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  #1  
Alt 10.06.2007, 12:19
Umka Umka ist offline
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Registriert seit: 05.06.2007
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Liebe Forum-Teilnehmer,
ich möchte mich so gern mit Menschen austauschen, denen eventuell Ähnliches widerfahren ist wie mir, weiß nicht, wer sich von meinen Zeilen angesprochen fühlt...
Ich habe vor 19 Monaten meinen geliebten Mann verloren. Er hatte Lungenkrebs...
Wir haben seine Krankheit bis zum letzten Tag hier zu Hause behandelt und erlebt. Ich habe ihn gepflegt.

Es ist der letzte Tag, der mich so traurig macht, über den ich immer wieder nachdenke...
Nach einer intensiven Betreuung zu Hause musste er doch noch für 1 Nacht ins Krankenhaus - ich war die letzten 10 Stunden NICHT bei ihm - ich hatte mich ganz überzeugt, völlig ausgelaugt und mit dem Wissen, dass er diese letzte Nacht nicht überleben würde im Krankenhaus von ihm verabschiedet.
Bereits in den ersten Tagen nach seinem Tod hatte ich Bedenken, ob ich nicht alle Kraft hätte aufwänden müssen, um bei ihm zu bleiben.
Aber ich spürte auch, dass dies Gedanken waren, nachdem ich mich körperlich ein wenig erholt und etwas Kraft gesammelt hatte.
Ich kann es mir nicht anders vorstellen, als dass ich zum Ende seiner Krankheit einfach keine Kraft mehr hatte und deshalb zum Schlafen nach Hause gefahren bin.

Ich hatte meinen Mann bis zu diesem Tage zu Hause gepflegt. Als er immer apathischer wurde, nichts mehr zu sich nehmen wollte und zeitweilig anfing zu röcheln, rief ich unsere Hausärztin zu Rate. Ich fragte sie, ob mein Mann Flüssigkeit bekommen könnte, einen Tropf. Als sie ihn untersuchte, stellte sie eine Lungenentzündung fest und meinte, er könnte Schwierigkeiten beim Atmen bekommen und außerdem müsse sie ihn mit dieser Lungenentzündung einweisen.
Ich fragte sie noch, ob er zurück kommen würde – das verneinte sie sofort. Das alles war am Nachmittag vor dem Morgen, an dem er dann auch verstarb.
Er wurde also abgeholt – ich versuchte, unserem Sohn klar zu machen, dass der Papa nicht zurück kommen würde und er sich von ihm verabschieden müsse...
Ich selber durfte nicht im Krankenwagen mitfahren, bin dann aber allein hinter her gefahren.
Auf der Station waren noch Ärzte und Schwestern bei ihm und nahmen Blut ab, dabei wehrte er sich laut. Er tat mir sehr leid und ich fragte mich, weshalb in dieser Situation Blut abgenommen würde?
Dann bat der Arzt mich um ein Gespräch und eröffnete mir, dass mein Mann diese Nacht nicht überleben würde. Das war um ca. 16.00 Uhr. Ich bin dann zu meinem Mann ins Zimmer gegangen, wo er ganz friedlich allein lag, er hatte eine Matratze, wie ich sie ihm auch zu Hause besorgt hatte, die ihre Kammern füllt und wieder ablässt. Alles war total friedlich.
Es war entspannend, dass er nun einen Tropf hatte. Ich hatte zu Hause Sorge, er könnte verdursten.
Dann saß ich beim ihm. Er konnte sich nicht mehr artikulieren, rang hin und wieder mit den Armen, atmete laut, setzte mit dem Atmen aus...
Draußen wurde es langsam dunkel, die Schwestern hatten eine Kanne Tee hingestellt – irgendwann kam eine Schwester herein und schaltete das Licht ein und schloss das Fenster, weil ich fröstelte. Wir redeten ein wenig miteinander. Sie erinnerte sich an vergangene Aufenthalte meines Mannes auf ihrer Station, während derer wir gemeinsam und sie mit ihm viele illustre Gespräche geführt hatte – alles war traurig aber friedlich....
Ich habe ungefähr 3 Stunden bei ihm gesessen; ich hatte immer wieder den Gedanken, dass ich mich daneben ebenfalls mit einem Tropf legen würde – ich war absolut am Ende meiner Kräfte, da die Pflege sehr intensiv gewesen war.
Bevor mein Mann zu Hause gepflegt wurde, war er für 3 Wochen in einem anderen Krankenhaus wo ich täglich hingefahren war und ihn geduscht hatte. Er konnte nicht mehr laufen, saß im Rollstuhl. Zu Hause war es vor allem nachts immer wieder unruhig. Ich habe bei ihm geschlafen, damit ich schnell bei ihm war und nicht so aufgeschreckt durchs Haus jagen musste. Um finanziell nicht total abzurutschen, betrieb ich unser Gewerbe, was glücklicherweise mit im Haus ist überwiegend weiter.
Dass ich nun hier so untätig bei ihm sitzen durfte war schön.

