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  #1  
Alt 30.12.2011, 12:35
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sywal sywal ist offline
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Standard Myxoides Liposarkom - Rezidive

Guten Morgen, schönen Tag, ganz einfach Hallo!

Ich lebe seit 1991 mit einem lästigen Gast, einem myxoiden Liposarkom Grad 1-2, welches leider immer wieder Nachwuchs im rechten Oberschenkel bekommt. In diesen 20 Jahren habe ich, krankheitsbezogen, so einiges erlebt. Nun, auf meine letzte, hoffentlich beinerhaltende Operation wartend, möchte ich zuerst über den Istzustand, im Anschluss über lustiges, trauriges, nachdenkliches der letzten 20 Jahre berichten.

Heuer im September war ich mit meiner Tochter 3 Nächte in Venedig/Lido. Da wir erst am Nachmittag das Zimmer beziehen konnten, deponierten wir die Koffer am Bahnhof und eroberten gleich mal Venedig per pedes und Rucksack. Am nächsten Tag, nachmittags, hatte ich in der rechten Hüfte starke Schmerzen. So stark, dass ich ins KH fuhr. Es dauerte 4 Stunden bis die verabreichte Spritze etwas wirkte, am nächsten Tag waren die Schmerzen weg. Etwas bequemer, hauptsächlich mit den Vaparettos fortbewegend erkundeten wir die Umgebung bis - ja bis die Schmerzen wieder kamen. So nahm ich das verschriebene Medikament ein, mit etwas Bauchweh, da der Beipacktext ja auf italienisch war.

Zu Hause angekommen ging ich zum Hausarzt, mit der Überweisung zum Röntgen und erhielt die Empfehlung zur MRT wegen Verdacht auf Hüftkopfnekrose. Na ja, bei dieser Gelegenheit konnte man gleich den Oberschenkel mitnehmen. Die letzte OP war Anfang 2006, die letzte MRT Ende 2006 und dann hatte ich ganz einfach die Schnautze voll von Arzt, Spital, Sarkom. Bis heute kann ich den Oberschenkel nicht ansehen oder abtasten.

Obwohl zwei Körperteile auf der MRT-Überweisung standen, bewilligte die Kasse nur 1 Körperteil. In 9 Wochen sollte der früheste MRT-Termin sein - trotz starker Hüftschmerzen. Dies bedeutete 3x täglich starke Schmerzmittel. Eine Bekannte meiner Tochter trat von ihrem Termin zurück, so wurde die MRT nach 1 Woche Wartezeit durchgeführt. Zuvor mußte ich noch bei der Kasse den 2. Körperteil urgieren bzw. bewilligen lassen.
Den MRT-Befund in Händen fiel mir sofort auf, dass der Oberschenkel nicht befundet war. Zur MRT war er aber von der Assistentin markiert worden. Der Arzt darauf angesprochen meinte, auf zwei Fremdwörter deutend, dass das der Oberschenkel sei, er die Bilder nochmals angesehen und kein Rezidiv festgestellt hat.

Mit diesem mangelhaften Befund ging ich zur Hausärztin und zum Orthopäden. Beide nahmen den Befund kommentarlos zur Kenntnis. Der Orthopäde spritzte erfolglos in meine Hüfte und nach 5 Spritzen empfahl er eine Stoßwellentherapie - privat selbstverständlich. Zu Hause angekommen suchte ich im Internet die Nebenwirkungen. Diese Therapie ist bei Karzinomen (damit auch Sarkomen) kontraindiziert.

Stinksauer ging ich zur Hausärztin und verlangte die Überweisung zur Zweitmeinung. Mit der Kassenbewilligung ging ich zum Institut meiner 1. Wahl, wurde am nächsten Tag angerufen. Ich musste mich nochmals in die Röhre legen.
Dem Besitzer des Erstinstitutes schrieb ich einen Bericht über die Vorkommnisse in seinem Institut und erinnerte ihn an den hippokratischen Eid. Sofort nach Erhalt dieses Briefes rief mich dieser Insitutsbesitzer und Arzt an, entschuldigte sich, er hätte die Bilder nachbearbeitet und 1 Rezidiv gefunden. Für den verlogenen schlampigen Arzt hätte das Vorgehen Konsequenzen. Der Befund (nunmehr mit 3 Rezidiven) wurde mir, mit einemm riesengroßen Blumenstrauß zur Wohnung gebracht.
Die Zweitmeinung ergab 2 Rezidive.

So suchte ich die Tumorambulanz eines orthopädischen Krankenhauses auf, ein CT/PET Termin in einem anderen Krankenhaus wurde vereinbart. 14 Tage später wurde ich 3 Tage im Ortho-KH aufgenommen, am 2. Tag mit dem Krankentransport zum anderen KH gefahren und die CT/PET durchgeführt.
Ich wußte nicht, wie schmerzhaft 1 1/2 Stunden bewegungslos liegen sein kann. Das lange ca. 30minütige, mit dem Kopf in der Spule liegen (die Spule hatte ca. 10cm Abstand) war weniger problematisch als die Schmerzen ab der Hüfte vom liegen.
Na ja, hab's in einem Zug hinter mich gebracht. Ach ja, bekam vom Krankenhaus im welchem ich aufgenommen war ein Jausensackerl mit, da ich ja sehr lange ausser Haus war. Dieses Jausensackerl, diese Fürsorge, hat mir sehr sehr gut getan! Wieder eingelangt, wartete das Mittagessen in einer Warmhalteschüssel auf mich. Auch gab es kein Problme mit dem von mir erbetenen heißen Wasser. Ich hatte mir Instant-Misosuppe (selbstverständlich vor Fukushima importiert) mitgenommen, für den Abbau des radioaktiven Kontrastmittels.

Der orthopädische Tumorchirurg freute sich mit mir, dass im CT keine Lungenmetastasen entdeckt wurden aber....
er will einen plastischen und einen Gefäßchirurgen zuziehen. Der Plastische ist klar und oK. Den Gefäßchirurgen braucht er, weil er die Rezidive en bloc rausholen will und dabei die Hauptschlagader mitnehmen will. Davor habe ich mehr Bammel als vor'm Rezidiv. Was ist wenn der Schlagadernersatz abgestoßen wird? Dann ist das Bein, bis über die Hüfte, ab.
Mein Vater hatte eine Plastikvene wegen Durchblutungsstörungen eingesetzt, da sind zuerst die Zehen, dann die Fersen abgestorben und dann hatte er Glück, dass der Oberschenkel (für eine Prothese) gerettet werden konnte. Bei mir würde dies nicht gehen, ich könnte dann nur mehr im Bett liegen oder auf einer A.-Backe sitzen.

Im Internet finde ich absolut nichts zur Schlagaderntransplantation. So bleibt mir nichts anderes übrig als zu hoffen, dass der Gefäßchirurg Gefahren und Nutzen mit mir bespricht und wir offen und ehrlich entscheiden.

Ich wünsche allen Menschen ein zufriedenes Neues Jahr
Sywal
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  #2  
Alt 31.12.2011, 00:31
mädl2010 mädl2010 ist offline
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

Da fehlen mir schon zum Teil die Worte und dann muss ich sagen werde ich sehr wütend, was die sogenannten Ärzte anbelangt!

Ohne Zweitmeinung ist bei Sarkomen einfach nix und man muss selber einfach mitdenken und mithandeln. Ich bin so dankbar, dass ich in der damaligen Situation mit meiner Tochter RICHTIG gehandelt habe. Wer weiss, wie es ihr sonst nun gehen würde.

Hut ab wie Du das alles meisterst und auch den Ärzten gegenüber trittst!

Ich wünsche Dir alles, alles erdenklich Gute und geniesse das Musical!!!

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  #3  
Alt 01.01.2012, 10:57
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sywal sywal ist offline
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

