die er in seinem Leben kannte und die ihm vorausgegangen sind. Aber ich bin keine fromme Kirchenmaus, die ihren Glauben partout jemandem aufdrängen will.

Ein friedvolles Wochenende Euch allen, Billa
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  #17  
Alt 26.08.2004, 19:28
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Standard Letzte große Reise

Hallo ihr Alle,

an Billa danke für deine liebe Suggestion von der Wolke. Ich bin aber eher mathematisch-naturwissenschaftlich orientiert, da klappt es leider nicht so ganz mit der Wolke.

Ich glaube dass der ganze Kosmos einfach nur da ist und wir nur ein winziges unbedeutendes Staubkorn in diesem Kosmos sind. Sonst bin ich eher o.B.

Und wenn Leben endet, dann ist das für mich wie wenn nach und nach alle Schaltkreise abgeschaltet werden und sobald der letzte Schaltkreis abgeschaltet ist, ist einfach "Nichts"

Ein weiterleben nach dem Tode gibt es schon, aber das findet in uns Weiterlebenden statt.
Sterben und tot sein ist wahrscheinlich wie traumlos schlafen, mit dem Unterschied dass man nicht mehr aufwacht.
So hat halt jeder seine Hilfskrücken um sich das Unvorstellbare doch irgendwie vorzustellen.

Interessant war, dass mein Vater, ebenfalls o.B. eine Woche vor seinem Tod sagte: "Himmelvater was machst du nur mit mir?" ???

Ich bin derzeit in einer eigenartigen Zwischenphase, die Einäscherung war schon, die Beisetztung der Urne ist erst in einer Woche. Irgendwie habe ich ein Gefühl, dass etwas unerledigt in der Luft hängt.
Ich denke nach der Beisetzung wird sich das auch besser werden.

Ich denke sehr oft an meinen Vater, die Gedanken sind aber nicht schmerzvoll. Es sind meistens Kurzfilme die irgendeine Episode seines Lebens beinhalten und scheinbar wahllos hochkommen.

Ich genieße das richtig, "Ihn zu sehen, wie er war" und bin schon richtig neugierig welche Kurzfilme mein Gedächtnis für das Wochenende für mich bereithält.

Ich wünsche euch allen viel Kraft, um durchzuhalten, um loszulassen um wieder ins Leben zurückzukehren und allen die die letzte große Reise noch vor sich haben, dass sie recht bald beginnt. Denn dann wird alles gut werden.

Seid umarmt
Ciao
Friedl
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  #18  
Alt 27.08.2004, 12:34
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Standard Letzte große Reise

Hallo Ihr Lieben,

wenn ich Eure Zeilen lese, bin ich sehr betroffen und der schwere Weg meines Vaters kommt wieder hoch. Er hat uns vor einem Jahr verlassen und wird seine Enkeltochter, die in zwei Wochen geboren wird, nicht kennenlernen.

Aber ein Satz hat mich immer getröstet:

"Ich bin nicht tot,
ich geh' nur durch andere Räume.
Ich leb' in Euch
und geh' durch Eure Träume"

Ich weiß, er ist immer bei mir. Immer.

Und Eure lieben werden das auch.

Liebe Grüsse

Janine
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  #19  
Alt 14.09.2004, 16:13
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Standard Letzte große Reise

Hallo Friedl und alle anderen,
bin noch etwas benommen von Euren Texten und stelle immer wieder fest, dass diese Gedanken, das Mitgefühl und die lieben Worte, die Ihr findet, wahrscheinlich nur von denen formuliert werden können, die selber einmal das alles durchgemacht haben.

Mittlerweile müsste bei Dir, Friedl, auch die Urnenbeisetzung stattgefunden haben und ich hoffe, dass Du so langsam Ruhe findest und nicht mehr so in der Luft hängst.Nach der ganzen aufregenden Zeit nach dem Tod, in der man viele Dinge tun muss, die man -so war mein Empfinden- roboterartig tut, weil sie einfach dazu gehören, kommt man in diese Nachdenk-Phase, das eigene Leben trittt nach langer Zeit mal wieder in den Vordergrund.
Und wenn mit den ersten drei, vier Monaten auch ein ganz kleines Stück Abstand da ist, fragt man sich in der Retrospektive, was für einen Wahnsinn man da eigentlich ausgehalten hat. Ich finde, die Begegnungen mit dem Tod, das Begleiten eines sterbenden Menschen, der einem so nahe steht, ist in Anbetracht ds Wissens, dass man selber "da" bleibt, absoluter Wahnsinn. Diese Hochs und Tiefs, die man angesichts immer neuerer Untersuchungserebnisse, Therapieansätze und Rückschläge erlebt, sind einfach nicht anders zu beschreiben.

Du erzählst, dass Du Deinen Vater immer wieder vor Augen hast - ich hoffe, Du erinnerst Dich an schöne Szenen aus "gesunden" Zeiten, denn die haben ja den Großteil seines Lebens ausgemacht. Und wenn er am "Schluss" zufrieden in seinem Bett lag, kannst Du sicher auch ganz stolz auf Dich sein. Denn ich denke, dass jemand nur dann so aussehen kann, wenn er zufrieden von dieser Welt gegangen ist. Und nach dem, was Du erzählst, wie Ihr Euch in der ganzen letzten Zeit angenähert habt und die Krankheit zusammen durchgestanden habt, muss es für ihn ein ganz schöner Abschied gewesen sein.

