Stammtisch

[HelmutL]

Hallo Siegfried und allen Anderen,

jou, ein toller Musiker. Auch in jungen Jahren ist er schon sehr reif, was seine Texte angeht. Seine Musik auch, sie passt absolut dazu. Ich mag ihn. Viele seiner Texte sprechen mir (uns) aus der Seele. Auch mir ging es schon mal wie dir.

Was auch sein Gutes hat. Selbst nach langen Jahren stecken immer noch viele Gefühle, Erlebnisse und Gedanken tief in uns. Sie kommen dabei raus und wir können sie bearbeiten. Nicht immer abschließend, doch immerhin.

Ein leichter Schmerz wird wohl immer wieder zu unserem Leben gehören. Wie ein guter Freund, der uns ab und zu in die Haxen tritt, damit wir nicht vergessen.


Liebe Grüsse,

Helmut

[bernhardiner]

Gestern war ich zur Beerdigung der Mutter meiner Schwägerin. Ich habe gedacht, ich könnte es aushalten. Aber ich habe es nicht. Der gleiche Ort, fast die gleiche Zeit, die gleiche Musik. Ich habe alles wieder erlebt. Der Januar ist für mich so wie so recht problematisch. Morgen sind wir 40 Jahre verheiratet und am Dienstag wiederholt sich Karins Sterbetag zum dritten Mal. Ich wollte gestern meiner Schwägerin gern zur Seite stehen, nun habe ich erst einmal mit mir selbst zu tun. Aber inzwischen habe ich gelernt, mit solchen Situationen umzugehen und so denke ich, auch diesmal werde ich ein Arrangement mit meinem Trauertier
finden.
Ich wünsch Euch allen ein schönes Wochenende. Auch wenn das Wetter nicht so ganz mitspielt, macht was draus.

[bernhardiner]

Morgen sind es nun drei Jahre. Die Zeit vergeht schnell, aber deswegen wird es trotz allem nicht leichter. Auch wenn ich meine, mein Leben wieder vernünftig in den Griff bekommen zu haben, es gibt so viele Momente, wo ich nach oben schaue und sage, ich brauche Dich.
Ich merke, in den drei Jahren bin ich sensibler geworden, mir kommen in bestimmten Situationen ganz schnell die Tränen. Ich hab aber auch gelernt, damit umzugehen. Ich muß mich deswegen nicht schämen. Unsere gemeinsame Lebenslinie wurde ganz jäh abgebrochen und fast wäre auch meine nicht mehr weiter gelaufen. Zum Glück habe ich wieder jemanden getroffen, der mir zeigte, es lohnt doch hier zu bleiben. Das schöne ist, die alte, unsere, Lebenslinie läuft jetzt als meine Lebenslinie weiter, weil Karin in meinem Herzen ja immer noch bei mir ist. Eine neue Lebenslinie ist dazu gekommen.
Ich stehe an Karins Grab und erzähle ihr von unserem Alltag, den Sorgen und Nöten, aber auch den schönen Stunden, wohl wissend, es ist alles so, wie sie es wollte. Ich erinnere mich an viele lange Gespräche vor ihrem Tod, in denen sie über eine neue Partnerin für mich reden wollte. Ich hab damals fast immer ganz schnell geblockt, weil ich diese Gedanken nicht an mich heran kommen lassen wollte. Heute weiß ich, es war ihre Liebe zu mir, die sie zu diesen Gesprächen geführt hat. Ich war neulich in Berlin im Herzzentrum, weil eine eventuell notwendig gewordenen Herztransplantation bei mir geprüft werden sollte. Ich habe gebetet, mein altes Herz behalten zu dürfen. Es steckt da soviel Liebe und Zuneigung drin. Es ist bekloppt, aber ich hab dem Arzt gesagt, lieber verzichte ich auf ein Stück Leistungsfähigkeit. Zum Glück ist das Thema erst einmal verschoben, aber eben nicht vom Tisch.
Morgen ist der Jahrestag, aber eigentlich ein Tag wie jeder andere ohne Karin.
Sie fehlt mir so.

[grace84]

Ich wünsche dir ganz viel Kraft für den morgigen Tag. Versuche an die schöne gemeinsame Zeit zu denken, so habe ich es auch versucht zu machen, ich habe mir vorgestellt mein lieber Mike ist ganz nah bei mir und er hätte nicht gewollt, dass ich traurig bin...

