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  #1  
Alt 20.09.2005, 13:51
AndreaM AndreaM ist offline
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Beiträge: 182
Standard Meine Mama geht bald...

.. und ich bin so schrecklich sprachlos. Sie ist im Hospiz, es war ihr Wunsch dort zu sein, und ich glaube auch, es ist der beste Ort in dieser Situation.
Wir haben - das klingt seltsam, aber so emfpinde ich es - alles besprochen, was das Leben betrifft. Ich verstehe ihre Entscheidung, ich bin manchmal fast froh, dass sie sie so getroffen hat, und wir dem Leiden nur noch kurze Zeit so hilflos zusehen müssen.

Nun habe ich den Eindruck sie hat Angst und mag mir nicht sagen, wovor. Sie möchte sterben - lieber heute als morgen, sagt sie - aber sie schaut dabei so ängstlich. Und nun? Wovor fürchtet sie sich? Davor, wo man hingeht wenn man gehen muss? Wohin geht man denn? Ich selbst habe mich nie damit befasst, ich habe kein festes Bild.

Wie kann ich denn da helfen? Wie spricht man ein solches Thema an? Wie kann ich sagen "hab keine Angst", wenn ich doch auch nicht weiss, was kommt?
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  #2  
Alt 20.09.2005, 14:44
Beate D. Beate D. ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Andrea! Von mir ist noch niemand gestorben, darum kann ich hier nur einen laienhaften Rat geben: kennst du das Buch "vom Tod und dem Leben danach" von Elisabeth Kübler-Ross (Silberschnur-Verlag)? Dort wird geschildert, was passiert, wenn man stirbt. Sicher, niemand kann sagen, ob das so stimmt, aber es ist ungeheuer tröstlich und irgendwie logisch und beruhigend. Ich hab es gelesen, als es mit meiner kranken Mutter mal hart auf hart kam. Seitdem bin ich ruhiger und gelassener. Vielleicht liest du es mal oder sogar deiner Mama vor? Es könnte helfen, wenn ihre Ängste tatsächlich damit in Zusammenhang stehn. Alles Liebe und viel Kraft euch beiden Beate D.
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  #3  
Alt 21.09.2005, 08:54
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Danke für die lieben Antworten!

Nein, das Buch zu lesen werde ich wohl nicht schaffen - aber der Hinweis (und eine kurze Rezension des Buches) haben mir geholfen mich an Dinge zu erinnern, mit denen ich mich früher einmal sehr eingehend beschäftigt habe. Nur war ich im Augenblick zu geschockt, blockiert, oder wie man es auch nennen will um darauf zu kommen. Meine Mama hat mir selbst erzählt, dass ihre Mutter, der objektivste, bodenständigste Verstandesmensch, der je in Frauengestalt gelebt hat, eine Geistererscheinung hatte. Wir wissen nicht, wohin der Geist der Verwandten nach dem Besuch bei ihr (das war in dem Moment als sie gestorben ist) gegangen ist, aber meine Oma konnte sich immer erinnern, dass ein Gefühl der Ruhe zurückblieb. Seltsam, dass ich das vergessen hatte.

Pfarrer sind nicht ihre Kragenweite - da haben wir in der Zeit im Krankenhaus schon eher unangenehme Erfahrungen gemacht. So geht es vermutlich jedem, der nicht genau an das glaubt, was die Kirche vordenkt.

Leider kann ich mit meiner Mama zur Zeit nicht viel sprechen, die Schmerzmittel wurden vorgestern erst auf Morphium umgestellt und seitdem schläft sie sehr viel und kann kaum sprechen - die Dosierung ist wohl noch etwas zu hoch. Die Frage, ob sie Angst hat, hat sie sehr deutlich mit "Nein" beantworten können - ich habe ihr dann einfach erzählt was ich denke - ich weiss allerdings nicht, ob sie noch zugehört hat, oder schon wieder eingschlafen war.

Gestern beim Besuch konnte ich ihr wenigstens das erste Mal von Herzen wünschen, dass sie es bald geschafft hat - ich glaube, ich bin langsam auf dem Weg auch innerlich, nicht nur verstandsmäßig loszulassen - vielleicht kann sie das auch spüren?
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  #4  
Alt 21.09.2005, 13:55
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Susanne,

ich danke Dir sehr für diese Antworten und Dein Mitgefühl. Ich hoffe so sehr, dass Du Recht hast. Die Hospizmitarbeiterin meinte letztens auch, meine Mama spürt sicherlich, dass ich noch nicht mit mir selbst in Reinen bin. Die Ärtztin auf der Palliativstation sagte bei der Entlassung, wir müssten uns darauf einstellen, dass nur Tage, höchstens Wochen bleiben - das ist jetzt eine Woche her. Also bin ich sicher, sie hat es bald geschafft - und das wäre auch ganz richtig so.

