Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #91  
Alt 25.07.2003, 00:35
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

habe gerade nochmal nachgelesen - sorry für die fehler
Mit Zitat antworten
  #92  
Alt 25.07.2003, 00:41
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

sandrah,
nur ganz kurz, wie lange habe wir, meine schwester und ich nach einem tagebuch oder ähnlichem gesucht. nichts. ich denke, dass auch deine ma bis zum schluss gehofft hat, daher das PUNKTIERT. vielleicht ist es auch ein schutz unserer muter gegenüber uns...
ich glaube in unseren müttern steckte viel mehr kraft als wir annahmen...

alessa
Mit Zitat antworten
  #93  
Alt 25.07.2003, 11:08
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo an alle,
Alessa, ich bin froh, daß Du mich nicht falsch verstanden hast. Ich hatte gestern nachmittag noch ein ganz dummes Gefühl und habe befürchtet, Du könntest denken, ich will Dir sagen, wie man nun "richtig" zu trauern hat. Ich denke, da gibt es kein richtig oder falsch.

Kiki, ich glaube, Du hast dazu etwas geschrieben, daß ich erzählt habe, daß die ganze Familie bei meiner Mama war, als sie gestorben ist. Als der Arzt uns sagte, meine Mama würde wohl in den nächsten Tagen sterben, habe ich ihn gefragt, ob man uns denn vorher informieren könnte. Er meinte, das könne er nicht sicher sagen, weil meine Mutter aufgrund ihrer Lebermetastaen in ein Leberkoma fallen würde und man nicht sicher sagen könnte, wie lange das andauern würde.
Aber da wir sowieso jeden Tag zumindest in Schichten im Krankenhaus waren, waren wir an jenem Tag, an dessen Morgen sie ins Koma fiel, alle (mein Vater, mein Bruder, ihre Mutter, ihr Bruder und ich) bei ihr und haben schon darüber nachgedacht, wer denn wohl die Nacht über dableiben würde. Wir konnten uns nicht einigen. Ich sah natürlich ein, daß mein Vater oder meine Oma noch viel dringender bei ihr sein wollten als ich, aber ich wollte auch die letzten Minuten ihres Lebens bei ihr sein.
So saßen wir den ganzen Tag an ihrem Bett, ich habe ihr die Hand gehalten.
Um 17.05 Uhr ist sie dann gestorben. So konnten wir doch alle bei ihr sein.
Das war wahrscheinlich das traurigste, aber auch das bedeutendste Erlebnis, was ich je gemacht habe und je machen werde.
Ich bin total froh darüber, daß ich den ganzen Weg von Anfang bis Ende mit ihr gehen konnte.

Haben diejenigen unter Euch, die nicht dabei waren, als die Mutter starb, denn nachher noch von ihr Abschied genommen? Ich glaube, wenn ich meine Mama nicht hätte sterben sehen, hätte ich ihren Tod noch länger nicht begreifen können als sowieso schon. So hatte mein Kopf von vornherein keine Möglichkeit, die Realität nicht anzunehmen. Später, vor der Beerdigung, wollte ich sie dann nicht mehr ansehen. Das hätte ich nicht verkraftet, glaube ich.

So, und jetzt heul ich erst mal. Mann, ist das eine Sch...!!!!
Macht es alle gut.
Danke für's Zulesen.
Mia
Mit Zitat antworten
  #94  
Alt 25.07.2003, 19:05
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Alessa,

welcher Art zu sterben die „bessere“ für unsere jeweiligen Mütter war, das wissen wir alle nicht. Vielleicht irre ich mich auch, und Mama hätte uns gerne bei sich gehabt, vielleicht war das ein Moment in ihrem Leben, wo sie die Kontrolle mal hätte aufgeben wollen. Keine Ahnung.
Das große Problem war aus meiner Sicht immer, dass wir nie ganz offen geredet haben haben. Ich habe sie einige male sagen hören, dass sie nicht mehr will, aber direkt zu mir hat sie nie über ihren Tod gesprochen. Früher, ja. Aber nicht in den letzten Monaten.
Ich wusste einfach nicht, ob ich das Thema anschneiden sollte. Vielleicht ging es ihr genau so. Aber alles was bleibt, sind Spekulationen. Es bleiben immer viele „wenns“ und „hätte“.

