Morphin jemand Erfahrung?

Mein Vater hatte Lungenkrebs, Lungenemphysem, kam Montag zum 6. Mal in diesem Jahr aus einem Krankenhaus, war stark verschleimt. Trotzdem wurde er entlassen. Nachts mußte er mehrfach auf den Toilettenstuhl, kamen immer noch wenige Tropfen Urin und wenig Kot. Kam dann gestern sofort wieder in ein anderes Krankenhaus, da die Blase schon sehr groß und gefüllt war. In diesem Krankenhaus wurden wir gefragt, ob wir mit Morphin einverstanden sind, da Papa Atemschwierigkeiten hatte, wegen der Verschleimung, man müsste Absaugen, Ulltraschall von Blase machen, Katheder dann setzen. Wir waren einverstanden, da uns gesagt wurde, er würde dann nicht so Schwierigkeiten mehr haben, allerdings als wir nach der Morphingabe wieder ins Zimmer kamen, hatte er die Augen geöffnet, starte nur an eine Stelle im Zimmer an die Decke, atmete jedoch ruhig. Nach ca. 5 Stunden verstarb er, der Atem wurde immer langsamer und flacher. Hat mein Vater, Augen waren geöffnet, hat sich aber nciht bewegt, weder die Augen noch sonst etwas, uns noch gehört, gesehen? Wie ist dies unter Morphingabe? ist es normal, daß die Augen da, ohne Lidschlag geöffnet sind? Diese Frage belastet mich sehr, ob er uns noch gehört hat oder nciht, noch etwas mitbekommen hat oder nicht, Ärzte hatten keien Zeit und man ließ ihn mit uns im 3-Bett-Zimmer mit 2 weiteren Patienten sterben....

Hallo Stina,
nach Deinen Angaben hatte ich wohl recht, ich habe schon von Dir im Lungenkrebs-Forum gelesen. Ich habe dort auch ein paar Beiträge geschrieben, meistens aber nur still gelesen. Schlimm, dass man sich jetzt hier wiederfindet.
Mein Vater hat in seinen letzten Stunden auch Morphin bekommen, allerdings nur eine recht geringe Dosis, da der Arzt meinte, er solle nicht ganz betäubt sein. Gebessert durch die Morphin-Gabe hat sich auch seine Atmung, er war einfach ruhiger und gelöster. Richtig bei Bewußtsein war er schon vorher nicht, da seine Nieren nicht mehr richtig gearbeitet haben, er hat zwei Tage vorher schon immer sehr viel geschlafen. Seine Augen waren jedoch geschlossen, außer wenn ihm der Schleim abgesaugt wurde, da hat er panisch die Augen aufgerissen, es war einfach nur schrecklich. Allerdings wusste er dass wir da waren, denn wenn ich etwas zu ihm gesagt habe, hat er meine Hand gedrückt.
Muss jetzt aufhören, mir kommen schon wieder die Tränen!
Fühl Dich umarmt und versuch die nächsten Tage erstmal einigermassen zu überstehen .
Gruß Susanne

Hallo Stina,

zuerst mal fühle dich gedrückt. Mein Vater ist im August nach 6 Monaten Darmkrebs gestorben. Nun zu deiner Frage, ja das ist die Morphiumwirkung. Morphium wirkt beruhigend, einschläfernd, schmerzlindernd und führt zu einer psychischen differenzierung und zu einem angenehmen Dämmerungs/Rauschzustand. Man steht wenn man "wach" ist daneben und empfindet alles nicht so tragisch. An Nebenwirkungen sind natürlich mit steigender Dosis die Reduktion der Darmfunktion und eine sogenannte zentrale Atemdepression. Die Atmung wird unter höherer Dosis flacher und setzt dann auch immer wieder mal ganz aus. Klarerweise bedingt dies eine Sauerstoffunterversorgung die natürlich den Eintritt des Todes etwas beschleunigt. Aber ich denke das ist eine willkommene Nebenwirkung "dem Kranken die Erde so leicht als möglich zu machen".
Im absoluten Endstadium ist die Entscheidung mit der MO-Dosis hochzufahren immer auch die Entscheidung dem Kranken zu helfen sobald er kann auf die große Reise zu gehen.
Natürlich will niemand das Wort Sterbehilfe in den Mund nehmen, aber es läuft darauf hinaus.

Gottseidank ist man heute so weit, das auch so zu machen.
Im heiligen Italien lassen sie dich heute noch leiden wie ein Schwein und wenn du ein starkes Herz hast hast kämpfst du womöglich wochenlang um den Tod. Habe vor kurzem so eine Geschichte von der Mutter eines Bekannten aus Sizilien gehört.

Aus allem was ich in den letzten Monaten mit meinem Vater erlebt und gelernt habe kann ich sagen er hatte durch die Morphium Medikation der letzten Tage/Wochen einen friedvollen Abschied von dieser Welt und konnte ohne Todeskampf und in Würde auf seine letzte große Reise gehen. Lieber wärs mir allerdings er lebte noch.

Ich hüte mich aber davor mir anzumaßen ich wüsste dass es das Beste für ihn war, wie man es ja oft hört:"Gut dass er gestorben ist war das beste hatte eh nichts mehr vom Leben und war eh hoffnungslos usw." Wenn ich sowas höre steigen mir die Grausbirnen auf.

Ich schicke dir viel Kraft.
In deiner Erinnerung lebt er weiter.
Ich denke jeden Abend immer vor dem Einschlafen an ihn.