Ich hatte irgendwann ganz überzeugt das Gefühl, dass ich mich von meinem Mann verabschieden müsse. Der Tag war traurig und aufregend, die Nacht davor kurz und jetzt müsste ich schlafen. Und da er vielleicht derweil sterben würde, würde ich ihn wohl nie wieder sehen. Und deshalb müsste ich mich von ihm verabschieden.
Irgendwie ging ich aber auch davon aus, dass ich morgen früh wieder bei ihm sein würde.
Ich habe ihn ganz lieb am ganzen Körper geküsst und gestreichelt, die Decke hochgeschlagen und seine Beine ganz intensiv gestreichelt – ich war unendlich traurig, zu wissen, dass dieser geliebte Körper nun vergehen würde......
Ich habe ihm gesagt, dass ich zu den Kindern gehen würde – da hat er genickt. Ich freute mich, dass er mich hören konnte. Gesagt hat er aber nichts mehr.
Ich glaubte und fühlte, dass mein Handeln richtig wäre, wenn ich jetzt nach Hause ginge und schlafen würde.
Nach 3,5 Stunden bin ich dann gegangen. Habe den Schwestern gesagt, dass sie mich UNBEDINGT JEDERZEIT ANRUFEN SOLLTEN, wenn mein Mann in irgendeiner Weise unruhig sein oder gar nach mir verlangen sollte!

Ich schlich aus dem Krankenhaus und wollte unserem Sohn noch etwas einkaufen, da ich schon viele Tage nicht mehr richtig gekocht hatte. Der Supermarkt liegt nur wenige Meter neben dem Krankenhaus. Aber ich konnte nicht hinlaufen, hatte Panikgefühle. Bin dann ins Auto und hingefahren und dann nach Hause. Da habe ich ganz ruhig gekocht, mit der Schwester meines Mannes zusammen gesessen, habe mich gefreut, dass sie da ist, mich aber über ihren small-talk geärgert, weil doch ihr Bruder im Sterben lag und bin dann bald schlafen gegangen.
Am Morgen bin ich ganz und gar schwer aus dem Bett gekommen, habe mich für das Krankenhaus angezogen, wollte losgehen – es war kurz nach 07.00 – da klingelte das Telefon.... mein Mann war um 06.40 verstorben....

Und seit dem denke ich darüber nach, weshalb ich nicht die letzte Kraft aufgebracht habe und diese letzte Nacht bei ihm sitzen geblieben bin??????? Ich fühle mich schlecht, als Versagerin. Ich bin unendlich traurig darüber! Ich spüre beim Schreiben hier und jetzt wieder, wie intensiv schlimm alles war!
Vielleicht hat jemand Ähnliches erfahren, und wir könnten uns ein wenig unterhalten?...

Liebe Grüße von Umka
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  #2  
Alt 10.06.2007, 14:10
Maja08 Maja08 ist offline
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Hallo Umka,
ich bin überzeugt, dass du genau das richtige getan hast. Manchmal hat man das Gefühl etwas tun zu müssen, was man hinterher erst hinterfragt und sich fragt: warum habe ich das getan?
Ich bin der Meinung, dass es ganz richtig ist auf sein inneres Gefühl zu hören.
Mach dir bitte keine Vorwürfe.
Ich werde dir gerne nochmal schreiben.
Heute bin ich selbst nicht so gut drauf, da meine Mama gestorben ist (CUP-Syndrom) und morgen ist die Beerdigung. Es wird ein schlimmer Tag. Hier zu Hause ist man gefasst, aber morgen sieht es anders aus.

