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  #1  
Alt 29.09.2008, 01:13
parallele parallele ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Mir ist das Thema auch ein Anliegen - auch wenn es hoffentlich weit weg ist und ich noch viele Jahre vor mir haben werde. Jedenfalls ist der Tenor der medizinischen Auskunft: wir haben alles entfernt. Keine Metastasen. SIE SIND GESUND.
Und mir haben sich alle Haare gesträubt. Denn ob hier im Forum oder im Freundeskreis: ich kenne nun etliche, die mit dieser positiven (und alle Fragen oder Ängste versiegelnden) Auskunft recht bald an Rezidiven oder Metastasen erkrankten.

Meine Ängste und Gedanken kann ich auch nirgends hintragen. Die (erwachsenen) Kinder? Sind schon durch Diagnose und während der Klinik- und Bestrahlzeit ziemlich in die Knie gegangen. Mein Mann ist ein Optimist mit Schutzwall. Auch die Freunde.

Hauptgrund für eine psychologische Therapie, die ich gerade beginne, ist eben jenes Thema. Die Ängste um das Thema Tod. Nicht einmal vor mir selbst kann ich bislang (alles) formulieren, was bedrückt oder panisch macht. Ich hoffe, dass ich das unter fachlicher Führung tun kann. Mich nähern. Dem, was es für mich bedeutet. Wovor die Angst da ist. Nicht nur das primär Sichtbare wie Schmerzen. Das Aufhören der eigenen Persönlichkeit. Keinen Glauben haben - w i e dann ein (verfrühtes) Lebensende ertragen und annehmen? Und so fort.
Erschreckt hat mich, dass in diesem Thread zwei- oder dreimal erzählt wurde, dass auch bei der Psychoonkologin eine Abwehr gegen die Thematik herrschte.
Ich hoffe, ich bin in besseren Händen. Optimismus, Lebensfreude, Lebenswillen und -stärke will ich auch gewinnen. So, dass ich nicht wieder in Depressionen verfalle. Aber mit den Ängsten und der ... vorgezogenen Trauer über einen möglichen frühen Tod, ein verkürztes Leben, einen Verlust an Zeit und Freude und Er-leben möchte ich dort auch gut und unterstützt aufgehoben sein.
Hoffentlich ist das so.

Denn wie gesagt: auch ich weiß nicht, wohin mit dem Thema Sterben und Tod.

Vor vielen Jahren habe ich auch in einem Hospizkreis eine Schulung in 14 Abenden und zwei Drei-Tage-Seminaren gehabt. Damals war ich noch nicht krank - sondern hatte *nur* und unerklärlich große Todesfurcht. Auch damals nirgends Verständnis bei meinen Mitmenschen. Bis ich immerhin zugreifen konnte, mich im Rahmen der Hospiz-Seminare dem Thema Tod überhaupt zu nähern.
Wieviel Aberglauben und Abwehr das Tabu-Thema auslöst, habe ich dann in der engsten Familie erfahren. Mir wurde von meinen Eltern gesagt, dass man das nicht tun dürfe (sich so mit dem Sterben beschäftigen), damit "ziehe man doch den Tod heran". Und als dann mein Vater an einem plötzlichen Herzinfarkt einige Monate später starb, wurde zwar nicht ausgesprochen, aber von meiner Mutter signalisiert, ob nicht ich ...
Und dabei haben sie nur sich im Mittelpunkt gesehen. Dabei ist es doch mein bedrückendes Lebensthema gewesen, das Thema Sterben und Tod. Und was hilft und stützt, wenn man keinen Glauben mehr hat.

Ich bin froh, wie offen Ihr hier schreibt!
Danke.

die parallele

Geändert von parallele (29.09.2008 um 01:16 Uhr)
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  #2  
Alt 29.09.2008, 03:34
Norma Norma ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Es tut weh, was ich hier lesen muss. :-(

Sooo viele, die mit ihren Gedanken über den Tod alleine dastehen. :-(

Ihr müsst euch wirklich alleingelassen fühlen. :-(

Aber ihr habt ja hier genügend Menschen, die euch verstehen und auch bereit sind, ihre Gedanken mit euch zu teilen. ;-)

Natürlich denke ich ans Sterben.
Natürlich denke ich an den Tod.

