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Alt 02.05.2013, 12:13
Cassiopeia53 Cassiopeia53 ist offline
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Registriert seit: 02.05.2013
Beiträge: 3
Standard ...schlechtes Gewissen

Hallo Ihr Lieben,

ich bin 31 Jahre alt. Vor knapp zehn Jahren erkrankte meine Mutter an einer seltenen Krankheit namens POEMS-Syndrom. Jahr für Jahr wurde sie weniger und wäre beinahe gestorben, dann hat man die Krankheit erkannt, behandelt und sie lebt, mitlerweile sogar wieder sehr gut. Sie benötigt viel Pflege, aber sie hat es geschafft. Sie war lange Monate in Krankenhäusern, ich musste ihre Wohnung auflösen, ihren Umzug machen etc...Nachdem ich meinen Studienabschluss gemacht hatte, habe ich Vollzeit gearbeitet um meinen Lebensunterhalt zu verdienen. Parallel war ich mehrmals wöchentlich bei meiner Mutter und jedes Wochenende, habe mich um sie und die Pflege gekümmert. Wenn die Betreuerin unter der Woche im Urlaub war, habe ich Urlaub genommen und sie gepflegt oder vor und nach der Arbeit die Pflege gemacht...Das ging bis 2010 gut. Dann bin ich zusammengebrochen und kam nach einer OP in eine psychosomatische KLinik für sechs Wochen.

Ich hatte nach meinem Studienabschluss das Angebot, mein Thema auszubauen und zu promovieren. Weil mir mein Studium am Herzen lag und ich meine Arbeit liebte, habe ich eingewilligt und mich angemeldet. Parallel habe ich immer versucht zu allem auch meine Dissertation zu schreiben...

Klar, dass das nicht funktionieren kann...

Nach meinem Klinikaufenthalt in 2010 habe ich vieles ändern müssen, um mein Leben in den Griff zu bekommen. Dazu gehörte auch, die Pflege bei meiner Mutter zu reduzieren, da sie gut versorgt war und mitlerweile auch stabil. Natürlich hat sie mir das vorgeworfen und macht das auch nach wie vor...Bei meiner Mutter wurde eine narzistische Persönlichkeitsstörung festgestellt, was es mir mitlerweile etwas leichter macht, damit umzugehen. Traurig bin ich trotzdem manchmal und ein schlechtes Gewissen, weil ich zu "wenig" da bin, habe ich auch, schließlich wird mir das immer vorgeworfen.

Letztes Jahr schien alles besser zu werden. Ich habe ein Stipendium für meine Dissertation bekommen und einen guten Mann gefunden, der mich sehr liebt und unterstützt. Das einzige Manko ist, dass meine Mutter ihn nicht ausstehen kann, aber das war absehbar. Den Stipendienantritt musste ich mehrmals verschieben und Januar 2013 war dann der Start - endlich.

Zwei Wochen vorher haben wir die Nachricht bekommen, dass mein Bruder ein Rhabdomyosarkom im Arm hat. Im Januar fing die Chemo an. Insgesamt neun Zyklen und ab dem 5. Zyklus - ab jetzt - noch Bestrahlung dazu.

Mein Bruder sagte irgendwann zu mir:"Jetzt bist Du Mama los und hast mich am Hals"...

Ich liebe meine Mutter und meinen Bruder sehr und ich habe momentan schreckliche Angst davor, meinen Bruder zu verlieren. Ich habe viel Kummer und kann es kaum ertragen, meinen Bruder so leiden zu sehen.

Ich gebe mein bestes, um ihm zu helfen, aber ich merke, dass ich an meine Grenzen komme.

Ich leide sehr darunter, dass es niemanden in meiner Familie gibt, der sich für mein Leben interessiert, außer mein Partner. Meine Dissertation mache ich momentan holprig nebenher und hänge gerade einfach durch. Mein Freund will nächste Woche eine Woche mit mir wegfahren, damit ich den Kopf frei bekomme. Natürlich bekomme ich dafür Vorwürfe von meiner Familie. Wie kann ich wegfahren, in so einer schweren Zeit? Natürlich habe ich ein schlechtes Gewissen und versuche das abzuschalten, weil ich weiß, wie dringend ich mal weg müsste, weil ich auch gerade jetzt wieder krank bin und mit Trommelfellentzündung und Sinusitis im Bett liege.

Fakt ist, die letzten zehn Jahre waren eine schwere Zeit und ich war nicht umsonst in einer Klinik. Ich wünschte, es gäbe ein Mittel gegen "schlechtes Gewissen". Ich wünschte, meine Familie würde einmal begreifen, dass ich nur für sie da sein kann, wenn es mir selbst auch irgendwie gut geht. Aber das wird nicht passieren.

Ich weiß nicht, wie es Euch als Angehörigen geht. Ich finde es wahnsinnig schwierig, für meinen Bruder da zu sein und für meine Mutter da zu sein und dabei auch noch für mich da zu sein.

Diese Gratwanderung gelingt mir im Augenblick nicht wirklich, aber ich arbeite daran. Unterstützend mache ich eine Therapie.

Wer hat gesagt, dass es leicht wird? Ich glaube, niemand...
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