Krebs-Kompass-Forum seit 1997  


Zurück   Krebs-Kompass-Forum seit 1997 > Spezielle Nutzergruppen > Forum für Hinterbliebene

Antwort
 
Themen-Optionen Ansicht
  #1  
Alt 19.08.2002, 23:02
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Leere

Viele Beiträge erzählen von dem großen Schmerz. In mir ist nur Leere und ein komisches Gefühl; ich weiss seit dem tod meiner mutter vor einer woche nicht, was ich fühlen soll, bin recht unruhig, aber die schmerzen bleiben aus; es ist ein anderes, so komisches gefühl. gleichzeitig bin ich auch ruhiger als vorher; ich kann es schlecht beschreiben.ich weiss nicht mehr, wie ich mich verhalten soll, was ich fühlen, denken, tun soll. alles ist wie ein unwirklicher film.und ich kann es noch gar nicht wirklich begreifen in der vollen bedeutung.
die letzten tage der krankheit waren so schlimm; jetzt ist da gar nichts mehr.
wer kann mich verstehen??
Mit Zitat antworten
  #2  
Alt 20.08.2002, 05:40
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Leere - für immer ??

Liebe Martina,

das was Du in Deinem Beitrag schreibst, kann ich eigentlich nur bestätigen, dass Deine Gefühle auch den meisten von uns, die einen lieben Menschen durch diese grausam Krankheit verloren, so gefühlt haben haben. Es ist wohl ein Schutz für die Seele, denn nach den vielen Hoffnungen und Enttäuschungen brauchen wir wohl ein bißchen Zeit damit wir uns von den langen und manchmal grausamen Ereignissen erholen können. Mein Sohn bekam mit 20 Jahren ein Ewing Sarkom und nach 13 Monaten verstarb er, querschnittsgelähmt und ohne Sprache zu Hause in menen Armen. Der Tod war grausam und doch auch eine Erlösung von allen Chemo's, Bestrahlungen, Untersuchungen, Auseinandersetzungen mit Ärzten und Personal, so dass er endlich seinen Frieden gefunden hatte. Die nächsten Wochen und Monate gab es soviel zu tun, dass man kaum zum Nachdenken kam. Als dann wieder Ruhe in unserem Haus eingekehrt war, traf mich die Trauer um den Verlust meines Sohnes mit voller Wucht. Das Gefühl der Leere und des Alleinseins dauert einige Zeit, aber durch die Unterstützung meiner Familie, Freunde und Bekannte kann ich heute wieder ein fast normales Leben geniessen. Allerdings lebe ich mit dem Bewußtsein, dass mein Sohn mich täglich auf meinem Lebensweg begleitet, solange bis wir uns endlich eines Tages wieder in die Arme schließen dürfen.

Liebe Grüße
DORIS (Mutter von Samy)
Mit Zitat antworten
  #3  
Alt 02.09.2002, 21:49
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Leere

Liebe Martina,

meine Mutter starb im März zu Hause im Kreise ihrer Familie. Ich spürte zuerst auch nichts. Am Schluß lag sie im Koma, ich war eher erleichtert, dass sie es nach zwei Tagen endlich geschaft hatte loszulassen. Trauer und Schmerz kam erst nach der Beerdigung. Auch heute gibt es noch Augenblicke in denen ich nichts empfinde. Dinge über die ich mich früher aufgeregt hätte, lassen mich kalt. Sachen die mir wichtig waren, sind mir egal oder Dinge über die ich mich sehr gefreut hätte lassen mich gar nichts empfinden.

Am Anfang hatte ich irgendwie das Gefühl, als könnte ich nochmal auf "Anfang spulen". Ich war auch sehr ruhig. So als würde ich denken "mach einfach weiter, wenn es nicht mehr geht, drückst du stopp und spulst zurück". Ich wuste genau sie ist tot, den ich hatte sie ja sterben sehen und gleichzeitig war alles sehr unwirklich. Es waren in so kurzer Zeit so unglaubliche Dinge passiert, ich mußte erstmal ordnen und über alles nachdenken. Meine Mutter ging ins Krankenhaus um ihre Chemo zu bekommen, war mitten in der Behandlung, am nächsten Tag lag sie aufeinmal im Sterben. Es kam alles so plötzlich, nach fünf Wochen war es vorbei.

Je mehr Zeit vergeht desto weniger kann ich es glauben.

