Wann wird es besser ?

Hallo,
heute vor 7 Wochen hat mein Pa seine letzte große Reise angetreten. Seit diesem Tag ist nichts mehr so wie es war. Er ging an den Folgen einer Lungenkrebs OP. Irgendwie kam es völlig überraschend, wie ein Unfalltod. Hat er doch nie etwas von seiner Krankheit gemerkt. Seit 7 Wochen weine ich täglich und habe das Gefühl, dass es immer schlimmer wird. Ich habe noch keinen Tag ohne Tränen geschafft. Mein Freund hat dafür auch kein Verständnis mehr. Ich habe das Gefühl, dass ich in ein tiefes, dunkles Loch gefallen bin und irgendjemand hat mir die Strickleiter geklaut. Täglich verzweifel ich mehr. Jeder Tag, den ich geschafft habe, ist für mich ein Tag näher bei meinem Pa. Ich nehme schon Antidepressiva und mache eine Trauerbegleitung, aber es wird nicht besser. Ich kann ihn einfach nicht loslassen, kann nicht einmal aussprechen, was passiert ist. Flüchte mich häufig in Tagträume, dass alles nur ein Irrtum war und er wiederkommt. Kann es sonst einfach nicht ertragen. Jeden Tag ziehe ich mich etwas mehr zurück. Mag nicht mehr vor die Tür gehen und vor allem keine Menschen mehr treffen. Ich kann es nicht ertragen, dass alle anderen so glücklich sind und ich das Liebste verloren habe. Seit 7 Wochen kann passieren was will, mir kommt nicht einmal ein Lächeln über die Lippen. Wird es irgendwann besser oder muß ich mich darauf einrichten, dass das jetzt mein "Leben" ist ?

traurige Grüße
Marion

[Jutta]

Liebe Marion,

Es wird irgendwann einmal besser. Auch wenn Dir diese Worte im Moment nicht wirklich Trost geben können, wird es so sein.
Zwinge Dich nicht ein Lächeln aufzusetzen, oder gar Deine Stimmung mit Gewalt aufzuheitern. Die Zeit ist noch viel zu kurz, um auch nur einen Bruchteil Deiner Trauerarbeit verarbeitet zu haben. Du bist noch zu stark in Deinen Gefühlen gefangen, und noch nicht bereit Auf Wiedersehen zu sagen.
Die Trauerbegleitung ist ein guter Ansatz, dennoch spüre ich aus Deinen Worten, daß sie Dir im Moment noch nicht weiterhilft, im Gegenteil, Dich in Deiner Trauer und Deinem Schmerz noch bestärkt. Mache eine kleine Pause, bis Du bereit bist darüber zu sprechen.

Möchtest Du mir erzählen, was Du alles mit Deinem Pa verloren hast? Möchtest Du mir von ihm erzählen, was er für Dich war?

In lieber Umarmung
Jutta

Hallo Marion,
kann Dich gut verstehen. Kann Dir leider auch nicht sagen,
wann es besser wird. Mein Mann (34 Jahre) ist heute genau
vor 25 Wochen verstorben und ich sage Dir, mir geht es heute
noch genauso wie Dir. Warte jeden Tag auf Besserung. Aber nichts passiert. Leider erzählt Dir jeder, die Zeit heilt Wunden. Möchte nur mal wissen, wann. Mittlerweile haben leider
auch die Mitmenschen (zumindest die Meisten) kein Verständnis mehr dafür. Muss gestehen, dass ich denen nichts Gutes an
den Hals wünsche, Sorry..... Wer so etwas nicht erlebt hat,
kann es eben auch nicht so verstehen. Manchmal habe ich ja
Einsicht dafür, aber mit vielen möchte ich auch lieber nichts
mehr zu tun haben.
Nehme auch schon lange Antidepressiva, schon während der langen
Pflege meines Mannes. Hätte sonst manchen Tag nicht überstanden.
Trauerbewältigungskurse oder so ist mir nichts. Vielleicht
bin ich deshalb noch keinen Schritt weiter, wie vor 6 Monaten.
Lass Dich von niemand zu etwas zwingen. Mache alles so, wie
DU es für richtig hälst. Irgendwann wird die Sonne für uns
auch wieder scheinen, auch wenn es zur Zeit keinen Anschein
dafür hat.
Liebe Grüsse
Heike

