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  #16  
Alt 16.10.2004, 21:29
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Liebe Andrea,

auch ich bin 43,und kannte meinen Mann seit 24 Jahren, allerdings habe ich nur zwei Kinder, die sind so ungefähr wie deine Großen, die Tochter 20, der Sohn 16. Mir sind meine Großen in der ersten schweren Zeit eine große Stütze gewesen,aber sie sind jetzt schon wieder zur Normalität übergegangen.Meine Tochter wohnt schon seit 2 Jahren nicht mehr zu Hause und auch der "Kleine" ist sehr selbständig. Sie finden,dass ich nun auch wieder zur Normalität übergehen solle. Aber das geht leider nicht.
Gehst du denn eigentlich arbeiten,und bist du finanziell einigermaßen abgesichert? Hoffentlich kommen solche Sorgen nicht auch noch zu deiner Trauer hinzu. Aber denk daran, dein Mann lebt in den Kindern weiter und sie werden bestimmt versuchen, ihn zu ersetzen (auch wenn das natürlich nicht geht).
Ich weiß,dass alle tröstenden Worte derzeit nur leer klingen, aber vielleicht hilft es dir ein bißchen,wenn du siehst, dass du nicht ganz allein bist.
Sei umarmt von Beate
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  #17  
Alt 16.10.2004, 23:06
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Hallo Ihr Lieben,
Andrea Dir geht es jetzt bestimmt besonders schlimm, mit 4 Kindern diese schwere Zeit durchstehen, dass ist sehr, sehr schwer. Sicher kommen die älteren etwas leichter durch die Zeit, als die kleinen, aber es ist für Euch alle schlimm. Es ist wirklich ungerecht, es gibt so viele alte Leute in den Heimen, die gerne sterben möchten, aber nicht können. Wir hätten alle unsere Männer noch so dringend gebraucht und keiner von Ihnen war in einem Alter, in dem man schon ans Abschied nehmen denken möchte. Versteht mich bitte nicht falsch, ich wünsche bestimmt keinem einzigen Menschen auf dieser Welt das Sterben. Aber ich habe in meiner Trauer ein Gefühl kennengelernt, dass ich früher gar nicht kannte, das ist Neid. Wenn ich irgendwo, wo auch immer ein Paar sehe, werde ich so neidisch, weil ich mit meinem Liebling nicht mehr so zusammen sein kann. Das mit Gott ist auch so eine Sache. Ich habe einmal zu meinem Mann gesagt (da ging es ihm schon sehr schlecht), wenn es irgendwo einen Gott gibt und ich stehe eines Tages vor ihm, dann muss er mir aber ein paar unangenehme Fragen beantworten. Da hat mein Andreas gesagt, dass kannst du dir sparen, es gibt keinen, er könnte sowas nicht zulassen. Ich gehe halt auch nach dem Tod meines Mannes jetzt jede Woche in die Kirche, weil es sich in so einem kleinen Dorf gehört. Aber ich kann nicht beten, ich denke immer nur an meinen Schatz.
Liebe Beatrix, Du musst Dir keine Vorwürfe machen, wenn Du während der schweren Pflege manchmal nicht ganz so gut drauf warst zu Deinem Uli. Ich kenne das, ich habe auch manchmal mit meinem Andreas gehadert, wollte ihn einfach ein bißchen rausreißen aus seiner Verschlossenheit, ihn zum Aufstehen zwingen. Ich habe dabei nicht erkannt, dass er einfach nicht mehr konnte und auch seelisch am Ende war. Das macht mir immer noch zu schaffen. Ich glaube auch, dass mein Mann immer noch keine Ruhe im Jenseits gefunden hat und noch irgendwo durchs Haus geistert, drum finde auch ich noch keine Ruhe, komme nicht aus meinen Selbstvorwürfen raus, ich hätte noch mehr für ihn machen sollen, wenn ich auch Tag und Nacht bei ihm war und alles gemacht habe.
Heute nacht bin ich um 2.00 Uhr plötzlich hellwach im Bett gesessen. Ich habe mir eingebildet, dass ich den Haustürschlüssel im Schloss gehört habe, obwohl das gar nicht möglich ist. Ich bin ganz alleine. Habe einfach nicht mehr schlafen können danach.
Heute war ich mit meiner Mutter im Theater und vorher essen. Es hat mir gar nicht gut getan. Aber sie hatte das Gefühl, dass sie mir was Gutes getan hat. Ich lasse sie in den Glauben. Alle paar Wochen füge ich mich einfach dem "verwandschaftlichen Wochenend-Animationstress". Sie meinen halt, mir zu helfen, wenn sie mit mir was unternehmen, aber es ist halt nicht so. Aber danach habe ich wieder ein bißchen Ruhe von ihnen.
Was soll ich Euch allen wünschen? Bringt das Wochenende irgendwie rum, es ist immer die schlimmste Zeit. Fangen wir doch alle zusammen am Montag wieder eine neue Woche an. Wir werden am Montag sagen, h e u t e stehe ich noch auf, morgen muß ich erst sehen, und am Dienstag sagen wir das gleiche und am Mittwoch wieder. So geht die Woche rum, auch wenn wir am Montag noch denken, wir halten den ganzen Kummer nicht die ganze Woche aus. Trösten wir uns ein wenig gegenseitig. Jede von uns weiß, wie sich die anderen fühlen, weil wir alle das gleiche durchgemacht haben. Vielleicht sind wir alle zusammen ein kleines bißchen stärker, dann haben wir doch schon wieder was erreicht.
Seid alle herzlich gegrüßt von mir.
Thekla
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  #18  
Alt 16.10.2004, 23:42
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Ihr Lieben,
Thekla hat es wunderbar gesagt, trösten wir uns gegenseitig, denn nur wir wissen, wie es wirklich ist.
Sicher gibt es viele liebe Menschen um uns herum, aber nachfühlen kann nur jemand, der das Gleiche durchlebt (hat).
Ich umarme euch alle
Beate
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  #19  
Alt 17.10.2004, 00:25
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Es ist schon unglaublich, wie man sich wiedererkennt. Die Gefühle, für die man sich schämt, ihr habt sie auch. Irgendwie hilft es schon, das zu wissen.