Ich finde es ganz wundervoll, dass du deiner Mutter noch von so vielen schönen Dinge erzählt hast. Und die Stärke gefunden hast, ihr zu erlauben zu gehen. Ich habe schon von vielen Menschen gehört, dass der Kranke in dem Moment verstarb, als man ihn loslassen konnte.

Liebe Mia,

ich habe nie wirklich Abschied genommen. Nicht, als sie krank war und auch nicht, als sie schon verstorben war.
Ich habe ihren Körper nur ganz kurz im Sarg gesehen, am Tag vor der Trauerfeier. Davon habe ich, glaube ich, auch schon erzählt. Es hat mir die Erkenntnis gebracht, dass Mama nicht mehr in diesem toten Körper ist. Und das hat mir ihren Tod sicher auch begreiflicher gemacht, als wenn ich ihren Körper nicht nochmal gesehen hätte. Dann wäre vielleicht immer das Gefühl zurückgeblieben, sie würde doch noch wiederkommen. Wie du schon sagtest, Mia, ich musste in diesem Moment die Realität annehmen.
Nein, aber so weiß ich, dass sie tot ist, und ihre Seele jetzt woanders ist. Ich bin froh, dass ich ihren Körper nochmal gesehen habe, denn so wußte ich am Tag der Trauerfeier, dass in dem Sarg nicht meine Mutter liegt. Und ich wußte, dass nur ihr Körper verbrannt wird, nicht meine Mutter. Versteht ihr?

Ich bin heute auf dem Friedhof gewesen. Auf Mamas Urnengrab liegen jetzt noch unsere Blumensträuße und ein Kranz. Die Platte suchen wir nächste Woche aus. Und ich habe da gesessen und darüber nachgedacht, wie absurd, ungerecht und ungehörig es mir immer noch erscheint, dass ich diesen Friedhof jetzt mit Mama in Verbindung bringe. Dass Mama jetzt ein Grab hat. Und ich habe gehofft, dass Mama weiß, wie sehr ich mir gewünscht habe, dass sie wieder gesund wird.

Ich höre jetzt erstmal auf. Ich würde jedem von euch gerne etwas tröstendes sagen, aber ich weiß ja selber, wie unmöglich das ist. Seid einfach alle lieb gegrüßt!

Eure Katrin
Mit Zitat antworten
  #95  
Alt 25.07.2003, 22:36
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo Mädels,

heute geht es mir wieder etwas besser. Der Tag gestern hat mich ziemlich mitgenommen. Gestern wurde der Grabstein auf ihr Grab gesetzt. Er ist wunderschön, wir haben etwas ganz besonderes ausgesucht. Ich kann es schlecht beschreiben, es sind wie zwei Säulen, die miteinander durch einen Halbbogen verbunden, auf dem Strahlen eingemeißelt wurden - in der Mitte eine Verbindung, auf der zwei Personen (Mann und Frau) geformt sind - darunter steht "und was getrennt ist findet sich wieder". Wirklich wunderschön und es ist ein so beruhigendes Gefühl, dass ich heute tatsächlich 3x auf dem Friedhof war, nur um den Stein anzuschauen und den Spruch zu lesen. Ich habe gleich ein paar Digitalfotos gemacht, um morgen mal beim Gärtner wegen der passenden Grabbepflanzung zu fragen. Ich hoffe, Mama gefällt all das, was wir ausgesucht haben.