1991 / 1992

Ende 1991 bemerkte ich einen kleinen Dippel am Oberschenkel, knapp unter der Leiste. Wird mich wohl was gestochen haben dachte ich. Sollte sich das Ding nicht entzünden aber weiter bleiben wollte ich gleich 1992 zum Hausarzt gehen. Jetzt nicht. Ich war noch zu müde. Am Samstag vor Muttertag war meine jüngere Tochter gestorben, mit der größeren gab's auch Probleme und der Berufsalltag war nicht gerade leicht gewesen.
Jänner ging ich also zum Hausarzt. Es sollte eine Biopsie gemacht werden, Dr. M. wollte mir in ein paar Tagen einen Kollegen nennen, welcher die Biopsie durchführen sollte. Beim nächsten Arztbesuch erfuhr ich, dass kein Kollege gefunden wurde, Dr. M. am nächsten Tag die Biopsie selbst machen wollte.
Am Arbeitsplatz angelangt fragte ich meinen Chef ob er einen Chirurgen kennt. Sofort griff er zum Telefon und rief seinen Freund, einen Chirurgen, an. Ich sollte in 14 Tagen in die Privatordination von Dr. S. kommen. Doch als ich sagte, dass morgen eine Biopsie durchgeführt werden soll wurde mir mitgeteilt, dass man in einen Dippel nicht so einfach hinein sticht, der Termin wurde auf in 2 Tagen vorverlegt und die Biopsie abgesagt.
Als ich 3 Wochen später im KH ankam wartete man schon auf mich. Der 1. Patient war ausgefallen. Die Anmeldung war schnell erledigt, eine Schwester führte mich eilig zum Tagesbettenraum. Die dort diensthabende Schwester pflaumte mich gleich mal an, dass es von mir eine Frechheit sei, ein Tagesbett in Anspruch zu nehmen „so was macht man bei uns ambulant“ und sagte abschließend, „ziehen sie sich aus“. Wo fragte ich, sie antwortete ätzend „haben's keinen Platz?“ Na ja Platz war genügend, vor den Betten der anderen, anwesenden Patienten und den am Gang wartenden Patienten – die Türe stand weit offen. Mir war noch nicht mal ein Bett zugewiesen worden. Ich überlegte kurz, dachte, machst den alten Männern eine Freude und ziehst dich halt aus. Bei der Unterwäsche angelangt kam vom Gang eine Schwester gelaufen, zog mich zu einem freien Bett und schob einen Paravant vor. Noch nicht im Bett angelangt kam schon der OP-Lieferant, stolperte über meine noch nicht weggeräumte Reisetasche und schob mich letztendlich in den OP-Bereich.
Rechts neben mir war eine Türe offen. Ich konnte beobachten und hören wie eine Frau in KH-Kleidung privat telefonierte, dabei hatte sie ihre Füße in die unterste Schublade des Schreibtisches abgelegt. So etwas mochte ich nun mal gar nicht. Dann kam noch mein Chirurg, sagte zu dieser Frau „wir fangen an“, sie antwortete „siehst du nicht dass ich telefoniere“ und er lief mit „Frechheit“ und zu mir „ich schicke ihnen wen anderen“ davon. Dieser andere war sehr sehr jung, zittere am ganzen Körper und sollte mir Blutdruck messen. Pfff. Wo war ich da reingekommen? Sollte ich vom Bett springen und davon laufen? Ziemlich schnell gings aber dann ab in den OP.
Aufgewacht bin ich im Tagesbettenraum. Hatte Durst, wollte was zum trinken. Um 12 Uhr würde ich einen Kaffee bekommen. Dann fragte ich die grantige Schwester, ob ich eine Vorlage haben könnte, das Bett war von meiner Menstruation schon voll Blut, das fing zum jucken an. Die Antwort war nein, so was haben wir hier nicht. So verlangte ich eine Bettschüssel – die bekam ich wenigstens und lag bis 16:30 Uhr auf dieser Schüssel.
Es wurde 12 Uhr, ich bat um den versprochenen Kaffee, bekam eine alte Schnabeltasse in die Hand und machte einen Schluck von dem lauwarmen Gebräu. Kaffee? Das war ein übel schmeckender Tee. Vor der Zimmertüre stand ein Kaffeeautomat und so fragte ich die Schwester, ob sie mir einen Kaffee bringen würde. Nein. Jetzt reichte es. Schwester, Kellner, Fräulein, Bedienung, bitte wer bringt mir einen Kaffee von dem Automaten vor der Türe rief ich laut. Ich hatte die Schnautze voll. Genau diese böse Schwester brachte mir dann den Kaffee. Genüsslich wollte ich ihn trinken, mit Ohrstöpsel von meinem mitgebrachten Mini-Kassettenrekorder hören, doch da hatte ich vorerst die Rechnung ohne den Wirt – oder die Schwester – gemacht. Als ich mir das Gerät, welches unter dem Bett in der Reisetasche war greifen wollte – ohne meinen Oberkörper oder Bein zu bewegen – begann die Schwester handgreiflich zu werden, wollte mir das Gerät wegnehmen und schlug mich dabei auf die Hand. Ich sagte zu ihr ganz trocken „so was machen sie bei mir nie wieder“, gab die Stöpsel in die Ohren und hörte meine Musik.
Gegen 14 Uhr kam Dr. S., sah sich den Verband an, entfernte das Schläuchel sagte, um 16:30 Uhr könne ich nach Hause gebracht werden, wir vereinbarten einen Termin zur Nahtentfernung, und er gab mir einen Arztbrief (hochdifferenzierte Liposa möglich). Darüber regte sich wieder die Schwester auf. Nicht beim Arzt, bei mir. Sie hätte ein Kind und sieht überhaupt nicht ein, dass sie hier bis 16:30 warten müsse. Ich empfahl ihr den Beruf auf Häuslfrau (Toilettenfrau) zu wechseln, dafür wäre sie wohl besser geeignet.
Im Medizinlexikon fand ich kein Liposa, bei der Nahtentfernung würde ich ohnehin mehr erfahren. Vor der Nahtentfernung sagte Dr. S. am Telefon, dass ich das Ganze (den Dippel) vergessen könne. Mittlerweile ahnte ich, dass ein Krebsverdacht bestanden „hatte“, aber ich konnte ja das Ganze vergessen.
Voll Freude „ich könne das Ganze vergessen“ ging ich zum Hausarzt, überreichte der Sprechstundenhilfe ein Buch mit einem Dankebillett und verlangte den WC-Schlüssel. Als ich zurückkam sagte die Sprechstundenhilfe, Dr. M. wolle mit mir sprechen, ich soll warten. Ich stand also im Warteraum, Dr. M. fragte mich, vor allen anderen Patienten, was ich unter gutartig verstehe. Na ja, ich kann's vergessen. Er wieder holte seine Frage lauter werdend immer wieder so lange, bis ich kein Krebs sagte. Nein rief er, sie haben Krebs. Ich glaubte, mir nimmt wer die Luft zum atmen weg. Die anderen Patienten starrten mich an. Haltung bewahren war die Devise, so antwortete ich: „mein Chirurg hat gesagt ich kann's vergessen und heute Abend, bei der Nahtentfernung erfahre ich wer von euch lügt“ und ging zur Tür raus.
Bei einem befreundeten Buchhändler, dessen Laden in der Nähe war, bekam ich Trost und konnte mich etwas niederlegen und beruhigen. Am Abend erfuhr ich dann von Dr. S., dass Liposa Liposarkom heisst, es äusserst hoch differenziert war und keine Nachbehandlung notwendig sei. Auch bekam ich die Histo überreicht. Auf das Verhalten von Dr. M. angesprochen meinte Dr. S., dass sie wohl nicht die besten Freunde seien, obwohl Dr. M. seine Tante monatelang falsch behandelt hatte und er, der Chirurg, dieser Tante das Leben rettete. Sie hatte eine (nicht erkannte) Thrombose.

Jahre später, 1998, ich hatte mich in „das Liposarkom“ eingelesen, ersuchte ich die Pathologie dieses KH um Ergänzung der Histo. Es war weder das Ausmaß des chirurgischen Randes noch der Tumorgrad angegeben. Die Antwort kam zügig: Das Resektionspräparat war in mehreren Teilen übersandt, die Resektionsränder nicht markiert worden und daher war es unmöglich die chirurgischen Abtragungsränder nachzuvollziehen. Entsprechend der Fachliteratur (Kopie beiliegend) werden myxoide Liposarkomme immer als Grad I-Tumoren klassifiziert.

Im Sommer 1992 zeigte sich ein großer, rasch wachsender Dippel in der Brust. Ich rief Dr. S. an, der Dippel sollte nun in einem Privatkrankenhaus entfernt werden. Bei einem Krebs-Informationsdienst hinterfragte ich, wie lange ich Zeit hätte, nach Resektion, eine Entscheidung zu fällen. Längstens 1 Monat erfuhr ich. Dr. S. wollte meine Einwilligung zu einer weiterführenden OP. Die gab ich nicht, verweigerte im vorhinein den Gefrierschnitt zu bezahlen. Ich kann's vergessen hat's geheissen und ich habe 1 Monat Zeit. Wollte mich ganz einfach wegen etwas was gar nicht ist (sein kann) fertig machen lassen. Nun gut, dieser Dippel war gemäß Histo ein myxochondroides Syringom in einer mastopathischen Brust. Basta und tschüß ihr Dippel – dachte ich.
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  #4  
Alt 02.01.2012, 13:04
mädl2010 mädl2010 ist offline
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive



Ich bin wirklich geschockt über Deinen Bericht!

Wenn ich das lese... das ist nicht mehr Wut sonder Traurigkeit!
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  #5  
Alt 03.01.2012, 10:02
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1992/1993

Da ich mit meiner jüngeren Tochter eine Deutschlandrundreise, nach Hamburg zu Bon Jovi, nach Berlin zum Mauerfall und nach Bochum zu Starlight express machte, war ich meiner älteren Tochter schon lange eine gleichwertige Reise schuldig. So bestiegen wir Ende September einen Flieger und flogen 14 Tage nach London. Im Hotel angekommen entdeckte ich beim umziehen einen sichtbaren Dippel in unmittelbarer Nähe der Primärtumornarbe. Verzweifelt rief ich meinen Chirurgen an. Dr. S. beruhigte mich, ich sollte den Urlaub genießen und bei Rückkehr baldigst eine CT machen lassen.

