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  #1  
Alt 12.04.2011, 21:37
beiramov beiramov ist offline
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Registriert seit: 12.04.2011
Ort: Rottweil
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Standard Alleine ...gekämpft und verloren

Meine Mom war 73 Jahre alt und eine absolute Powerfrau bis zu ihrer Erkrankung, und selbst dann wollte sie immer für uns dasein. Sie hat vor 5 Jahen zum ersten Mal die Diagnose Brustkrebs im absoluten Anfangsstadium erhalten und bekam Tamoxifen nach ihrer OP. Leider hatte das Tamoxifen als Nebenwirkung Unterleibskrebs und als man das feststellte war es wohl schon weiter fortgeschritten. Nach einer erneuten Op und anschließender total belastender Scheidenbestrahlung ließ sich der Scheiß einfach nicht mehr aufhalten. Sie hatte dann noch 3 Chemos die ihr die letzte Kraft raubten. Seit November 2010 nach einer Chemo hatte sie jeden Abend 40 Grad Fieber , 7 Wochen lang!!! und sie wurde immer schwächer und hatte furchtbare Angst! Die Ärzte meinten immer nur es sei eben Zeit um Abschied zu nehmen! Ich hatte dann auch einen super Onkologen in Freiburg gefunden der meinte dass es kein Tumorfieber gewesen sein könnte und mit einer anderen Chemo weitermachte. Die Zeit in Freiburg war das einzigst angenehme in der ganzen Zeit, denn danach konnte sie trotz Chemo immer wider ein bißchen laufen, d.h. in der Wohnung alleine auf die Toilette gehen. Sie hatte soviel Hoffung in die Chemo gesetzt und wollte wenigstens noch ein halbes Jahr leben, aber leider bekam sie eine durch Antibiotika ausgelöste Chlostirdieninfektion (der schlimmste Durchfall, denn man sich vorstellen kann), wodurch sie in einem Quarantänezimmer lag (KEINE Palliativstation, die gibt es in RW nicht). Sie mußte trotz ihrer Schwäche permanent auf den Toilettenstuhl oder in die Windel machen, sie hatte furchtbare Angst wie es weitergehen sollte.......
Nach einer erfolglosen intravenösen Ernährung die sie in einen Schockzustand versetzte (zuviel Flüssigkeit in zu kurzer Zeit und zuviele Kalorien) bekam sie Wasser in den Knöcheln und Händen, durch den Katheter lief Stuhlgang und es war ein solcher Albtraum das ich keine weiteren Worte mehr finden kann. Sie fragte mich noch ob ein Arzt kommen würde und ich musste ihr leider sagen, dass keiner Zeit hatte! In der Nacht darauf bekam sie zum ersrten Mal Morphium gespritzt und dann ist sie wenigsten einen Tag später hinübergeschlummert.............und ich bin so wütend und traurig!!!!!!!!!!!!!!!!!
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  #2  
Alt 12.04.2011, 22:38
Charly-elli Charly-elli ist offline
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Registriert seit: 26.03.2011
Beiträge: 18
Standard AW: Alleine ...gekämpft und verloren

Hallo,
auch meine Mutter war eine totale Powerfrau; sie erkrankte im Jan. 2008 an Darmkrebs, wurde notoperiert, danach wurde eine Chemo verabreicht. Nach der 4. ging es ihr sehr schlecht, so dass sie wieder stationär aufgenommen wurde. Als sich ihr Zustand wieder stabilisierte, lehnte sie alle weiteren Maßnahmen ab, sie fühlte sich gut und ignorierte die Krankheit einfach, wir sollten auch niemals drüber sprechen. Im Aug. 2010 spürte ich dann, dass sie unter Atemnot litt, aber sie ignorierte es weiterhin und ich unternahm auch nichts. Jetzt im März erzählte sie mir dann, sie müsse übermorgen ins Krankenhaus, sie konnte einfach nicht mehr, hat das aber vor allen kaschiert. Im Krankenhaus erhielten wir dann die niederschmetternde Diagnose, man kann nichts mehr für sie tun, Metastasen in der Lunge. Meine Mutter hat bei der Aufnahme veranlasst, dass sie niemals schlechte Nachrichten hören wolle und alles mit mir besprochen werden solle, sie auch jede weitere Chemo ablehne, falls doch etwas sei, sie wolle es nicht wissen. So nahm ich sie vor drei Wochen mit nach Hause, sie hat ein "chronischen Asthma". Ich lebe ihr diese Illusion so jetzt vor, weil sie es so will. Das ganze umfeld ist darauf eingestimmt. Die meisten wissen nichts über ihren Zustand, bis auf wenige Ausnahmen. Sie bekommt immer schwerer Luft, hat vom Hausarzt nun Medikamente für Asthmakranke bekommen, sie hofft täglich auf Besserung. Es ist alles sehr sehr schwer, ich bin aber auch froh, dass wir so noch unbelastete Stunden miteinander verbringen können. Womöglich ist der Weg nicht der schlechteste, sie verabschiedet sich so nun abseits von heftigen Medikamententherapien. Ich war lange hin- und hergerissen, ist es richtig sie nicht zwangsweise zum Arzt gebracht zu haben??? Der Gedanke hat mich zerfressen. Heute weiß ich für meine Mutter ist es so richtig. Meine Mutter ist auch erst 68 Jahre alt, ich bin so traurig, ich habe vor dem Verlust solche Angst, ich habe so große Angst meine Mutter noch weiter leiden zusehen, noch ist das Leben ja lebenswert. Sie sieht noch gut aus, das war ihr immer wichtig, sie kann allerdings kaum noch laufen, da sie bei jedem Schritt unter Atemnot leidet. Wir pflegen und hegen sie momentan und sie genießt es.
Ich habe dir so viel geschrieben,obwohl du doch selbst in Trauer bist. Wann ist denn Mutter verstorben? Wie ist es ohne so einen wichtigen Menschen? Ich habe so große Angst davor.
Liebe Grüße
Charly-elli
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  #3  
Alt 13.04.2011, 07:59
beiramov beiramov ist offline
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Beiträge: 9
Standard AW: Alleine ...gekämpft und verloren