Finanziell abgesichert? Eigentlich nicht. Wir hatten bis Februar einen kleinen Handwerksbetrieb, alleine auf meinen Mann zugeschnitten. Ich arbeite halbtags. Reicht nicht zum leben und nicht zum sterben. Die Behörden hatten in diesen vergangenen Monaten nur hilflos die Schultern hochgezogen und mir gesagt, dass wir bedauerlich durch jedes soziale Netz durchfallen. So schrecklich das alles ist, aber irgendwie war für uns keiner zuständig. Hier sage ich nun nicht, was ich gedacht und gefühlt habe, sonst wollt ihr am Ende doch nichts mehr mit mir zu tun haben... Nun, aber irgendwie ist mir das alles im Augenblick egal. Denn man kann mir vielleicht nun alles nehmen, was mit Geld zu haben ist. Aber die letzten 28 Jahre Liebe, die trage ich in mir und werde sie an meine Kinder weitergeben, das nimmt mir keiner...
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  #20  
Alt 17.10.2004, 10:10
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Liebe Andrea,
Dich hat es ja besonders schlimm erwischt. Zu allem Schmerz auch noch die Gedanken ums Finanzielle haben zu müssen. Einfach traurig. Ich habe zwar auch jede Menge Ärger mit Krankenkasse, Rentenversicherung usw. hinter mir, aber es geht wenigstens finanziell weiter. Ich weiß, wie man sich fühlt die ersten Tage, die Du ja gerade durchlebst. Man vergisst viele Dinge, die man jetzt machen muß, oder man will nicht daran denken. Ich habe auch Geld hergeschenkt, weil ich die letzten Tage bei meinem Mann war, statt mich um bestimmte Dinge zu kümmern.
Trotz allem Kummer, sieh die Versicherungsunterlagen von Deinem Mann genau durch (Lebensversicherung - es gibt bei jeder Versicherung Fristen zum Beantragen, Erwerbsunfähigkeitsversicherung - auch hier Fristen, Hinterbliebenenrente für Dich und Waisenrente für Deine Kinder - je eher Du es beantragst, um so eher bekommst Du Geld). Die Gemeindeverwaltung hat mir bei den Anträgen auf Hinterbliebenenrente und Waisenrente sehr geholfen. Mein Sohn ist jetzt um die paar Euros Waisenrente froh, damit er wenigstens sein letztes Semester ohne finanziellen Engpass studieren kann.
Es ist schwer in solchen Zeiten diese Dinge zu erledigen, aber Ihr müsst ja von was leben, Deine Kinder braúchen Sachen für die Schule usw.. Und es ist traurig, dass solche Familien durch jedes soziale Netz fallen, anderen wird es sozusagen hinterhergeschmissen. Und glaube mir, ich weiß auch ohne, dass Du schreibst, was Du denkst. Du bist nicht die Einzige. Denke bitte nicht, wir wollen deshalb nichts mehr mit Dir zu tun haben. Ich glaube, wir fühlen alle mit Dir mit.
Ich gehe jetzt wieder in die Küche. Meine Tochter mit Familie kommt heute zum Essen. Ein Sonntag ohne Einsamkeit. Bei uns in Bayern ist heute Kirchweih. Ich koche eine Ente, das war auch das Lieblingsessen meines Mannes. Hab schon so lange nicht mehr gekocht, es lohnt sich nicht für mich alleine. Sein Bild steht auf dem Küchentisch. Ich habe ihm dazu eine Kerze angezündet. Er schaut mir beim Kochen zu. Es ist, als wenn er den Duft spüren würde.
Was Du sagst, ist richtig. Die 28 Jahre Liebe kann Dir keiner nehmen. Mir geht es genau so. Ein paar Tage noch, dann hätten mein Andreas und ich 30-jähriges Hochzeitsjubiläum. Ich darf gar nicht dran denken. Warum erwischt es immer nur diejenigen, die sich so gut verstehen und lieben.
Wir werden es wohl nie verstehen.