Bei mir ist es genauso, ich habe auch einen anderen Partner, mit ihm gehe ich jetzt einen anderen Weg, aber Mike und ich gehören in meinem Herzen zusammen und ich sage mir immer eines Tages sind wir wieder zusammen. Auch Mike hat damals zu mir gesagt, dass es sein Wunsch ist, dass ich einen anderen netten Mann an meiner Seite habe und ich wieder glücklich bin. Das versuche ich, auch wenn es schwer ist...

Fühl dich ganz doll gedrückt und vergesse niemals unsere Lieben wollen dass wir glücklich sind....

[AndreaS]

Hallo Ihr Lieben,

heute hat die Sonne hoffentlich manch trübe Gedanken vertreiben können....

Länger war ich nicht hier am Stammtisch, deshalb erst heute meinen Dank für die lieben Grüße...

@Helmut, komm lass uns ein Bierchen trinken hier am Stammtisch, dann brauch ich mit meiner Antwort auf deinen Beitrag nicht "umzuziehen"

Tja Helmut, diese Gedanken rumoren in einem, immer mal wieder.

Als Claus starb habe ich eine Textzeile von Glashaus ausgeschnitten. Sie hängt über unserem Hochzeitsbild „nie wieder so verletzbar sein, nie wieder so wie jetzt allein….“ Ich wollte es nie wieder. Diesen Schmerz nie wieder aushalten, diese Art von Tränen nie wieder weinen. Die Textzeile hängt noch immer, ebenso das Hochzeitsbild. Ja ich will es noch immer nie wieder und doch bin ich das Risiko noch einmal eingegangen.

Was macht den Unterschied? Wir haben den Schmerz überlebt, wir mussten das Lachen wieder lernen, die Freude, alles was das alte Leben ausgemacht hat, es war verschwunden und ganz allmählich, Schritt für Schritt, Stück für Stück kehrte es zurück. Anders als zuvor, denn der Schmerz, der durchlebt wurde ist als Schatten geblieben.

So unterscheidet sich meine Liebe zu Steffen von der zu Claus in der Allgegenwärtigkeit des überlebten Verlustes. Natürlich wusste ich auch schon als junges Mädchen (ganz theoretisch…..), dass wir nicht ewig leben, dass wir eines Tages getrennt werden, aber WIRKLICH daran geglaubt habe ich nicht (waren wir tatsächlich nicht unsterblich???). Die Unbeschwertheit meiner Liebe zu Claus, hervorgerufen durch die Unwissenheit ließ mich damals „Samba auf dem Tisch tanzen…“ aber auch leichtfertig streiten, Banalitäten wichtig nehmen u.s.w. Aber das war gut so, denn DAS war genau DAS, was unser Leben damals ausgemacht hat.

Durch das Wissen heute denke ich, dass ich meine Liebe zu Steffen bewusster lebe. Ich weiß jetzt WIRKLICH wie kostbar der Alltag ist, welch großes Geschenk es ist, dass mir dieser Mensch begegnet ist. Und ich weiß wieder nicht, wie viel Zeit uns bleibt, aber ich weiß, dass ich möglichst viele Momente seine Gegenwart, unser Alltagsallerlei genießen möchte, auskosten, bis eines Tages der Augenblick wieder alles zerstören wird, für ihn oder für mich, auf jeden Fall für uns.

Nie wieder so verletzbar sein hätte bedeutet, nie wieder das Strahlen in den Augen eines Menschen zu sehen, nie wieder selbst zu strahlen. Aus Angst vor dem garantierten Verlust, ein Geschenk nicht anzunehmen. Ja ich habe große Angst vor dem Tag, da es wieder passiert. Ich werde es nicht verhindern können, ich kann lediglich die Zeit dazwischen genießen und vielleicht das ein oder andere besser machen, besser aus der Sicht von heute.

Der Spruch, den ich über das Hochzeitsbild von Steffen und mir heute hängen würde ist derzeit ein anderer. Auch eine Liedzeile von Bosse und Anna Loos: Ich bin froh, dass du da bist….

