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  #1  
Alt 03.04.2009, 10:22
Schneekugel Schneekugel ist offline
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Standard Papa hat Flügel bekommen...

Mein über alles geliebter Papi hat vor genau 48 Stunden und 10 Minuten Flügel bekommen. Er ist friedlich eingeschlafen und hat uns verlassen...

Während ich dies schreibe, fließen mir die Tränen in Strömen, weil ich sehe WAS ich schreibe und ich weiß, dass es wahr ist. Gott hat meinen Papa zu sich geholt. Das Wetter war schön und ich hoffe, dass die helle Sonne und der klare Himmel es ihm leichter gemacht haben den Weg zu seinen Eltern, Freunden und allen anderen, die wir im Laufe der Jahre verloren haben, zu finden.

Einen Tag vorher noch - also am Dienstag - habe ich wortwörtlich zu Mama gesagt: "Ich wünschte Gott würde ihn tot umfallen lassen, damit ihm all das Elend und Leiden, was ihn erwartet, erspart bleibt." In meinem Herzen habe ich Gott gebeten ihn vor dem großen Leiden zu sich zu holen...unwissend dass dies leine 12 Stunden später sein würde.

Es tut mir leid, wenn ich verwirrt schreibe, aber momentan kann ich all das was um mich herum geschieht nicht fassen. Ich kann es nicht greifen. Es ist unrealistisch und kommt mir fast lächerlich vor. Mein Papa...er MUSS doch im seinem Bett liegen. Er saß die letzten Monate nie mit uns am Tisch. Er lag fast immer im Bett, also muss er doch auch jetzt da liegen. Ich habe aber nachgesehen und er ist nicht da. Ich habe sogar mehrfach nachgesehen, sogar unter der Bettdecke. Ich dachte, weil er ja so dünn ist, könnte ich ihn vielleicht nur nicht sehen. Er hat mich tatsächlich verlassen...Ich konnte ihn nämlich nirgendwo finden.

In der Nacht rief Mama mich an. Ich war bei meinem Freund. Papa ist aus dem Bett gefallen und kam selbst nicht mehr hoch. Sie war verwirrt und panisch, dass sie die Nummer vom Rettungsdienst nicht mehr wusste. Sie rief dort aber dann an und sie nahmen in mit ins Krankenhaus. Alles hörte sich ganz undramatisch an. Um 7:00 rief Mama mich dann an. Ich kann mich nicht bewusst an das Gespräch erinnern. Ich hörte Worte wie: Schlaganfall, Lähmung, Beatmung, Intensivstation, Kabel, wird es nicht schaffen, PATIENTENVERFÜGUNG. Moment! Patientenverfügung??? Ich wusste was das heißt und habe mich angezogen so schnell ich nur konnte. Beinahe habe ich mich in meiner Hysterie übergeben. Ich weiß noch, dass ich geschrien habe: „Mein Papa stirbt, mein Papa stirbt!“
Damals bei meinem Opa war ich zu feige bei ihm zu sein. Im Auto –auf dem Weg zum Krankenhaus- habe ich mich sagen hören, dass ich diesmal ins Zimmer gehe. Nicht wieder diese Vorwürfe, die ich mir bis heute mache.
Dann ging alles ganz schnell. Wir haben die neurologische Intensivstation nicht gefunden. Also rief ich Mama an und fragte: Lebt er noch?“ Und sie sagte: „Ich weiß es nicht. Nicht wirklich! Es gibt noch Reflexe!“ Drei Minuten später waren wir endlich da und es ging Knall auf Fall. Die Ärztin holte mich von der Tür der Intensivstation ab. Ich habe nichts mehr gedacht. Nichts mehr gefühlt. Ich hatte keine Angst, keine Bedenken. Einfach Leere. Ehe ich mich versah, saß ich an seinem Bett und hielt seine Hand. Er war tot. Er atmete nicht. Er war nicht mehr verkabelt. Er lag da. Ganz ruhig. Ich habe so gehofft, dass er sich bewegt, aber er tat es nicht. Die ganzen 2,5 Stunden –in denen ich bei ihm saß- nicht. Und ich habe es nicht rechtzeitig geschafft. Aber ich bin erfüllt vom festen Glauben daran, dass er gesehen hat, dass ich bei ihm war und mich verabschiedet habe. Ich…ICH…hab die Hand meines toten Vaters gehalten. Noch jetzt ist dies unfassbar für mich. Ich hatte solch eine Angst vor dem Tod, dass ich nicht nur glaube, sondern weiß, dass Gott mir beistand. Aus eigener Kraft hätte ich das nicht schaffen können.