Viele Grüße, bis bald
Thekla
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  #21  
Alt 17.10.2004, 14:09
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Ihr Lieben,
jetzt bin ich doch etwas irritiert. Heute morgen um ca. 9.30 Uhr habe ich an Euch geschrieben, aber mein Beitrag ist plötzlich verschwunden, obwohl ich ganz hundertprozentig sicher bin, dass ich ihn abgeschickt habe. Merkwürdig. Aber nicht so schlimm, schreibe ich eben noch einmal.
Ich finde es einfach schlimm, dass man sich zu aller Traurigkeit und Jammer auch noch um das Geld kümmern muß. Liebe Andrea, es geht doch nicht an, dass Du ohne Geld dastehst. Hat Dein Mann nicht wenigstens eine Lebensversicherung oder ähnliches, mit der Du Dich die erste Zeit über Wasser halten kannst? Uli hatte zwar eine Lebensversicherung, aber da geht doch schon viel von weg für der Beisetzung und den Rest werde ich versuchen, eisern zusammenzuhalten. Die Rente muß ich auch noch irgendwann in der nächsten Zeit beantragen,obwohl es nicht viel werden wird. Von der Hinterbliebenenrente bekomme ich 10,8 % abgezogen wurde mir schon gesagt, da Uli die Unverschämtheit besessen hat, nicht bis zu seinem 65. Lebensjahr zu warten. Dann wird noch mein eigenes Einkommen verrechnet, so dass am Ende nicht viel dabei herauskommen wird. Aber es stört mich zur Zeit nicht wirklich. Es ist nur bitter, wenn man immer nur hört, dass man jetzt überall weniger Geld bekommt, in eine schlechtere Steuerklasse eingestuft wird und und und. Als wenn wir nicht schon genug bestraft sind.
Heute um 13.15 Uhr war Uli genau eine Woche tot. Mir kommt es vor, als wenn es schon viel länger her ist. Ich habe lange an seinem Bild gesessen, an dem immer eine Kerze brennt und versucht mit ihm zu reden. Er hat mir nicht geantwortet. Wie sollte er auch....
Vorher bin ich zu meiner Mutter gefahren, die mich heute zum Essen eingeladen hat. Sie hat es gut gemeint, aber ich wäre besser zu Hause geblieben.
Liebe Andrea, wie geht es Dir? Kannst Du schon wieder etwas im Haushalt erledigen? Ich bin noch wie gelähmt. Wenn meine Familie nicht für mich mitkochen würde und dafür sorgen würde, dass ich etwas esse, wäre ich noch nicht einmal in der Lage, selbst daran zu denken geschweige etwas zu essen. Aber da ist meine Tochter unerbittlich. Sie versorgt mich oder, wenn sie es nicht selbst kann, meine Mutter.
Mein Schwiegersohn ist gerade dabei mein Schlafzimmer zu renovieren. Uli hatte im Frühjahr daran angefangen, aber ihm fehlte dann die Kraft es fertigzustellen. Ich bin meinem Schwiegersohn sehr dankbar, aber vergleiche immer insgeheim mit meinem Uli. Leider schneidet mein Schwiegersohn da immer schlecht hab, obwohl er sich alle Mühe gibt. Ich weiß, das dieses Vergleichen unfair ist, ich sollte vielmehr großzügig sein und dankbar, aber ich kann nicht anders.
Liebe Thekla, ich finde es schön, wie Du Deinen Mann immer noch in alles einbeziehst und denke, er wird es spüren. Sicher wird es für Dich sehr schwer sein, wenn Euer 30. Hochzeitstag anbricht, versuchst Du Dich dann irgendwie abzulenken oder wirst Du an diesem Tag nur seiner gedenken, zu Hause sitzen und eine Kerze anzünden? Ich wüßte ehrlich gesagt nicht, was ich tun würde. Unser 36. Hochzeitstag steht erst im März nächsten Jahres an aber vorher gilt es noch seinen 57. Geburtstag im Dezember und Weihnachten zu überstehen. Nur wie?
So, das Wetter ist noch ganz schön, wenigstens trocken und ich werde versuchen, ein bischen an die frische Luft zu gehen. Es ist zwar öde, alleine durch die Felder zu laufen, aber vielleicht tut der frische Wind meinem armen Kopf und meinem wehen Herzen ein wenig gut.
Einen schönen Sonntag müssen wir uns ja nicht wünschen, aber wenigstens einen Tag, den wir einigermaßen gut herumbringen. Und wenn wir dann die Nacht überstanden haben ist morgen schon wieder Montag.
Es muss ja irgendwie weitergehen.
Alles liebe und laßt Euch umarmen
Beatrix
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  #22  
Alt 17.10.2004, 16:15
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Liebe Beatrix,
ja jedesmal, wenn der Wochentag kommt, an dem Dein Liebling gestorben ist, wird der Schmerz wieder ganz, ganz aktuell, das ist bei mir immer noch so.
Das Finanzielle zu regeln hinterher ist sehr schlimm. Ich war das schon gewohnt, mein Mann wollte sich schon die letzten Monate in seinem Leben um solche Dinge überhaupt nicht mehr kümmern, habe ich schon alles erledigt, möglichst ohne ihn zu belasten. Die Lebensversicherung habe ich momentan auch auf ein eigenes Konto gelegt, will sie eigentlich nicht angreifen, für Notfälle aufheben. Das mit der Hinterbliebenenrente ist eine ganz komische Rechenformel, es macht ungefähr 60 % von der Erwerbsunfähigkeitsrente aus, abgezogen wird dann ein Teil Deines Einkommens. Bei mir blieben dann weniger als 50 % übrig, von dem was ich bekommen hätte, wenn ich nicht arbeiten würde. In eine schlechtere Steuerklasse kommst Du im übrigen nicht. Ich weiß nicht, wie weit Du darüber informiert bist, Du bekommst ab sofort Lohnsteuerklasse 3, je eher Du das auf Deiner Lohnsteuerkarte ändern läßt, um so schneller ist Dein Nettogehalt höher. Die Lohnsteuerklasse 3 bekommst Du für das Sterbejahr und das darauffolgende Jahr (Witwensplitting). Macht doch einiges netto mehr aus, was wir bestimmt jetzt alle gebrauchen können. Erkundige Dich eventuell auch beim Arbeitgeber Deines Mannes, in vielen Firmen gibt es da Sonderregelungen. Der Arbeitgeber meines Mannes hat sich eine Woche nach dem Tod bei mir gemeldet. Ich habe drei volle Monatslöhne von meinem Mann bekommen und Betriebssterbegeld (auf einmal ausgezahlt), musste dies aber mit Steuerklasse 6 versteuern, weil ich das bekommen habe, nicht mein Mann. Ausserdem steht mir noch eine kleine Betriebsrente zusätzlich zu. Tröstet zwar nicht über den Schmerz hinweg, hilft aber finanziell. Ich konnte damit alle angefallen Kosten decken und es ist noch genügend Geld für einen schönen Grabstein übrig geblieben. Ich selbst will das Geld nicht für mich ausgeben, es gehört eigentlich meinem Andreas. Vielleicht ist Dein Mann auch in einer Gewerkschaft gewesen, auch da gibt es Geld nach einem Sterbefall. Krankenkassen zahlen ab diesem Jahr kein Sterbegeld mehr. Aber dieses Gesetz weist Lücken auf. Verschiede Verbände, z. B. der VdK weist extra darauf hin, dass man bei der Krankenkasse Sterbegeld beantragen soll, einen rechtsmittelfähigen Bescheid verlangen und darauf Einspruch erheben soll. Sollten an diesem Paragraphen noch Änderungen vorgenommen werden müssen, hat man dann wenigstens später noch Anspruch darauf, kann einem aber keiner garantieren. Ich möchte mich aber hier nicht wichtig machen, habe halt das schon alles hinter mir, musste mich auch erst durchkämpfen. Das Geld gibt uns zwar unsere Liebe nicht mehr zurück, aber sieh es so, unsere Männer haben auch nichts mehr davon, wenn wir es herschenken.
Ich war heute auch mit meiner Tochter spazieren, wir waren am Friedhof. Nur leider geht es mir so, dass ich am Friedhof überhaupt keinen seelischen Kontrakt zu meinem Schatz finde. Zuhause geht das viel besser. Ja diese besonderen Tage werden uns allen jetzt ganz schön zu schaffen machen. Bei mir kommen jetzt ein paar solche hintereinander. Der Hochzeitstag, Allerheiligen, der Geburtstag unseres Enkels, der Geburtstag meines Sohnes, Weihnachten, Sylvester. Besser ich denke jetzt noch gar nicht dran. Was ich an unserem Hochzeitstag gemacht habe, erzähle ich Euch, wenns vorbei ist, ich weiß es selbst noch nicht. Mir gehts im momentan psychisch so schlimm, wie nie zuvor. Ich bekomme einfach Dinge des letzten Tages und der letzten Nacht mit meinem Schatz nicht aus dem Kopf, ich kann damit einfach auch mit niemanden reden, es war einfach alles so schlimm und es bricht immer wieder auf.