Es wäre für mich unrealistisch, als Krebskranke, nicht daran zu denken.

Aber auch hier gilt:
es dauert eine Zeit, bis man -aus der absoluten Panik- und Angstsituation nach der Diagnose-, später ruhiger werdend, darüber nachdenken kann.

Das WIE ist dabei natürlich ganz wichtig.
Vor Qualen haben wir alle wohl die meiste Angst.

Wie bei Einigen von euch auch: mein Mann war der absolute Optimist. Für ihn war mein Ableben so weit entfernt, dass es das gar nicht gab.
Bis er selbst an Krebs erkrankte. :-(
Nun bin ICH es, der immer wieder aufs Neue ihn aufbauen muss.
Nur bin ich halt von Natur aus nicht übermäßig optimistisch; eher realistisch.

Wir können JETZT über den Tod sprechen; in Ruhe.
Wir haben uns für das Hospiz entschieden, weil wir glauben, dass dort die beste Betreuung sein wird.

Schwierig war es, unsere Kinder vorzubereiten.
Da hat sich mal wieder herauskristallisiert, dass Frauen belastbarer sind als Männer. ;-)

Unsere Tochter findet es gut, vorbereitet zu werden.
Unser Sohn kann damit überhaupt nicht umgehen.
Papa darf nicht sterben ;-) und Mama erst recht nicht. ;-)

Wir haben außer der Patientenvollmacht ein privates Testament gemacht.
Wir haben den Bestatter bestimmt; der Friedhof ist ausgesucht; die Bestattungsart ist festgelegt (wobei wir da den Wunsch unserer Tochter berücksichtigt haben).

Die Adressen zur Benachrichtigung sind hinterlegt; genauso wie sämtliche Behörden aufgeführt sind, welche für uns relevant sind (womit der Bestatter eben nichts zu tun hat).

Ja, wir sind vorbereitet.

Ja, wir finden das für uns persönlich richtig und gut.

Wir sprechen mit anderen Menschen NICHT über unsere Vorbereitungen.
Eben genau deshalb, weil ganz viele Menschen nicht damit umgehen können.
So Phrasen wie: Ihr habt doch alles gut überstanden; ihr seid doch wieder gesund... haben wir hinter uns gelassen.

Wir wissen, dass solche Menschen nicht mit dem Tod umgehen können; sie verdrängen.
Sollen sie... wir tun es nicht.

Wichtig ist für uns, eine wirklich gute ärztliche Betreuung zu haben. Also kein Arzt, der uns Honig um den Mund schmiert.

Wie gesagt: es dauert lange, bis man wirklich ruhig über den Tod nachdenken kann.

Alle Diejenigen unter euch, die noch sehr unter Ängsten leiden: seid geduldig mit euch selbst.
Es ist erlaubt, Panik zu haben.
Es ist erlaubt, von Ängsten beherrscht zu werden.

Schritt für Schritt nähert ihr euch irgendwann den unausweichlichen Gedanken.
Macht diese Tür ganz sachte auf und wenn das nicht gelingt, schlagt sie sofort wieder zu.

Irgendwann schafft ihr es, hinter diese Tür zu blicken.
Ohne Angst, ohne Panik, ohne Schweißausbrüche.

Ich verspreche es euch!

Und lasst die "Außenstehenden" ihre Sprüche von sich geben. Sie können nicht anders.

Ganz liebe -schlaflose- Grüße
eure Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann
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  #3  
Alt 29.09.2008, 08:35
falino falino ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Guten Morgen Eleve,
schön, dass du das Thema "Tod" ansprichst. Es stimmt, auch in meiner Umgebung möchte niemanden darüber sprechen. Es heisst immer: "NEIN, Du DARFST nicht ans Sterben denken". Da meine Schwester 1,5 Jahre nach meiner Diagnose an Hirntumor gestorben ist, ist es nicht einfach, NICHT über das Thema nachzudenken.