Hallo Marion,

ich denke jeder hier kann gut verstehen dass Du so untröstlich bist. Ich habe meinen Vater letztes Jahr im Juni verloren. Die schlimmste Zeit kam für mich allerdings dann erst ein paar Monate später, worauf ich dann auch ein Antidepressivum verschrieben bekam, wollte das auch weil ich einfach nicht mehr klarkam im Alltag. Nebenbei mache ich eine Psychotherapie (da war ich vorher schon drin aus anderen Gründen) und es ist klar das sowas auch kein Allheilmittel ist - sonst wäre es mir ja nicht so nebenbei auch immer schlechter gegangen... aber ein Kombination aus dem Medikament, der Therapie und sicher auch der Zeit die inzwischen vergangen ist hat mir dann doch geholfen. Ich denke Du wirst nicht drum herum kommen auch herauszufinden WARUM es Dir SOOOO schlecht geht, um etwas ändern zu können. ich glaube ganz sicher nicht dass der Rest deines Lebens jetzt so aussehen wird. Ganz sicher hätte Dein Vater das auch nicht für Dich gewollt. Man kann was dagegen tun. Jeder trauert anders aber ich bin ganz sicher dass man auch wirklich wollen muss ... also damit leben zu können. Klar ist das schwer zu akzeptieren..... war und ist es für mich auch immer noch. Das Verleugnen gehört auch dazu. Aber vielleicht ist das Medikament nicht das richtige für Dich (bist Du bei einem guten Facharzt? was sagt der dazu dass es nicht besser wird?) Andererseits muss man je nach Medikament auch berücksichtigen dass die erwünschte Wirkung z.T. erst nach 3-4 Wochen eintritt, es hat bei mir durchaus 2 Monate gedauert bis ich mich wieder stabil fühlte. Aber das war dann ca. 1/2 jahr nach dem Tod meines Vaters... bei dir ist es ja noch viel frischer. Natürlich ist es hart und schmerzhaft wenn man das verständnis in der Umgebung nicht hat. Die anderen kehren doch schnell zum Alltag zurück, das musste ich auch schmerzhaft begreifen..... aber bei meinem Thera konnte ich und kann ich das Thema immer und immer wieder durchlauen, das ist ganz wichtig für mich. Naja, und hab Geduld mit Dir selbst, es ist ja noch ganz frisch.....

Alles Gute
Kerstin

Auch wenn die Wunden vernarben, spürbar bleiben sie ein Leben lang.

Hallo Marion,

sieben Wochen sind eine sehr kurze Zeit. Man spricht ja nicht umsonst vom Trauerjahr in dem jeder Tag ohne den Verstorbenen einmal durchlaufen werden muß. Es ist nicht schön, wenn dein Freund jetzt schon kein Verständniss mehr hat, aber wenn er dich lieb hat, wird er da mit dir durch müssen. Du kannst nicht einfach einen Schalter umlegen und ihm zu liebe wieder fröhlich sein, das geht nicht und wäre für dich auch nicht gut.

Meine Mutter ist vor drei Jahren gestorben und mir ging es das erste halbe Jahr sehr schlecht, bis ich mein Leben wieder besser im Griff hatte sind bestimmt zwei Jahre vergangen. Die Trauer bleibt, sie verändert sich. Wie lange das dauert ist bei jedem anders, so wie jede Geschichte anders ist. Du solltest dir deine Trauer-Zeit nicht nehmen lassen. Den meisten hilft reden. Wenn dein Freund dir nicht zuhören will und deine Freunde nach einer Weile auch nicht mehr, dann hilft es mit Menschen zu sprechen, die auch gerade jemanden verloren haben und ähnlich fühlen wie du. Vielleicht schaust du mal hier vorbei: http://www.elternlos.de.

Das du Antidepressiva nimmst und eine Trauerbegleitung machst ist doch schon ein guter Schritt nach vorn, das zeigt, dass du aus dem Loch wieder hinaus möchtest. Und das schaffst du bestimmt auch.