Mitte Oktober hatte ich den Befund in der Hand. Der Dippel war, lt. Befund ein Nuss großes Lipom und im großen Becken zeigte sich eine 85x65mm große Verdichtung. Die in der Umgebung liegenden Organe werden deutlich verdrängt. Zwecks weiterer Abklärung wird die Durchführung einer Dünndarmpassage, Irrigoskopie sowie Sonographie empfohlen.

Ich spürte wie sich meine Nackenhaare aufstellten. War das mein Todesurteil? Immer wieder las ich diesen Befund und dann fiel mir auf, dass, wenn man schon mit CT das Innenleben eines Menschen genau betrachten kann, meine Myome doch auch zu sehen sein müssten. Das können, nein das müssen meine Myome sein!

So wurde ich von meinem Hausarzt, Herrn Dr. T. in ein neu eröffnetes Krankenhaus überwiesen und legte dem dortigen Ambulanzchirurgen den CT-Befund vor. Er las den Befund durch, suchte nach Worten bis der Begriff „nicht operationswürdig“ fiel. Was? Bitte was soll den das? Das Lipom ist ein Liposarkomrezidiv und diese Verdichtung im großen Becken sind meine Myome, korrigierte ich den Arzt ganz Fachfrau. Der Ambulanzchirurg sah mich erstaunt an und bat mich ihm die CT-Bilder bis am nächsten Tag zu leihen. Er wollte sich mit dem KH-Röntgenologen die Bilder ansehen. Am nächsten Tag wurden mir die Bilder zurückgegeben, eine Überweisung für die vom CT-Experten geforderten Untersuchungen „zwecks Abklärung“ überreicht und empfohlen in 3 Monaten wieder zu kommen. Na fein dachte ich, der schickt mich nach Hause sterben. Aber, wenn mein Lipom ein Liposarkomrezidiv ist, dann ist die Raumforderung sicherlich von den Myomen, war ich fest überzeugt. Aus „privaten“ Medizinergesprächen wusste ich, dass das LIS zwar rezidivieren aber nicht so rasch streuen würde.

Zur Irrigoskopie musste ich eine schleimige Flüssigkeit einnehmen, nicht gesagt wurde, dass dazu viel Flüssigkeit zu trinken ist. Demgemäß spielte mein ohnehin niedriger Blutdruck verrückt. Noch verrückter war die Untersuchung. Der Röntgenologe kam immer wieder und fragte mich nach dem Grund der Untersuchung mit „ich finde nichts“. Ja, das hatte ich mir schon gedacht.
Beim Ultraschall fand der Arzt auch nichts und stöhnte. „Fahrens mit dem Schallkopf doch mal zu der Gebärmutter“, gab ich ihm den goldrichtigen Tipp. „Die Gebärmutter ist sehr myomatös“ stellte er fest und ich bat ihn, seine Beobachtung in den Befund hineinzuschreiben. „Nein“ antwortete der feine Herr, das könne er nicht machen, denn das würde von der Kasse nicht bezahlt werden (die Gebärmutter ist im kleinen Becken, die Überweisung war für das Abdomen). Jetzt war für mich klar, der feine Herr Professor, KH-Abteilungsvorstand und RÖ-Institutsbesitzer hatte es offenbar nötig auf diese Weise seinen Umsatz zu steigern! Die Dünndarmpassage sollte er aber nicht mehr kassieren dürfen, die sagte ich ab.

Bei Gesprächen mit Histologen erfuhr ich, dass bei dieser hohen Sarkomdifferenzierung kaum bzw. keine Heilungschance durch Chemo- oder Strahlentherapie besteht. Die einzige Chance wäre eine Operation. Durch meine Recherchen erfuhr ich von 2 niedergelassenen Ärzten mit Schwerpunktpraxis. Einer arbeitete in Deutschland, einer in Österreich. Den deutschen Arzt würde ich mir ohne Kredit nicht leisten können. Den, zwar weit weg praktizierenden Österreicher, mit einer Kontoüberziehung sehr wohl. Seine Therapie war billiger, sie erschien mir auch nachvollziehbarer. Durch Zufall war man vor vielen Jahren auf die BCG-Vaccine gekommen, welche z.B. bei Tier und Mensch mit Sarkom, vergleichbare Ergebnisse erzielte. Später begann man zusätzlich inaktivierte Tumorzellen zu applizieren. (Mittlerweile ist ja die industrielle Forschung bzgl. standardisierte Krebsimpfung stark engagiert, hunderte Patente sind angemeldet)

Zusätzlich rief ich einen, im Gesundheitswesen hoch geachteten Politiker an und fragte ihn ganz einfach um Rat. Der österr. Mediziner sei kein Scharlatan, die Therapie jedoch nicht gesichert. Aber, in meiner Situation gäbe es keinen Einwand gegen diesen Therapieversuch. Es wären, im Vergleich zu Chemo/Strahlen, kaum Nebenwirkungen zu erwarten.

So stellte ich mich bei dieser Ärztegruppe vor und wir vereinbarten die Therapie. Zusätzlich mußte ich am Wohnort einen Arzt finden, welcher sich etwas mit Immunsystemtherapie auskennt.

Im Dezember war dann das „Lipom“ auf 4,5x3,1x3,4 cm angewachsen, festgestellt über einen simplen Ultraschall. Ich entschloss mich wieder im Privatkrankenhaus „einzuchecken“, in welchem die Brustoperation durchgeführt wurde. Und schon hatten die Neidhammel Grund sich das Maul zu zerreißen. „Bist was besseres?“ „Na du musst Geld haben!“ Wurden diese Meinungen mir ins Gesicht gesagt, dann antwortete ich trocken, dass ich eben meinen Urlaub im Krankenhaus verbringe während andere am Ballermann das Geld ausgeben. Und genau so sah ich es auch.

Ein Teil des Tumors musste gekühlt, innerhalb kurzer Zeit, beim Arzt in ca. 200km Entfernung abgegeben werden. Mit einem PKW, über die Autobahn, war mir das zu unsicher. So versuchte ich eine Transport-Sondergenehmigung der Bahn zu erwirken. Und wirklich ich bekam die Genehmigung. Eine Arbeitskollegin würde das Gut zur Bahn bringen, das Zugpersonal sollte es am Bestimmungsort einem Taxifahrer übergeben , und innerhalb vorgeschriebener Zeit würde die Tasche beim Arzt sein.

Am Plan stand nun Anfang Februar die Tumorentfernung. Sobald ich die Mobilität wiedererlangt hätte war der Klinikfriseur, Pediküre und Maniküre, eventuell auch ein Besuch bei der Kosmetikerin angesagt. Der Tumor wurde im Privatkrankenhaus extirpiert, eine Lymphadenektomie durchgeführt.

Als ich wieder zu Hause war lag eine Genesungswunschkarte der Bahnmitarbeiter in meinem Briefkasten. Sie kannten mich nicht persönlich, trotzdem hatten sie mit mir engagiert den Transport geplant und nun hatten sie sich die Zeit genommen mir baldige Genesung zu wünschen. Ein Hauch Geborgenheit umschloss meinen Körper, ich fühlte mich wie in einer großen warmen und schützenden Hülle.

Die Histo ergab ein Liposarkomrezidiv, Grad 1, Resektion im Gesunden.

Nun kam die Zeit der Ernährungsumstellung. Zuerst ging ich zur Krebsdiätberatung, dann kam ich irgendwie zur Makrobiotik. Hier lernte ich 3 Richtungen kennen. Eine ganz alte, welche sogar nichts dabei fand zu behaupten, dass man schimmliges Brot essen kann. Dieser Autor schrieb aber auch, dass man nur das essen soll, was in der Umgebung wuchs. Die etwas sanfteren Autoren gaben nicht nur Ernährungstipps, dokumentierten auch alte Hausmittel z.B. gegen Wasseransammlung in den Beinen. Zusätzlich besuchte ich auch einen Makrobiotik-Abend. Hier erfuhr ich, dass es sich bei Makrobiotik nicht nur um Ernährung oder Diät handelt, sondern auch um Lebensphilosophie. Letztere wurde sehr radikal vertreten. Diät war für mich in Ordnung – Lebensplanung nicht. Dankenswerter Weise fand ich in der Nähe meines Arbeitsplatzes einen Bioladen mit makrobiotischer Ausrichtung. Der Besitzer war ein Anhänger der 3. Richtung. "Du kannst ruhig Fleisch und Auszugzucker essen - Du sollst aber wissen, wie das Deinem Körper schadet". Mit dieser enormen Unterstützung begann ich einen Zucker- und Fleischentzug. Bot der Mann in seinem Laden mal eine wunderbare hausgemachte Torte an, verlangte ich 2 Stück davon, so fragte er mich freundlich „muss das sein?“. Nein, und schön brav ging ich ohne Torte aus dem Geschäft.