Bei uns war dieses Bild am Ende genauso - und das erzähle ich nur, um Dir zu sagen: auch heute, drei Jahre nach diesem traurigen Tag, denke ich zwar oft an die schrecklichen Bilder aus der Krankheit, aber noch viel mehr an die "gsunden" Bilder aus der Zeit davor und auch besonders an das letzte Bild.
Was kann bei der Unausweichlichkeit des Todes schöner sein, als den Sterbenden zufrieden auf dei Reise gehen gelassen zu haben? Mehr kann man nicht tun!

Ich gebe Dir Recht, wenn Du immer wieder zu der Erkenntnis kommst dass man das da Gewesene nie mehr wieder darstellen kann. Auch ich denke heute oft, dass der ganze "Spuk" jetzt endlichmal vorbei sein könnte.
Wenn ich manchmal traurig bin, was ich immer mal aus heiterem Himmel bin, dann denke ich am Ende: Es ist ja nunmal nicht zu ändern...Dabei hilft mir die Vorstellung, dass das Leben auf diesem Planeten für meinen Vater am Ende die absolute Hölle war.
Womit wir bei dem Bild von der weißen Wolke wären...Ich will Dir auch nichts vorschreiben und Männer sind bei sowas sicher etwas pragmatischer als Frauen. Aber vielleicht hilft es Dir, wenn Du mal so traurig bist, dass Du fast verzweifeln könntest.
Ich denke, unsere Väter sind schon noch irgendwo "da oben". Womit ich absolut nicht meine, dass sie da sitzen und uns beobachten oder gar kontrollieren. Nein, ich denke, sie sind einfach da und es geht ihnen gut. Da oben gibt es Sonne, Blumen, keine Schmerzen und die Freiheit, an jedem Ort sein zu können. Diese Vorstellung macht mich glücklich und zufrieden. Vielleicht hilft sie Dir auch eines Tages.

Und vielleicht passieren manchmal auch bei Dir kleine Dinge, die Du Dir erst gar nicht erklären kannst. Ich bin wahrlich nicht jemand, der auf spirituelle Dinge steht (bin Juristin), aber manchmal (selten) passieren solche Dinge. Sie erschrecken einen nicht, sondern geben einem Kraft und die Sicherheit,dass es "da oben" gut geht.

Für die nächste Zeit wünsche ich Dir alles Gute! Sicher wird Dir das Gefühl, alles Erdenkliche für Deinen Vater getan zu haben, helfen, wenn es Dir mal nicht so gut geht. Vielleicht wirst Du Dich selber auch ein wenig verändern- in dem Sine, dass Dich nach diesen Grenzerfahrungen so leicht nichts erschüttern kann und Du manche Dinge aus einer anderen Ecke betrachtest.
Mit Deinem Vater verbindet Dich soviel, dass nur Euch beide verbindet. Möge Dir dieses Wissen Kraft und Größe geben!

Für Euch Alle alles Gute!
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  #20  
Alt 15.09.2004, 19:12
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Standard Letzte große Reise

Hallo Stephie und alle Anderen,

nun ist auch dieser letzte formale Akt vorbei. Der Tag der Urnenbeisetztung war sein 75.Geburtstag. Es fand statt in Friesach in Kärnten seiner Geburtsstadt, gelebt hatte er in Wien.
Wir hatten wunderschönes Wetter, meine Schwester und ich hatten uns auf einen einfachen familiären Ablauf geeinigt. Und das ist wirklich gelungen. Durch den zeitlichen Abstand waren alle nicht mehr in Trauer versteinert es wurde viel über ihn gesprochen, seine Jugendfreunde waren auch da. Einige hatten alte Fotos mit die wir angeschaut haben. Es war ein sehr schönes Abschiednehmen.

Die virtuellen Bilder die ich von ihm habe sind aus guten Zeiten, aber auch der friedliche Anblick seiner sterblichen Hülle im Krankenhaus ist für mich gottseidank nicht negativ besetzt. Dieser Anblick steht dafür dass mein tüchtiger Vater es endlich geschafft hatte.

Alles Gute Euch Allen.

Ciao
Friedl
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  #21  
Alt 01.03.2005, 20:02
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Standard Letzte große Reise

Hallo Friedl,

als ich das erste mal im Krebs-Kompass war , bin ich auf Deinen Eintrag gestossen,der mich sehr berührt hat.
Mein Vater ist am 06.02.2005 an Darmkrebs gestorben .
Er starb in seiner Wohnung ,meine Mutter und mein Bruder
waren mit dabei. Ich war einen Tag vorher noch bei ihm.
Er hat sich sehr gequält. Es ist so schlimm,wenn man nichts
machen kann.Aber das war kein Leben mehr.
Dadurch,das wir bis zum Schluß bei ihm waren,kann ich
das Ganze etwas besser verkraften.
Es hört sich vielleicht komisch an , aber wenn man jemanden
bis zum Schluß begleiten kann , ist das sehr positiv.
Ich bin sehr froh darüber , daß er erlöst ist.
Am 26.03. wäre er 79 geworden. Ein schönes Alter!
Alles Gute
Sabine 42
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