Hallo charly-Elli,

Meine Mama ist am 07.03.2011 gestorben, also vor 5 Wochen.
Ich hatte vor dem Verlust auch wahnsinnige Angst, ich habe auch immer gesagt dass ich alles tun kann aber nicht beim Sterben dabeisein könnte, weil ich solche Angst hatte. Aber ich bin bei ihr geblieben bis zum letzten Atemzug und das hilft mir heute, das Wissen, dass sie nie alleine war! Auch meine Mami wollte das alles nicht wahrhaben weil sie eben auch furchtbare Angst hatte.
Aber das alles miterleben zu müssen, zu sehen wie sie immer schwächer wird das zerreißt einem das Herz. Wichtig ist glaube ich wirklich immer dazusein und es auszuhalten. Meine Mami und ich haben auch die Zeit genutzt für Gespräche (wenn sie reden konnte), sie wollte einfach immer schlafen. Aber über den Krebs haben wir auch nicht so oft gesprochen, sondern oft auch nur belanglose Dinge aus meinem Alltag usw. Ich wünsche Dir alle Kraft der Welt und ich weiß dass man die Kraft dazu auch bekommt (woher auch immer)! Ich bin sehr froh, dass Du mir geschrieben hast, das hilft mir das alles zu verstehen und zu wissen, dass man nicht alleine ist! Lg Karin
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  #4  
Alt 15.04.2011, 00:26
JeanineK JeanineK ist offline
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Beiträge: 197
Standard AW: Alleine ...gekämpft und verloren

Hallo Ihr Beiden,

ich drücke Euch mal ganz kräftig...... mehr kann ich im Moment nicht schreiben. Ich verstehe Euch nur zu gut.

Meine geliebte Mama ist am 02.07. verstorben. Ich habe auch nie einen Toten gesehen und war trotzdem bei ihr.
Ich habe immer noch angst, dass sie angst gehabt hat. Ich weiß es nicht.
Es ging alles so schnell.
Sie konnte aufgrund des Morphiums nicht mehr sprechen. Ich war 3 Tage und 3 Nächte bei ihr, dann ist sie gestorben. Vor diesem Tag hatte ich über 10 Jahre angst und dann ging alles so schnell. Am 11.04. letztes Jahr die Diagnose und keine 3 Monate später ist sie weg. Ich sitze hier und weine schon wieder. Es wird nach einer Zeit nochmal schlimmer. Dann, wenn man aufgehört hat zu funktionieren. Und nach 1 Jahr immer noch, weil man mit dem Vorjahr vergleicht. Ich hoffe, dass es besser wird.
Ich habe mirf lange Vorwürfe gemacht, ob sie überhaupt wollte, dass ich bei ihr bin, wenn sie aufhört zu atmen..... die meisten gehen, wenn wir kurz draußen sind. Aber ich denke, dass es richtig war. An dem Morgen habe ich es gefühlt und hätte nie fahren können.

ich wünsche euch beiden ganz viel kraft. Mama hat zu mir gesagt, ich müsse an mich denken, ich müsse doch weiterleben. Damals habe ich geschrien, wie ich denn ohne sie weiterleben soll und jetzt... ich lebe weiter.