Ich hatte letztes Jahr 10 Monate lange die Zoladex-Spritzen und in der Zeit dachte ich wirklich sehr oft, dass ich bald sterben werde, habe sogar schon im Stillen meine Beerdigung vorbereitet. In Juni wurden bei mir die Eierstöcke entfernt und seitdem geht es mir blendend. Ich denke nicht mehr soviel über das Sterben nach.

Wie du an den vielen Reaktionen sehen kannst, ist wirklich ein großer Bedarf da, sich auszutauschen.

Wenn du möchtest, kannst du mich jeder Zeit mailen.
Liebe Grüße
Ann
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  #4  
Alt 29.09.2008, 08:39
Benutzerbild von Sunpower77
Sunpower77 Sunpower77 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Meine Lieben,

vielen Dank für dieses Thema. Fast jeder spricht mir aus dem Herzen. Ich hab schon mehrmals versucht, hier meine Gedanken in Worte zu fassen und es doch jedesmal wieder gelöscht, ich kann meine Gefühle dazu einfach nicht formulieren - im Moment jedenfalls. Komisch, ich war mich sicher, ich könnte es.

Auf jeden Fall ist dies ein Thema, das mich täglich beschäftigt, mal mehr, mal weniger. Aber es ist jeden Tag präsent. Und wie so viele, habe auch ich niemanden, der wirklich mit mir drüber spricht. Und auch mir wurde gesagt, ich soll nicht immer drüber sprechen - self fullfilling prophecy eben.

Und so lebe ich vor mich hin und weiß nicht wohin mit meinen Sorgen und Ängsten.....

Bin froh, dass es euch gibt.
__________________
LG

Pia


*Streite nie mit einem Dummen - dazu musst du auf sein Niveau herab und dort schlägt er dich mit seiner Erfahrung*
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  #5  
Alt 29.09.2008, 09:46
NTH NTH ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo,

"du darfst nicht ans Sterben denken" funktioniert ja in etwa so gut wie "denke jetzt nicht an einen gelben Elefanten".... *g*

An etwas nicht denken dürfen oder über etwas nicht reden könnnen, produziert bei mir persönlich recht hohen Leidensdruck.

Mein Umfeld ist da sehr gemischt.
Auf der einen Seite habe ich da meine Schwiegermutter, die eine "recht extremistische" Heilpraktikerin ist. Sie hat am Anfang versucht, mir sogar zu verbieten, zu sagen, dass ich einen Tumor habe oder die Möglichkeit, dass dieser Tumor bösartig werden könnte, auszusprechen. Da wird man sogar gemassregelt, wenn das T Shirt, dass man zum Arztbesuch trägt, die falsche Farbe hat (dunkel).
(Und ich möchte hier niemandem zu nahe treten, für den solche Sachen wichtig sind, aber für mich ist das nicht relevant).
Auf der Arbeit kann ich offen über das Thema reden ( seitdem ICH es kann), das hat aber mit Sicherheit damit zu tun, dass ich in der Jugendhilfe arbeite und die Leute enstprechende Ausbildungen haben.
Mein Team hat mir sehr geholfen, sie haben in den ersten Wochen mit mir gehofft und auch geweint (wir sind ja alle Mädels) und auch mein Chef war immer als Ansprechpartner da.

Vor knapp zwei Jahren bin ich schon mal zusammen geklappt - der Grund wurde nie wirklich geklärt, aber ich habe danach alles geregelt, was zu regeln ist (mein Lebensgefährte weiss, dass er mich illegal von deck 10 der Aida ins karibische Meer streuen muss ).
Im Moment ist das irgendwie anders - wir waren letzten Woche auf Rügen - mein Lebensgefährte betreut die Sanierung eines alten Schlosses im dortigen Friedwald.
Ich war also ständig im Friedwald und er ist unglaublich schön geworden.
Natürlich hat man uns angeboten, dass wir uns dort einen Baum pflanzen können, um dort später beerdigt zu werden.
Leider war ich nicht dazu in der Lage, darüber zu reden.
Ich habe mich dann einfach entschuldigen müssen, dass ich Brustkrebs habe und im Moment um mein Leben kämpfe und mich gerade nicht dem Sterben beschäftigen kann ...