Mein großer, tapferer Papa. Er hat mich verlassen. Für immer.

Es fiel mir schwer ihn loszulassen und aus dem Zimmer zu gehen, weil ich wusste, dass das das letzte Mal sein würde, dass ich ihn sehe. Die Ärztin hat uns aber versichert, dass dies das Beste war, was meinem passieren konnte. Das große Leiden WÄRE gekommen. Er wäre ein Pflegefall geworden, ohne die geringste Aussicht auf Heilung. Wir hätten vielleicht noch ½ Jahr gehabt. Ein ½ Jahr mit großem Leid. Gott hat mich erhört und meinem Papa geholfen. Er hat es nicht gemerkt. Jedenfalls nicht aus medizinischer Sicht.
An diesem Tag musste ich zum 1.Mal in meinem Leben eine Urne aussuchen. Wir haben uns für eine dunkelblaue mit Monden, Sonnen und Sternen entschieden. Sie sah irgendwie hoffnungsspendend aus.

Nun nach zwei Tagen, wird mir langsam bewusst, dass kein Mensch so lange träumt. Es muss WIRKLICH passiert sein…
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  #2  
Alt 03.04.2009, 11:26
Ela4811 Ela4811 ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Liebe Schneekugel,

es tut mir sehr leid, dass du deinen Papa verloren hast.

Es mag jetzt dir kein Trost sein, aber deinem Papa ist viel Leiden erspart geblieben. Aber es wird die Zeit kommen, da wird dir diesen Wissen helfen.
Die Zeit des Begreifens wird kommen. Es dauert seine Zeit, um zu kapieren, dass das alles passiert ist und sich alles ändern wird. Nimm dir die Zeit der Trauer und höre auf deine innere Stimme.

Ich wünsche dir und deiner Familie viel Kraft für die kommende Zeit

Ela
__________________
Mam
* 18.06.1949 + 08.01.2008

Wenn wir Dir auch die Ruhe gönnen,
ist voller Trauer unser Herz;
Dich leiden sehen und nicht helfen können,
das war unser größter Schmerz.

Ich werde Dich ewig lieben!!!
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  #3  
Alt 03.04.2009, 11:51
AntoniaC AntoniaC ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Liebe Schneekugel,
auch von mir ein herzliches Beileid zum Tode deines Vaters.
Wenn ich deine Geschichte lese, kommen meine Erinnerungen unwillkürlich zurück, auf einen Tag vor fünf Wochen. An diesem Tag habe ich meinen über alles geliebten Papa verloren. Auch für ihn war es eine Erlösung, wenn auch sehr plötzlich wie bei euch. Auch wir kamen in letzter Minute im KH an, um uns noch verabschieden zu können. Auch ich saß mehrer Stunden an seinem Totenbett und dachte, gleich wacht er wieder auf. Dann die ganzen Formalitäten und die Urne, die es auszusuchen galt.... Wahnsinn!! Auch heute noch, weiß ich nicht, wie ich diese Zeit überstanden hab. Ich konnte auch meine verstorbenen Großeltern nicht sehen und bei meinem Vater wollte ich es aber unbedingt. Auch wenn ich noch nie solch eine Angst in meinem ganzen Leben hatte...
Nimm dir Zeit für dich, denn die wirst du brauchen. Die Verarbeitung der Trauer und das Begreifen dauert lange. Ich wünsche dir Menschen, die dich auffangen und die mit dir gemeinsam die schönen Erinnerungen an deinen Vater teilen. Viel Kraft für deinen Weg,
Antonia
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  #4  
Alt 03.04.2009, 12:44
Benutzerbild von Juliaaa
Juliaaa Juliaaa ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Liebe Schneekugel,

ich kann es nicht fassen, was ich hier lese. Mein herzliches Beileid.