Es war ein sehr heißer Tag, am Arbeitsplatz war es auch nicht kühler, und trotzdem hatte ich Schüttelfrost. Konnte am Telefon kaum sprechen, die Zähne schlugen aufeinander. Entschlossen packte meine Tasche, rief zu den Kollegen, dass ich in ein bis zwei Stunden wieder kommen würde und ging mit dem Gedanken, mir jetzt einen Schweinebraten zu kaufen, zur nahe gelegenen Hauptstraße. Die auf die Straße scheinende Sonne half nicht gegen den Schüttelfrost, der mich noch immer quälte. Bei einem Großkaufhaus angelangt ging ich sofort ins Selbstbedienungsrestaurant, wollte mir den Braten kaufen doch, als ich das Fleisch sah überkam mich Ekel. Da wurde aber auch ein Butterbrot mit fein geschnittenen Radieschen angeboten. Ich nahm das Brot, Messer und Gabel, setzte mich zum Tisch, schnitt ein Stück von dem Brot, führte es zum Mund. Als sich der Geschmack des Radieschenbrotes im Mund breit machte – war der Schüttelfrost weg. Ich denke, das war der Moment in welchem die sogenannte Entgiftung abgeschlossen war.
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  #6  
Alt 03.01.2012, 11:15
mädl2010 mädl2010 ist offline
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Das nenne ich mal interessant und freue mich auf mehr Infos!
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  #7  
Alt 05.01.2012, 14:13
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[CENTER]1994[CENTER]

Beim Kontrollultraschall, im Februar 1994, wurde wieder eine 3,6x9mm große Veränderung festgestellt. Im März war sie vollkommen gleichgeblieben und im Juni auf 3,2 x 5,3cm angewachsen. Im Juli wurde das 2. Rezidiv entfernt. „Es war kein Problem, auch hinsichtlich der Radikalität bestehen keine Bedenken. Die histologische Untersuchung ergab ein höher differenziertes myxoides Liposarkombild“.
Ich war nach jedem operativen Eingriff wieder sehr schnell am Arbeitsplatz, bzw. stand auch im Krankenhaus telefonisch zur Verfügung. Am Tag nach dieser Operation war ein wichtiger, aber nicht endgültig abschließender Geschäftstermin von meinem Chef vereinbart worden. Mit gutem Gewissen ging ich ins KH, hatte ich doch alles sicher auf- und vorbereitet. Im Aufwachraum, als ich die Augen öffnete, stand mein Chef neben mir. Er hatte sich zum Gewebetransport angeboten. Da hörte ich ihn zu seinem Freund, meinem Chirurgen sagen:“Gib ihr irgend etwas, ich brauche sie morgen in der Firma“. Dr. S. antwortete: „Bist deppat? – Komm...“ und sie gingen in einen anderen Raum. Dieser Vorfall fiel mir erst Monate später wieder ein, als ich mein Ausscheiden aus diesem Betrieb überlegte.

1994 berichtete eine aus Amerika stammende Publikation dass 136 Melanompatienten „geimpft“ wurden und sich dadurch die Fünf-Jahres-Überlebensrate um das Fünffache erhöhte. In einer Ärztezeitung wurde über den österreichischen Aufbau einer Anlage zur Produktion eines Lebendimpfstoffs gegen Krebs berichtet. Alleine für diese Anlage wurden von einem Pharmaunternehmen 150 Mio Schilling bereitgestellt. Und, „sollte sich langfristig ein günstiger Einfluß auf 5-Jahres-Überlebensraten zeigen, könnte der Nobelpreis fällig sein“.

Selbstverständlich kontaktierte ich den in der Zeitung erwähnten künftigen Nobelpreisträger, bekam auch einen Termin. Eine Empfehlung für meine Therapie wurde in Aussicht gestellt. Der Herr Professor hatte keine Zeit, stellvertretend befragte mich ein Oberarzt eingehend. Er überlegte laut, ob man mich in die, in der Zeitung vorgestellte Phase I Studie einschleusen könnte. Dazu hatte ich aber überhaupt keine Lust und das war auch nicht der Zweck des Gesprächs. Es stellte sich dann heraus, dass der Oberarzt sehr gerne den Herstellungsmodus meiner Therapie hätte, versuchte diesen zu kopieren. Unter dem Vorwand, dass ich nachsehen müsse ob das zu kopierende Papier auch das richtige sei, bekam ich die Arbeitsvorlage nochmals in die Hand – und gab sie nicht mehr her. Darauf hin wurde mir gedroht, die mich behandelnden Ärzte anzuzeigen, da dieser Therapieversuch nicht von den Instanzen bewilligt worden war. Rechtlich gesehen war dies nonsen. Sicherheitshalber schrieb ich ein Gedächtsnisprotokoll, schickte es dem behandelnden Arzt. Er schrieb dem Randomisierer einen Brief, dieser antwortete „dass das Gespräch im Beisein einer Krankenschwester geführt wurde, er niemals gedroht hätte“. Ich hatte die Schwester nicht gesehen aber vielleicht hat sie unter dem Tisch gelegen und genau diese Drohung verschlafen?

Kurze Zeit später erfuhr ich von einer öffentlichen Gesprächsrunde, unter Beteiligung von 2 an Krebs erkrankten Schauspielern, 2 Onkologen samt Verstärkung, und dem deutschen Arzt Dr. D. (Buchstabe geändert), welchen ich für meine Therapie in Erwägung gezogen hatte. Beide Schauspieler waren auch bei Dr. D. in Behandlung.
Der Raum war voll, ich hatte Glück noch einen Sitzplatz zu bekommen. Doch wirklich sachlich war die Diskussion nicht. Dr. D. war von den österreichischen Onkologen zu einem bestimmten Thema eingeladen worden, hatte hierzu seine Dias mitgebracht – doch nun war man nicht mehr gewillt über das angekündigte Thema zu sprechen, man wollte Dias zu einem anderen Thema sehen. Da Dr. D. diese nicht mitgenommen hatte, wollte der eine Onkologe kurzerhand die Diskussion absagen. „So geht’s nicht“ übertönte einer der beiden prominenten Patienten das laute Gemurmel. Das Ganze kam mir wie eine Hexerverbrennung vor. Warum waren diese Experten zu keiner sachlichen Diskussion fähig? In der Pause fragte ich einen Schauspieler, wie er als Patienten solch eine Unfairness gegenüber seinem behandelnden Arzt zulassen könne. „Ich bin sowohl bei Dr. D. als auch bei dem einen Onkologen in Behandlung. Wenn ich den Mund aufmache falle ich zwischen 2 Sessel durch“.
Die Gesprächsrunde abschließend sagte dann einer der beiden anerkannten Onkologen zu Dr. D. „eine Tumorvakzine lasse ich mir noch einreden, aber das was sie da fabrizieren nicht“.

Mit einer an Gebärmutterhalskrebs erkrankten Freundin ging ich nun zu diesem Spitzenonkologen, legte das Behandlungskonzept samt Herstellungsmodus vor und bat um eine Empfehlung für die Kasse. Ja, er würde eine Empfehlung schreiben, da die Vakzinierung weltweit bekannt sei. Aber, er würde diese Empfehlung direkt an die Kasse schicken, sonst würde er sie am nächsten Tag in der Zeitung lesen können. Der schreibt das sicher nicht, dachte ich. Doch Jahre später, bei Akteneinblick sah ich, dass der Onkologe tatsächlich nicht ein, sondern 3 Stellungnahmen geschrieben hatte.

08 94:“ …..Nach meinen Erkundigungen wird dabei offenbar eine …....hergestellt, wie sie bereits Anfang der 70-ger Jahre im Sinne einer ….....an mehreren Zentren in den USA und in Europa mit wechselndem Erfolg durchgeführt wurde. Ich glaube daher sagen zu können, dass – von meiner Warte aus – die Patientin sich in dem vorliegenden Einzelfall dieser Behandlung durchaus unterziehen kann“. Kein Wort stand da, dass er mir Strahlen- oder Chemotherapie empfohlen hätte bzw. eher angebracht wäre.

02. 96: „.... dass ich das angewandte Verfahren für in seinen Grundgedanken zwar experimentell interessant, jedoch in seiner Ausführung für wahrscheinlich ineffektiv erachte....Ich glaube aber, dass mit dessen Anwendung der Patientin zumindest kein Schaden zugefügt wurde. …..“
Hier schreibt der Experte, dass er Therapievorschläge (u.a. Strahlentherapie) gemacht hätte, welche auch von meiner Freundin, gemäß Gesprächsnotiz, nicht gehört wurden.

07. 96.: ...dass bei der vorliegenden Vakzine es sich um eine völlig unbelegte Therapiemodalität handelt, die mit insuffizienten Methoden sowie im vorliegenden Fall unter Hintanstellung grundsätzlicher Überlegungen durchgeführt wurde.

Mittlerweile hat dieser Experte, mit ein paar Kollegen, eine Vakzine gegen Krebserkrankungen zum internationalen Patent angemeldet.

Was war/ist nur mit diesen Ärzten los? Da herrscht ja Krieg! Vor wem haben die Angst? Für wen oder was wird dieser Krieg geführt? Für die Heilung von Krebspatienten? Das konnte ich nicht so ganz glauben – glaube ich heute noch nicht! Würden alle an einem Strang ziehen, wäre diese Geisel der Menschheit vielleicht nicht besiegt aber doch die Spitze genommen.