Gib dir etwas Zeit. Inzwischen sind es zwei Wochen, fühlst du dich jetzt schon anders?

Liebe Grüße
Mit Zitat antworten
  #4  
Alt 02.09.2002, 22:42
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Leere

Liebe Martina,

Deine zeilen erinnern mich an den April und mai letzten jahres. Am 24.4.2001 starb mein Dad.
Es ging mir ganz ähnlich, wie dir. Heute sage ich: mein Kopf hatte verstanden, daß mein Vater gestorben war, aber in meinem herzen war es nicht angekommen.
Noch nicht, ich befand mich in einem merkwürdigen Zustand, ich war ruhig, hab prima geschlafen und war aber irgendwie neben der Spur.
Es ist der Schock Martina, er schützt uns, bis wir es nach einer Weile ertragen können und unser herz versteht, was passiert ist.
Irgendwann kam der Schmerz mit ganzer Kraft über mich, es war furchtbar, aber auf eine wundersame Weise auch erleichternd.
Der Trauerprozess ist schwerstarbeit, aber - wenn es ein gesunder Prozess ist - auch gut und sinnvoll. - und hilfreich.
Ich hab mich damals geschämt, weil ich nicht so angemessen traurig zu sein glaubte. Ich habe wochenlang keine Träne vergossen, war nach einiger zeit wie gelähmt und nicht mehr arbeitsfähig. Am 15. Mai - ich weiß es noch genau, fing ich morgens um 8 an zu weinen aus nichtigem anlaß zunächst und konnte bis Mitternacht nicht mehr aufhören. Es war so furchtbar und gleichzeitig so befreiend. Ich bin heute immer noch sehr traurig, aber auch dankbar für diesen wunderbaren Menschen, den ich so viele jahre meinen Vater nennen durfte. Traurig, aber nicht mehr verzweifelt.
Ich habe einen Spruch in seine todesanzeige gesetz, der sich für mich bestätigt hat und sehr tröstlich und wahr ist:
"manche Menschen sterben nie,
denn sie hinterlassen Spuren in unseren Herzen."

Ich spüre ihn jeden Tag in meinem Herzen, ich habe meine Erinnerungen, sie bleiben, solange ich lebe.
Und seine Liebe zu mir ist immer noch da!
Ich weiß, es ist nicht dasselbe, aber das Wichtigste.Die Zärtlichkeit die er mir als Kind gegeben hat, wenn er meine Hand nahm und an seine Wange führte, die Geduld die er mit mir in meiner wirklich üblen Pubertät hatte.
Den Mut, den er mir immer machte, wenn es mir schlecht ging.
die Vergebung die ich erfahren durfte, wenn ich ihn verletzt habe. die Freude und Tränen der Rührung über jedes seiner enkelkinder, all das ist da - und es ist schön und wunderbar für mich.
Auch wenn mir jetzt wieder die Tränen laufen, so sind es doch nicht nur Tränen der Trauer, sondern auch der Freude.
Hab Geduld Martina, ich wünsche dir Kraft für die nächste Zeit.

alles Liebe

Marlies
Mit Zitat antworten
  #5  
Alt 03.09.2002, 14:42
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Leere

Liebe Marlies,

bei Deinen Zeilen kamen mir die Tränen (der Spruch ist so wahr). Genauso geht es mir auch. Ich hatte den wunderbarsten Papa der Welt. Ich habe ihn ja immer noch. Er ist überall.
Mein Vater ist erst vor drei Wochen gestorben. Daher kann ich zum weiteren Verlauf noch nichts sagen. Aber die Erinnerungen an die Kindheit, an die Zeit danach etc. das war alles genauso bei mir.
Und zu unserem Kleinen... er war der beste Opa, den man sich vorstellen kann und irgendwie noch weicher als bei mir als Kind, obwohl er sonst nicht unbedingt ein "weicher Typ" war. ;-)

Ich hoffe, Du hast Recht, und es kommen auch Tränen der Freude.

Die Beerdigung, die Zeit, als er im Sterben lag... ich hatte unendliche Kräfte. Jetzt ist es das reinste Auf und Ab. Ich weiß überhaupt nicht mehr, wie ich mich fühlen soll.