Ich hoffe, die frische Luft hat Dir "gut" getan. Laß Deine Tochter und Deine Mutter ein bißchen um Dich sorgen. Wenn es auch Dir nicht hilft, aber ihnen hilft es. Sie haben dann ein ruhigeres Gewissen. Ich habe bei mir die Erfahrung gemacht, dass mir der ganze Groll auch nicht weiterhilft.
Ist Dein Uli schon bestattet, oder hast Du diesen schlimmen Tag noch vor Dir. Wenn ja, wünsche ich Dir dafür viel Kraft. Wenn wir Dich nur trösten oder Dir helfen könnten. Aber es geht halt nicht, es ist bestimmt die schlimmste Zeit jetzt für Dich in Deinem Leben. Bestimmt fühlst Du Dich so, als wenn nichts mehr weitergen wird. Kannst Du auch nicht glauben, dass jeden Tag wieder die Sonne aufgeht und dass es wieder hell wird?
Ich wünsche Dir alles Liebe
Thekla
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  #23  
Alt 17.10.2004, 18:29
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Liebe Thekla,
ich fühle mich ohne meinen geliebten Uli, als wenn ich zu viel auf der Welt wäre. Jedes Ding hat sein Gegenstück, ich habe meines verloren. Fühlst Du Dich auch so überflüssig? Nein, Uli ist noch nicht bestattet. Da er eingeäschert werden wollte, dauert das alles. In dieser Woche ist nun endlich die Einäscherung in Aachen, dann muss die Urne erst wieder nach hierhin zurückkommen und dann wird wohl in der Woche vor Allerheiligen die Bestattung sein. Es dauert mir alles viel zu lange. Ich habe das Gefühl, solange nicht Uli seine letzte Ruhe gefunden hat, einfach in der Luft zu hängen. Übrigens geht es mir wie Dir, die Sonne geht für uns nie mehr auf.....
Mit den finanziellen Tips hast Du mir sehr geholfen. Uli war Angestellter im öffentlichen Dienst, ich glaube nicht, dass ich von dort noch irgendetwas zu erwarten haben. Auch die Gewerkschaft, die ich daraufhin in der letzten Woche angerufen habe, sagte, es habe sich hier einiges geändert und es sei noch nicht klar, ob ich von dort noch etwas bekommen würde. Das mit der Krankenkasse werde ich aber gleich in dieser Woche in Angriff nehmen. Die Änderung der Lohnsteuerkarte in Klasse III kann ich zeitlich für dieses Jahr nicht mehr schaffen. Bis Ulis und meine Steuerkarte hier ist, ist das Jahr so gut wie um. Aber wenn die neue Steuerkarte kommt, werde ich gleich zum Finanzamt fahren und sie auf Steuerklasse III ändern lassen. Ich glaube auch, das macht ganz schön was aus. Mit der Hinterbliebenenrente habe ich mir schon so etwas Ähnliches gedacht. Ich würde, wenn ich nicht arbeiten würde, knapp 600 Euro bekommen, so rechne ich höchstens mit 250. Aber was soll's wir müssen damit leben. Also Du siehst, große Sprünge kann ich nicht machen, will ich aber auch gar nicht. In der letzten Woche habe ich so gut wie nichts für mich ausgegeben. Sicher wird es wieder anders werden, aber ich habe bis zu Ulis Tod meinen Schatz gerne mit allerhand Leckereien verwöhnt, das fällt jetzt weg und so spare ich sicher eine ganze Menge.
Schluß jetzt mit dem Thema Geld. Ich komme mir so berechnend vor, dabei finde ich das alles nur lästig.
Mit dem an die frische Luft gegen ist es heute nichts geworden. Es hat heute nachmittag tüchtig geregnet und da bin ich lieber zu Hause geblieben und habe eine CD von Queen aufgelegt, weil die und Billy Idol seine Lieblings-CDs waren. Ich habe dann im Sessel gesessen, habe sein Bild angesehen und ein bißchen geweint. Wenn ich so sehe, wie er auf dem Bild lächelt glaube ich, es muss ihm da wo er jetzt ist, gut gehen. Meine Tochter und mein Schwiegersohn haben heute nachmittag Besuch bekommen und konnten sich nicht um mich kümmern, meine Mutter geht morgen ins Krankenhaus und wird an der Bandscheibe operiert und muss packen. So war ich heute nachmittag ganz allein. Aber daran werde ich mich wohl gewöhnen müssen. Schön, wenn man dann zwischendurch mal in den PC schauen kann und dort Eure lieben Worte liest. Dann kommt man sich nicht ganz so einsam vor.
Ich lese, dass Du auch den letzten Tag und die letzte Nacht mit Deinem Schatz nicht aus dem Kopf bekommst. Ich finde es so schlimm, dass mir die schönen Dinge, als er noch gesund war, nicht mehr einfallen. Ich sehe ihn auch immer noch so krank und schwach und sterbend vor mir und das ist schlimm. Es heißt ja, mit der Zeit würden die schlimmen Dinge verblassen und dann wäre wieder Platz für die schönen Dinge in unserer Erinnerung. Wir müssen einfach abwarten.
Es grüßt Dich ganz lieb
Beatrix
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  #24  
Alt 17.10.2004, 19:36
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Liebe Beatrix,
auch ich bin seit 9 Wochen alleine. Das Forum hat mir persönlich sehr geholfen, lese bzw. schreibe im Forum Vom Angehörigen zum Hinterbliebenen. Es ist leider so, dass es immer schlimmer wird. Zunächst war ich nur froh (ich hoffe, ihr versteht was ich damit sagen will) , dass es vorbei war und er die schlimme Krankheit überstanden hat, dieser tägliche Verfall mit anzusehen – ohne helfen zu können - war grauenhaft, zumal er auch immer noch bis zum Schluß versicherte, es ginge ihm gut. Er hat aber nie Gefühle zeigen bzw. zugelassen und dadurch war es auch für mich nicht einfacher. Erst mit der Zeit wird einem der Verlust so richtig bewusst und das macht es umso schlimmer. Hab heute das erste Mal seit Monaten gut geschlafen. Kochen tue ich immer noch nicht und versuche langsam, mich nicht mehr nur zu vergraben. Wir hatten keine Kinder und die wenigen Bekannten haben sich zurückgezogen. Habe nur noch meine Eltern und die haben auch Schwierigkeiten mit allem zurecht zu kommen. Bin froh, wenn ich ins Büro gehen kann, dann bin ich tagsüber abgelenkt und Abends bin ich froh, dass meine beiden Katzen sich freuen, wenn ich nach Hause komme.
Wann die Zeit kommt, wo es besser werden kann, ich weiß es auch nicht. Aber wir dürfen nicht aufgeben und werden es auch schaffen.
Möchte dir nur was mitteilen, was die finanziellen Dinge betrifft. Auch Klaus war im öffentlichen Dienst als Angestellter beschäftigt. Ich habe bei der Dienststelle meines Mannes formlos 2 Monatsgehälter Sterbegeld beantragt. Ich wohne in Köln und wir (bin auch im öffentl. Dienst beschäftigt) bekommen unser Gehalt vom Landesamt für Besoldung und Versorgung in Düsseldorf (LBV), diese Stelle hat dann auch das Sterbegeld überwiesen. Vielleicht fragst du mal bei der Personalstelle von Uli nach. Das mit der Änderung der Steuerklasse solltest du aber schon jetzt in Angriff nehmen. Ging bei mir reibungslos, wenn du beide Steuerkarten hast, musst du diese und eine Kopie der Sterbeurkunde nur bei der Stadtverwaltung vorlegen und die Steuerkarte wird sofort geändert. Auch wenn es für den November nicht mehr klappen wird, so aber bestimmt für den Dezember. Wir waren beide Steuerklasse 4 und durch die Änderung auf 3 ist das schon viel mehr an Nettogehalt. Auch wenn einem danach nicht der Kopf steht, braucht man es aber nicht zu verschenken. Bei uns ist es auch so, dass wir monatlich in die Zusatzversicherung VBL – Versicherung Bund und Länder – eingezahlt haben. Falls das bei Uli auch so war, steht dir auch aus dieser Versicherung noch eine Hinterbliebenenrente zu. Dies muss aber auch über die Dienststelle laufen und kann erst beantragt werden, wenn du den Rentenbescheid bekommst.
Weißt du, dass du für die ersten 3 Monate die Rente bekommst, die Uli zugestanden hätte – klar, mit Abzug von 10,8 %. Diese 3 Monatsgehälter sind unabhängig von deinem Einkommen. Das wird da nicht mit angerechnet. Hab übrigens noch keinen Rentenbescheid bekommen.
Das mit der Beantragung bei der Krankenkasse habe ich übrigens auch gemacht, man kann es ja versuchen.