Selbstverständlich gehört die Humanmedizin in einen gewissen gesetzlichen Rahmen, Scharlatanen Grenzen gesetzt. Was aber tun wenn bei sogenannten „verwaisten Krankheiten“ kein öffentliches materielles Interesse besteht? Wenn es nur einzelne engagiert Ärzte gibt, welche auch noch dazu, wie oben beschrieben, angefeindet werden? Die Grundlagen meiner Therapie stammten aus einem universitären Krebsforschungsinstitut. Mit dem Leiter dieses Institutes hatte ich schriftlich Kontakt aufgenommen, sehr schnell eine erfreuliche Antwort bekommen. Dann, erst danach hatte ich mich zur Therapie entschlossen. Damals wusste ich noch nicht auf welches Glatteis ich mich begeben hatte.
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  #8  
Alt 05.01.2012, 20:52
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

Ich bin immer wieder sprachlos.

Das mit den Ärzten untereinander, kann ich nach wie vor nicht nachvollziehen. Einer gegen den andren und überhaupt... Es ist als Patient nicht einfach und man kann es schlicht und einfach NICHT verstehen. Man muss als kranker Mensch noch soviel Kraft haben um seine Gesundheit und beste Behandlung kämpfen zu können. Oftmals aber ist die Kraft kaum noch da.
Kraft - die Diagnose zu verkraften, Kraft - zu kämpfen, Kraft - um auch alles in FRAGE zu stellen.

Meine Daumen sind gedrückt und ich wünsche Dir eine 'gute' Diagnose und einen 'guten' Befund.

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  #9  
Alt 06.01.2012, 11:55
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

1995
Meine Freundin sollte (und wollte auch) nach ihrer Total-OP eine medikamentöse Therapie machen. Zur sogenannten Chemotherapie (ein sehr verallgemeinender Begriff) war sie nicht bereit. Es wurde ihr ein „natürlicher“, „homöopathischer“ Wirkstoff vorgeschlagen, am Ende stand „rekombinant“, und eine Strahlentherapie. Bevor sie zu dieser Therapie ihre Einwilligung gab, wollte sie mit meinem Arzt sprechen, sie vereinbarte einen Termin. Da doch eine weite PKW-Fahrt zu bewältigen war, ersuchte ich eine Arbeitskollegin uns zu begleiten. Doch dann, fast schon vor der von uns gewählten Autobahnabfahrt wurde die Autobahn, wegen einem größeren Unfall, gesperrt. Wir saßen bei brütender Hitze und ohne Ausweichmöglichkeit fest. Keiner von uns hatte ein Handy. Ich bat meine Kollegin den netten Mann auf der Nebenspur zu fragen, ob er nicht unseren Onkologen anrufen könne. Kurze Zeit später teilte er uns mit, dass der Arzt nur mehr per Fax zu erreichen war, er seine Sekretärin angerufen und gebeten hat, dem Arzt ein FAX zu schicken. Nach einiger Zeit, ohne Rückmeldung, baten wir unseren „Beifahrer“ die Gendarmerie anzurufen und zu bitten den Arzt zu informieren bzw. in der Ordination aufzuhalten. Und wirklich, das funktionierte. Es gab und gibt sie ja doch noch die Menschen welche bereit sind zu helfen, Zeit zu opfern.

Zufrieden fuhren wir wieder Richtung Heimat, meine Freundin wusste nun, dass sie die von der Klinik empfohlene Therapie machen will. Kurze Zeit später kam es bei ihr zu einem Darmverschluss, sie wurde wieder stationär aufgenommen. Da sie mit ihrem behandelnden KH-Arzt sehr zufrieden war empfahl sie mir doch auch mal mit ihm zu sprechen, vereinbarte gleich einen Termin.

Ich legte die Befunde vor, der Professor begann laut nachzudenken. „Chemo bringt's nicht, Strahlen auch nicht. Aber Strahlen und Hyperthermie wäre eine Möglichkeit“. So rief er seinen Oberarzt an und informierte ihn, dass ich gleich vorbeikommen werde. Vor irgendeiner Therapiefestlegung sollte eine MRT und ein Skelettröntgen durchgeführt werden. Fest davon überzeugt,dass kein Rezidiv gefunden wird, legte ich mich in die Röhre. 3 Wochen später wurde mir mitgeteilt, dass ich geirrt hatte. Es war wieder ein Rezidiv gewachsen. Der Oberarzt sah zum Fenster raus und sagte: „Zu mir können Sie wieder kommen, wenn die Chirurgen nicht mehr schneiden“. Er empfahl einen Termin in der plastischen Chirurgie dieses Krankenhauses. Meine Freundin nahm mich bei der Hand sagte: „komm, jetzt trinken wir erst mal einen Kaffee, rauchen eine und dann suchen wir die Plastische“.

Diesen Termin nahm ich war, 3 Wochen später sollte die OP sein. Da offenbar keine weitere Therapiemöglichkeit bestand, entschloss ich mich wieder für meinen bereits eingeschlagenen Weg, informierte meinen Arzt. Die plastische Chirurgin teilte mir mit, dass mein bisheriger Chirurg bei der OP anwesend sein wird. Ich war gerührt, dachte, wie sehr doch diese Ärzte auch um mein seelisches Wohlbefinden bemüht sind. Doch, würde dies gut gehen? Ich wollte die vom Onkologen empfohlenen Infusionen bekommen, diese ins öffentliche KH mitnehmen. Auch musste wieder ein Tumorstück verschickt werden. Mein Chirurg sollte hier mit fremden Kollegen zusammenarbeiten. Würde es Kompetenzstreitereien, ausgetragen auf meinen Rücken, geben? Ich bat Freunde während der Operationszeit medidativ Friede und Ruhe in den OP-Raum zu schicken.

Als ich aus der Narkose aufwachte saß meine Freundin schon neben dem Bett, streichelte mich.
Am übernächsten Tag, beim Fieber messen wurde festgestellt, dass ich Fieber hätte. 37,5°. Irgendwie, durch die Körpersprache, durch den Ton der Schwester hatte ich das Gefühl, als wäre dies ein Versagen meinerseits. „Das glaube ich nicht“ stellte ich fest und „gibt's ein nicht digitales Fieberthermometer zum nachmessen?“ Die Schwester kam, setzte sich vor mir, schob das Fieberthermometer unter meine Achsel und blieb, das Ding haltend, vor mir sitzen. Was soll denn das, dachte ich und sagte nicht, dass das wesentliche Silberteil aus der Achsel herausragte. Na ja, dann hatte ich 35,7°. Bei der Visite wurde dann irgendwie eigenartig der Frau Professor mitgeteilt, dass ich 37,5° habe. Nein, das stimmt nicht, stellte ich richtig, ich habe 35,7° und wenn ich Fieber habe, dann nur, weil ich noch nicht auf der großen Seite war. „Wo ist das Problem?“ fragte die Frau Primaria. „Ich kann nicht auf die große Seite gehen, ich spüre das Essen schon im Hals stecken“. „Wo ist das Problem?“ wiederholte sie immer wieder, bis ich sagte: „Na und rauchen will ich auch eine“. So wurde eine Bananenmilch verordnet und 1mal am Tag sollte ich mit einem Rollstuhl zu den Rauchern geschoben werden. Als die Visite den Raum verließ flüsterte mir eine Schwester zu: „passen sie auf, dass sie nach der Bananenmilch genügend zu trinken bekommen“. Hmm?

Nächster Tag um 6 Uhr spürte ich, wie mir ein Löffel ziemlich unsanft in den Mund geschoben wurde. Die Bananenmilch. Jetzt wollte ich es genau wissen, was die Schwester gemeint hatte. Bis 11 Uhr ersuchte ich um Wasser, ich bekam es nicht, nicht einmal ein einziges Glas. Da ich, trotz Erlaubnis, nicht zu den Rauchern geschoben wurde, das Zimmerklo hatte man aus dem Zimmer entfernt, Krücken gab's auch nicht, nahm ich einen Sessel und schob ihn vor mir her, das operierte Bein nicht belastend. Am WC angelangt setzte ich mich zum Fenster-WC, begann meinen Bauch ganz leicht zu massieren und mit meinem Darm zu sprechen: „na kommt's ich brauche euch, seid so lieb und gebt's ein bisserl was her, wir wollen doch keinen Darmverschluss. Bitte nur ein bisserl“. Diese „Methode“ hatte ich von einer alten Hausärztin. Als ich wegen starker Menstruation bei ihr war, ich geschäftlich ins Ausland musste fragte ich sie um Rat. Zuerst sagte sie, ich soll nicht fahren und letztendlich „geh nach Hause und sprich mit deiner Gebärmutter“. Das tat ich dann auch, zuerst etwas spöttisch, dann sehr ernst und intensiv. Es hatte gewirkt, genauso wie hier, der Darm lies etwas frei. Entspannt lehnte ich mich zurück und rauchte eine Zigarette. Es würde keinen Darmverschluss geben. Am nächsten Tag, selbe Handlung nur diesmal: „Nun kommt's ihr könnt das ja, jetzt gebt's alles her“. Der Darm arbeitete zu meiner vollsten Zufriedenheit.