Wie lange ist das her, dass Dein Mann starb? Ich meine, dass man irgendwann seine Eltern verliert - das ist noch in gewisser Weise das Schicksal das man eben hat (ich bin mitte 30 und - wie meine Mama sagt - "aus dem gröbsten raus"). Aber den Mann loslassen zu müssen - das bedeutet doch alle Zukunftspläne und Träume zu begraben, das ist für mich fast unvorstellbar. Ich bin selbst so traurig darüber, dass man keine Zeit zurückbekommen kann, dass ich Dinge, die ich mit meiner Mama hätte unternehmen wollen/können/sollen nicht getan habe - aber das ist wahrscheinlich das normale schlechte Gewissen, dass sicher jede Tochter ihrer Mutter gegenüber hat, schliesslich gibt es genügend Dinge, die man irgendwann aus Altersgründen nicht mehr umsetzt.

Wie bist Du damit umgegangen? Mit all den "irgendwann wollen wir mal..." Sätzen?
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  #5  
Alt 21.09.2005, 18:24
Briele Briele ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Lady Molly,
liebe Susanne,

ich hoffe es ist in Ordnung wenn ich hier in Andreas thread einen Brief an Dich schreibe.

Liebe Susanne, ich glaube den Großteil Deiner Beiträge gelesen zu haben, die, aus der Zeit als Dein Mann krank war, der Schwiegervater auch, sowie die Beiträge nach dem Tod Deines Mannes.

Eigentlich wollte ich Dir immer schreiben. Ich habe oft an Dich gedacht, was soll man dazu sagen, ist ja recht nett, aber mehr hättest Du von einem Brief gehabt!

Als das Forum geschlossen war dachte ich, so, jetzt hast du`s versäumt, nun kannst ihr nicht mehr schreiben. Nun gibt’s das Forum wieder, ist es die vierte, ist es die sechste Woche?

Es gibt einige Frauen die ich im KK-Forum kennen gelernt habe, die mich unheimlich beeindrucken. So richtig tolle Frauen. Ich will keine Namen nennen weil ich Angst hätte eine zu vergessen. Manchmal denke ich sie bekommen ein bisschen wenig feedback, nicht genug Aufmerksamkeit. Auch ich schreibe eher selten an diese Frauen. Das tut mir dann leid. Ich versuche eher herbei zuspringen wenn jemand ganz desperat ist.

Heute möchte ich Dir endlich sagen, dass ich Dich sehr bewundere. Deine Tapferkeit, Deinen Mut, das „sich stellen“ und was mir richtig ans Herz geht, ist die Tatsache, dass Du während der Erkrankung und dem Sterben Deines Mannes und seit seinem Tod immer wieder andere tröstet. Auf so eine liebe, ruhige, hilfreiche Art.
Du bist mir da ein richtiges Vorbild!

Heute hast du einen schönen Beitrag über das Dabei sein beim Sterben geschrieben – den kann ich nur unterschreiben. Wenn man das einmal mit- und durchlebt hat, dann ist man danach nicht mehr derselbe Mensch. Im positiven Sinn.

Ich wünsche Dir und Deinen Kindern alles Gute.
Liebe Grüße
Briele
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  #6  
Alt 21.09.2005, 19:14
Briele Briele ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Andrea,

ich bin in einem kleinen Bergdorf aufgewachsen. Zu Geburstagen, auch zu Neujahr sagten ältere Menschen zueinander " ich wünsch dir eine gute Sterbestunde".
Lange Zeit fand ich das nicht nur seltsam, sondern auch makaber.

Nun bin ich selbst älter, habe meine Eltern in der Krankheit und beim Sterben begleitet und weiß, daß es ein guter Wunsch ist.

Ich wünsche Deiner Mama, daß sie gut gehen kann und ich wünsche Dir, daß Du gut dabeisein kannst, liebe Andrea.

Briele
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  #7  
Alt 21.09.2005, 20:44
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Susanne,

danke für Deine Geschichte. Es ist schön zu sehen, dass es - was auch kommt - immer weitergeht. Und - wieviel ein Mensch zu ertragen in der Lage ist. Im Augenblick bin ich auch ganz zuversichtlich, aber das ändert sich immer wieder.