Es wäre schön, wenn ich dir vielleicht einen Tipp geben konnte – wenn es auch nur um finanzielles geht.

Ansonsten wünsche ich einen erträglichen Abend und eine ruhige Nacht ohne Gedanken
Liebe Grüße
Irene
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  #25  
Alt 17.10.2004, 19:56
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Liebe Irene,
hab Dank für die Tipps. Uli war bei einer Bundesbehörde. Ich werde gleich morgen nochmals nachfragen. Auch werde ich bitten, mir die Steuerkarten zuzusenden. Dass ich drei Monate lang Ulis Rente bekommen werde, wußte ich auch nicht. Jetzt sieht es wenigstens für die erste Zeit nicht mehr ganz so düster aus. In die VBL hat er leider nur 12 Jahre eingezahlt, in diesem Jahr hat er erst eine Aufrechnung bekommen, danach hätte Uli ca. 110 Euro bekommen und ich werde dann eben davon 60 % erhalten, na besser als nichts. Wir müssen jetzt ja einfach mit dem Cent rechnen.
Du bist jetzt schon 9 Wochen allein. Warum ziehen sich die Bekannten zurück? Ich habe auch festgestellt, dass meine Freundin mit ihrem Mann zwar in der Zeit, als Uli sehr krank war, öfter hereinschaute, jetzt, seitdem sie weiß, dass Uli nicht mehr ist, sich aber nicht blicken läßt. Ich finde, es gehört zu einer Freundschaft dazu, dass man, auch wenn Uli erst eine Woche nicht mehr ist, doch einmal hereinschaut und ein paar liebe Worte sagt. Aber nichts. Die Nachbarn sind alle nach und nach gekommen, sind eine Stunde geblieben, haben gesagt, dass, wenn ich Hilfe brauchte, es nur sagen müsse, und dann war ich wieder allein. Ebenso der Fischerverein, zwei Vorsitzende kamen am Samstag und meinten, ich könne ja, wenn ich Lust hätte, im nächsten Jahr auch allein angeln kommen. Als wenn mir danach der Sinn stehen würde! Am Ende bist Du immer allein. Auch meine Mutter kommt nicht damit zurecht. Statt mich zu trösten, weint sie und meint, es träfe sie als wenn ihr eigener Sohn von ihr gegangen sei. Kannst Du Dir denken, dass das mir hilft? Ich bin immer froh, wenn sie weg ist. Gott sei Dank habe ich noch meine Tochter und mein Enkelkind. Dominik versteht das alles noch nicht so recht, weil er mit 3 1/2 Jahren noch zu klein ist, aber meine Tochter kümmert sich sehr viel um mich und sieht jeden Tag nach mir. Arbeiten gehe ich noch nicht. Vielleicht wird es, wenn ich wieder gehe, auch etwas besser. Übrigens wohnen wir in der gleichen Region. Meine Heimat liegt zwischen Köln und Bonn, also gar nicht weit weg von Dir. Schön, wenn wir uns unter schöneren Umständen kennengelernt hätten.
Ich wünsche Dir viel Kraft und alles Liebe
Beatrix
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  #26  
Alt 17.10.2004, 21:16
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bei mir wechseln die Gefühle. Die letzten beiden Tage war ich wie neben mir, kann seine Bilder betrachten und muss nicht weinen. Es erschreckt mich, denn ich will nicht, dass es sich schon so "normal" anfühlt. Aber ich denke, dass es eher so eine Art Schutz ist, weil man es sonst nicht ertragen kann.