Liebe Umka, du bist hier nicht allein. Leider kann ich dir im Moment nicht mehr schreiben, melde mich aber noch mal bei dir.

Traurige Grüße

Maja
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  #3  
Alt 10.06.2007, 15:56
stef777 stef777 ist offline
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liebe umka,

mein vater ist anfang januar 07 an BDSK gestorben, 1.5 jahre nach der diagnose. in den letzten 4 monaten seines lebens ging es stetig bergab, erst von monat zu monat, dann von woche auf woche, dann von tag auf tag, der zeitraffer wurde immer schneller.
es war so schwer, dies alles zu begreifen; das begreife ich jetzt erst (ähnlich wie du). in der zeit damals dachte ich oft "das schaffen wir schon irgendwie". man verdrängt oft, wo man verdrängen kann, weils sonst das leid nicht auszuhalten ist.

vieles, was du schreibst, kommt mir bekannt vor. ich habe auch mit den letzten tagen meines vaters und auch mit dem allerletzten sehr zu kämpfen. ich hatte noch nie im leben zuvor solche schuldgefühle gehabt. mein vater war die letzten 2 Tage seines lebens zu hause; nachdem mit seinem versterben zu rechnen war, hatten wir ihn noch aus dem krankenhaus holen können, weil wir ihn gerne zu hause sterben lassen wollten.
davor waren meine schwester, mutter und ich rund um die uhr bei ihm gewesen, haben uns mit den schichten abgewechselt, auch nachts war immer jemand bei ihm, weil er sehr, sehr unruhig war nachts und nie richtig geschlafen hat.
die letzten 1.5 tage waren schrecklich. mein vater hat permanent erbrochen im schlaf, wurde nie richtig wach, auch wenn wir versucht haben, seinen mund auszuspülen. paar seiner gliedmassen waren gelähmt, er konnte schon seit 1.5 wochen nichts mehr essen und trinken, wurde nur über die vene versorgt. ich habe mich total überfordert gefühlt. war fix und fertig; hatte magen-darm beschwerden, konnte selbst nur noch zwieback essen. im krankenhaus waren ständig "abschiedsbesucher" gekommen, die meinem vater was vorgeheult haben (mein vater konnte tränen nie ertragen). ich habe die ganze zeit versucht, fassung zu bewahren und mich für meinen papa zusammenzureissen. zwischendurch konnte ich zum glück noch ein paar persönliche "abschiedsmomente" mit meinem vater haben. das war sehr schwer, hat mich viel überwindung gekostet. aber ich bin natürlich froh, dass ich diese momente mit ihm hatte, auch wenn ich ihm gerne noch viel mehr gesagt hätte.

ich schreibe das alles nur, weil ich mir auch viel gedanken darüber gemacht habe, warum ich in seinen letzten stunden nicht bei ihm war (mein mann war bei ihm; er hatte die nachtschicht zum ersten mal übernommen). ich habe ihn zum letzten mal um 1h morgens lebend gesehen, mein mann hatte mich gerufen, weil seine atmung unregelmässig war; er starb um 5.50h.
heute, wo ich wieder bei kräften bin, denke ich, ich hätte jeden funken kraft geben müssen, um bei ihm zu bleiben; aber damals war ich einfach fix und fertig; ich konnte nicht mehr, weder körperlich, noch seelisch. auf der einen seite wollte ich, dass er stirbt, damit das leiden ein ende hätte; gleichzeitig wollte ich es natürlich nicht. als ich um 1h nachts in seine augen blickte, war er ganz ruhig; schaute mich ganz ruhig an. das wird mir ewig in erinnerung bleiben. trotzdem wurde mir sofort schlecht und ich wollte wieder in mein bett.
ich hätte ahnen können, dass es bald soweit ist, aber ich konnte und wollte wohl nicht.

ich denke wie du, dass damals die kraft einfach nicht reichte. und verdrängt habe ich z.T. auch, zum selbstschutz.