Als ich Eure Beiträge gelesen habe, war ich mir plötzlich doch nicht mehr so sicher, ob es für mich besser gewesen wäre, wenn ich in Ihrer Todesstunde bei ihr hätte sein können.
Liebe Alessa, Dein Bericht hat mich sehr berührt. Ich bin mir sicher, meine Mama hätte ähnliches gesagt. Sie wollte nicht gehen und vielleicht war es so für sie leichter, ohne jemand von uns in ihrer Nähe. Ich habe schon öfters gehört, dass Sterbende nicht gehen können, weil die Angehörigen um sie sind. Viele sterben genau dann, wenn die Angehörigen kurz das Zimmer verlassen oder gegangen sind. Warum ist das wohl so? Vermutlich, weil sowohl Angehörige und Sterbender nicht loslassen können. Ich stelle mir das auch furchtbar schwer vor! Liebe Alessa, ich bewundere Dich, dass Du die Kraft gefunden hast, Deiner Mama zu sagen, dass sie gehen darf. Ich weiß nicht, ob ich nicht das Gegenteil gesagt hätte - Mama, bleib bei uns! Deine Mama fand es sicher wunderschön, begleitet von Deinen Worten und der Geschichte vom kleinen Prinzen und den lachenden Sternen für immer einzuschlafen. Es ist, als hättet Ihr die Rollen getauscht: Die Gutenachtgeschichte, die sie Dir als Kind zum Einschlafen erzählt hat, das hast in ihrer letzten Stunde Du übernommen. Kann man seiner Mama etwas schöneres zurückgeben als das?

Und jetzt gebe ich Euch allen noch ein Gedicht hierzu mit auf den Weg, ganz besonders für Dich, Sandrah!

Jedes Jahr führt alles,
was das Leben je lehrte, hierher zurück;
den Feuern und dem schwarzen Fluß des Verlusts,
dessen anders Ufer die Erlösung ist,
deren Bedeutung niemand von uns je erfahren wird.
Um in dieser Welt zu leben,
muß man fähig sein,
drei Dinge zu tun:
lieben, was sterblich ist;
es mit aller Kraft festhalten,
wissend, daß das eigene Leben davon abhängt;
und wenn die Zeit kommt, es loszulassen,
loslassen.

Eure
Kiki
Mit Zitat antworten
  #96  
Alt 25.07.2003, 22:53
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Mia,

ich habe weiter oben ja schon beschrieben, dass wir noch mal ins Krankenhaus gefahren sind, als meine Mama gerade verstorben ist und dass ich dort schon das Gefühl hatte, sie sei nicht mehr da. Sie war nicht zurechtgemacht, sie lag einfach so da, wie sie gestorben ist. Später dann, einen Tag vor der Beerdigung, haben wir sie dann noch mal im Sarg gesehen. Wir hatten ihr etwas schönes zum Anziehen herausgesucht, aber die Frau in dem Sarg ähnelte keinesfalls meiner Mama. Sie war nicht so geschminkt wie sie und überhaupt, so sah sie nicht aus in den letzten Wochen. Mein Bruder hat meine Mama nur noch im Krankenhaus gesehen, er wollte sie nicht mehr sehen. Jeder hat uns gesagt, wir sollten noch einmal Abschied nehmen, wenn sie zurechtgemacht gemacht ist und friedlich und schön aussieht. Mein Bruder entgegnete dann immer: "Für mich ist Mama immer schön, auch so, wie sie im Krankenhaus aussah". Ich fand das immer toll von ihm! Mein Vater jedoch wollte unbedingt mit auf den Friedhof, als sie aufgebahrt war und ich wollte ihn nicht allein hingehen lassen mit den anderen. Drum bin ich mit. Es war schrecklich und viele haben mich hinterher gefragt, ob ich mich jetzt besser fühlte. Keineswegs habe ich mich beruhigter oder besser gefühlt! Es war auch kein Abschiednehmen für mich, weil sie das ganz einfach nicht war. Und wenn ich ehrlich bin, ich habe bis heute keinen Abschied genommen, warum auch? Sie ist doch immer noch bei mir! Ich rede mit ihr und ich weiß, was sie sagen würde, auch wenn sie stumm bleibt. Kurz nach ihrem Tod ist mir ein Gedicht von Eichendorff in die Hände gefallen, das tröstet mich, wenn ich wieder mal denke, wie gern ich doch in ihrer letzten Stunde bei ihr gewesen wäre - bei diesem Gedicht muss ich stets dran denken, wie sie da lag nachts im Krankenhaus und das Fenster offen war:

Mondnacht

Es war, als hätt der Himmel
Die Erde still geküßt,
Daß sie im Blütenschimmer
Von ihm nun träumen müßt.