Ich zünde eine Kerze für Deinen Papa an.

Ich hoffe Du überstehst die nächste Zeit, ich sende Dir und Deiner Familie ganz viel Kraft.

Sei gedrückt,
Julia
__________________
Unser Herz will Dich halten
Unsere Liebe Dich umfangen
Unser Verstand muss Dich gehen lassen
Denn Deine Kraft war zu Ende.

Ich werde Dich immer lieben - Papa
24.07.1947 - 23.10.2012

Er ist und bleibt mein Superheld, der beste Papa auf der Welt!
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  #5  
Alt 03.04.2009, 14:01
dani33 dani33 ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Auch ich möchte Dir mein Beileid aussprechen,
nimm Dich in den Arm und wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit!
Alles Liebe
Dani
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  #6  
Alt 03.04.2009, 14:45
Benutzerbild von Mosi
Mosi Mosi ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

liebe Schneekugel,

ich weiß wie Du dich fühlst,man kann es nicht beschreiben. trotzem möchte ich Dir meine aufrichtige Anteilnahme aussprechen. Auch ich habe am 24.03.09
mein Vati verloren,an Darmkrebs. ich kann das Wort nicht mehr hören. Er lag die letzte zeit nur im Bett, wurde von Tag zu Tag schwächer und dünner. trotzdem wollten wir es nicht wahr haben, dass es zu ende geht. jeden Tag habe ich gehofft das wird schon wieder. fast 6 Jahre hat er gekämpft und verloren. Wir kamen zu spät in Krankenhaus, er war schon tot. Ich kann es bis heute nicht glauben. Immer denke ich, er kommt irgendwann wieder und wir können mit Ihn reden. Wenn ich Bilder ansehe, glaube ich nicht, das für immer weg ist. Wenn ich an sein Grab stehe, glaube ich, das es nur ein Alptraum ist. Aber der Alptraum geht nicht zu Ende.Es wird jeden Tag schlimmer, da mir immer mehr bewußt wird. es ist Realität. Wenn die Leute reden, es ist besser für ihn gewesen, er musss nicht mehr leiden, ich kann es nicht mehr hören, warum er??? Diese Frage stelle ich mir immer wieder. Denke an vergangene Zeiten. Mein Mann und ich betreiben mit meinen Eltern ein Landwirtschaftsbetrieb. Mein Vati hat bis Anfang januar mit im Büro gewesen.
Jetzt können wir ihn nicht mehr um Rat fragen Manche leute quatschen schon rum, das der betrieb jetzt auseinanderbricht oder fragen mein Mann, ob er jetzt mit zwei Weibern zurechtkommt. Ein andere erzählt im Dorf rum, jetzt knackt ich die Firma. Ich ktätlos die Leute sind.önnte wütend werden wie piotätlos die Leute sind, einfach widerlich

Ich wünsche dir viel Kraft, mir fehlt sie zur Zeit.

Kathrin
__________________
Mein geliebter Vati
geb.31.05.1943 - gest. 24.03.2009
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  #7  
Alt 03.04.2009, 19:10
steffilein steffilein ist offline
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Beiträge: 20
Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Liebe Schneekugel,

auch ich möchte dir mein herzlichstes Beileid aussprechen!
das leben so hart!

ich wünsche dir viel kraft für die nächste zeit und hoffe dass du mit dem rest deiner familie gespräche über die sache führen kannst,
das hilft am meisten!
verdrägne es nicht,sondern trauere!
auch wenn es schwer fallen wird!