Liebe Grüsse
Nicole
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  #6  
Alt 29.09.2008, 09:56
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Rosmarin Rosmarin ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Ich finde es wichtig udn gesund , ans Sterben zu denken. Warum es tabuisieren?

Seit einigen Jahren habe ich kaum noch Angst, wenn überhaupt. Es ist ein Übergang, wie die Geburt. Für mich ist es danach nicht zuende, sonder ein tor in etwas Neues.

Ich bin schon ein paarmal nahe dran gewesen,vielleicht hat es deswegen weniger Schrecken.

Für andere liebf das Leben bislang eher gut, da ist Krebsdiagnose schon ein großer Schock. da hat man gewissermaßen einen Vorteil, wenn man es im Leben auch vorher schon bissel schwieriger hatte, daß dann der Schock ausbleibt und es nur eins von Vielen ist.

Hilfreich ist, wenn man auch im zwischenmenschlichen alles soweit erledigt. da habe ich noch einiges zu tun.

Dann hoffe ich auch, daß meine Kinder gut aufwachsen.

Da macht man sich schon Gedanken, aber nur dann kann man auch alles regeln.

Wir haben auch schon übers Grab gesprochen. Irgendwann ist es doch sowieso so weit.

Verdrängtes arbeitet viel destruktiver, als wenn man drüber spricht.

LG Anne
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  #7  
Alt 29.09.2008, 11:29
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Renate2 Renate2 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

@ all,

das Thema Sterben ist mir erst mit der Krebserkrankung richtig nahe gerückt. Vorher habe ich mich damit überhaupt nicht beschäftigt - beschäftigen wollen.
Dann bin ich konfrontiert worden - mit diese Diagnose. Unheilbar. Was sollte ich damit anfangen?
Damals hatte ich fürchterliche Angst. Nicht nur vor dem Sterben, sondern auch wie es vonstatten geht. Denn das Sterben an Krebs war vor mich immer der Horror. Der Gedanke, an Krebs zu erkranken, für mich das Schlimmste, was passieren konnte.
Nun, es ist passiert und ich habe mich mit dem Gedanken an das Sterben auseinandersetzen müssen.
Sass ich im Flugzeug, kam mir der Gedanke "wenn der jetzt abstürzt, hat sich das Ganze GsD erledigt".
Sass ich im Auto, fragte ich mich, wie es denn wäre, mit vollem Tempo gegen eine Betonwand zu fahren - hätte ich den Mut dazu.
Nein - ich hätte ihn nicht. Denn das Leben, da hänge ich dran.
Der Gedanke, in ein Hospiz zu gehen, gefällt mir immer noch nicht richtig. Eine Nachbarin arbeitet dort und ich konnte mich mit ihr eingehend über das Thema unterhalten.
Inzwischen habe ich meine Wünsche geäußert und im Laufe der Zeit ist die Angst weniger geworden.
Denn sterben müssen wir alle mal. Nur haben wir das Gefühl, als Krebskranke sind wir damit stärker konfrontiert und müssen uns deshalb intensiver damit auseinandersetzen.
Über Herzinfarkt, Schlaganfall etc. machen wir uns keinerlei Gedanken.
Im Moment ist es so, daß das Thema Sterben in meinen Gespräche eher selten vorkommt.
Denn noch lebe ich.

