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Alt 04.10.2002, 11:23
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Standard Gehirnmetastasen

Meine Mutter erkrankte im Mai 2000 an Brustkrebs. Eine Brust und ein Lymphknoten wurden entfernt. Danach gab es Chemo und Bestrahlung, die sie gottlob gut vertragen hat.
Ihr Allgemeinzustand war recht gut für eine 72jährige und Ihr Lebenswille ungebrochen. Bei den Nachuntersuchungen fand man aber noch Tumormarker. Da meine Mutter panische Angst vor der CT hatte, wurde dem erst mal nicht nachgegangen.
Am 1. August war Sie noch zu Fuß zum Krebsarzt gelaufen, wollte anschließend einkaufen gehen - fit wie ein Turnschuh. Etwas später rief mich die Arztpraxis an, ob ich meine Mutter abholen könne. Zu recht: Sie war verwirrt. Ich habe Sie dann erst mal nach Hause gebracht. Als es nicht besser wurde, rief ich nach einer Stunde den Krebsarzt an. Dorthin ging es dann im Krankenwagen. In der Praxis bekam sie einen Krampfanfall, auf dem Weg ins Krankenhaus den zweiten. Noch im Schlaf (von der krampflösenden Spritze) wurde ein CT gemacht (wegen Verdacht auf Schlaganfall). Das Ergebnis war: Gehirnmetastasen.
Drei Wochen lag Sie im Krankenhaus. Die Verwirrtheit hatte sich nach zwei Tagen wieder gegeben. Sie machte gute Fortschritte. Während dieser Zeit wußten nur mein Vater und ich von der Diagnose. Nach drei Wochen gab es das Entlassungsgespräch über evtl. nötige Pflege, Risiken etc. Ich wurde von der Ärztin dann noch mal zum Einzelgespräch gebeten und knall auf fall mit der Prognose "drei Monate" konfrontiert. Mein Vater hat mich dann überredet, es ihr nicht zu sagen. Diese Entscheidung habe ich schweren Herzens akzeptiert und war froh, als ihr Krebsarzt sie dann doch aufgeklärt hatte, die Prognose aber für Unsinn hielt. Man könne es einfach nicht wissen. Es sei kein Grund, aufzugeben. Sie bekam 22 Bestrahlungen, die meine Mutter sehr geschwächt haben. Seither durchlebe ich ein Wechselbad von Hoffnung und Befürchtungen. Bei der ersten Nachuntersuchung beim Kresbsarzt hieß es, das Blutbild (Tumormarker) sei jetzt in Ordnung, sie sei stabil. Der Bestrahlungsarzt sagte, die Schwäche werde sich geben. Der Krebsarzt meint, sie werde sich nicht geben. Medizinische Pflege braucht und will meine Mutter noch nicht. Waschen, anziehen, Kaffee kochen, Brote schmieren etc., das geht, wenn auch langsam. Hilfe im Haushalt und Essen bekommt sie von einer Nachbarin, Einkaufen gehe ich, und wenn wirklich mal Not am Mann ist: Ich wohne und arbeite im Haus. Auch mein blinder Vater kümmert sich, so weit es geht. Sie waren jetzt mal wieder zusammen spazieren - ein rührendes Gespann. Insgesamt kein schöner Zustand, aber wir begannen, uns damit einzurichten.
Zwischenzeitlich war, eigentlich wegen der Frage, ob ein Wannenlift eingebaut wird, ein Pflegedienst bei meinen Eltern. Dieser muß meine Eltern so drastisch mit dem möglichen weiteren Verlauf konfrontiert haben, daß meine Mutter erst mal ein paar Tage daran zu knabbern hatte. Ein paar Tage später bat mich der Pflegedienst um Rückruf. Was dann kam, hat meine ganzen Strategien zum Umgang mit der Situation wieder über den Haufen geworfen: >Rechnen Sie nicht in Monaten, rechnen Sie in Wochen. Das Kortison wird abgesetzt, weil man nichts mehr machen kann. Es sei Zeit, Abschied zu nehmen.< In dem Stil ging es weiter. Natürlich habe ich mich gefragt, warum ein Pflegedienst mir ungefragt am Telefon solche Informationen gibt. Anruf beim Arzt: >Alles Unsinn, wir Wissen nicht, was als nächstes passiert. Da wollte Sie jemand unter Druck setzen.<
Trotzdem frage ich mich seither ständig, ob nicht alle Ärzte, alle die mit meiner Mutter zu tun haben, die Wahrheit verschweigen. Ob die drei Monate nicht doch stimmen. (Aber wozu dann noch die Bestrahlung, die Chemo in drei Wochen, wenn's kalendarisch in sechs Wochen vorbei wäre . . .) Ob nicht meine Umgebung, Freunde und Nachbarn uns schonen wollen und hinter unserem Rücken . . .
Das war ja nun das Letzte, was ich gebrauchen konnte. Dabei weiß ich ja auch, daß Ihre Zeit arg begrenzt ist. Ich weiß nicht, was Ihr Tod mit mir macht, nicht was er mit meinem Vater macht. Ich weiß nicht, wie es für meinen Vater weitergeht. Ich war aber auch immer sicher, daß man merkt, wann es zu Ende geht. Ich war immer im Zweifel, ob ich mich zu stark abgrenze oder nicht. Und jetzt werde ich schon unruhig, wenn ich mal fünf Stunden nicht erreichbar bin.
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