Was die Freunde betrifft, kann ich es nicht verstehen. Wir haben keinen großen Freundeskreis - ich kann auch im Augenblick nicht viele Menschen ertragen - aber die beiden Paare, die wir zu unseren Freunden gezählt haben, waren augenblicklich da und sind es und werden es bleiben. Vielleicht ist es auch die Unsicherheit, die jeden in so einer schrecklichen Situation einholt, nicht zu wissen, was richtig und was falsch ist. Aber ich denke, es gibt nichts falsches, was man als Freund tut. Und Freundschaft erträgt auch, wenn einem im Augenblick nicht nach Besuch oder Telefon zumute ist.

Wir haben diesen schweren Gang der Beerdigung am Dienstag vor uns. Morgen wäre mein Mann 50 geworden. Wir hatten noch so viele Pläne und am Dienstag begleiten wir ihn zu seinem Grab. Es ist wirklich alles so falsch. Wieviele Paare wollen nochmal "leben" , verlassen einander und wollen nochmal von vorne anfangen und haben nie begriffen, was leben eigentlich heißt. Wir wollten uns nicht trennen, aber wir wurden nicht gefragt. Und jetzt muss ich mir anhören: das Leben geht weiter. So ein Müll! Was für ein Leben geht weiter? Das Leben, das wir geliebt haben, das wir leben wollten, ist seit Februar vorbei, seit dieser Dreckstumor in unser Leben getreten ist. Alles vorbei. Und es wäre auch vorbei, würde Claus noch leben, denn die Krankheit hätte unser Zukunft voll im Griff gehabt.

Ich darf gar nicht in den anderen Foren lesen, habe Angst, ich könnte mich dazu verleiten lassen, meine Wut rauszuschreien. Was macht man sich vor, wenn man liest, wie die einzelnen Kämpfe so erfolgsversprechend sind. Alles Quatsch! Alle drei Monate die Angst, dass der Tumor irgendwo anders seine "Eier" gelegt hat, dann vielleicht - mit viel Glück - wieder eine erlösende Untersuchung, bis zum nächsten Mal. Das war nicht unser Leben. Unser Leben war glücklich und unbeschwert. Nun ist es zu Ende, aber das ist ehrlicher, als noch Monate oder sogar Jahre in der Angst zu leben und dann am Ende doch diesen erbärmlichen Kampf zu verlieren.

Wahrscheinlich hat Claus das auch gewusst und er hat es nicht gewollt, nichts aufschieben, was nicht aufzuhalten ist.

Bitte entschuldigt meine Wut, aber ich deute diese Plattform hier auch irgendwie als Möglichkeit das rauszulassen, was ich doch zumindest bei meinen Kindern unter Kontrolle halten muss.