ich tröste mich mit dem gedanken, dass es meinem vater so vielleicht einfacher gefallen ist zu gehen. Und dass wir einige abschiedsmomente davor hatten. Und: letztendlich denke ich, ist man selbst tief im innern in solchen momenten nie bereit, den geliebten menschen wirklich gehen zu lassen, weil man den menschen ja nicht verlieren möchte. D.h. einem selbst hilft es vielleicht nicht so sehr, im sterbemoment da zu sein und dem sterbenden kann es auch nur eingeschränkt helfen, da jeder den weg alleine gehen muss (und ich glaube, es benötigt wohl auch viel ruhe und konzentration zu gehen). ich denke manchmal auch, vielleicht wäre ich viel zu panisch gewesen in den letzten stunden meines vaters und hätte es ihm so umso schwerer gemacht.
das kann auch alles falsch sein, was ich hier gerade schreibe. man macht sich halt so allerhand gedanken.

ich denke, wir haben getan, was wir _konnten_ in der entsprechenden situation. wenn wir mehr energiereserven gehabt hätten, hätten wir mehr tun können. es ist verhältnismässig leicht, dies aus der heutigen sicht, monate danach festzustellen.
man muss das anerkennen, was man getan hat; und du scheinst
alles gegeben zu haben: die pflege deines mannes, die kinder und noch den beruf nebenher....! und sich selbst für das verzeihen, was man nicht mehr tun konnte. kein mensch ist perfekt und hat unendliche kräfte. es ist schön, dass du dich so liebevoll von deinem mann verabschieden konntest, und er das auch noch mitbekam...das muss ein gewisser trost sein, oder?

aber der schmerz sitzt sehr tief (mir geht es momentan auch nicht so gut); ich habe meinen vater über alles geliebt. für mich war er auch ein wunderschöner mann bis zu seinem tod. ich kann auch bis heute oft nicht begreifen, dass er einfach nicht mehr existiert.

liebe grüße
stef.
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  #4  
Alt 10.06.2007, 16:03
Benutzerbild von Birgit4
Birgit4 Birgit4 ist offline
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Standard AW: Sterbebegleitung

Liebe Umka,
ich nehme dich in meine Arme ....du tapfere starke Frau.
Meine Freundin( 50) ist am 18.05.07 eingeschlafen.Sie hatte Lungenkrebs.
Ich bin auch seit 2003 Betroffene....
Du hast alles Menschenmögliche getan....du hast deinen Mann mit Liebe begleitet.
Du hast aus deinem Gefühl der Liebe hehandelt.Es war richtig so.....
Alles im Leben hat einen Sinn,dass du nach Hause gefahren bist war vielleicht auch ein wunsch deines Mannes den du im inneren deines Herzens gespürt hast.
Also ich als Betroffene,wurde mir wünschen so begleitet zu werden wie dein Mann.Und das sind erliche Worte.

Ich habe 2 Jahre und 9 Monate meine Freundin begleitet...wir sind zur Chemo gefahren,haben auch über alles gesprochen.
Die letzten Wochen war ich täglich bei ihr.Am 14.05 ist sie ins KH...Darmversagen.Sie hat so gerne gelebt und sie hat gekämpft.
Es war eine schwere Zeit.
Jetzt kommen wir zur Ruhe ....wir haben schon lange gewußt sie wird sterben,dieses Leid...OH, hat das weh getan.
Aber wir konnten genau wie du Abschied nehmen....einen ganz langen Abschied!
Komme zur Ruhe ,du hast es verdient....Du hast bewiesen wie sehr du deinen Mann liebst.
Es ist so schwer die richtigen Worte zu finden....ich denke du weißt was ich sagen will.
Alles Liebe für dich und deiner Familie.
von Birgit
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  #5  
Alt 10.06.2007, 16:14
Smail Smail ist offline
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Standard AW: Sterbebegleitung