Liebe Grüße
Renate
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  #8  
Alt 29.09.2008, 14:12
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Karin B. Karin B. ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

danke für dieses Thema!
als ich 2003 an BK erkrankt bin, habe ich nicht einmal ans Sterben gedacht, ich glaube, ich habe in der zeit auch noch nicht einmal geheult, ich war ein guter Verdrängungskünstler!
Mußte ich doch meinen Mann und die Kids aufbauen, die damit sehr viel schlechter umgingen als ich.
In den 5 Jahren, die danach kamen, bin ich einmal ins Loch gefallen, aber nicht, weil ich ans Sterben dachte, sondern, weil meine Umwelt mich als gesund eingestuft hat und gesund fühlte ich mich absolut nicht.
dann kam der Winter 07/08 ich hatte furchtbare Alpträume, ich sah meine Beerdigung, ich sah mich auf dem Sterbebett usw.
Mein Bauchgefühl warnte mich schon da, doch alle ärzte bestätigten mir, sie sind gesund, sie sind nun im 5ten Jahr, nun passiert so schnell nichts mehr.......so ein Schmarrn!
Ich habe Metas in der Lunge, Leber und in den Lendenwirbeln.
Die erste Woche nach der erneuten Diagnose, war schlimm, ich dachte ans sterben und was sein wird, aber eigentlich nicht wegen mir, sondern hauptsächlich der Kids wegen.
Es ist richtig, was ihr sagt, es macht einen großen Unterschied, in welcher Phase wir stecken, steht der Tod schon vor der Tür, oder ist da noch ein Funken Hoffnung.
Wovor ich Angst habe ist, dass ich, wenn es soweit ist, ich nicht im Reinen mit mir bin.
Ich habe bei einem nahen Bekannten Sterbebegleitung gemacht und mußte dessen Kampf erleben, weil er von Anfang an, weder seine Krankheit noch die nur wenigen Monate, die ihm gegeben wurden, akzeptiert hat.
Wir konnten nichts mit ihm besprechen, weil er immer abgeblockt hat.

Ich habe für mich alles geregelt, fein säuberlich aufgeschrieben, mit meinem Mann übers Sterben reden kann ich im Moment nicht, obwohl es mir ein Bedürfnis wäre, aber ich denke, er hat Angst, Angst, ich gebe auf.
Mit den Kindern darüber reden, geht nicht, mit ihren 15 und 17 Jahren.

Deshalb nochmals danke für dieses Thema, welches zu unserer Erkrankung dazugehört, egal welche Prognosen wir bekommen haben, leider sind wir Krebskranken doch ein Stückerl dem Himmel näher als andere.
alles Liebe
Karin
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  #9  
Alt 02.10.2008, 23:17
Benutzerbild von Eleve
Eleve Eleve ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo,

ich danke Euch für Eure offenen und bereichernden Beiträge.

Auslöser für den Thread war übrigens etwas, was ich im Internet gelesen habe. Der schwerkranke Patient sagt zu seiner Partnerin "Ich habe Angst vor dem Tod" und sie tröstet:"Keine Sorge, heute stirbst Du doch noch nicht."
Ich fürchte, daß es mir auch so gehen wird, aber ich würde das gar nicht beruhigend finden sondern entmutigend. Endlich schaffe ich es, darüber zu sprechen, und dann finde ich kein offenes Ohr, keinen geduldigen Zuhörer.

Ja, das Thema ist unglaublich facettenreich.

Heidi, Du hast recht, es ist ein großer Unterschied, wie dicht man davor steht. Und doch reagieren nicht alle Menschen gleich, nur weil sie dem Tod schon ins Angesicht blicken.

Interessant finde ich es immer, daß es manche schaffen, alles zu regeln und Ordnung in ihr Leben zu bringen. Eine alte Bekannte hat mir vor Kurzem ihre "Fahrkarte" gezeigt, von der ihre Verwandten auch nichts hören wollen. Sie war beim Bestatter und hat schon alles bestellt und bezahlt. Obwohl mit ihren 80 Jahren auch noch 20 Jahre leben könnte. Es ist ihr ein Bedürfnis, vorbereitet zu sein.

Ich dagegen werde wohl genauso ungeordnet diese Welt verlassen, wie ich in ihr gelebt habe.
Karin, Deine "Hektik" kann ich gut nachvollziehen. So viel zu tun, aber der Tag hat nur 24 Stunden. Es muß eine Kunst sein, in Ruhe Prioritäten zu finden und dann ohne Hektik und mit soviel Zufriedenheit wie möglich zu leben.