Trotzdem habe ich eines erfahren in dem letzten halben Jahr. Unsere Ärzte wissen nichts, aber rein gar nichts. Sie sind kaum einen Schritt weiter gekommen. Der Krebs hat immer noch die Oberhand. Alles ist möglich, nichts ist voraussehbar, jedes Ende offen, aber wenn die Diagnose erst einmal gestellt ist, ist nur das wann noch die Frage, nicht das dass

Ich bin so schrecklich wütend und unendlich alleine
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  #27  
Alt 17.10.2004, 21:51
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Andrea
ich kann Dich so gut verstehen. Mein Mann wurde das erste mal am 1. Weihnachtsfeiertag morgens um 8.00 Uhr krank. Ich mußte in mit Notarzt und Krankenwagen ins Krankenhaus einliefern lassen. Wurde nach einer Woche wieder entlassen ohne Befund. Am 5. Februar bekam er den Befund Bauchspeicheldrüsenkrebs mit Lebermetastasen. Ab da war es kein Leben mehr. Von einer Chemo zur anderen, Thrombosen, Lungenembolien und, und, und. Für ihn war das Ende eine Erlösung. Von den Ärzten waren wir total enttäuscht. Vielleicht wäre etwas Offenheit besser gewesen. Er hätte sich die ganzen Cheoms sparen können, wir hätten unser Leben ohne diese Mauschelei der Ärzte vielleicht noch anders gestaltet. Mein Mann hat sich immer mehr zurückgezogen, brachte es nicht übers Herz sich richtig von mir zu verabschieden. Noch Wochen danach habe ich alle seine Sachen durchwühlt, gedacht vielleicht hat er mir was schriftlich hinterlassen. Aber ich begreife, er hatte einfach keine Kraft mehr.Sei ruhig auf alles wütend, ich bin das auch. Das Du jetzt so fühlst, wie Du beschrieben hast, ist normal. Ich habe das gleiche mitgemacht. Es ist wohl so eine Art Schutzfunktion vom eigenen Körper, man würde es sonst nicht aushalten.Um so größer ist der Schmerz, wenn Du die Ausmaße erkennst. Ich werde am Dienstag ganz fest an Dich denken. Wahrscheinlich wird Dein Mann auch eingeäschert. Meiner wurde begraben, da geht das etwas schneller, zumal es damals Anfang August sehr heiß war. Es tat zwar gut, wieviele Leute auf der Beerdigung waren, wieviele Blumen er bekam, ist aber letzendlich kein Trost. Wenn er das von ingendwo her gesehen hat, hätte er sich bestimmt gefreut. Die Kollegen seiner Abteilung waren alle vollzählig da, obwohl Betriebsurlaub war, alle mit einheitlichen T-Shirts der Firma. Verräts Du uns, was Dein Mann für einen Krebs hatte? Wie bringst Du nur Deinen kleinen Kindern bei, daß Papa nicht mehr kommt. Das muß schrecklich sein. Meine großen haben das schon so schwer aufgenommen.Ich mußte meine Tochter am Morgen ihres Geburtstages anrufen, statt Happy Birthday sagen, dein Papa ist gerade gestorben. Ich weiß nicht, wie ich das geschafft hätte, wenn meine Kinder noch so klein wären, Du bist wirklich zu bewundern. Hoffentlich hält Deine Kraft noch wenigstens die erste Zeit ein wenig an, damit Du das alles schaffst.
Jetzt haben wir wieder eine Nacht vor uns, wenn sie bloß schon wieder vorbei wäre.
Ich wünsche Dir alles Gute
Thekla
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  #28  
Alt 18.10.2004, 00:29
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Hallo Thekla,

die Nächte sind wirklich beängstigend. Ich kann noch nicht in unserem Bett schlafen, habe Angst nach Claus zu greifen... Zur Zeit sind Ferien, auch ich hatte seit Freitag Urlaub. Als ob er darauf gewartet hätte, denn die ganze Zeit vorher war Hektik, Schul - und Bürostress. Jetzt endlich hätte ich mehr Zeit für ihn gehabt. Nun haben die Kinder und ich uns ein Lager im Wohnzimmer gebaut, dort verbringen wir dann gemeinsam die Nächte. Mit Schulbeginn werde ich dann versuchen "Normalität" reinzubringen, aber bis dahin genießen wir das beieinander kuscheln...
Claus hatte ein Nierenzellkarzinom in der linken Niere. Nach der OP war klar, dass man nicht alles rausoperieren konnte, dass um die Aorta Reste lagen, an die man nicht ran konnte. Unmittelbar danach Immun - Chemo- in höchster Dosis, 8 Wochen Hölle, dann die Nachricht, dass es wohl nicht angeschlagen hatte, trotz Ende der Therapie weiterhin regelmäßige Fieberschübe, Hoffnung, dass abgestorbene Tumormasse abtransportiert würden. Nach drei Monaten endlich kein Fieber mehr und ab da ging alles ganz schnell.
Unsere 4 Kinder gehen alle ganz unterschiedlich mit seinem Tod um. Außer einer Tochter, waren am Freitag alle Kinder im Haus. Meine älteste Tochter war zusammen mit mir bei ihm, als er gestorben ist. Unser Jüngster ist später zu seinem toten Papa ins Zimmer gegangen und hat ihn geküsst und sich verabschiedet. Er leidet sehr, hat aber auch erfahren, dass mit Liebe auch das Sterben seinen Schrecken verliert. Sein Papa hat in jeder Phase zu uns gehört, auch mit seiner Krankheit und mit seinem Sterben. Obwohl ich manchmal meine Zweifel hatte, ob es nicht zu früh wäre, denke ich, dass es für Max so richtig war. Es wird ihn prägen, und er wird sich erinnern und er wird immer die Gewissheit haben, dass sein Papa bei uns war, bis es wirklich nicht mehr in unserer Macht stand.
Bei uns wird die Beerdigung im ganz kleinen Rahmen stattfinden, die Anzeige erst Ende der Woche in der Zeitung stehen, auch die nicht im klassischen Sinne als "Bekanntgebung" sondern ein letztes wir lieben dich von mir, den Kindern, der Mutter und Schwester. Ich könnte diese "Veranstaltung" nicht ertragen und dann noch den "Gastgeber" spielen, wie es so Sitte ist. Da haben wir schon ganz lange, bevor wir geahnt haben, dass es schon so bald aktuell sein könnte, genau drüber gesprochen, alles im kleinen Kreis, nicht für die Nachbarn, sondern ein letztes Abschiednehmen mit Menschen, die uns lieben