Liebe Grüße
Jeanine
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  #5  
Alt 16.04.2011, 21:11
beiramov beiramov ist offline
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Standard AW: Alleine ...gekämpft und verloren

Vielen Dank für Deine ehrlichen Sätze! Ich finde es ganz wichtig, auch beim Sterben dabeizusein, das habe ich mir so nie vorstellen können und ich wollte es auch nicht! Aber wer hätte mir erzählen können ob sie friedlich eingeschlafen ist oder vielleicht noch einmal wach geworden wäre und sich alleine gefühlt hätte???? Niemand! Deshalb weiß ich, dass sie friedlich in eine andere Welt gegangen ist. Aber das jetzt ist echt ein Albtraum....sie fehlt mir so sehr und ich kann mir nicht vorstellen dass das besser werden soll. Ich habe Angst alleine zu sein mit meinen Gedanken und Bildern, obwohl ich weiß dass es besser so ist. Meine Mami hätte so nicht leben wollen, immer auf Hilfe angewiesen zu sein, Windeln tragen zu müssen, immer müde zu sein......Scheiß gemeiner Krebs!!!!!!!
Ich versuche gerade Bücher über Trauerbewältigung zu lesen oder zu erfahren wie andere das erlebt haben. Wie war es bei Dir??????? Lg Karin
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  #6  
Alt 18.04.2011, 00:26
JeanineK JeanineK ist offline
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Beiträge: 197
Standard AW: Alleine ...gekämpft und verloren

Liebe Karin,

ich hatte über 10 Jahre angst davor. Als Mama 68 Jahre wurde, dachte ich, jetzt ist sie bald 70. Ich wollte sie nie loslassen. Und dann musste ich es so schnell. Ich dachte immer, ich gehe mit oder man könnte mich einweisen....
aber ich lebe, wie du liest.

Ich hatte das Glück, endlich den richtigen Partner zu finden. Vorher bin ich immer auf die falschen reingefallen. Er hat mir sehr geholfen. Ich war immer bei Mama. Und wir haben mehrmals telefoniert am Tag. Und jetzt? Jetzt muss ich an dem Haus, wo ich selber großgeworden bin, vorbeifahren.

In der Anfangszeit habe ich funktioniert. Ich habe nach der Beerdigung die Wohnung räumen müssen. Die Erinnerungen stapeln sich bei mir. Ich kann noch nicht alles durchsehen.

Dann kamen schlechte und bessere Zeiten. Ich bin auch in Therapie. Da gehe ich alle paar Wochen hin. Eigentlich hatte ich den Termin, als es Mama schlecht ging und ich Panikattacken (Herzrasen, Zittern) hatte. (hatte vor 3 Jahren eine Depression, mit den gleichen Merkmalen, aus der ich sehr schnell (3 Moante? ) herausgekommen bin. Auf jeden Fall habe ich den Termin abgesagt, weil Mama im Sterben lag. Dann habe ich nach Mamas Tod dieÄrztin angerufen und ihr gesagt, dass ich nicht mehr komme, weil Mama tod ist und ich allein trauern muss. Sie hat mich überredet und das war gut so. Sie meinte, dass man nicht umsonst vom 6 Wochen Amt und vom Trauerjahr redet. Die Trauer kommt in Schüben.
Jetzt nach einem Jahr, wo die Diagnose kam (Samstag vor einem Jahr ist sie operiert worden und am 11.04. vor einem Jahr haben wir erst erfahren, dass sie krank war). jetzt ist es wieder schlimmer.

Auf jeden Fall hat mein Partner mir sehr geholfen. Ich fahre jetzt abends zu ihrem Grab, anstatt zu ihr nach Hause. Dann wenn ich heimkomme, ist er da und Licht ist an.... ich glaube ich wäre verrückt geworden, wenn ich in ein leere Wohnung gekommen wäre.
Ich hoffe, dass Du nicht alleine bist.

Außerdem habe ich viele Bücher gelesen. Auch über Trost aus dem Jenseits. Auch wenn Du mich jetzt für völlig verrückt hälst. Es geht weiter und sie sehen uns.
Ich habe einen sehr schönen Traum von ihr gehabt und ich habe sehr viele Zeichen erhalten. Nur das hat mich getröstet, dass ich weiß, es geht weiter und wir sehen uns wieder. Und, dass sie bei uns sind und sich freuen, wenn wir an sie denken und sie bemerken. Nachtoderfahrungen von Moody sind auch gute Bücher. Und Kübbler Roos. Eine Sterbeforscherin.

Ich wünsche Dir ganz viel Kraft.
Schreib immer hier, wenn Du uns brauchst.
Hier versteht jeder, wie der andere sich fühlt.
Meine Umwelt würde nicht verstehen, wenn ich vor ihnen weine. Was, das ist doch letztes Jahr gewesen, die muss doch drüber sein... so Sprüche kann ich nicht haben. Wer selber einen Verlust hatte, der versteht, wie der andere sich fühlt.
Darum fühle ich mich hier auch so gut aufgehoben.
Und es ist eben so: Egal, wie alt man wird,..... die bedingungslose Liebe einer Mutter, kann keiner einem geben. Und ich werde auch nie mehr einem Menschen begegnen, denn ich mehr lieben könnte als sie.
Schlaf gut und bis bald.
Liebe Grüße
Jeanine
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