Ich bin der Überzeugung, ob man im Moment des Sterbens bei dem geliebten Menschen sein kann, kann man selbst nicht beeinflussen. Meine Oma starb zuhause - ich war am frühen Abend noch dort, meine Mama hat zu dieser Zeit schon länger in Omas Wohnung gelebt. Sie hat noch nach ihr gesehen und wollte dann nur eine Weile vor dem Fernseher entspannen - und ist dort gleich eingeschlafen. Als sie wieder wach wurde, hatte meine Oma ihren letzten Atemzug schon getan. Ich denke, sie wollte es wahrscheinlich so. Meine Oma war zwar dement, hatte sich aber trotzdem von allen ihren Lieben in den Tagen zuvor verabschiedet (mir fehlten die Worte, ehrlich gesagt, als sie mir alles Gute fürs Studium wünschte - und es jetzt schon bedauerte, dass sie nicht mehr da sein würde, um den Abschluss zu feiern).

Ich werde sehen müssen, wie es bei meiner Mama sein wird. Sie kann kaum noch sprechen, sie driftet wohl so langsam ins Leberkoma (die Reduzierung der Morphiumdosis hat nicht bewirkt dass sie ansprechbarer wurde, nur dass sie Schmerzen hatte). Das schlimmste war heute, als sie mich sehr eindringend angeschaut hat und genauso eindringlich etwas gemurmelt hat, was ich nicht verstehen konnte - ich werde es nicht erfahren, ob es etwas aus ihrem Traum war (sie schlief halb), oder ob sie mir wirklich etwas mitteilen wollte. Manchmal denke ich, es ist nicht schlimm, wenn sie von ihrer Umwelt nichts mehr mitbekommt - andererseits weiss ich eben nicht, ob sie nicht doch noch etwas sagen möchte.

Ich weiss auch nicht, ob ich bei ihr sein werde - ich muss ja arbeiten. Ich hoffe aber, dass es sich rechtzeitig ankündigen wird, dass ich vom Hospiz noch benachrichtigt werden kann. Glücklicherweise kann ich, egal ob von zuhause oder vom Büro in 20 Minuten dort sein. Und falls nicht, ist sie dort wenigstens nicht ganz allein.

Sicher, es wird weitergehen, wir werden alle zurecht kommen. Aber es werden mit diese Momente sein, bei denen man eben seine Mama anruft - und sei es nur so belangloses, wie "wieviele Zwiebeln würdest Du für 2kg Kartoffelsalat nehmen?". Oder die Tatsache, dass ich noch nie zu Weihnachten einen Gänsebraten selbst gemacht habe...
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  #8  
Alt 21.09.2005, 20:46
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Briele,

ich denke, man muss sich mit dem Sterben auseinandergesetzt haben, um die Bedeutung dieses guten Wunschs zu erkennen.

Ich jedenfalls danke Dir von Herzen.

Andrea
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  #9  
Alt 26.09.2005, 10:31
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Susanne,

ich danke Dir für Deine Worte und Dein Mitgefühl - und ich verstehe erst jetzt vieles von Deiner Geschichte.

Meine Mami hat sich für Ihren Abschied den letzten Donnerstag ausgesucht - und eine Zeit, zu der ich immer da war. Sie war nicht mehr ansprechbar, hat viel gestöhnt und geseufzt - muss man wirklich bevor man geht noch jeden Gedanken zuende denken? Jedes verdrängte Gefühl zuende fühlen? Ich hatte den Eindruck. Glücklicherweise stand mir von all den tollen Menschen im Hospiz die Schwester zur Seite, von der ich mich und meine Mutter immer am allerbesten verstanden fühlte - mit keinem anderen Menschen hätte ich alles weitere so anehmen können und dafür bin ich ihr so dankbar.

Ich kann erst jetzt verstehen, was Du geschrieben hast - wie schön es sein kann, jemandem den letzten Dienst zu erweisen, ihn zu waschen, darauf zu achten, dass er Kleidung trägt, die er selbst auch gewählt hätte (niemals hätte meine Mutter im Pyjama ihren letzten Weg antreten wollen). Selbst zu erleben, dass der geliebte Mensch in jedem Augenblich gut behandelt wird, gibt einem ein wenig Trost.

Wenn man Abschied nehmen muss, dann ist in meinen Augen ein Hospiz der beste Ort dafür. Diese Ruhe, der Respekt für die Menschen, die Geborgenheit, das Aufgefangen werden in diesem Moment, umgeben von Menschen, die wissen was zu tun ist - und die auch wissen, was alles "bis morgen" Zeit hat.

Es gab dort auch eine Aussegnung am folgenden Nachmittag - im engsten Kreis, am Bett meiner Mutter. Ich denke, das hat mir so viel mehr gegeben als jede offizielle Trauerfeier das könnte.