Geht wohin das Herz euch trägt, ich glaube damit kann man nichts falsch machen

LG
Andrea

[Scheidungsanwalt]

komisch, so ne Textzeile hab ich auch. Heißt "Time heals nothing" und stammt von einer Schwedischen Metalband. Ist aber aus dem Zusammenhang gerissen. Fands trotzdem passend, den Kontext kennt ja keiner. Prost!

Grüße

TOm

[baghira]

Hallo Andrea,
du hast mir grad ein wunderschönes Geschenk mit deinem Beitrag gemacht- es wird das allerschönste für mich an diesem Tag sein! Grins- wie war das noch... Seelengleichklang oder so?
---„nie wieder so verletzbar sein, nie wieder so wie jetzt allein….“--- Und niemals vergessen wollen, vergessen werden und vergessen können- können!
Ja ... und dankbar sein, für das was man zusammen erlebt hat und wie man es erlebt hat!
Danke dir vor allem dafür, dass du mir manchmal zeigst, wie es in mir aussieht!

Liebe Grüße
Annette

[Conan]

Hallo Ihr Lieben,
seit langer Zeit habe ich mal wieder das Bedürfniss, hier zu lesen und zu schreiben. Und, siehe da, es sind doch noch "alte Bekannte" da (Hallo Bernhardiner!)
Ja, der Januar und der Februar werden wohl auch nicht mehr meine Freunde werden, am Dienstag haben wir nun auch noch unseren 26. Hochzeitstag. Ich dachte, irgendwann wird es besser aber irgendwie hat es mich zur Zeit wieder mächtig erwischt! Manchmal glaube ich schon, ich werde depressiv! Und, was mich jetzt irgendwie, ganz umgehauen hat, ich habe einen Mann kennengelernt! Für mich war eigentlich klar, ein Freund, denn ich bin ja noch mit meinem Spatz verheiratet. Oder könnte es doch mehr werden? Aber da meldet sich mein schlechtes Gewissen, als wenn ich meinen Mann betrügen würde! Was tun?!
Liebe Grüße
Conan

[grace84]

@Conan: Dieses Gefühl kenne ich ganz genau. Aber ich sage dir, du betrügst ihn ja nicht, denn dein Mann bleibt ja für immer in deinem Herzen. Bei mir ging es sehr schnell dass ich jemanden kenngelernt habe, zuerst habe ich gesagt, ach treffen kann man sich ja mal. Später empfand ich es als schön, ich war abgelenkt und mir ging es nicht schlecht wenn ich etwas mit ihm unternommen habe.

Es ist nicht immer leicht, aber ich habe gelernt damit zu leben. Mike ist in meinem Herzen, bleibt weiter ein Teil von mir und ich sehe ihn auch noch immer als den Mann mit dem ich alt werden wollte. Der neue Mann in meinem Leben, ist einfach ein anderer Lebensabschnitt, er ist der der immer da ist und ist nun genauso ein Teil von meinem Leben geworden. Im Enddefekt habe ich nun zwei wichtige Männer in meinem Leben...

Ich weiß nicht, ob dir das helfen wird, aber dein Mann guckt von woanders zu und würde sich mit dir freuen...

LG

[bernhardiner]

Ein liebes Hallo an alle, Hallo Conan,
das ist wunderschön, daß Du wieder jemanden kennen gelernt hast. Mach Dir da kein schlechtes Gewissen. In der gleichen Situation hat mir mal jemand geschrieben:
" nur weil ein zweites oder drittes Kind auf die Welt kommt, liebt man das erste nicht weniger, Liebe teilt sich nicht in immer kleinere Stücke auf, sondern wird einfach mehr, so viel wie gebraucht wird"
Ich finde, das trifft es sehr gut. Dein Mann ist deswegen doch nicht aus Deinem Herzen. Er rückt ein kleines Stück zur Seite, das Herz wird größer und eine neue Tür wird aufgemacht. Ich bin jedenfalls sehr froh, mich wieder auf eine neue Beziehung eingelassen zu haben. Karin ist und bleibt jedoch Teil meines und jetzt unseres Lebens. Wir reden viel über die Zeit mit Karin, wir gehn gemeinsam zu ihrem Grab, halten inne und ich muß dann erzählen, wie es so war mit ihr bzw. wie sie so war. Und wenn ich mal Trost brauche, finde ich ihn.
Conan, ich freue mich für Dich. Vor einiger Zeit hab ich mal daran gedacht, wir wollten immer mal ein Glas Rotwein an der Elbe trinken.