Liebe Umka, mein Aufrichtiges Beileid zum Tod Deines Mannes.
Mach Dir keine Vorwürfe, Du hast alles getan, was man für den Menschen, den man über alles liebt, nur tun kann. Dein lieber Mann hätte das bestimmt nicht gewollt.
Mein Mann starb an BC am 08.02.07, fast ein Jahr nach Diagnoserstellung.
In Erinnerung an die, die wir verloren haben.
Der Schmerz vergeht irgendwann, vielleicht, aber die Liebe bleibt.
Gruß Smail
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  #6  
Alt 10.06.2007, 19:04
daggi daggi ist offline
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Standard AW: Sterbebegleitung

Hallo

ich kann Deine Gedanken sehr gut nachvollziehen, aber gräm Dich bitte jetzt nicht mehr.
Mein Vater ist vor 2 Wochen gestorben, und wir haben ihn Montag zur Palliativstation gefahren, weil er zu hause schon 3 Tage nicht mehr geschlafen hat und auch zunehmend Luftprobleme bekam. ( er hatte ein malignes Melanom/ und einen Tumor am Kehlkopf, der daraus entstanden ist )
Als ich mich nachmittags von ihm verabschiedete, wußte ich innerlich , dass es das letzte Mal war, wo ich mit ihm gesprochen habe.
Meine Ma war dann noch bis abends spät bei ihm, weil sie gerne mit ihm alleine sein wollte. Am nächsten Morgen um fünf ist er ganz ruhi eingeschlafen.
Meine Mutter und ich haben uns auch Vorwürfe gemacht, aber letztendlich glaube ich , dass er sich den Zeitpunkt so ausgesucht hat, weil er mir mal gesagt hat, er möchte gerne , wenn es so weit ist, in Ruhe u ohne SChmerzen gehen. Das hat er geschafft.

Wir haben uns die letzten 4 Tage zu Hause auch abgewechselt, und meine Ma war auch so kaputt von den Nächten.
Mach Dir bitte keine Vorwürfe mehr, Dein Mann würde Dir das sicher auch so sagen .

Lieben Gruß
Daggi
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  #7  
Alt 10.06.2007, 20:01
Stina Stina ist offline
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Standard AW: Sterbebegleitung

Liebe Umka,

mein Vater ist an Lungenkrebs im Krankenhaus verstorben.
Meine Kinder,mein Mann und meine Mutter (mit der er 65 Jahre !) verheiratet war, waren in den letzten Stunden alle bei ihm.
Er starb, al smeine Kinder, mein Mann und schließlich auch meine Mutter kurz das Zimmer verlassen hatten.
Der Sterbende, und da bin ich mir GANZ SICHER, hat die Möglichkeit, wie auch imer, sich "auszusuchen", wie er sterben möchte.
Ob alleine oder im Beisein bestimmter Menschen!
Die Mutter unserer Nachbarin lag wochenlang "im Sterben", die Tochter und der Schwiegersohn sind in dieser Zeit in Urlaub gefahren. Waren 3 Wochen weg.
Die Mutter wartete mit dem Sterben, bis die beiden wieder zu Hause waren, war an diesem Tag "klar im Kopf", redete normal und schickte dann die Tochter mit Schwiegersohn nach Hause.
1 Stunde später kam der Anruf, das die Mutter verstorben ist...
Dein Mann hat sich, wie auch immer, für diesen Weg entschieden.
Ich wünsche Dir mein Aufrichtiges Beileid.
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  #8  
Alt 10.06.2007, 21:04
glückskind glückskind ist offline
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Standard AW: Sterbebegleitung

Liebe Umka,

mein herzliches Beileid. Du bist so eine tapfere Frau.

Vor kurzem habe ich mit einer Krankeschwester darüber gesprochen, warum mein Vater in dem Moment gestorben ist, in dem er alleine war. meine Mutter hatte ihn gewaschen und hat nur kurz das Zimmer verlassen um das Wasser auszuschütten.

Sie sagte, ähnlich wie Stina schon meinte, die Menschen suchen sich den Zeitpunkt aus. Und ich glaube sie hat recht. Ich denke es ist sogar einfacher für den Sterbenden, so die geliebten Menschen zurückzulassen.

Vielleicht, hat Dein Mann diesen Zeitpunkt gewählt, weil Du es ihm unterbewußt durch Deinen Weggang "erlaubt" hast seinen Frieden zu finden und zu gehen.