Bei Fragen nach dem "Wie sterbe ich" oder "Was kommt danach" ist es auch nicht ganz einfach, Ansprechpartner zu finden. Wobei erstere vielleicht in einem Hospiz oder von Palliativmedizinern etwas erklärt werden könnten.


Zitat:
Zitat von parallele Beitrag anzeigen
Erschreckt hat mich, dass in diesem Thread zwei- oder dreimal erzählt wurde, dass auch bei der Psychoonkologin eine Abwehr gegen die Thematik herrschte.
Ich hoffe, ich bin in besseren Händen.
Liebe Parallele, ich wünsche es Dir. Es ist wohl immer eine Frage der Persönlichkeit, ob man bei jemandem etwas abladen kann oder von jemandem etwas annehmen kann. Oft passt die Chemie nicht und dann fällt es sehr schwer.

Birgit, das mit der Liebe ist sehr schön geschrieben. Dieses Gefühl habe ich auch irgendwie.
Ich bewundere Dich für Deinen Lebensmut und Deine liebevolle Planung aller wichtigen, schönen Ereignisse. Ich wünsche Dir von Herzen, daß Du sie alle glücklich miterleben wirst.

Bitte nutzt diesen Thread ruhig so, wie er Euch gut tut. Ich hatte gar nicht so viel Resonanz erwartet, sehe nun aber, daß das Thema der Sprachlosigkeit doch sehr viele betrifft. Ein empfehlenswertes Forum zum Thema Sterben scheint es ja nicht zu geben.

Liebe Grüße,
Eleve
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  #10  
Alt 05.10.2008, 23:39
slowly slowly ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo,auch ich möchte mal als Angehöriger was zu diesem Thema sagen bzw schreiben.Ich Glaube das dieser Thread genau das ist was ich die letzten Jahre gesucht habe.
Ich versuche mal mit metaphern unsere Gefühle und Angst in Worte zu fassen:
1.Man geht mit dem Gedanken an den Tod ins Bett und wacht mit dem Gedanken an Krebs wieder auf!
2.Hinter meiner Frau steht ein Irrer mit einer geladenen Waffe an Ihrer Schläfe!
3.Wir haben hier in unserer Familie einen Gast sitzen den wir nicht eingeladen haben!
4.Meine Frau sitzt unschuldig in der Todeszelle!?

Ich möchte kurz schildern warum meine Frau und ich so Denken. Bei Erstdiagnose 02.2005
war meine Frau 42 Jahre Jung. Es waren bereits einige Lymphknoten, die Leber, die Brustwirbelknochen
befallen außerdem wurde ein suspekter Rundherd in der Lunge festgestellt. 2006 wurden multiple Hirnmetastasen
und jetzt 2008 weitere Hirnmetastasen diagnostiziert. Meine Frau wollte das Wochenende nutzen, um sich mit Ihrer Familie
( 3 Geschwister und Vater 82J. ) auszusprechen, Trost zu empfangen oder über Ihre Ängste zu sprechen. Das scheiterte kläglich.
Mann steht ganz allein da. Auch ich bin nicht in der Lage mit meiner Frau darüber zu sprechen. Ich werde noch Verrückt!
Unsere zwei kleinen Kinder 8 und 11 Jahre verstehen auch nicht wie Ihnen geschieht. Wahrscheinlich bin ich über das Thema hinausgeschossen
und möchte auch hier aufhören, weil mir das schreiben doch sehr schwer fällt.
Trotz alledem geht es irgendwie weiter!.Gruß slowly
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  #11  
Alt 06.10.2008, 00:15
parallele parallele ist offline
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Beiträge: 450
Standard AW: Übers Sterben sprechen

.

Ich muss einen hohen Berg besteigen.
Die Luft ist dünn, es ist schwer zu atmen.
Über mir ein Felsüberhang, der sich tiefer neigt.
Er wird sich lösen und herabstürzen.
Ich weiß nicht, wann das geschieht.
Ich weiß nicht, ob ich irgend einen Einfluss habe (sollte ich noch flacher atmen?).
Das Dorf im Tal liegt in der Sonne, die Menschen sehen aus wie Zwerge.
Ich bin weit entfernt von ihnen.
Nah ist die steile Bergwand.
Meine Ohnmacht.
Meine Angst.
Sie sind die einzigen Gefährten.
Sonst ist nichts und niemand da.