Ich versuche jetzt nochmal mein Glück. Vielleicht übermannt mich ja der Schlaf. Micki, unser Ältester, muss morgen wieder arbeiten
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  #29  
Alt 18.10.2004, 00:39
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Nachtrag:

eigentlich wären wir jetzt auf Kreta an der Poolbar mit befreundeten Ehepaaren und unseren Kindern. Denn das war die geplante Geburtstagsüberraschung. Habe gerade am PC das Datum gesehen, jetzt hätte mein Mann Geburtstag. Ich hoffe, es wird ein schöner Geburtstag für ihn, ohne Schmerzen, ohne Kummer aber mit ganz viel Liebe
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  #30  
Alt 18.10.2004, 10:22
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Ihr Lieben,
gerade habe ich die Worte von Andrea gelesen und trotz allem Leid, was wir alle zu tragen haben, gehen sie mir sehr nahe. So ähnlich wie die Schicksale unserer Lieben sind, so unterschiedlich sind doch auch alle. Überall war der Krankheitsverlauf anders, jeder unserer Männer ging anders damit um. Es ist alles schlimm und ich muß Euch alle bewundern, mit wieviel Kraft Ihr es schafft, Euer Schicksal zu meistern und Du, liebe Andrea, es schaffst, mit Deinen Kindern weiterzu leben.
Die Nacht ist jetzt um und eine neue Woche hat begonnen. Wieder eine Woche ohne unsere Geliebten, wieder eine Woche hadern, wieder eine traurige, einsame Woche, wieder eine Woche, in der mich die Selbstvorwürfe nicht loslassen. Habe ich wirklich alles getan, um Uli das Leben, solange es ging, lebenswert zu erhalten? Hätte ich ihm von der letzten Chemo oder den Bestrahlungen im August, die ihm den letzten Rest Kraft geraubt haben, abraten müssen, statt ihm die Entscheidung zu überlassen? Wäre ich besser stattdessen nochmals mit ihm nach Brandenburg an seinen geliebten See gefahren? Nachdem er Anfang September mit Vergiftungserscheinungen (zu viel Calcium im Blut) 4 Tage ins Krankenhaus musste, war ich mir in der letzten Woche, die er erlebte, fast sicher, dass da auch wieder eine Vergiftung eine Rolle spielte. Diesmal wahrscheinlich eine Amoniak-Vergiftung, weil sich die Leber auflöste bzw. nicht mehr richtig arbeitete. Vielleicht hätte ich ihm noch ein oder zwei Wochen das Leben verlängern können, wenn ich ihn ins Krankenhaus gebracht hätte. Aber er wollte nicht und ich habe seinen Wunsch akzeptiert. Jetzt frage ich mich, ob alles so richtig war. Da er sich auch in den letzten drei Tagen nicht mehr äußern konnte und auch nicht mehr in der Gegenwart lebte, konnte ich ihn auch nicht fragen, und so werde ich nie eine Antwort bekommen. Die Wut, die ich in der letzten Woche im Bauch hatte, richtet sich jetzt gegen mich selbst. Könnte ich doch die Zeit um wenigstens ein Jahr zurückdrehen, wie anders würde ich versuchen, Ulis Entscheidungen zu beeinflussen. Du hast recht Thekla, lieber einige Monate lebenswert und unbeschwert verbringen als neun Monate in ständiger Angst, was der nächste Tag bringen wird. Eine Krankenschwester hat mir Anfang Januar, ganz am Anfang von Ulis Erkrankung gesagt, uns bliebe zwar nur noch eine kurze Zeit zusammen aber diese Zeit würden wir intensiv nutzen und ich könnte später viele schöne Erinnerungen daraus schöpfen. Mir fällt nicht eine schöne Erinnerung ein, nur dieser ständige Kampf mit den Schmerzen, die er hatte und den Folgen der Chemo und der Bestrahlungen. Habt Ihr noch schöne Erinnerungen an die letzten Monate oder Wochen? Ich wünsche es Euch so sehr damit Ihr wißt, dass der Kampf doch nicht so ganz vergebens war.
Liebe Andrea, jetzt hast Du zwei schwere Tage vor Dir. Heute hätte Dein Claus Geburtstag gehabt. Sicher würde er sich freuen, wenn Du und Deine Kinder irgendetwas unternehmen würdet, was ihm besondere Freude gemacht hätte, und vielleicht lenkt es Dich ein wenig ab. Morgen ist dann seine Beisetzung. Ich werde ganz fest an Dich denken und hoffe, dass Du diesen schweren Tag gut überstehst. Ich habe ihn in der nächsten Woche noch vor mir und mir graut schon jetzt davor, zumal wir es nicht im kleinen Kreis machen können, es wollen seine Kollegen, seine Fischerei-Freunde und viel, viel Familie kommen. Schlimm ist danach dann der Leichenschmaus, wo es gar nicht lange dauern wird, bis alle lustig sind und man den Eindruck hat, sie vergessen zu schnell, weshalb sie überhaupt da sind. Du hast Dir und Deinen Kindern das erspart und im Grunde finde ich es richtig so. Mir bleibt leider keine Möglichkeit, es Dir gleichzutun.
Alles Liebe
Beatrix
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