Ich wünsche dir alles Gute!

Lieben Gruß

Tanja

Heute scheint die Sonne. Mein Pa hat die Sonne sehr geliebt. Normalerweise würden wir jetzt zusammen mit den Hunden spazieren gehen. Es tut so unendlich weh die Sonne zu sehen und zu wissen, dass mein Pa sie nicht mehr geniessen kann. Ich kann es nicht ertragen. Werde gleich die Rolos runtermachen. Früher habe ich mich immer gefreut, wenn die Sonne schien, aber nichts ist mehr wie früher. Wenn ich so lese, dass es den meisten auch nach einer viel längeren Zeit nicht besser geht richte ich mich auf einen Sommer im verrammelten Haus ein. Denn der Sommer war unsere Zeit. Wir haben ihn beide sehr geliebt, haben immer zusammen im Garten gesessen. Wie soll es nur weitergehen ? Was ist das für eine Lebensqualität, wenn man nur noch traurig ist ?

Liebe Grüße
Marion

Liebe Marion, auch ich war und bin immer wieder ganz unten, die Tage werden immer wiederkommen, aber glaube mir, es wird besser, das willst Du jetzt alles nicht hören, ich damals auch nicht, aber mir hat das Reden geholfen, ich bin auch zum Friedhof und habe am Grab mit Papa geschimpft, warum er gegangen ist, er muß es doch gespürt haben, doch er ging ohne ein Wort, im Gegenteil er war 2 Std.vorher bei vollen Bewußtsein, wir haben geredet und gescherzt, beim Abschied hat er mir alles Gute gewünscht, mir kommen immer wieder die Tränen bei diesen Gedanken und Erinnerungen. Das nächste Mal, als ich ihn wiedersah, war er tot, einfach gestorben, von uns gegangen. Man rief uns ziemlich unmittelbar nach seinem Tod aus dem Krankenhaus an, wir eilten alle hin, keiner wollte es wirklich glauben, jeder hoffte auf eine Verwechselung, aber dem war leider nicht so. Papa sah so friedlich aus, als ob er schlafen würde, er war auch noch ganz warm, am liebsten hätten wir ihn mit nach Hause genommen. Ich vermisse ihn jeden Tag, jede Sekunde, bei jedem Atemzug, den ich mache, er ist immer bei mir und das ist auch gut so...... Es ist heute fast auf den Tag 8 Monate her, ich trauer heute anders, ich kann das eigentlich nicht beschreiben, wie in dem Gedicht von Bonhoeffer, die Trauer wandelt sich in eine stille Dankbarkeit. Es gibt Tage, da kann ich gut damit umgehen und dann wieder zerreißt es mir das Herz, man denkt, man dreht durch, alles wird einem bewußt, nie mehr sehen, nie mehr miteinander sprechen, nie mehr in den Arm nehmen. Wir sind 5 Kinder zuhause, aber ich bin "seine Tochter". Unserer Mama geht es so wie mir, wir können Gott sei Dank alle drüber reden, lachen und weinen auch gemeinsam. Manchmal ist es aber nicht zum Aushalten.....
Liebe Marion, ich kann Dir nur empfehlen, lebe Deine Trauer aus, laß Dir von niemandem, hörst Du, von niemandem auf diesem Gebiet etwas vorschreiben. Diese schlauen Sprücheklopper können mir gestohlen bleiben.
Ich umarme Dich.....
Deine Anna-Maria

Hallo Marion,

versuch doch mal dir vorzustellen, dass dein Vater bei dir ist, wenn du an ihn denkst und das, wenn du raus gehst und die Sonne genießt er sie mit dir zusammen spüren kann. Vielleicht klappt es nicht sofort, bei dir ist ja alles noch sehr frisch, aber ein Sommer hinter runtergelassenen Rollos muß es nicht unbedingt werden. Es wird bestimmt Tage geben, an denen du gern rausgehen wirst, um die Sonne zu genießen. Mach einfach das, wonach dir ist.

Lieben Gruß

Tanja