Ich glaube am 5. Tag kam eine Krankengymnastin, sie sollte mich lehren das Bein wenig zu belasten. Unter anderem sagte sie: „immerhin wurde der Satorius amputiert“. Bei wem fragte ich. Na bei ihnen. Bei mir wurde was amputiert? Bitte was ist der Satorius? Ein Muskel. Jetzt wurde ich aber sehr grantig. Warum wurde mir das nicht gesagt, verlangte Einblick in den Patientenakt. Der wurde nicht bewilligt mit der Begründung, dass man ohnehin gleich nach der OP mit mir gesprochen hätte. Es dauerte nicht lange bis ich beobachten konnte, wie eine problemlose Patientenaufklärung funktioniert. Meine vis a vis Bettnachbarin wurde nach ihrer OP in das Zimmer geschoben. Gleich darauf kam die Oberärztin und besprach mit ihr den Operationsverlauf. Die Patientin antwortete und fragte auch – und konnte sich am nächsten Tag an nichts erinnern. Ich möchte da nichts unterstellen, aber ich weiß jetzt, dass ich nach einer Operation absolut nichts entscheiden darf und werde auch in Zukunft ein Arzt-Patientengespräch erst am nächsten Tag erbitten.

Zu Hause, die Hirnwindungen funktionierten wieder, erfuhr ich von meinem Hausarzt, dass er vom KH angerufen worden war. Die mitgebrachte Seleninfusion war, für das schulmedizinische KH-Personal eine tödliche Dosis, man wollte dies hinterfragen. Mit diesem Arzt hatte ich, mit Sondergenehmigug, ein Wochenendseminar für Ärzte besucht, in welchem das begleitende Procedere gelehrt wurde. So konnte er mit gutem Gewissen grünes Licht für meine dem KH übergebene Therapie geben. Ich hatte schon einmal eine Sondergenehmigung bekommen. Bei einer Medizinertagung wurde auch ein Sterbebegleitseminar angeboten. Am Vormittag "kratzte ich verbal noch die Kurve", konnte als ausschließliche Patientin unentdeckt bleiben. Am Nachmittag stellte mich der Vortragende als Patientin vor. Tief beeindruckt war ich von der unterschiedlichen ärztlichen Verarbeitung der Todesfälle. Zeitweise schmerzte es mich Ärzte so leiden sehen zu müssen.

Vom Chirurgen erfuhr ich, dass er bei der Primaria des KH einen Fortbildungskurs besucht hatte und er deswegen zur OP eingeladen wurde.

Ein Jahr später stellte ich mich vereinbarungsgemäß wieder in der Ambulanz vor. 4 oder 5 Studenten (?) kamen mit der Primaria. Ich teilte ihr mit, dass die Operationsnarbe schmerzt, ganz besonders der Hautzipfel, der am Ende der Narbe wegstand und am gegenüberliegenden Oberschenkel rieb. Das kommt von der Chemo, sagte sie, „habe ich nicht bekommen“ (und wurde von ihr auch nicht empfohlen). „Ach so ja, das kommt von der Strahlentherapie“ und ich, „hab ich nicht bekommen“ (und wurde von ihr auch nicht empfohlen). Erstaunt sah sie mich an, sagte „jössas, sie sind die, die alles verweigert“, gab den Studenten den Auftrag meinen Oberschenkel abzutasten, eine Überweisung an ein pyhsikalisches Institut zu schreiben und verließ den Raum.

Mit dem physikalischen Institut machte ich einen Glücksgriff. Die Einzelturnstunde, bei einer sehr engagierten Frau, baute nicht nur meinen buckelig und hinkenden Gang sondern sehr oft auch meine Seele auf.

Bei meiner Freundin wuchsen mehrere, mit freiem Auge sichtbare, schmerzende Dippel. Ein Dippel wurde chirurgisch angegangen – es waren Metastasen. Jedes ½ Jahr war meine Freundin zum Gyn gegangen und nun sollte sie mit knapp 35 Jahren gehen müssen. Sie zog sich immer mehr zurück, auf ihr Hochbett, in die hinterste Ecke. Sie hatte enorme Schmerzen, die Schmerzmittel halfen nicht mehr. So überredete ich sie ins KH zu fahren, schleppte sie in die Ambulanz. Auf der Station aufgenommen konnte sie, schmerzfrei, ca. 3 Wochen später für immer einschlafen.
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  #10  
Alt 08.01.2012, 13:28
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1995 - 2002

Ich hatte begonnen mein Leben neu zu orientieren. Die 1994, mit Kredit renovierte 3 Zimmer Wohnung im 10. Stock, mit schönem Ausblick und der Möglichkeit den Sonnenuntergang zu beobachten, hatte ich kurz vor der OP 1995 in eine 1 Zimmer Wohnung im 2. Stock getauscht. Die Pension war beantragt, und befristet bewilligt worden, mein Einkommen nun geringer und sozialstaatabhängig. Die Armut meiner Kindheit und nach Familiengründung wollte ich nicht noch mal erleben, nur um weiter in einer großen schönen Wohnung zu leben. Habe ohnehin nur einen Popsch für den ich nur eine Sitzfläche brauche. Habe aber einen Gaumen, der gerne mehr als täglich Kartoffel ohne irgendetwas hätte, und ab und zu wollte ich ins Kino gehen. 1994, als ich den Kredit aufnahm, dachte ich noch nicht an eine Umorientierung. Das Geld, welches ich durch Wohnungsverkleinerung einsparte, ging noch einige Jahre für die Rückzahlung meiner Schulden drauf. Aber ich hatte, auf lange Sicht gesehen, den richtigen Schritt gesetzt. Hatte gelernt zu unterscheiden zwischen „was will ich“ und „was brauche ich“. Die freiwillige Reduktion des Lebensstandards erlebte ich ohne größere Probleme.

Mein Hausarzt hat, wie schon die Hausärztin vor ihm, die Kassenordination zurückgelegt. Der Chirurg wurde Primar in einem Privatkrankenhaus geworden und stand für mich nicht mehr zur Verfügung. Meine materiellen und psychischen Resourcen für weitere Behandlungen waren gleich Null. Sicherlich gab es einige Anläufe zu Therapien. Auch hier lernte ich, dass ich zuerst die Gesamtkosten gesichert haben muss und erst dann eine Therapie eingehen kann. Alles andere würde wenig Sinn machen. So verlegte ich meine Ziele nicht auf Hilfe bei anderen Menschen suchen sondern konzentrierte mich auf „mein Wissen ist mehr Macht über mich“.

Durch den Streit mit der Behörde wegen Rückerstattung der Behandlungskosten kam es auch zum verbalen Eklat mit den beiden Onkologen, welche an der Diskussion mit den Schauspielern teilgenommen hatten. Beide Onkologen empfahlen OP+Chemo+Strahlentherapie, sie leiteten auch Studien bei welchen diese Therapien an Patienten beobachtet wurden.

Der erste Experte behauptete u.a. auch, dass sich myxoide Liposarkome vorwiegend im Bauchraum entwickeln. Gemäß meinen, vorerst sehr einfachen Recherchen stimmte dies nicht. Ich suchte und fand auch woher dieser Arzt möglicherweise seine Information hatte. In einem anerkannten medizinischen Lexikon war die häufigste Lokalisation mit „Bauchraum“ angegeben. So erlaubte ich mir den Herausgeber auf diesen Fehler aufmerksam zu machen und wirklich, in der nächsten Auflage, sollte, laut Rückantwort, der Eintrag geändert werden.

Nach einer Befragung jenes Onkologen, welcher diese 3 Gutachten geschrieben hatte, wurde mir per Bescheid mitgeteilt, dass ich einen Grad 3 Tumor hatte, mein Einspruch mit Berufung auf die vorliegenden histologischen Befunde wurde abgelehnt. Mittlerweile etwas in die medizinische Statistik eingelesen empfand ich seine Behauptung, er könne mit OP+Chemo+Strahlen 80% der Patienten mit meiner Diagnose (myx. LIS Grad 1!) ein Rezidiv ersparen als Medizinerwitz. Menschen die gestorben sind können, und nur das ist wissenschaftlich belegbar, kein Rezidiv entwickeln. Er berief sich auf eine internationale Studie, nannte den Autor. Vor der Behörde sagte er noch „diese Studie gebe ich ihnen“, am nächsten Tag meinte er „wie komme ich dazu, gehen's in die Bibliothek“. Hatte er diese Publikation sinnerfüllt gelesen und entdeckt, dass sie seine Aussage nicht bestätigt? So lernte ich die Fachbibliothek kennen und, nach dem ich den Überblick hatte, begann ich sämtliche internationale Studien zu kopieren, deren Ergebnisse zu katalogisieren. Jene wenigen Publikationen, welche in dieser Bibliothek nicht vorhanden waren ließ ich von einem Literaturservice besorgen. Letztendlich waren es dann 7 Ordner Unterlagen. Aber es gab bis 1999 keine einzige Studie welche für ein operables myxoides Liposarkom Grad 1 einen Überlebensvorteil durch die empfohlene Therapie brachte.

Es gab und gibt aber sehr wohl Patienten mit Weichteilsarkomen, welche von den „scharfen“ Therapien profitierten, die Überlebens- und rezidivfreie Zeit verlängert werden konnte! Es gibt sie auch unter den Liposarkompatienten (Grad 1!), z.B. bei Inoperabilität!