Liebe Umka, ich wünsche Dir viel Kraft für die kommende Zeit.
Alles Liebe
Susanne
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  #9  
Alt 11.06.2007, 11:38
stellaris stellaris ist offline
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Standard AW: Sterbebegleitung

Liebe Umka,

ich kann dich gut verstehen, mir ist ähnliches passiert. Auch ich habe mir Vorwürfe gemacht, in den letzten Stunden nicht bei meinem Mann gewesen zu sein, aber jetzt sehe ich es schon etwas anders. Zumal mir ein Bekannter, der auch schon einige seiner Freunde und Verwandten verloren hat, gesagt hat, dass sich die Kranken meistens einen ruhigen, einsamen Moment "wählen" um zu gehen. Da wir beide uns immer ans Leben geklammert haben, denke ich, mein Mann hätte gar nicht loslassen können, wenn ich neben ihm gesessen hätte. So war es bestimmt besser und ich denke, bei dir wird es ähnlich gewesen sein.

LG,
Stellaris
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  #10  
Alt 11.06.2007, 13:07
Benutzerbild von Tanja7
Tanja7 Tanja7 ist offline
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Standard AW: Sterbebegleitung

Hallo umka,
mache dir keine Vorwürfe,dass du nicht zu diesem Zeitpunkt bei deinem Mann warst,als er von dir ging.
Meine Mama ist am 30.März 2007 an Lungenkrebs verstorben.
Sie kam an einem Sonntag ins Kh,weil eine Metastase im Kopf geblutet hatte und von da ab wußten wir das sie die nächsten Tage von uns gehen würde.
Mein Papa und ich waren Tag und Nacht bei ihr,wir sind abwechselnd heim gefahren um uns frisch zu machen.
Wir wurden von dem ambulanten Hospitzdienst betreut und als uns die Frau gesagt hat,dass wir meine Mutter mal alleine lassen sollen,damit sie den Schritt gehen kann und los lassen kann,sind wir Freitag Abend ein paar Schritte vorm Kh gegangen.
Mir ging es zu diesem Zeitpunkt ganz komisch,habe Schüttelfrost gehabt war total nervös.Und als wir wieder hochkamen,wußte ich warum sie ist den ersten Schritt ohne uns gegangen.
Die meisten wollen abschied nehmen und das ohne die Angehörigen so wie dein Mann.
Ich wünsche dir und deiner Familie ganz viel Kraft
__________________
Man kann nicht nicht kommunizieren
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  #11  
Alt 11.06.2007, 13:17
Conny62 Conny62 ist offline
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Liebe Umka,

mein Papa ist am 28.12.06 um 02.50 Uhr an Lungenkrebs gestorben. Die Diagnose bekamen wir im August letzten Jahres.
Wir haben ihm seinen Wunsch, zu Hause zu sterben, erfüllen können. Seit Heiligabend war immer jemand bei ihm, meine Mutter, mein Mann oder ich bzw. unser Sohn. Wir sind vier Tage und drei Nächte nicht mehr richtig zur Ruhe gekommen. Am 28.12.06 bin ich gegen 02.00 Uhr ins Wohnzimmer gegangen und habe mich dort auf dem Sofa ein wenig ausgeruht, mein Mann wollte dann zu Papa gehen. Er kam kurz darauf zurück und meinte, meine Mama würde nur kurz zur Toilette gehen sich dann bei meinen Papa ins Bett legen, er lag im Ehebett. So wurde es auch gemacht. Als meine Mama von der Toilette kam hat sie noch bei Papa gesessen und ihm den Mund ausgewaschen, anschließend legte sie sich ins Bett und ist für vielleicht 5 Minuten eingeschlafen. In dieser ganz kurzen Zeit ist mein geliebter Papa für immer eingeschlafen. Ich glaube er brauchte die Ruhe um sich herum, er wollte uns noch nicht verlassen. Ich habe das Gefühl das er alleine einschlafen wollte, er hätte es glaube ich nicht ertragen uns weinen zu sehen. Auch meine Überzeugung ist: Der Sterbende sucht sich den passenden Moment aus, wann er uns verlassen kann.