Auch wenn mir der Abschied selbst so erträglich wie irgend möglich gemacht wurde - die Lücke die bleibt scheint unendlich groß...

Ich danke nochmals für die tröstenden Worte - und - Briele: ich denke, wir hatten eine gute Sterbestunde...
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  #10  
Alt 26.09.2005, 11:34
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Birgit4 Birgit4 ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Andrea, mein herzliches Mitgefühl und ich danke euch für so viel Erlichkeit, Vertrauen und so viel Liebe die ihr hier niedergeschrieben habt, Gottes Segen und Liebe für euch, ich bin eine Betroffene und ich lese in euren Zeilen wie nah ihr Gott seit, alles liebe und Gott beschütze euch, Birgit
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  #11  
Alt 27.09.2005, 21:42
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Susanne,

danke für die lieben Worte.

Du sagtest
Zitat:
Ich wäre sehr stolz auf meine Töchter, wenn sie als Erwachsene so sind wie du und deine Mutter ist das bestimmt auch
Das hat mich sehr berührt, denn ich weiss, dass meine Mama immer sehr stolz auf mich war - und das hat mir ihre Freundin auch gerade nochmal gesagt. Ich denke daraus habe ich immer viel Kraft in meinem Leben geschöpft - und das ist doch das wichtigste, was eine Mutter ihrer Tochter fürs Leben mitgeben kann.

Ich weiss, ich werde meine Mutter immer im Herzen bei mir behalten.

Liebe Grüße
Andrea
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  #12  
Alt 30.09.2005, 20:19
Briele Briele ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Andrea,

gestern waren es schon zwei Wochen, dass Deine Mama gestorben ist und ich schreibe Dir erst heute. Dafür gibt es zwei Gründe. Ich hatte arbeits- und zeitmäßig viel um die Ohren, gefühlsmäßig noch immer. Der andere Grund ist der, dass ich Dir gerne etwas ganz Besonderes geschrieben hätte. Ich fürchte, liebe Andrea, es kommt nichts Besonderes in meinen Sinn, weil ich anderwärtig sehr eingebunden bin.

Es tut mir leid, dass Deine Mama gestorben ist, ich möchte Dir mein Beileid aussprechen. Ich bin froh für Dich und Deine Mama, dass Ihr es gut machen konntet.
Daß sie eine gute Sterbestunde hatte und Du gut dabei sein konntest.

Ich habe mir heute noch einmal alle Beiträge in Deinem thread durchgelesen, war in Gedanken bei Dir und Deiner Mama. Ja, sie wird stolz auf Dich sein und Du kannst zufrieden mit Dir sein. Erst einmal, wenn der Schmerz wild ist, die Sehnsucht so schrecklich, dann hilft das nicht wirklich, aber später kann es einen trösten.

Eines möchte ich vielleicht schreiben. Ich hab es hier im Forum schon einmal getan, es auch schon öfter erzählt. Es geht um das Seufzen, das Stöhnen, das uns, die wir bei unseren Lieben sitzen, weh tut.
Drei Tage bevor meine Mama wirklich starb, ist sie beinahe gestorben. Wir wurden gerufen, mein Bruder und ich saßen einige Stunden bei ihr, ich war verzweifelt, dachte, warum muß sie so schwer sterben. Dann kam sie plötzlich wieder zu sich, war ganz da und am nächsten Tag sagte sie zu mir, ach, wär ich doch gestorben. Ich fragte sie, wie ihr war und sie sagte, es war gar nichts, ich hatte keine Schmerzen, keine Angst, aus weiter Entfernung habe ich Euch wahrgenommen. Und ich sagte, aber Mama Du hast so gestöhnt, geröchelt, kaum Atem bekommen, worauf sie meinte, wirklich ? das hab ich überhaupt nicht so empfunden.

Wir wissen ja alle nicht wie es ist wenn man stirbt. Alles was wir sehen, hören interpretieren wir mit unseren Erfahrungen und diesbezüglich haben wir keine.

Ich wünsche Dir, dass Du Deine Mama gut in Dir haben wirst – auch wenn es einige Zeit dauern kann – sie in Dir lächelt.

Liebe Grüße
Briele
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  #13  
Alt 05.10.2005, 10:30
AndreaM AndreaM ist offline
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Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Briele,

auch ich muss die Gedanken oft erst "sacken lassen", bevor ich etwas antworten kann. Das ist oft auch besser so, wenn ich, wie letztens an Susanne, einfach losschreibe versteht mich vermutlich niemand.