Ciao
Friedl

hallo stina,
ist morphin und morphium das gleiche?
mein paps hat morphium bekommen, aber eigentlich nur gegen die schmerzen und nicht wegen atemschwierigkeiten. unter morphium gerät man, meiner erfahrung nach in einen dämmerähnlichen zustand. die patienten kriegen aber schon noch mit wer da ist. mein papa konnte vor schwäche kaum noch reden, war aber auch ständig müde und hatte so einen, teilweise , "durchsichtigen" blick.
einfach nur schrecklich. muß aufhören
liebe grüße
Maja

Liebe Stina
Zuerst mein herzliches Beileid. Ich kann mich den Ausführungen von Friedl nur anschliessen. Meinem Schatz haben die Morphinpräparate einen ganz ruhiges und friedvolles Einschlafen ganz ohne Angst zuhause ermöglicht. Alles Liebe Barbara

Liebe Susanne, auch ich weine und bin fertig. Leider weiß ich nicht, ob mein Vater uns wenigstens noch gehört hat....

Liebe Friedel, vielen Dank für Deine Worte. Ich hätte nur noch gerne gewußt, ob Papa mich noch gehört hat, da er nur die Augen aufhatte und an die Decke starrte, ohne Lidschlag, weiß ich es nicht und werde es auch nie erfahren....

Hallo Maya, vielen Dank für Deine Antwort. Papa hatte die Augen auf, kein Lidschlag, nichts zu erkennen, überhaupt nix. starrte nur an die Decke, keine Ahnung, ob er mich gehört hat und dies ist das schlimme...

Hallo Barbara, hatte dein schatz die augen geöffnet, auch ohne lidschlag, zeigte er noch regungen?

Morphin und Morphium ist im Prinzip das Gleiche, ein Präparatname ist z.B. Vendal. Das mit dem starren Blick in eine Zimmerecke hatte mein Vati auch. Ich bin ganz sicher dass dich dein Vati auch wahrgenommen und gehört hat.

Auch wenn es schrecklich anzusehen ist, dem Kranken geht es den Umständen entsprechend wunderbar dabei. Das ist wenigstens ein kleiner Trost.

Ciao
Friedl

Hallo Stina
Ich konnte das Morphin mit einer Pipette so fein dosieren, dass sein Verstand bis ganz zum Schluss klar war. Wir haben bis zum Schluss miteinander gesprochen. Mehr möchte ich dazu nicht erzählen, es war ein so privates und einschneidendes, das letzte Erlebnis nur zwischen meinem Schatz und mir. Ich glaube nicht, dass es ihm in diesem Moment bewusst war, dass er sterben wird, er hat sich wohl gefühlt. Alles Liebe Barbara

Liebe Barbara, dies hätet ich mir bei meinem Vater auch sehr gewünscht, daß ich bis zuletzt mit ihm sprechen hätte können...

Liebe Barbara, dies hätet ich mir bei meinem Vater auch sehr gewünscht, daß ich bis zuletzt mit ihm sprechen hätte können...

Hallo Stina,

mein Vater erhielt in den letzten Wochen seines Lebens, die er leider auf einer Intensivstation verbringen musste, immer mal wieder und dann vor allem zum Ende hin Morphine. Die Ärzte sagten uns es handele sich um Präparate die sogar noch viele hundert Mal stärker seien als Morphium und dass diese Mittel den Patienten ganz sicher die Schmerzen nimmt. Aber nicht nur das: es würde auch Ängste nehmen und ein wohliges Gefühl geben. Das zunehmende multiple Organversagen führte sicher auch mit dazu dass mein Vater sich in den letzten Tagen nicht mehr rührte, die Augen nicht mehr öffnete, wie im Koma (war es ja auch) da lag. Er konnte nicht reagieren. Inzwischen habe ich jedoch viel über Koma-Patienten gelesen und glaube verstanden zu haben, dass man heute den Begriff "Bewusstsein" auch in der Medizin sehr viel differenzierter sieht. Die Tatsache dass ein Mensch keine messbaren Reize oder Reaktionen zeigt heisst eben nicht, dass er nicht empfinden kann.... Das habe ich als sehr tröstlich empfunden. Ich stelle mir vor, dass mein Vater sich da schon auf einer ganz anderen Ebene befunden hat. Er war schon auf eine Art weit weg.... aber dass keine Reaktion kommt heisst ja nicht, dass er nicht mehr empfunden hat dass man da ist.

Bei Dir ist das ja nun alles noch ganz frisch. Mein Vater ist am 13.6. gestorben. Ich habe in den ersten Wochen wie besessen im Internet geforscht und gelesen und in Foren nachgefragt, mir die Unterlagen aus dem KH besorgt usw.. Man wird ja nie eine Gewissheit haben wie es unsere Lieben empfunden haben, aber ein gewisses Bild kann ich mir jetzt schon machen (vielleicht habe ich mir dieses Bild auch selbst geformt, auf jeden Fall empfinde ich es jetzt als tröstlicher als unmittelbar nach dem Erlebnis).

Ich wünsche Dir viel Kraft für die nächste Zeit.

Kerstin

Ich empfand es als so schlimm, da er die Augen die ganze Zeit aufhatte, ganz groß und nur einen Punkt fixierte, wären die Augen geschlossen gewesen, hätte ich gemeint, er schläft....