Papa, ich vermisse dich unendlich. Morgen haben wir Silberhochzeit. Du fehlst uns - und das nicht nur morgen sondern jeden Tag.

Liebe Umka, mach Dir keine großen Selbstvorwürfe. Ich denke das würde dein Mann nicht wollen.

Liebe Grüße Conny62
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  #12  
Alt 11.06.2007, 14:04
Umka Umka ist offline
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Liebe Frauen,

ich fühle mich sehr aufgefangen, durch so viel Teilnahme!
Natürlich gab und gibt es in der Zeit nach dem Tod meines Mannes auch viele Momente, in denen ich mein Handeln nachvollziehen und für mich Verständnis zeigen kann.
Zumal ich der Typ Mensch bin, der keinerlei Berührungsängste oder Hemmungen bei Hilfeleistungen o.ä. hat, so dass es mir nicht schwer gefallen war, immer für meinen Mann dagewesen zu sein. Wir haben außerdem enorm vertraut miteinander gelebt -privat sowie beruflich waren wir stets beisammen-. Es ist also ganz und gar atypisch für mich, dass ich mich dieser Situation entzogen habe.
Ich kann es mir wie gesagt nur so erklären, dass ich leer war und ich mich wenigstens körperlich durch eine Nacht im Bett ein wenig erfrischen wollte.

Es tröstet zu hören/lesen, wie ähnlich das Leben in solchen Situationen verlaufen kann, und es ist gut, dass es in diesem Miteinander hier möglich ist, durch Erfahrungsaustausch und liebevolle Worte ein Getragenwerden zu erfahren. Ich würde mich freuen, gelänge es mir, selbst zum Bewältigen trauriger,verletzlicher und leerer Zeiten beitragen zu dürfen.
Ich werde mich gern zu kleinen Gesprächen hier einfinden!
Danke für diese Begegnung!
Liebe Grüße von Umka
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  #13  
Alt 12.06.2007, 19:22
Franziska1 Franziska1 ist offline
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Hallo Umka, mein Beileid zu Deinem schweren Verlust. Auch ich habe meinen Mann am 10.4. durch Krebs verloren.2 1/2 Jahre voller Hoffen und Bangen und dann doch verloren. Er konnte zum Schluß weder laufen noch essen noch trinken,(Magensonde) war aber trotzdem fast bis zum Schluß voll ansprechbar und machte seine Witze. Die letzten 2 Tage kam dann pure Magensäure. Ich habe ihn die letzten 3 Wochen zu Hause gepflegt und ich wundere mich noch heute woher ich die Kraft nahm. Als er starb bin ich ihm gegenüber auf der Couch gelegen und kurz eingenickt, als ich durch ein lautes Rasseln wach wurde(Lungenembolie) war es zu spät. Warum bloß bin ich in diesen Minuten eingeschlafen.?Ich denke immer an diesen Augenblick und weiß keine Antwort.Mein Mann war 59 Jahre alt.Ich wünsche Dir viel Kraft.
Liebe Grüße Franziska
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  #14  
Alt 12.06.2007, 19:49
Umka Umka ist offline
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Standard AW: Sterbebegleitung