Die Luft ging durch die Felder,
Die Ähren wogten sacht,
Es rauschten leis die Wälder,
So sternklar war die Nacht.

Und meine Seele spannte
Weit ihre Flügel aus,
Flog durch die stillen Lande,
Als flöge sie nach Haus.


Kiki
Mit Zitat antworten
  #97  
Alt 28.07.2003, 00:28
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

hallo kiki,
ich bin mir sicher, dass es mama recht war, das wir bei ihr waren. für uns war es selbstverständlich, auch für meinen freund. er hatte ein sehr gutes verhältnis zu ihr. es gab ihm gegenüber auch nicht wirklich scham bezgl. der fehlenden haare oder so. das war sehr schön.
was mich heute sehr belastet ist, dass ich meine mama, wenn ich an sie denke, meistens in ihren schweren stunden zum ende hin sehe. ich sehe wie sie leidet, hilfos ist. wie sie schläft, mühsam versucht, sich selbst die zähne zu putzen. und wie sie einschläft. warum kann ich nicht die schönen, unendlich vielen schöne tage sehen. selbst in meinen träumen ist sie krank, nur einmal kann ich mich erinnern, dass sie einfach meine mama ist, wie früher.
abschied habe ich auch nicht genommen, sie ist bei mir, immer.
nur dass sich die relationen in meinem leben verändert haben:
...alles was so gross und wichtig erscheint
ist pötzlich nichtich und klein...
es ist eben alles relativ geworden.

ich wünsche dir eine gute nacht
alessa
Mit Zitat antworten
  #98  
Alt 28.07.2003, 12:57
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Ihr Lieben,

neulich bekam ich von sehr guten Menschen dieses Gedicht geschickt, das ich hier noch nicht gelesen habe:

Trost

Wer Weinen zuläßt,
lächelt erlöster.
Wer den Abschied bejaht,
kann freier beginnnen.
Wer Werte bewahrt,
spürt neben aller Vergänglichkeit
die geistige Zeitspirale des Seins.
Wer im Tod Natur sieht,
erkennt durch den Schmerz,
trotz aller Grausamkeit,
den Sieg des Kreislaufs Leben.

Ich denke, das hätte auch meiner Ma gefallen.
Alles Liebe, viel Kraft und vor allem Gesundheit für Euch,

Elfie
Mit Zitat antworten
  #99  
Alt 28.07.2003, 13:56
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Alessa,

ich glaube, es dauert sehr lange, bis die schönen Erinnerungen wieder hervorkommen und die schlimmen Bilder allmählich verblassen. Beim einen geht das schneller, beim anderen dauert es eben länger. Vielleicht liegt es auch daran, dass Du miterlebt hast, wie schwer Deine Mutter es in den letzten Tagen und Stunden hatte. Du warst abwechselnd mit Deiner Schwester rund um die Uhr bei ihr - das war bei uns nicht der Fall. Sie war im Krankenhaus und ich habe mich so gut es ging, mit meinem Vater und anderen Verwandten abgewechselt, aber ich hatte nunmal noch das Baby zuhause, sodass ich nicht so oft und so lange bleiben konnte, wie ich wollte. Ich habe sie das letzte Mal zwei Tage vor ihrem Tod gesehen. Und da war sie so glücklich. Sie durfte seit langem das erste Mal wieder feste Nahrung zu sich nehmen, ich habe ihr Gesicht gesehen, als der Pfleger das Essen mit dem trockenen Brot hereinbrachte und sie nicht begreifen konnte, dass er sich nicht im Plan geirrt hatte und das Essen tatsächlich für sie war. Die neue Chemo, vor der sie solche Angst hatte, die am vorhergehenden Tag begonnen wurde, hat sie gut vertragen und die Ärzte sagten ihr, dass sie Weihnachten nach Hause dürfte. All das hat sie so glücklich gemacht und so habe ich sie in Erinnerung; ich bin aus dem Krankenhaus gegangen mit einem guten Gefühl - die darauffolgende Woche sollte sie nach Hause kommen. Am nächsten Tag hatten wir ja nur telefoniert und nachts ist sie dann gestorben. Ich habe sie also nicht mehr lebend gesehen. Vielleicht fällt es mir deshalb leichter, jetzt schon die Bilder ihrer schlimmen Leidenszeit zu vergessen. Auch wenn ich von ihr träume, ist sie gesund und schön. Das macht es natürlich für mich leichter, obwohl der Schmerz unendlich groß ist. Wahrscheinlich brauchst Du einfach noch viel viel mehr Zeit, aber ich bin mir sicher, auch bei Dir werden die Erinnerungen an Eure schöne gemeinsame Zeit stärker werden. Eine Freundin legte mir folgendes Gedicht in ihre Trauerkarte, es hat mir sehr geholfen, mich an die Zeit vor Mamas schwerer Krankheit zu erinnern und mich getröstet, dass Mama doch irgendwo weiterlebt:

Verwelkte Blätter
verschwinden ganz
allmählich,
sie werden immer durchsichtiger,
sind nur noch ein Filigrannetz
und zuletzt hören sie
einfach auf zu sein.
Braun mit rötlichem Schimmer
liegen sie auf dem Boden
und mir wird bewusst, dass sie
neue Verbindungen eingehen.
Als ob sie schon vorher
ehe sie verwelken
mehr und mehr
zu etwas anderem werden.

- Ingrid Springorum -


Ich umarme Dich.
Deine
Kiki
Mit Zitat antworten
  #100  
Alt 28.07.2003, 13:57
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Elfie,

danke für das Gedicht. Es ist wirklich wunderschön und tröstend.

Liebe Grüße
Kiki
Mit Zitat antworten
  #101  
Alt 28.07.2003, 21:21
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Katrin,
Du schreibst, daß du in ca. einem Monat Geburtstag hast.
Ich hatte Mitte Juni, es war der erste ohne meine Mami.
Jemand von euch hier hat geschrieben, daß das erste Trauerjahr am schwersten ist, weil alle besonderen Anlässe, wie Geburtstage, Feiertage und Jubiläen zum ersten Mal ohne den geliebten Menschen stattfinden.
Und so ist es auch ! !
Meinen Geburtstag wollten wir mit einem Konzertbesuch verbinden, waren also am Abend davor schon in Hamburg. Wir blieben in der Stadt, um am nächsten Tag durch die Stadt zu bummeln, einen schönen Tag in der Hansestadt zu verbringen.
Es war ein Fehler, denn in Hamburg war ich im Mai letzten Jahres mit meiner Mutti, bei einem Professor, bei ihm schöpften wir ein letztes Mal soooo große Hoffnung.
Was ich nicht hoffte, passierte. Die Erinnerungen an diesen Aufenthalt in der Stadt wurden in mir geweckt, besonders als wir an der Alster spazieren gingen. Dort sind wir damals u. a. auch spazieren gewesen. Als wir wieder an diesen Orten waren, war die Traurigkeit stärker.
Ich wollte mich zusammenreißen, wenigstens nicht weinen zu müssen, aber die Sehnsucht nach ihr war in diesem Moment soooo groß.
Ich hätte es wissen müssen, aber ich wollte vor nichts ausreißen, wollte nicht Hamburg meiden, diese so schöne Stadt. Aber es war noch zu früh, dort einen so besonderen Tag glücklich zu verbringen.
Liebe Katrin, für Deinen Geburtstag wünsche ich Dir jetzt schon, daß die schönen Erinnerungen an die vergangenen Dir helfen nicht allzu traurig zu sein. Meine Mami hat mir in den letzten 4 Jahren seitdem ich nicht mehr zu Hause wohne wunderschöne, liebevolle Karten geschrieben, sie hab ich gelesen, als ob ich sie jetzt erst von ihr erhalten habe.
Alles Liebe,
Sandra
Mit Zitat antworten
  #102  
Alt 28.07.2003, 22:04
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Hallo, liebe Alessa,
ja, wir haben Gottseidank nicht später nach diesem „Tagebuch“ suchen müssen.
Es war ja auch, wie schon geschrieben eher ein Buch über ihr (Wohl)Empfinden, sie hat es immer bei sich gehabt, aber auch schon mit mir darin geblättert.
Wenn wir z. B. etwas nachschlagen wollten (sie schrieb ihr Gewicht, die Einnahme von Medikamenten, Termine auf).
Etwas besonderes läßt mich jedoch bestimmt bald wieder das Buch in die Hand nehmen, sie hat zwischen all den weniger schönen Dingen auch aufgeschrieben, wann wir zu Besuch waren, worüber sie sich besonders gefreut hat, wenn wir ihr was geschenkt haben, sie hat immer kleine Bilder dazu gemalt.