Liebe Grüße
Tina
Mit Zitat antworten
  #6  
Alt 04.09.2002, 16:57
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Leere

Liebe tina,
du schreibst, du hattest den besten Papa der Welt - nanu, sollte es etwas zwei davon gegeben haben???????????
Ich hoffe, du nimmst mir diesen kleinen scherz nicht übel.
Ich kenne dieses Gefühl von "auf und ab" auch noch sehr gut. Laß es einfach zu. Nach meiner Erfahrung gibt es irgendwann öfter "aufs" als "ab". So war und ist es jedenfalls bei mir.
Ich habe jetzt nach 1 1/2 Jahren weitestgehend meinen Frieden mit der Tatsache gefunden, daß mein Dad nicht mehr da ist für mich. Aber wie schon gesagt, die wesentlichen dinge sind weiterhin da und werden bleiben solange ich lebe. - Wenn man lernt, sie zu sehen.
Leider hab ich kein Rezept wie das geht. Und ich sehe hier so viele Menschen, die so sehr in ihrem leid gefangen sind, daß sie es nicht schaffen, die Liebe noch zu fühlen, sie glauben, sie ist auch weg, aber das stimmt nicht, ich glaube, weil leid auch hoffnung töten kann. Und wer keine Hoffnung mehr hat, jemals aus diesem tiefen Tal zu kommen, der hat es sehr viel schwerer, weil er es erst garnicht versucht.
Diese Tatsache macht mich sehr traurig, und ich kenne gar kein Rezept dagegen.
Ich denke, Deine Gefühle zur Zeit sind völlig normal, es ist ja noch nicht lange her. Beschleicht Dich auch manchmal ein Gefühl von Panik? Und fühlst Du Dich auch wie ein kleines Waisenkind? Einsam und verlassen?
So ging es mir damals für einige zeit, ich war ganz verletzbar und verängstigt innerlich.
Und mir wurde meine eigene Sterblichkeit mit aller Deutlichkeit bewußt.
Alles Liebe

Marlies
Mit Zitat antworten
  #7  
Alt 16.12.2007, 12:42
Benutzerbild von mutzel
mutzel mutzel ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 15.11.2007
Ort: NRW
Beiträge: 48
Standard AW: Leere

Liebe Martina,
Morgen sind es 6 Wochen her wo meine Mama verstorben ist.
Deine Zeilen könnten meine sein. Auch ich fühle mich ganz komisch.
Einerseits kann ich nur weinen, andererseits tagelang garnicht.
Ich denke immer an Sie - abends vor dem einschlafen gilt der letzte GEDANKE
meiner Mama - und morgens beim aufstehen ist der erste Gedanke wieder bei ihr. Schlafen kann ich eigentlich ganz gut, außer von Sonntags auf Montags da werde ich immer ungefähr um die Uhrzeit wach wo sie gestorben ist. Das finde ich auch sehr merkwürdig. Hast du das auch?
Oder jemand von den anderen?
Man lebt irgendwie in seiner eigenen Welt, die anderen leben einfach weiter und man selber nimmt am Leben teil, aber auch mehr nicht. Ich habe das Gefühl völlig neben mir zu stehen und mich von außen zu beobachten. Das ist alles irgendwie komisch und ich kenne mich selber nicht mehr. Und das macht mir stellenweise wirklich Angst.
Und seit ein paar Tagen spüre ich ab und zu ganz plötzlich einen kalten Luftzug, obwohl alle Fenster und Türen nicht verändert worden sind.Manchmal vergeht es schnell wieder aber manchmal umgibt mich dieser Luftzug. Meine Kinder sagen schon das ist bestimmt OMA. Kann das sein? Ich glaube schon an ein Leben nach dem Tod. Aber irgendwie habe ich das Gefühl das ich verrückt werde.
Ja, so erlebt jeder seine Trauer anders und das ist auch gut so. Dadurch das man sich hier im Forum austauschen kann - merkt man das man nicht alleine ist und das hilft schon ungemein.
Wie du schon sagst alles kommt einem vor wie ein FILM.
Genau so fühle ich mich auch. Nur jeder von uns sieht einen ANDEREN....