Zu guter letzt wurde mir von einer Freundin das Studienprotokoll des Onkologen zugeschickt. U.a. ist hier zu lesen: „....Die Verabreichung einer ….mit potentiell aggressiver Charkteristik ist daher von großem klinischen Interesse in der Therapie dieser Tumoren, könnte aber auch beispielgebend für die ….Behandlung anderer aggressiver Malignome sein.
Und, unter Einschlußkriterien dieses Studienprotokolls waren keine Grad 1 Weichteilsarkome zu finden. War das die Erklärung für den Grad 3 Bescheid?

Irgendwann begann ich mich komplett zurückzuziehen, ging zu keinem Arzt mehr, wenn ich nur daran dachte bekam ich Panikattacken. 1 Mal in der Woche verließ ich für Lebensmitteleinkäufe die Wohnung, das telefonieren mit Freunden fiel immer schwerer, bis ich auch dies bleiben ließ. Dann fand ich in einer Zeitung ein Inserat, dass ein kleinerer Hund abgegeben wird. Alleine würde ich es nicht mehr schaffen mit den Öffis zu fahren, so bat ich meine Tochter mich zu begleiten. Wasti hieß der kleine Kerl, mein Therapiehund. Ob ich nun wollte oder nicht, mit ihm musste ich das Haus verlassen und auch ab und zu mit anderen Menschen sprechen.
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  #11  
Alt 10.01.2012, 09:51
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2003 - 2005


Schön langsam war ich in die 2. Reihe der Abrufbaren vorgerückt. Obwohl immer wieder berichtet wird dass wir älter werden, hat sich mein Bekanntenkreis sehr verkleinert. Aber die Todesfälle, von der 2. Reihe aus betrachtet zeigten, dass vieles nicht so ist wie man in einer zivilisierten sozialen Welt vermuten würde.

So begann ich mich mit meiner Endlichkeit auseinanderzusetzen, versucht einen Platz in einem Sterbebegleitseminar zu bekommen. Zuerst wollte man mir die Teilnahme verweigern. Der Kursleiter meinte, als Krebskranke wäre ich wohl beim Psychologen besser aufgehoben. Dann durfte ich doch teilnehmen, und mit der Bezahlung der Kursgebühr war der Kursplatz gesichert. Mehrere Abende und ein Wochenende lauschte ich den Vortragenden. Beruhigend war das Gelehrte für mich nicht. Sollte ich nicht einem plötzlichen Tod erliegen, so würden hohe Abhängig- und Hilflosigkeiten auf mich warten. Einige Betreuende meinen dem Sterbenden gutes zu tun, verweigern z.B. das „gesundheitsschädliche“ Lieblingsessen, ein Glaser Wein, eine Zigarette oder wirkende aber lebensverkürzende Schmerzmittel. Andere wieder finden einen Weg den Kranken ins Lieblingsbeisel zu bringen, lassen dort das Lieblingsessen pürieren und achten darauf, dass sich der Abschied nehmende nicht verschluckt. Sie versuchen die bisherigen Gepflogenheiten bis zum Ende zu ermöglichen. Zumindest diese beiden persönlichen Betreuungsgruppen leiden unter schwersten psychischen und physischen Belastungen mit, sie sind bis zur völligen Erschöpfung für den Sterbenden da. Das wollte und will ich meiner Tochter nicht antun, sie braucht ihre Kräfte für mein Enkerl. Für mich stand und steht fest, wenn ich nur irgendeine Wahl habe, gehe ich zum Sterben in ein Hospiz.

Durch dieses Seminar wurde mir aber auch klar, dass ich eine Patientenverfügung schreiben muss. Damals hatte solch eine Verfügung, hinterlegt bei einem Verein, keine bindende Wirkung für den behandelnden Arzt.

Die nächste mir gestellte Aufgabe war, mich von den mit Panikattacken begleitenden Zahnarztbesuchen zu befreien. In der Volksschulzeit mussten wir in die Schulzahnklinik, auch wenn man bei einem niedergelassenen Arzt regelmäßig kontrolliert oder behandelt wurde. In dieser Klinik wurde gebohrt und gebohrt....... So hatte ich schon als Jugendliche keinen einzigen Zahn der nicht mit Füllmaterial versehen war. Sehr früh trug ich eine Teilprothese. Die Standardfüllungen wurden in der Fachwelt immer mehr kritisiert, auch erschienen vereinzelt Publikationen welche nahe legten, dass belastete Zähne zugeordneten Organen schaden können. Als einer meiner letzten 5 Zähne zu schmerzen begann, ließ ich mir unter Teilnarkose diese Zähne reißen. Diesen Schritt habe ich bis heute nicht bereut, auch wenn ich in keinen harten Apfel beißen kann – der wurde eben ab sofort klein geschnitten. Die Sarkombelastung wurde ich aber nicht los.

Anfang 2003 hatte ich das Gefühl, dass sich etwas in der rechten Leiste staut. Mit Gymnastik löste sich dieses Hindernis auf. Sicherheitshalber, ich konnte den Oberschenkel noch immer nicht ansehen, ersuchte ich eine, so glaubte ich befreundete Nachbarin, doch einmal zu tasten ob sie einen Dippel spürt. Sie tastete, spürte angeblich nichts. Im Mai entdeckte ich das Rezidiv selbst, zufällig beim Anziehen. Erschrocken rief ich eine befreundete Ärztin an, versprach ihr unverzüglich zur MRT zu gehen, sie würde sich um einen Kollegen kümmern. Am Wohnort wollte ich nicht in ein öffentl. Krankenhaus gehen, hatte ich es mir doch mit den beiden Spitzenonkologen verscherzt. Und bei denen führte kein Weg vorbei.

Die MRT ergab, trotz Vorlage aller Vorbefunde, „ eine 7x5x5cm große septierte cystische flüssigkeitsgefüllte RF. In erster Linie ist an eine Lymphocele zu denken. Für ein Liposarkomrezidiv ist die RF äußerst untypisch“.
Flüssig, flüssig – das kannte ich von einem histologischen Befund. Ich suchte und fand im Befund von 1995 „Im myxoiden Stroma mehrerenorts sog. Pooling-Phänomen – Ausbildung von Grundsubstanzseen mit am Rand angereicherten Tumorzellen.
Der empfohlene Chirurg, in einem kleineren Krankenhaus am Rande der Stadt arbeitend, meinte, dass die Raumforderung nicht operationswürdig sei. „Bitte“ sagte ich, „dass ist offenbar wieder ein Rezidiv. 1995 wurden lt. histologischem Befund im Tumor Seen gefunden. Und selbst wenn es eine wachsende Zyste ist, ich kämpfe seit Jahren um die Erhaltung meines Beines und soll mir jetzt die Gefäße von einer raumfordernden Zyste abdrücken lassen?“ Nach Abtastung der Läsion war er dann doch bereit, das Ding rauszunehmen.

Ohne viel zu tun hat sich ein Kreis um mich geschlossen, in welchem ich mich geborgen fühlte. Es waren wieder zum überwiegenden Teil fremde Menschen die mir beistanden. Ich erfuhr, dass die sog. befreundete Nachbarin damals, als ich sie bat den Oberschenkel abzutasten, sehr wohl einen Dippel gespürt hatte, das Ergebnis den Nachbarn erzählte. Viele haben es gewusst – nur ich nicht. Eigenartigerweise war ich nicht zornig, ich war bestürzt, wie gemein Menschen sein können.

In dieses KH fuhr ich mit dem Zug. Mir wurde ein 3-Bett-Zimmer zugewiesen und aus dem Fenster sehend, konnte ich meine geliebten Berge, besser gesagt Hügel, sehen. Vor Freude spürte ich, wie mir die Tränen runterkullerten. Dann kam eine sehr nette Schwester und erledigte den Verwaltungskram. Am nächsten Tag war die OP geplant.
Bei der ersten Visite nach der OP erfuhr ich, dass der Tumor in toto entfernt wurde. Der Tumor war so schön, wir haben ihn fotografiert, sagte der Arzt schelmisch. Hier fühlte ich mich wohl, der kleine Garten des KH wurde mein Lieblingsplatz. Das viele Grün, die liebevolle Pflege ließen mich rasch genesen.

Der histologische Befund bestätigte meinen Verdacht, es war ein Rezidiv. Es war aber auch vermerkt, dass die den Tumor umgebende Kapsel an 2 Stellen eingerissen bzw. defekt war. „Sie haben den Tumor in toto entfernt“ fragte ich den Chirurgen? „Ja“ antwortete er, „ganz sicher. Ich habe ihnen ja erzählt, dass wir das Sarkom fotografiert haben. Dabei haben wir ihn auch einmal umgedreht. Der Defekt muss dabei passiert sein“. Insgesamt fuhr ich dann noch 3 mal in dieses KH. Zur Nahtentfernung und 2 weiteren Nachbehandlungen, es war zu einer beträchtlichen Lymphansammlung gekommen. Abschließend stellte ich fest, dass ich mich in diesem KH sehr wohl und geborgen gefühlt habe.

