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Alt 14.10.2017, 19:26
JuIia JuIia ist offline
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Registriert seit: 14.10.2017
Beiträge: 9
Standard ....und plötzlich ging alles ganz schnell...

Wo beginne ich nun - am besten von Anfang an...

Soweit ich mich zurück erinnern kann (ca 25-30 Jahre), beklagte sich mein Vater (67) über Rückenschmerzen. Er lief von Arzt zu Arzt,von Krankenhaus zu Krankenhaus, doch das Ergebnis war immer ernüchternd. Mal diese Tabletten, mal jene Tabletten. Mal diese Kur, mal diese Therapie.
Ich muß mir selbst eingestehen, das ich es selbst irgendwann nicht mehr so ernst nahm.

Bis er mich vor 5 Jahren anrief, er habe einen Magentumor. Doch ich solle mir keine Sorgen machen, da er winzig klein ist und in wenigen Tagen werden sie ihn operativ entfernen.

Was dann auch geschah. Meinem Vater ging es bald wieder sehr gut und er ging auch brav immer zu den Kontrollbesuchen, neben den all anderen Facharztterminen. Den seine Rückenschmerzen waren nach wie vor präsent.

Vor nichtmals einem Monat rief er mich an und teilte mir mit, das er innerhalb kürzester Zeit 10 Kg abnahm. Da schrillen bei mir die Alarmglocken und ich fuhr zu ihm (80 KM Entfernung) und blieb einige Tage bei ihm und begleitete ihm auch immer wieder bei seinen Terminen.

Kaum war ich wieder Zuhause, rief er mich an. Er liegt im Krankenhaus (er hatte an diesem Tag Untersuchungen dort) und ja er habe Leber und Knochenkrebs ... *schluckt

Sofort fuhr ich wieder zu ihm ins Krankenhaus. Zu meiner Verwunderung, lag er jedoch auf der inneren Medizin und nicht auf der Onkologie.
Man sagte mir, sein Herz ist ganz schwach (30%) und im Notfall bekommt er heute Nacht noch einen Stand gelegt. Ähm ja und was ist mit dem Krebs und welches Stadium und und und....Fragen über Fragen. Doch das ginge sie nichts an, hier auf der inneren wird er wegen des Herzens behandelt.
Zuerst war es auch für mich einleuchtend, den wenn das Herz schwach ist (obwohl seine Herz immer in Ordnung war) -können sie keine Behandlung beginnen.

Nach wenigen Tagen, durfte er wieder nach Hause, da das Herz wieder stabil sei und man müßte warten, bis ein Bett auf der Onkologie frei wird.
Gefiel mir natürlich gar nicht, doch war wohl so nun. Ich brachte ihn nach Hause, machte Erledigungen für ihn und ging in die Apothke wo ich mich schon über die heftigen Schmerzmittel wunderte.
Zuhause übergab er sich und ich schob es auf die Aufregung oder auf die neuen Tabletten.
Leider konnte ich nicht bei ihm übernachten und bläute ihm ein, er solle sofort die Rettung anrufen, falls es ihm nicht gut gehe.

Am nächsten Tag Nachmittags wurde ich unruhig, da ich ihn nie erreichen konnte und wollte schon in einem anderen Krankenhaus anrufen, wo er an diesem Tag erneut Untersuchungen hatte. Einfach um zu erfahren, ob er überhaupt dagewesen ist. Es war ein miserables Gefühl ihn über Stunden nicht erreichen zu können.
Doch ehe ich nach der Nr. suchte - rief er mich zurück. Er habe um Mitternacht die Rettung angerufen, da es ihm weiter schlecht ging.

Einerseits war ich erleichtert, da er in guten Händen wieder war - anderseits fuhr ich wieder beunruhigt zu ihm.
Es folgten ca 10 Tage des auf und abs. Er nahm weiter ab und erbrach sich immer wieder. Mal kannte man ihm an, wie schlecht es ihm ging und 5 Stunden später, war er wieder ein ganz anderer Mensch.

Wenn ich mal einen Tag nicht bei ihm sein konnte, hielt ich immer Rücksprache mit den Ärzten. Es wurde von Entzündungen gesprochen, die man nicht lokalisieren konnte, von seiner Schrumpfniere und von seinem Magen und man bat mich die letzten Befunde zu bringen. Viel genaueres erfuhr ich leider nicht. Bis es mir einfach am Dienstag reichte und die Ärtzin bat Tachles zu sprechen. Es kam nur ein brühwarmes "Sie wissen ja eh Bescheid...." Nein zum Henker ich wußte nicht Bescheid. Krebs im Endstadium - der ganze Körper ist voll Metastasen und Krebs. Lebensdauer? wenige Wochen und Monate.... und ich spürte wie mir der Boden vor den Füssen gezogen wurde.
Wie zum Teufel kann das sein, wenn wöchentliche Untersuchungen hatte, bitte??? Wie konnte man da nie etwas finden? Ich verstand die Welt nicht mehr.
Eine Heiltherapie wird nicht mehr vorgenommen, er bekommt lediglich am Freitag (also gestern) Strahlungen, um ihn schmerzfrei zu halten und sie würde vorschlagen zuerst das mobile Hospitz und anschliessend ganz ins Hospitz zu wechseln. Das schwarze Loch wurde immer größer....