gaanz liebe grüße und eine warme umarmung
steffi
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  #8  
Alt 03.04.2009, 19:40
Bremensie Bremensie ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Liebe Schneekugel,
auch von mir aufrichtiges Beileid zum Tod deines Vaters. Du und deine Familie ihr werdet für die nächste Zeit viel Kraft brauchen. Darum möchte ich dich wenn ich dies auf diesem Wege ganz hherzlich umarmen und dir und deiner Familie ganz viel Kraft rüber schicken. Mit der Trauer kann ich mich nur deinen Vorrednern anschließen nimm dir die Zeit die du brauchst zum Trauern. Nicht umsonst heißt es Trauerjahr.
Erika
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  #9  
Alt 03.04.2009, 20:12
Schneekugel Schneekugel ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Ich stehe momentan echt neben mir. Mal wieder merke ich: Egal wie gut man sich vorbereitet, es kommt mit Pauken und Trompeten. Plötzlich, eiskalt, bitter, rücksichtslos und schockierend kommt der Tod. Er schlug uns letztendlich doch ein Schnippchen und grinste uns mit seiner grausamen Fratze in Gesicht. Vom ersten Tag an habe ich mich versucht auf Papas Tod vorzubereiten. Seit er die Diagnose Frühprogression bekam, habe ich mir mehrfach täglich laut gesagt, dass er sterben wird und es keine Chance gibt dies zu verhindern. Ich habe es in keiner Weise von mir geschoben. Im Gegenteil: Um es mir bewusst zu machen, habe ich mich selbst gequält. Ich wollte den Schmerz frühzeitig spüren. In der Hoffnung, das meine Seele abstumpft. In der Hoffnung mich an den Schmerz zu gewöhnen. Als wollte ich dem Tod den Überraschungseffekt nicht gönnen. Und nun sitze ich doch da. All die Vorbereitung ist nichtig. Ich bin dennoch schockiert. Der Tod hat sein raffiniertes Spielchen mal wieder gewonnen.
Eigentlich schockieren mich sogar Eure schnellen Antworten, weil ich sehe wie viele Menschen überhaupt hier angemeldet sind. Es ist schockierend, dass wir diese Homepage überhaupt kennengelernt haben. Es ist entsetzlich wie schnell der Tod jemanden ins Hinterbliebenen-Forum abschieben kann. Er tut es wann er will und wir müssen uns fügen.
Papa hatte von Beginn an eine schlechte Prognose. Nasopharynx CA mit Halslymphknotenmetastasen. Die Bestrahlung hat gut angeschlagen und der Tumor hat sich um 85% verkleinert. Doch heimtückisch ist er nach der Therapie sofort wieder gewachsen. Und einen Tag vor der Reha, haben wir davon erfahren. Sie fiel natürlich aus und sie haben im Februar mit einer Antikörpertherapie –genauer gesagt Cetuximab bzw. Erbitux – begonnen. Nun haben die Antikörper meinen Papa umgebracht.
Ich habe ihn doch gesehen. Sie können ihn doch so wie ich ihn gesehen habe nicht in einem Ofen verbrennen…Ich weiß nicht mehr weiter.

Hat jemand von Euch einen Buchtipp zum Thema? Ich brauche irgendeine Hilfe…

Geändert von Schneekugel (03.04.2009 um 20:14 Uhr)
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  #10  
Alt 03.04.2009, 22:25
Benutzerbild von stellina
stellina stellina ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

liebe schneekugel, mein aufrichtiges beileid zum tod deines papas.
das ging jetzt so unglaublich schnell, daß es mich nicht wundert, daß all deine "vorbereitung" vergebens war. die kraft, die du für die nächste zeit brauchen wirst, kommt von dort, wo du deine bitte für deinen papa hingeschickt hast.
da du nach büchern fragtest, möchte ich dir sagen, was mir besonders hilft: michael newton, die reisen der seele und die abenteuer der seelen. sie geben mir die gewißheit, daß alles sinn hat, auch wenn es noch so schmerzlich ist.
ich drück dich, tina.
__________________
Du kannst nie tiefer fallen, als nur in Gottes Hand,
die er zum Heil uns allen barmherzig ausgespannt.