Die letzten Tage habe ich sie oft gefragt, ob sie einen Wunsch hat, habe nie gesagt einen letzten. Dieses „sie gehen lassen“ hab ich nie geschafft, Du hast es sogar aussprechen können.
Auch darüber mach ich mir jetzt noch Gedanken, da die Ärztin sogar noch gesagt hat, ich soll mich nicht so an meine Mutter klammern. Ich schwöre jedoch, daß ich dieser Ärztin keine Grund zu so einem Satz Anlaß gegeben habe. Sie hatte zum x-mal jemandem erklären müssen, daß der Angehörige nur noch wenige Wochen zu leben hatte. Aber ich ? Sie vergaß anscheinend, daß es Menschen gibt, die zum ersten Mal mit „unheilbar krank sein“ konfrontiert werden.
In ihren Augen hätte ich nicht nach Verbesserung der Behandlung fragen müssen, sondern nach dem nächsten Hospizdienst.
ABER die Hoffnung in mir war noch nicht gestorben.
Heute würde ich vieles anders machen, aus Erfahrung, aber damals, woher sollte man wissen, was richtig ist.
Eine Sache habe ich , glaube ich, aber trotzdem richtig gemacht.
Meiner Mami habe ich oft gesagt, geschrieben, WIR ! schaffen das, gemeinsam schaffen wir es ! ! und auf einer der letzten Karten, war ein kleiner Pilz und folgender Spruch "..und ist der Pilz auch noch so klein, so kann er doch ein Glückspilz sein!"
Sie hat mich damals angelächelt und ich hab sie ganz lieb gedrückt.
Der kleine Pilz sollte ihr Glück bringen,........
Gute Nacht liebe Alessa,
Sandra (winkt)
Mit Zitat antworten
  #103  
Alt 28.07.2003, 22:42
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Mia, liebe Kiki,
ich habe meine Mutti, am Tag bevor sie starb das letzte Mal gesehen,.
Beim Abschied hat sie noch einmal gewunken.
So hab ich sie in Erinnerung behalten, bis jetzt.
Als meine Mutti gestorben ist, hatte ich zunächst den Wunsch sie nochmal zu sehen,
aber auch große Angst vor dem Anblick.
Meine Schwester und mein Vater konnten sich kurz nachdem sie eingeschlafen ist verabschieden. Sie sagten bereits, das war nicht mehr unsere Mutti.
Mein Wunsch, sie wie bei unserem letzten Beisammensein in Erinnerung zu behalten siegte.
Zur Beerdigung war der Sarg geschlossen, niemand von den Trauergästen konnte sie mehr sehen. Und es war gut so.
Wir haben es wirklich nicht bereut, denn das Foto, das von ihr gemacht wurde...........
im Sarg liegend ........als ich dieses Foto sah, ich hab sie nicht wiedererkannt.
Das war nicht meine Mutti...
Am WE hab ich auch ein Bild vom unserem letzten gemeinsamen Weihnachtsfest gegen ein etwas älteres ausgetauscht. Ein Bild, wo man noch nicht in ihren Augen, ihrem Gesicht die Krankheit lesen kann.
Es war gut so.
Schaue ich jetzt auf das Bild, sehe ich wirklich meine „alte“ Mutti, es tut mir gut.
Liebe Grüße,
Sandra
Mit Zitat antworten
  #104  
Alt 28.07.2003, 22:47
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Kiki, liebe Elfie,

Danke für Eure Gedichte, Eure Worte,
ich habe heute auch eins für EUCH ! (von Marianne Nagl-Exner)

WORTE

Was sollen all die Worte,
zusammengeflickt und gestottert ?
Nichts können sie geben,
nichts können sie sagen.
Was sollen all die Worte ?