Liebe Maja,
nun möchte ich mich an Dich persönlich wenden und mich recht herzlich für Deine Zeilen bedanken!
Du wirst es derzeit sicher nicht leicht haben - ich kann mich auch noch sehr gut in die Zeit vor-während und nach der Beisetzung meines Mannes hineinversetzen.
Ich hoffe ganz kräftig für Dich, dass Du im Einvernehmen mit der Beisetzung Deiner Mutter bist, ich meine, dass die Art und Weise für Dich und Deine Lieben in Ordnung, akzeptabel, "angenehm" (kann eine Beerdigung überhaupt angenehm sein?) verlaufen ist.
Ich hatte seinerzeit das sehr gute Gefühl, dass meine Entscheidung für eine Seebestattung (mein Mann war ein fröhlicher Hochseeangler) unseren beiden Kindern wirklich gut getan hat; und mir auch! Alle Düsterkeit und der große Druck schien in dem Moment, als ich ihnen das verkündete, ein ganzes Stück abzufallen. Ja, das war genau das Richtige für den Vater! Und auch der tatsächliche Ablauf war dann auch trotz witterungsbedingter Verzögerungen (im November an der Ostsee!!) und der so unendlich traurigen Zeremonie dennoch irgendwie so vertraut. Beide Kinder hatten mit meinem Mann und mir das Hochseefischen erlernt - und nun standen wir in ganz kleiner Runde auf eben solch einem Fischerkutter, tuckerten auf’s Meer hinaus und ließen dann Papa's Urne abtauchen......................................... ......................................
Ja,da wünsche ich Dir sehr, dass auch Du gute Momente während des Abschied's von Deiner Mutter haben durftest!!!
Es tut Dir nun ganz bestimmt alles gut, was Du "aus dem Bauch heraus" und mit dem Herzen spontan als tröstlich für Dich und mit dem Gedanken an Deine liebe Mutter tust und/oder lässt!
Wenn Du die Möglichkeit hast, lass‘ Dich gehen und öffne Deiner Traurigkeit JEDE Tür...! Trauer tut gut, wenn Du sie zulässt, und auch nur so kann sie verarbeitet werden. Da ist es ganz egal, ob Du laut und vor jedem weinen kannst oder ob Du alles ganz still mit Dir selbst abmachst.
Ich wünsche Dir viel Zeit für Dich und Deine Traurigkeit...bis es langsam wieder heller wird! Und es wird heller!
Ich fahre mit unseren Kindern (21 und 17 Jahre) in diesem Jahr im August erstmals wieder an die Ostsee – bisher war ich nicht stark genug. Im Oktober jährt sich der Todestag meines Mannes zum zweiten Mal.

Liebe Grüße von Umka
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  #15  
Alt 12.06.2007, 20:23
Umka Umka ist offline
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Beiträge: 4
Standard AW: Sterbebegleitung

Guten Abend Franziska,
ich bin gerade auf dieser Seite und habe Deinen Beitrag gelesen - danke für Deine Mitteilung und Deine Wünsche!
Ja, da fehlen wohl so vielen Menschen die Worte, wenn dann so ein entscheidender Augenblick so rätselhaft verläuft?!?! Im Grunde ist es doch aber kein Rätsel sondern ein "unbeeinflussbarer Ablauf" gewesen, stimmt's? Denn hättest Du selbst diesen Augenblick beeinflussen können, wärst Du ganz gewiss wach, aufmerksam, hilfsbereit, einfach dabei gewesen - nun hat Dich aber all' Deine zuvor geleistete Wachsamkeit, Aufmerksamkeit, Hilfsbereitschaft etc. verständlicherweise erschöpft sein und schlafen lassen.... nichts hättest Du daran ändern können. Ein ganz natürlicher Lebens-Ablauf! Also in Ordnung!
Ich kenne und weiß um dieses Schuldgefühl, diese ewigen Fragen.... Wenn Du einmal Zeit zum Grübeln über ganz andere Dinge aus Deinem Leben findest, wirst Du feststellen, wieviel Du da hättest auch "anders" verlaufen lassen wollen! Aber auch da wirst Du vielmals gar keinen bewussten Einfluss gehabt haben.
Weißt Du, was mir an Deinen Zeilen gefällt? Du schreibst, dass Dein Mann seine Witze gemacht hat. Mein Mann war da auch so einer! Und ich habe es so geliebt!!! Natürlich in seinen gesunden Zeiten sowieso. Aber dann während seines Krankseins (allerdings nur am Anfang) war es doch auch immer wieder gerade für unsere Kinder so eine enorme Erleichterung, wenn der Vater wieder einen Joke gerissen hat!!! Und dafür liebe ich ihn immer noch, und wir lachen immer wieder über die uns eingeprägten fröhlichen Momente!!!
Da möchte ich direkt meine Zeilen in diesem positiven Feeling für Dich und auch für mich auskullern lassen und wünsche Dir ganz viel Fläche und Möglichkeit für Deine vertrauten Erinnerungen, Dein Traurigsein und für Dein Verständnis für Dich selbst!
Einen guten Abend wünscht Dir Umka
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