Doch für mich, kam erst das schlimmste noch - mein Vater wußte davon noch nichts!
Da seine Muttersprache nicht deutsch ist, nahm sie an, das er es nicht ganz verstehen würde.
Meine Güte wie soll ich das meinem Vater sagen? Ich kann ihm das nicht sagen - egal auf welche Art und Weise das er nur mehr noch wenige Wochen zu leben hatte. Einige sagten, ach du kennst ihn doch am besten... Wie kann man bitte einen Menschen in so einer Situation einschätzen? Ich fühlte mich vollkommen überfordert und sass neben ihm, hält ihn im Arm und konnte mir nur mit Müh die Tränen zurückhalten, das er nichts merkt.
Die ganze Nacht zerbrach ich mir den Kopf, doch jeder wirre Gedanke war, das ich das einfach nicht kann.

Am nächsten Tag hatte ich einen Termin mit der Entlassungsmanagerin, die mir eine große Stütze war (ich wollte Zuhause für ihn da sein) und sprach auch das Thema an, mit der Diagnose. Sie kümmerte sich darum und auch, das eine Dolmetscherin dabei ist, das er es auch wirklich versteht.

Als wir alles besprochen hatten, ging ich wieder zu meinem Vater und es war erschreckend, wie schlecht er am Vormittag aussah und wieder konnte ich meinen Gefühlen keinen freien Lauf lassen, da er ja noch nichts wußte. Es war herzzerreissend für mich. Ich wollte ihm sagen, das ihm keine Schuld trifft, er immer alles tat um die Ursache für seine Schmerzen zu finden und vorallem wollte ich ihm versprechen, das ich ihn nicht alleine lasse.
Und er war so zornig, da er noch immer keinen OP Termin hatte und ich sass daneben und fühlte mich hilflos.

Ich blieb auch wärend der Visite bei ihm und machte den Ärzten deutlich, wie es ihm wirklich geht und denke das zeigte auch Wirkung.

Über die Mittagszeit verabschiedete ich mich, einerseits wußte ich, das er es erfährt - anderseits wollte ich ihm auch etwas Ruhe gönnen, da er Nachts kaum schlafen konnte.

Mit einem mulmigen Gefühl betrat ich am Nachmittag wieder das Krankenhaus. Wie hat er es nur aufgefasst? Wird es ihm noch schlechter gehen wie am Vormittag?
Doch Pustekuchen! Ihm ging es sogut wie schon lange nicht mehr und erzählte mit einer Euphorie das sie am Montag die Leber untersuchen um zu sehen, wie weit es fortgeschritten ist. Ähm ja, entweder haben sie es ihm noch nicht gesagt oder....

Gestern Freitag, war ich Vormittags bei ihm, doch er schlief tief und fest und ich dachte, das ich ihn schlafen lasse, wenn er sonst nie zur Ruhe kommt.

Nachmittags schlief er noch immer tief und fest, doch ich sah als die Schwester die Infusion wechselte und da schlug er für 15 Sekunden die Augen auf und er wimmerte, wie schlecht es ihm ging und sofort schlief er weiter.

Ein Pfleger kam in der Zwischenzeit und holte ihn zur Strahlentherapie ab. Da zog mich eine Ärztin beiseite und sagte mir, ich solle mich nicht erschrecken, wenn er so wie daneben wirkt, doch er ist richtig high von den starken Schmerzmittel die er heute bekam. Gut er hatte also keine Schmerzen und dies beruhigte mich.
Die Ärztin sprach mir auch Mut zu und sagte, das bei manchen Patienten die Strahlen wie Wunder wirkten und es vielen dann deutlich besser ging und das sie eben Montags die Leber genauer unter die Lupe nehmen wollen und sich dies der Onkologe (er lag ja noch immer auf der inneren) ansieht. Sie will mir zwar keine Hoffnungen machen, aber es war ein Zeichen für mich, das sie etwas unternehmen - endlich!

Zuhause angekommen, machte ich mich wieder über viele Dinge schlau und stiess unter anderem auf dieses Forum. Ich las hier stundenlang , bis spät in die Nacht und beschloss mich hier anzumelden. Vielleicht hilft mir ja der Austausch noch mehr mit anderen Betroffenen.

Als ich den Entschluss fasste und mich anmelden wollte, läutete um 0:40 mein Telefon. Mein Vater sei verstorben....
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