Was schenken all die WORTE,
aus dem HERZEN genommen und gebunden ?
Sooo viel können sie geben,
sooo viel können sie sagen !
Wie helfen all die WORTE !

Aber wißt Ihr das mir auch BILDER helfen?
Ich werde nie diesen riiiiiesengroßen, wunderschönen Regenbogen vergessen,
den ich am Himmel sah, als ich am Morgen, nachdem meine Mutti eingeschlafen war,
aus meinem Küchenfenster blickte.
Meinen Freund fragte ich damals „geht Mutti jetzt durchs Tor?“
Ich hatte wirklich das Gefühl, dies sei ein ZEICHEN !
Liebe Grüße,
Sandra
Mit Zitat antworten
  #105  
Alt 28.07.2003, 23:23
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Liebe Sandra,

ja, ich habe in etwas über einem Monat Geburtstag, und ich war es auch die geschrieben hat, dass man ein Jahr mit all seinen Geburtstagen und Feierlichkeiten einmal durchlaufen haben muss, bis man sich in seinem Leben überhaupt wirklich neu einrichten kann. Das hat uns der evangelische Pfarrer gesagt, der zu Mamas Trauerfeier gesprochen hat. Und ich glaube auch, dass er damit recht hat.
Wir haben heute eine Platte für das Urnengrab ausgesucht und die Schriftart. Der Steinmetz meinte, es würde etwa 4 – 5 Wochen dauern, bis er die Platte auf das Grab legen kann. Geburtstag habe ich am 4. September, wenn ich also Glück habe, kann ich an diesem Tag schon das fertige Grab besuchen. Das ist mein Wunsch dieses Jahr.
Wie beneide ich dich, dass ihr eine Art Tagebuch von deiner Mutti habt. Es gibt so wenig wirklich persönliches, was Mama hinterlassen hat. Das ist auch ein Grund, warum ich mir mein eigenes Erinnerungsstück erst schaffen musste: das Medaillon mit ihrem Foto drin. Und so habe ich sie immer bei mir.

Ich hoffe auch auf ein Zeichen, dass es Mama gut geht und sie noch irgendwo ist. Was du da von dem Regenbogen schreibst, klingt wirklich sehr schön! Ich habe heute zum ersten Mal von Mama geträumt, seit sie tot ist. Sie sah aus wie vor ihrer Krankheit, saß bei uns in der Küche auf ihrem Platz und sah sich ein paar der Trauerkarten an, die wir bekommen haben, und noch einiges andere Zeug. Papa saß am anderen Kopfende. Ich stand daneben und dachte „komisch, wieso tun wir allen so leid, Mama ist doch da“. Ich wußte, dass sie nicht permanent da sein konnte, aber zumindest zeitweise. Dann merkten wir, dass Mamas Energie weniger wurde, was bedeutete, dass sie jeden Moment verschwinden würde. Und in dem ganzen Traum hat Mama nicht ein Wort gesprochen.

In den letzten Wochen habe ich immer so gehofft, von Mama zu träumen, und als ich heute morgen aufwachte, habe ich gar nicht richtig realisiert, dass es nun passiert war. Vielleicht liegt das daran, dass man sich eher Träume wünscht, in denen der Verstorbene direkt vor einem steht und sagt: mir geht es gut, ich hab dich lieb.
Aber so einfach ist es dann wohl meist doch nicht.

Jetzt wünsch ich dir erst mal eine gute Nacht, vielleicht mit einem schönen Traum? :-)
Viele liebe Grüße,
Katrin
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu

Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
Bücher z.Thema: Wenn ein Elternteil krebskrank ist Ladina Forum für krebskranke Eltern 19 09.03.2012 19:57
Geschichten die das Leben schrieb Sonstiges (alles was nirgendwo reinpaßt) 240 22.05.2006 19:42
Kinderbücher:Krankheit und Tod eines Elternteils Forum für Angehörige 11 12.09.2005 23:58
Suche junge Frauen, die TAC hatten Brustkrebs 14 14.02.2005 17:10


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 14:58 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55