Ich danke Dir für die Geschichte über Deine Mama - vielleicht hat meine Mama wirklich keine Seelenqualen durchleiden müssen, vielleicht hat sie einfach nur den ganzen Schmerz abgeworfen, weil sie ihn nicht mitnehmen wollte. Das würde auch zu der Tatsache passen, dass ihr Gesicht - ganz im Gegensatz zu den Tagen vorher - völlig entspannt war. Nicht einmal mehr diese kleinen "kritischen" Stirnfalten, die sie eigentlich immer hatte, waren zu sehen.

Ich freue mich heute schon auf den Tag, an dem ich mich an meine Mama als liebevolle, lächelnde Mutter erinnern kann - im Moment überwiegen einfach immer die Bilder aus der letzten, schweren Zeit. Ich bin ziemlich sicher, bis wir die Beisetzung überstanden und den ganzen Verwaltungskram hinter uns gebracht haben, wird sich daran nichts ändern.

Es ist schön, dass es hier Menschen gibt, die Verständnis und Mitgefühl haben.

Andrea
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  #14  
Alt 06.10.2005, 23:40
Tanne11 Tanne11 ist offline
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Beiträge: 15
Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Andrea !

Ich verfolge schon länger Dein Thema hier im Krebs-Kompass.
Gestern ist meine Mutter verstorben. Sie ging eine viertel Stunde bevor mein Vater kam. Er war die letzten Wochen immer um die selbe Uhrzeit im KH.
Am letzten Donnerstag hatten meine Mutter und ich nochmal einen schönen Vormittag. Sie war richtig gut drauf, ich durfte ihr die Zähne putzen und sie fühlte sich wieder richtig wohl.

Nun ist sie gestorben. Auf der einen Seite fiel mir einen riesen Stein vom Herzen. Die letzten drei Wochen war es wirklich so, zum Leben zu schwach und zum Sterben zu stark. Dieser Kampf war schrecklich.
Auf der anderen Seite dann aber immer wieder diese Gedanken an die schöne Zeit, was man alles zusammen als Familie unternommen hat, was sie alles für uns getan hat. Bis zuletzt ! Dann fiel mir vor längerem schon Dein nachfolgender Satz ins Auge:

Zitat:
Zitat von AndreaM

Sicher, es wird weitergehen, wir werden alle zurecht kommen. Aber es werden mit diese Momente sein, bei denen man eben seine Mama anruft - und sei es nur so belangloses, wie "wieviele Zwiebeln würdest Du für 2kg Kartoffelsalat nehmen?". Oder die Tatsache, dass ich noch nie zu Weihnachten einen Gänsebraten selbst gemacht habe...
Genau dies wird mir ganz ganz arg fehlen. Meine Mutter war auch so, dass sie morgens um 08.00 Uhr anrief und fragte ob wir nicht kommen wollen, und dort mittag essen wollen oder einfach etwas, für uns in dem Moment belangloses, fragte. Sie rief einfach an. Oder ich rief einfach an.
Ich warte immer auf's Klingeln vom Telefon. Aber es ruft keine Mama mehr an.

Der Abschied von Mama war schön. Es war ganz ruhig. Sie lag da so friedlich und irgendwie hatte ich das Gefühl und die Einbildung: Sie lebt noch, sie atmet noch. Es kann nicht sein ! Und dann schwankte es: Mama ich bin froh, dass du es geschafft hast. Morgen sehen wir uns wieder. Ich freue mich !

Tschüss und wieder viele Grüße aus dem z.Zt. dunklen Westerwald an die große Gemeinschaft im Krebs-Forum !

Tanja
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  #15  
Alt 07.10.2005, 08:33
AndreaM AndreaM ist offline
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Beiträge: 182
Standard AW: Meine Mama geht bald...

Liebe Tanja,

mein tiefstes Mitgefühl ist bei Dir!

Ich denke, es hilft einem sehr viel, einen "guten Abschied" haben zu können. Ich habe mich viel mit Freunden und Bekannten unterhalten, die auch schon Elternteile verloren haben - und die haben mir immer erzählt, dass sie es anfangs nicht glauben konnten, nicht wahrhaben wollten, und sich ständig fragten was denn geschehen sei.

Ich bin schon über den Punkt weg (jedenfalls denke ich das im Moment - die Beisetzung war noch nicht...), an dem ich immer weinen musste, wenn ich daran gedacht habe - heute ist nur noch eine große Traurigkeit und Leere in diesen Momenten. Ich hoffe auf den Tag, an dem ich mir mit einem Lächeln vorstellen kann, was meine Mama auf meine Frage wohl geantwortet hätte.

Ich wünsche Dir alle Kraft, die Du brauchst, um die nächsten Tage und Wochen gut zu überstehen!
Andrea
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