Mein geliebter Hase: 14.10.1923 - 28.04.2009
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  #11  
Alt 03.04.2009, 22:49
steffilein steffilein ist offline
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Beiträge: 20
Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

liebe schneekugel,

du sagst:

"Ich habe ihn doch gesehen. Sie können ihn doch so wie ich ihn gesehen habe nicht in einem Ofen verbrennen…"

nein.sie haben ihn nicht so wie du ihn kanntest verbrannt...
der teil der deinem vater und jedem von uns leben einhaucht,nämlich die seele ist nicht mehr in seinem körper...!
es ist nur noch der "irdische teil" den du siehst,gesehen hast!

glaub mir es ist wirklich nur dieser teil!
es gibt die seele!
es gibt genau den teil einer person die ihn individuell gemacht hat!
genau der teil der ihn liebenswert und zu deinem papa gemacht hat!

sorge dich nicht um den körper deines vaters,er war nur eine art medium durch das dein papa zu dir gesprochen hat!
vllt solltest du dir wirklich eine art therapie vor ort suchen,wo du all diese fragen einmal persönlich besprechen kannst,
wo man dich nicht nur virtuell in den arm nehmen kann!

ich wünsche dir weiterhin viel kraft!
und scheue dich nicht hier all deine gedanken nieder zu schreiben!
wie du schon richtig sagst:
du bist NICHT allein!

ganz lieben gruß
steffi
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  #12  
Alt 04.04.2009, 18:17
Schneekugel Schneekugel ist offline
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Beiträge: 86
Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Danke für Eure lieben Worte...