Der Schatten reicht bis an mein Herz.


.
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  #12  
Alt 07.10.2008, 11:07
Benutzerbild von mascha2600
mascha2600 mascha2600 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo Karin,
es ist natürlich die Frage, was man unter "intensiv leben" versteht. Ich für meinen Teil verstehe es so, dass ich mir z.B. bewußt verbiete, über die nächsten 2, 3 4 oder 5 Jahre nachzudenken. Früher hab ich das sehr oft getan, meine ganze Lebensplanung war "langfristig" ausgelegt. Z.B. habe ich Anfang des Jahres meine Altersvorsorge aufgelöst und mir stattdessen zusammen mit meinem Mann ein neues Wohnmobil gekauft. Sollte ich tatsächlich (was eher unwahrscheinlich ist) das Rentenalter erreichen, wird sich auch ne Lösung finden (finanziell meine ich). Zusätzlich hab ich mir die Freiheit rausgenommen, mich nach Abschluß meiner beruflichen Zusatzausbildung selbständig zu machen. Das hätte ich mich vor meiner Krankheit nie getraut (war halt vorher ein "Sicherheitsfanatiker").

So sind mein Männe und ich jetzt auch den ganzen Sommer über fast jedes Wochenende mit dem WOMO unterwegs gewesen. Auch das hätt ich früher nicht gemacht, sondern jeden "Pfennig" gespart. Man wollte ja im Alter finanziell unabhängig sein usw usw usw.

Hektisch ist's bei uns nicht. Im Gegenteil: Ich nehme mir ganz bewußt sehr viel mehr Zeit, als ich es früher getan hab. Bei mir wars so wie bei vielen Frauen hier: Ich stand ständig unter "Strom" und hatte manchmal ein schlechtes Gewissen, wenn ich z.B. mal einen Abend nach der Arbeit nix im Haushalt gemacht hatte.

Trotzdem fand ich mein Leben damals echt super ! Aber alles in allem gesehen ist's jetzt auch nicht schlecht. Nur halt eben anders und vor allem ruhiger.

Ruhiger auch deshalb, weil ich - das muß ich zugeben - bei weitem nicht mehr so leistungsfähig bin, wie in meiner "gesunden" Zeit, denn Wechseljahrsbeschwerden und Nebenwirkungen der AHT "nagen" schon an mir.

Zusammenfassend kann ich aber sagen: Jetzt im Moment geht es mir gut.

LG Chris
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  #13  
Alt 07.10.2008, 12:33
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Birgit4 Birgit4 ist offline
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Standard AW: Übers Sterben sprechen

Hallo ihr Lieben,
ich möchte hier noch was reinschreiben....wir reden hier übers Sterben,wir wissen das wir sterben werden,und kein Mensch weiß was der neue Tag uns bringt.
Wir sollten natürlich auch nicht vergessen was noch an Leben vor uns liegt.
Deswegen setzt ich euch hier eine kleine Geschichte rein....
Seit alle lieb gegerüßt von Birgit



Mein bester Freund öffnete die Kommodenschublade seiner Ehefrau und holte ein in Seidenpapier verpacktes Päckchen heraus. Es ist nicht irgendein Päckchen, sondern ein Päckchen mit Unterwäsche darin. Er warf das Papier weg und betrachtete die Seide und die Spitze. "Dies kaufte ich, als wir zum ersten Mal in New York waren"Das ist jetzt 8 oder 9 Jahre her. Sie trug es nie. Sie wollte es für eine besondere Gelegenheit aufbewahren. Und jetzt, glaube ich, ist der richtige Moment gekommen!"Er näherte sich dem Bett und legte die Unterwäsche zu den anderen Sachen, die von dem Bestattungsinstitut mitgenommen wurden.Seine Frau war gestorben. Als er sich zu mir umdrehte, sagte er: "Bewahre nichts für einen besonderen Anlass auf!
Jeder Tag den du lebst, ist ein besonderer Anlass.