[Conan]

Hallo, Ihr Lieben,
vielen Dank für eure lieben Worte.
Ja, eigentlich fühlt es sich gut an, denn irgendwie sehnt man sich ja doch nach Nähe. Aber es fühlt sich noch nicht so ganz richtig an und es wird wohl auch nicht so leicht, für beide Seiten. Ich glaube, ich habe einfach nur Angst, vor bestimmten Situationen mit gemeinsamen Erinnerungen! Wie damit umgehen?! Vielleicht sollte ich einfach weniger grübeln:
" Gib deinem Leben die Hand und lass dich überraschen, welchen Weg es mit dir geht."
Wenn das so einfach wäre!

Ach ja, und unser Gläschen Rotwein- vielleicht im Sommer mal zu viert!

Liebe Grüße Conan

[AndreaS]

Ach ja, und unser Gläschen Rotwein- vielleicht im Sommer mal zu viert!

das ist ne richtig tolle Idee und ich denke auch ein Schritt in die richtige Richtung. Neue Zeitrechnung, ungewollt, neue Wege zu gehen, neue Erinnerungen, neue Freude, ein schwieriges aber durchaus mögliches Unterfangen. Und irgendwann wird es sich richtig anfühlen, nie mehr so unverletzt wie im Leben vor dem Tag X aber ich verspreche dir: es lohnt sich mutig zu sein!

Ich wünsche dir alles Gute auf diesem neuen Weg, und trinkt ein Gläschen für mich mit

LG
Andrea

[Conan]

Guten Abend, Ihr Lieben!

Ich wollte euch nur schnell auf dem Laufenden halten: Meine neue Bekanntschaft hat mir heute gestanden, dass er verheiratet ist!
Naja, einerseits rechtzeitig bevor mehr passiert wäre aber andererseits, puh,
muss ich das erst wieder verdauen! Ich versuche mal drüber zu schlafen und melde mich wieder, wenn ich klar denken kann.
Schöne Woche und liebe Grüße
Conan

[AndreaS]

und immer wieder zieht es einem den Boden unter den Füßen weg. Werde ich mich jemals daran gewöhnen, werde ich es jemals leben können, dass der Tod ganz einfach zum Leben dazu gehört?

Ich wurde so heftig auf Zeitreise geschickt, wie schon lange nicht mehr. Angefangen hat es mit dem schrecklichen Busunglück. Wie viele Leben wurden in diesem Augenblick zerstört, nicht nur das derjenigen, die es tatsächlich verloren. Die Familien, die damit weiterleben müssen, Eltern, Geschwister, Mitschüler. Eine ähnliche Situation wie bei uns daheim vor 46 Jahren. Das Kind, der Bruder, kehrt einfach nicht mehr von der Klassenfahrt zurück...

Absturz ins Trauerloch. März 2004, zerstörte Hoffnungen im Krankenhaus.

16. März 2012, die Nachricht vom Todeskampf eines lieben Kollegen. Wissen, was es bedeutet für die Ehefrau und die Kinder. Ein Großteil der Kollegen gelähmt, unsagbar traurig. Und die erneute Erkenntnis, wie viele Menschen blind im Herzen auf dieser Erde rumlaufen...

Ja, gestern war einer dieser Tage, die ich hinter mir geglaubt habe. Küchen'"party", mein lieber Mann an meiner Seite, ein leerer Stuhl, reserviert für meine Freundin, und zwei Flaschen Crémant. Gedanken bei der Familie unseres Kollegen, Gedanken bei der eigenen Familie, die genau diese Situation überleben musste.

Heute Morgen kam dann die Nachricht: Er hat es geschafft, hat seine letzte Reise angetreten. Ich wünsche ihm, dass es eine gute Reise wird, dass es ihm wieder gutgeht, dort, wo er jetzt ist.

Und heute abend schicken wir ihm die Rakete zu den Sternen.

Andrea

[bernhardiner]

Hallo Stammtischler(innen), ich wünsche Euch allen ein sonniges Pfingstfest im Kreise lieber Menschen. Die Sonne macht, daß es auch im Herzen heller ist und das graue Trauertier auf der Schulter zieht sich ein wenig zurück.
Alles Liebe