Nun neigt sich schon der vierte Tag ohne Papa seinem Ende entgegen. Ich bin gerade mal 28. Ich darf gar nicht darüber nachdenken wie viele Tage noch ohne ihn kommen und gehen werden. Ich hab nun auch solche Angst um meine Mama. Ich habe Angst vor dem Tag an dem ich auch sie verlieren werde. Sie hat den Krebs vor einigen Jahren besiegt, aber was wenn er wieder kommt? Was dann?
Jetzt gibt es auch finanzielle Probleme. Meine Mama wird die Wohnung mit ihrer kleinen Witwenrente nicht halten können. Ich habe Angst mit meinem Papa auch noch mein zuhause zu verlieren. Seit zwei Tagen denken mein Freund und ich darüber nach zu Mama zu ziehen, damit sie in Ruhe Arbeit und eine kleinere Wohnung suchen kann. Wir würden diese dann behalten. Ich bin sowieso noch hier gemeldet. Aber momentan weiß keiner von uns was richtig ist. Es stürzen so viele Termine und Erledigungen auf uns ein, dass wir nicht mal Zeit zum trauern haben. Ich weiß, dass die Zeit kommen wird, aber ich will es hinter mir haben. Noch immer bin ich froh, dass ich mich von Papa verabschiedet habe. Ich hatte solche Angst Albträume zu bekommen. Aber es ist nicht so. Wenn ich mir das Bild von meinem toten Papa ins Gedächtnis rufe, macht es mir keine Angst. Bis jetzt jedenfalls nicht. Immer wieder versuche ich mir folgendes vorzustellen: "Hätte Papa den Schlaganfall überlebt, wäre er nun halbseitig gelähmt, er könnte nicht mehr laufen, er könnte vielleicht nicht mehr richtig sehen und vielleicht auch nicht sprechen. Seine Antikörpertherapie wäre bestimmt abgesetzt worden, der Tumor wäre weiter gewachsen, die Metastasen hätten sich weiter verbreitet, er hätte wie bisher schon nicht essen und nicht trinken können, hören konnte er auch jetzt schon kaum noch, er hätte nicht mehr selbständig auf die Toilette gekonnt, hätte vielleicht Windeln tragen müssen und hätte immer den Tod vor Augen gehabt. Kurz er wäre dahinvegetiert. Und dann versuche ich ihm in die Augen zu sehen!" Und das ist der Moment in dem mir klar wird, dass er Glück hatte. Zumindest Glück im Unglück. Dabei muss ich mich immer wieder davon abhalten, mir die Frage zu stellen warum er diese ganze Scheiße überhaupt haben musste. Klar, einerseits ist es besser für ihn, weil er nicht mehr leiden muss, aber andererseits hätte er -sowie alle anderen- das gar nicht bekommen dürfen. Er sollte hier sitzen. man nicht sagen: "Er hat sein Leben aber gelebt!" Nein das hat er nicht. Er hat nur gearbeitet und seit Jahren von der Rente geträumt. Mit 59 ist er dann todkrank geworden. Seit Jahren hat er von seiner Silberhochzeit im letzten November geträumt. Er konnte sie nicht mal feiern, weil ihm kurz vorher alle Zähne gezogen wurden. Wegen der Bestrahlung. Er hat immer davon gesprochen die Feier nachzuholen, aber dazu sollte es nicht kommen.
Ich frage mich seit einigen Jahren schon wo das alles noch hinführen soll. Ich höre nur noch Krebs, Krebs, Krebs, Krebs, K-R-E-B-S. Wie oft habe ich mich schon gefragt wie es sein kann, dass die Todesursache Nr.1 angeblich Herzkreislauf-Krankheiten sind?! Dennoch hatte ich immer die Hoffnung, dass diese Aussage stimmt und ich mir nur einbilde, dass so viele an Krebs sterben. Nun während meiner Recherche -wegen Papas Nasopharynx CA- habe ich es gelesen. 2010 wird Krebs die Todesursache Nr.1 sein!!! Also doch!!!
Ich frage mich nicht mehr, ob es mich oder einen meiner Lieben trifft, sondern nur noch wann. So macht das Leben doch keinen Spaß. Ich bin in ständiger Angst um die letzten paar geliebten Menschen. Wie oft sagte man mir: "Das ist doch normal. Das ist der Lauf des Lebens. Jeder muss mal gehen!" DAS ist der Lauf des Lebens? Das Menschen sterben, bevor sie nicht mal annähernd die Rente erreichen? Das ist der Lauf des Lebens, dass innerhalb von ein paar Jahren eine ganze Familie ausstirbt? Es ist der Lauf des Lebens, dass keiner alt wird? Ich weigere mich das zu glauben. Gestern Abend habe ich mit Mama auf meinem PC nach alten Fotos und Videos gesucht. Fast keiner auf diesen Bildern lebt noch. Was ist das für ein Leben in dem man in ständiger Angst lebt? In dem man nie zur Ruhe kommt? In dem man eine Beerdigung absagen muss, weil man am gleichen Tag zu einer anderen muss? Wie darf es sein, dass man den Tod des einen noch verarbeiten muss und der nächste schon eintritt? Wie ist es möglich, dass kein Jahr ohne Beerdigung vergeht? Das wäre alles normal, wenn alle in der Familie alt wären. Sind sie aber nicht. Der Krebs ist die neue Pest. Wird überhaupt noch irgendwer verschont?
Mir kommt es vor, als wäre die Chance im Lotto zu gewinnen fast höher, als nicht an Krebs zu erkranken. Selbst wenn man keinen Schein ausfüllt.
Ich habe so einen Hass in mir und das schlimmste ist, dass ich niemanden verantwortlich machen kann...es gibt niemanden den ich verklagen kann, weil mein Papa gestorben ist. Keine Beschwerdestelle und keinen Verbraucherschutz. Es muss der ganzen Sache doch irgendwie mal ein Ende gesetzt werden...
Heute haben wir Papas Sachen erst mal in seinen Kleiderschrank gelegt, um sie nicht ständig zu sehen.
Viele von Euch schreiben mir, dass ich trauern soll, aber wie soll ich das aktiv tun? Was macht Ihr außer heulen? Was hilft Euch? Ich komme seit 10 Jahren nicht um den Tod meiner Oma und seit 6 Jahren nicht um den Tod meines Opas hinweg. Wenn ich ein Foto sehe, heule ich sofort und es geht mir schlecht. Ich gehe nur ganz, ganz selten zum Grab. Und wenn doch -weil ich glaube es tun zu müssen- breche ich schon beim Anblick des Steins zusammen. Mir geht es dann meist die ganze Woche schlecht. Nun wird Papa in das gleiche grab kommen und ich will mich nicht weiterhin so selten blicken lassen. Aber momentan weiß ich einfach nicht was ich tun kann, damit ich gesund trauern kann. Die Trauer soll ja helfen. Das tut sie bei mir aber nicht. Ich merke, dass es mir gut tut all meine Gedanken hier zu schreiben. Wenn ich Mama sagen würde, dass mir das Leben auf diese Art und Weise keinen Spaß macht, hätte sie noch Angst, dass ich mich umbringen will. Und das will ich nicht.
Es ist auch nicht nur Papas Verlust der mir Angst macht, sondern das Gefühl zu wissen, dass sich damit auch das ganze Leben irgendwie ändern wird. Allein schon wegen der Wohnung. Ich will weder mein Zuhause verlieren, noch will ich, dass Mama es verliert. Die zeit ist eh schon schwer genug. Zudem hab ich mächtig daran zu knabbern, dass mein Papa eines Tages nicht bei meiner Hochzeit dabei sein wird und seine Enkel -wenn ich Kinder bekomme- nie kennenlernen wird. Das bricht mir das Herz. Sie werden das Wort Opa nie sagen (mein Freund hat keinen Kontakt zu seinen Eltern), weil sie keinen opa haben werden. Und wer bringt mich zum Altar? Niemand!!! Weil auch ich keinen Opa mehr habe.