Ich denke immer noch an diese Worte..., sie haben mein Leben verändert. Heute lese ich viel mehr als früher und putze weniger
Ich setze mich auf meine Terrasse und genieße die Landschaft ohne auf das Unkraut im Garten zu achten. Ich verbringe mehr Zeit mit meiner Familie und meinen Freunden und weniger Zeit bei der Arbeit. Ich habe begriffen, dass das Leben eine Sammlung von Erfahrungen ist, die es zu schätzen gilt. Von jetzt an bewahre ich nichts mehr auf. Ich benutze täglich meine Kristallgläser.
Wenn mir danach ist, trage ich meine neue Jacke, um in den Supermarkt zu gehen. Auch meine Lieblingsdüfte trage ich dann auf, wenn ich Lust dazu habe. Sätze, wie z.B. "Eines Tages ..." oder "An einem dieser Tage ..." sind dabei, aus meinem Vokabular verbannt zu werden.
Wenn es sich lohnt, will ich die Dinge hier und jetzt sehen, hören und machen.
Ich bin mir nicht ganz sicher, was die Frau meines Freundes gemacht hätte, wenn sie gewusst hätte, dass sie morgen nicht mehr sein wird (ein Morgen, das wir oft zu leicht nehmen). Ich glaube, dass sie noch ihre Familie und enge Freunde angerufen hätte. Vielleicht hätte sie auch ein paar alte Freunde angerufen, um sich zu versöhnen oder sich für alte Streitigkeiten zu entschuldigen. Der Gedanke, dass sie vielleicht noch chinesisch essen gegangen wäre (ihre Lieblingsküche), gefällt mir sehr.
Es sind diese kleinen unerledigten Dinge, die mich sehr stören würden, wenn ich wüsste, dass meine Tage gezählt sind. Genervt wäre ich auch, gewisse Freunde nicht mehr gesehen zu haben, mit denen ich mich "an einem dieser Tage" in Verbindung hätte setzen wollen.
Genervt, nicht die Briefe geschrieben zu haben, die ich "an einem dieser Tage" schreiben wollte. Genervt, meinen Nächsten nicht oft genug gesagt zu haben, wie sehr ich sie liebe. Jetzt verpasse, verschiebe und bewahre ich nichts mehr, was uns Freude und Lächeln in unser Leben bringen könnte. Ich sage mir, dass jeder Tag etwas Besonderes ist ... jeder Tag, jede Stunde sowie jede Minute ist etwas Besonderes.
Es dauert Monate, mitunter sogar Jahre, um das Vertrauen eines Menschen zu erlangen! Aber nur 30 Sekunden können genügen, um alles zu zerstören!
Man sagt, dass es nur 1 Minute dauert, um eine besondere Person zu bemerken! 1 Stunde um sie einzuschätzen, 1 Tag um sie gern oder lieb zu haben, aber es ein ganzes Leben dauert, um sie wieder zu vergessen.
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  #14  
Alt 07.10.2008, 14:55
Benutzerbild von megjabot
megjabot megjabot ist offline
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Ort: Schwabenland
Beiträge: 1.094
Standard AW: Übers Sterben sprechen

Liebe Birgit

Ich danke dir für diesen deinen Beitrag, hat mich sehr bewegt.
Hab nur immer wieder das Problem das so umzusetzen, obwohl ich das genauso sehe wie du, stören mich doch immer wieder solche
Kleinigkeiten wie ungeputzte Fenster, na du weisst schon...
Muss irgendwie noch lernen das einfach zuzulassen und die
schönen Stunden zu genießen.
Setz mich jetzt gleich mit Kaffee, Buch und einer Kuscheldecke auf den Balkon und freue mich an der Herbstsonne.

Liebe Chris dein Beitag mit dem Womo hat mir auch sehr gut gefallen, das war die richtige Entscheidung, hab dir ne PN geschickt...

Liebe Grüßle
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