Viele liebe Grüße
Simone
__________________


In Erinnerung an meine Mama
12.10.1946 - 05.11.2007

UND JETZT AUCH

In Erinnerung an meinen Papa
12.07.1946 - 02.08.2009
Mit Zitat antworten
  #8  
Alt 16.12.2007, 15:13
WilliamMatthew
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard AW: Leere

Die Zeit ist bei mir auch geblieben... ständig schaue ich auf die Uhr, wenn es 15:15 Uhr wird.... denn um diese Zeit starb Vati... so wie jetzt gleich wieder.
Mit Zitat antworten
  #9  
Alt 17.12.2007, 11:38
Lasna Lasna ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 10.07.2007
Ort: Kärnten, Österreich
Beiträge: 26
Standard AW: Leere

Mir geht es genau so. Seit 2 Wochen ist meine Mama nun schon endlich von ihrem Leiden erlöst und meine Gefühle fahren noch immer Achterbahn.

Am Anfang war da nur unsägliche Erleichterung, dass alles vorbei war. Ich habe mich auch - ganz egoistisch - erleichtert gefühlt, dass es auch für mich vorbei war: das Hoffen, die Angst, jeden Tag der Gedanke, was noch alles kommen wird. Da war ich sehr friedlich und innerlich versöhnt. Und ich habe mich überhaupt nicht verlassen gefühlt. Klar habe ich geweint, aber es war keine schmerzhafte Trauer in mir.

Seit einigen Tagen geht es aber zeitweise richtig bergab. Da schlägt der Verlustschmerz voll zu. Es geht mir nicht gut dabei, aber ich weiß, dass diese Phase notwendig ist und weiß vor allem, dass es irgendwann wieder aufwärts geht. Dann tröstet mich auch der Gedanke, dass Mama jetzt endlich frei und geheilt ist und ich spüre die Liebe und Sehnsucht zu ihr.

Und dann gibt es wieder Tage, an denen ich gar nichts fühle. Ich funktioniere, scherze sogar und beobachte mich selbst dabei - staunend. Es tut gut zu wissen, dass ich nicht abnormal bin. Eure Berichte bestätigen ja, dass es auch anderen so geht.

Zur Uhrzeit: Ich wache auch oft um 7:15 auf...

Heute ist die Urnenbeisetzung und ich fürchte mich irgendwie davor.

Ines
Mit Zitat antworten
  #10  
Alt 17.12.2007, 19:30
WilliamMatthew
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard AW: Leere

Hallo Ines, jetzt hast du diesen schweren Gang sicher schon hinter dir... ich drück dich auch einmal, weil ich weiß, dass man sowas manchmal braucht.
Mit Zitat antworten
Antwort

Lesezeichen


Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1)
 

Forumregeln
Es ist Ihnen nicht erlaubt, neue Themen zu verfassen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, auf Beiträge zu antworten.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Anhänge hochzuladen.
Es ist Ihnen nicht erlaubt, Ihre Beiträge zu bearbeiten.

BB-Code ist an.
Smileys sind an.
[IMG] Code ist an.
HTML-Code ist aus.

Gehe zu

Ähnliche Themen
Thema Autor Forum Antworten Letzter Beitrag
R., Du fehlst mir so! Vida Forum für Hinterbliebene 262 17.06.2014 21:34
mein Mann ist erlöst Nicole51280 Forum für Hinterbliebene 5 10.03.2006 07:19
ohnmacht ..... leere Forum für Angehörige 4 29.01.2002 15:47


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 22:11 Uhr.


Für die Inhalte der einzelnen Beiträge ist der jeweilige Autor verantwortlich. Mit allgemeinen Fragen, Ergänzungen oder Kommentaren wenden Sie sich bitte an Marcus Oehlrich. Diese Informationen wurden sorgfältig ausgewählt und werden regelmäßig überarbeitet. Dennoch kann die Richtigkeit der Inhalte keine Gewähr übernommen werden. Insbesondere für Links (Verweise) auf andere Informationsangebote kann keine Haftung übernommen werden. Mit der Nutzung erkennen Sie unsere Nutzungsbedingungen an.
Powered by vBulletin® Version 3.8.7 (Deutsch)
Copyright ©2000 - 2024, vBulletin Solutions, Inc.
Gehostet bei der 1&1 Internet AG
Copyright © 1997-2024 Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V.
Impressum: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Eisenacher Str. 8 · 64560 Riedstadt / Vertretungsberechtigter Vorstand: Marcus Oehlrich / Datenschutzerklärung
Spendenkonto: Volker Karl Oehlrich-Gesellschaft e.V. · Volksbank Darmstadt Mainz eG · IBAN DE74 5519 0000 0172 5250 16 · BIC: MVBMDE55