So ich habe mich mal wieder ausgekotzt und hoffe, dass der Tag kommt an dem ich an Papa denke und lächeln kann. Wird dieser Tag kommen?

Geändert von Schneekugel (05.04.2009 um 10:16 Uhr)
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  #13  
Alt 04.04.2009, 19:10
Schneekugel Schneekugel ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Ach Papa...ich hoffe Du hast da oben all Deine Lieben gefunden!!! Ich liebe Dich...auch wenn ich´s viel zu selten gesagt habe...
__________________
*1949 +2009
Mein lieber Papa durfte nur 60 Jahre jung werden

31.07.2008: Überweisung ins Krankenhaus
13.08.2008: Diagnose "Nasopharynx CA T4N2M0 G3". Chemo und Bestrahlung!
09.01.2009: 60.und letzter Geburtstag
02.02.2009: Diagnose "Frühprogression" und Einleitung einer Antikörpertherapie.
01.04.2009: Schlaganfall als Nebenwirkung der Antikörpertherapie. Papa hat Flügel bekommen

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  #14  
Alt 05.04.2009, 08:30
dani33 dani33 ist offline
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Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Liebe Schneekugel, ich drück Dich trotz Kälteallergie ganz herzlich!!!
Ich kann Dir keine tröstenden Worte sagen, es gibt sie leider immernoch nicht.
Ich kann Dich aber virtuell umarmen und das tue ich jetzt!
Alles Liebe
Dani
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  #15  
Alt 05.04.2009, 10:15
Schneekugel Schneekugel ist offline
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Beiträge: 86
Standard AW: Papa hat Flügel bekommen...

Ich weiß doch, dass es keine tröstenden Worte gibt...aber eine Umarmung ist immer gut...

Lieber Papa, Du fehlst mir unheimlich. Ich wünschte es würde sich noch so anfühlen als wärst Du im Krankenhaus. Aber aber es fühlt sich bloß leer an...
__________________
*1949 +2009
Mein lieber Papa durfte nur 60 Jahre jung werden

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02.02.2009: Diagnose "Frühprogression" und Einleitung einer Antikörpertherapie.
01.04.2009: Schlaganfall als Nebenwirkung der Antikörpertherapie. Papa hat Flügel bekommen

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