Und nun erlebte ich einen kleinen Exkurs in einen anderen medizinischen Bereich, nämlich der Schilddrüse.
Kurz nach meiner Scheidung, vor vielen Jahren, wurde ich wegen immer wiederkehrenden Depressionen und Gewichtsabnahme in eine Schilddrüsenambulanz geschickt. Dort stellte man eine vergrößerte Schilddrüse fest, ein Medikament wurde verschrieben. Wie es in großen KH so ist, hat man immer wieder einen anderen Arzt – so lange bis mich mal ein Arzt fragte, wozu ich eigentlich dieses Medikament nehme. Er wollte mich auf die Psychosomatik schicken. Ich bestand darauf, dass er den Arbeitsauftrag der Überweisung erfüllte, wartete den Befund ab, gab dem Arzt recht und hörte mit der Einnahme der Pulver auf.

Jahrzehnte später ging ich wegen Herz rasen und starkem zittern zum Hausarzt, er überwies mich zum Internisten. Dieser stellte fest, dass ich zur Schilddrüsenambulanz müsse, um eine chirurgische oder radioaktive Behandlung durchführen zu lassen. Ich folgte dieser Empfehlung, vorerst wurden Tabletten verschrieben. Ziemlich schnell kam aber die mündliche und schriftliche Empfehlung der endgültigen Sanierung, welche ich ablehnte. Die Schilddrüse ist die Hormonzentrale, Hormone sind lebensnotwendig, so kann ich dieses Organ doch nicht einfach so raus nehmen lassen. Bzgl. Nebenwirkungen war es doch günstiger die nun reduzierte Dosis von ¼ F. weiter zu nehmen, mit der Möglichkeit diese abzusetzen, als lebenslang von der Einnahme des Hormonersatzes abhängig zu sein. Auf die Empfehlung der endgültigen Sanierung fragte ich immer „warum“, bekam nie eine Antwort. Nach vielen Monaten bekam ich endlich Antwort: "Für Diskussionen haben wir hier keine Zeit, da müssen sie schon in eine Privatordination gehen". Zu Beginn der Behandlung wurde u.a. ein ausführlicher Ultraschall gemacht, so war eine US-Kontrolle fällig. Der Mann fuhr mit dem Schallkopf an der Schilddrüse herum. War der Schallkopf kaputt? Er las sich die Bewertung des 1. US durch, verzog sein Gesicht und schon wieder hatte ich das kalte Eisen am Hals. "Stimmt was nicht", fragte ich. Nein, nein, sagte er, passt schon und drückte auf den Ausschaltknopf. Als dann diese US-Kontrolle im Arztbrief nicht erwähnt wurde war es für mich an der Zeit eine Privatordination aufzusuchen. Mit allen Befunden ausgestattet irrte ich mich doch prompt (und das war wirklich keine Absicht), legte auf Verlangen der Ärztin die sehr alten US-Aufnahmen, nicht jene des KH vor. Eigenartiger Weise glich ihre Bewertung jener des Altbefundes und nicht der letzten Aufnahmen. Auch sie empfahl die endgültige Sanierung, auf meine Standardfrage bekam ich endlich Antwort: „Damit die lästigen (3 monatlichen) Kontrollen entfallen“.
Zu Hause angekommen suchte ich nun im Internet den Autor einer, schon vor Jahren aufgehobenen Publikation über inadequate Schilddrüsenbehandlung. Es gab ihn noch, er war mittlerweile Professor geworden und arbeitete von meinem Wohnort weiter entfernt. So kontaktierte ich ihn mittels Mail, fragte an ob seine alte Publikation noch Gültigkeit hätte. Ja, sie hat und er war bereit sich meine Befunde anzusehen. Ich schickte ihm sämtliche Befunde in Kopie und dann kam seine Antwort:
„......annähernd normal große bzw. lediglich gering vergrößerte SD, die von Seiten des Szintigrammes und des Ultraschalles keine wirklichen wesentlichen Auffälligkeiten aufweist. Im Ultraschall werden wiederholt kleinere, echoärmere Areale / Läsionen beschrieben, die jedoch – meiner Meinung nach – in Abhängigkeit von den Ultraschallgeräten, etc. als nicht wirklich aufffällig bzw. beunruhigend derzeit einzustufen sind. Die Laborwerte weisen ebenfalls eine nahezu durchgehend euthyreote (normale) Funktionslage auf, lediglich die TG-AK sind erhöht, jedoch in einem Ausmaß, welcher ebenfalls als nahezu „physiologisch = normal“ anzusehen ist. …........Wie anhand der Laborbefunde unter F-Therapie nachzuvollziehen ist, handelt es sich bestenfalls um eine „intermittierende“ latente hyperthyreote bzw. subklinische hyperthyreote Stoffwechsellage, die jedoch auch aufgrund von anderen externen Einflüssen (Jodgaben etc.) zu erklären wäre. Aus meiner Sicht ergeben sich derzeit – immer unter dem Aspekt der mir vorliegenden Befunde betrachtet – keinerlei zwingende Notwendigkeiten für die Durchführung einer SD Operation; ebenso wäre die Gabe von F. zu hinterfragen......“.
Tja, über die (Minderheits)Probleme mit Jod in den Nahrungsmitteln hatte ich schon einiges gelesen, aber auch Kontrastmittel können Jod enthalten. Ich neutralisierte die Stellungnahme, legte sie bei der nächsten KH-Kontrolle vor und teilte mit,dass ich das Medikament bereits abgesetzt hatte. Ich weiß nicht ob es einen Zusammenhang gibt, ärztlicherseits wird dies verneint. Meine persönlichen Beobachtungen ergaben, dass doch einige, ohne Schilddrüse herumlaufenden Menschen eine Diabetes entwickeln. Und diesen Rucksack wollte ich mir nicht auch noch aufbürden.
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  #12  
Alt 10.01.2012, 17:26
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Standard AW: Myxoides Liposarkom - Rezidive

Hallo ihr Lieben!

Heute habe ich endlich meinen Chirurgen erreicht. Er hatte noch keinen Kontakt zu den beiden anderen Kollegen (plastische, Gefäß), welche er zur OP beiziehen will. Morgen oder übermorgen soll ich Bescheid bekommen. Ich will hoffen, dass er sich das Ergebnis der CTPET bereits angesehen hat.
Bis zu dem Telefonat hatte ich große Angst, dass er sagt: "tut leid, sie haben eine/mehrere Metastasen, ich kann sie nicht mehr operieren". In dieser Warteschleife hatte/habe ich Kopfschmerzen, Hals und Rippen schmerzten und meine Hüfte begann auch wieder zu toben. Bin überzeugt, dass das Ganze mit der angeschlagenen Psyche zu tun hat.
Hat er sich die PET noch nicht angesehen, kann ja alles noch kommen.
Aber nun will ich hoffen, dass der Chirurg bei seinen Kollegen etwas (für mich positives) erreicht, die zur Teamarbeit gewillt sind und mit mir der genauere OP-Plan besprochen wird.

Und zum Schluß wieder ein ganz großes Danke!
Sywal
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  #13  
Alt 12.01.2012, 18:35
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Hallo da draußen!

Heute nachmittag wurde ich angerufen, dass ich morgen um 8 Uhr in der Gefäßambulanz sein soll. Vielleicht lerne ich da meinen Gefäßchirurgen kennen, vielleicht aber auch irgendeinen Arzt, der den Auftrag hat meine Gefäße anzuschauen.
Werde morgen berichten.
Schönen Abend
Sywal
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  #14  
Alt 13.01.2012, 12:44
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Hallo!
Nun bin ich wieder zu Hause, habe den geplanten Gefäßchirurgen kennengelernt.
Anfangs gab's gleich ein Mißverständnis, der Chirurg wußte im Moment nicht warum ich seine Dienste in Anspruch nehme und ich wollte mich nicht mit einem Arzt unterhalten, der mich ohnehin nicht operiert, und teilte dies höflich und freundlich mit.

Ich fragte dann den Arzt ob er bereit ist im OP zu stehen und nicht zu arbeiten, sollte sich herausstellen, dass eine Gefäßtransplantation nicht nötig ist. Ja, auch das hatte er schon erlebt und damit kein Problem gehabt. Er fragte mich dann ob ich über die unerwünschten Wirkungen Bescheid wisse und ich ihn, ob bei Gefäßversagen eine weitere OP möglich ist. Ja wäre, aber....... letztendlich heißt es dann Bein ab. Aber er sagte auch, dass ein großer Unterschied besteht zwischen Patienten mit Gefäßerkrankungen und meinem Fall.
Beim Ultraschall stellte sich heraus, dass der Tumor ca. 2mm vom Gefäß entfernt ist, vielleicht gäbe es gefäßtechnisch noch was anderes, dachte er laut nach und, aber das seien Spekulationen, da muss man abwarten. Die Vene im linken Bein ist OK, sie kann transplantiert werden.
Auch über die Nachsorge bzgl. Blutverdünnung haben wir gesprochen, die würde in der Gefäßambulanz sein. Wir waren uns einig, dass dies beim Hausarzt möglicherweise inadequat sei. Das war für mich auch ein sehr wichtiger Punkt.

Abschließend, ich bin zufrieden. Jetzt vereinbaren die Chirurgen, wann wir uns im OP treffen.
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  #15  
Alt 14.01.2012, 10:24
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2004

Im Frühjahr spürte ich einen kleinen Dippel dort, wo täglich das herauskommt, was man am Vortag gegessen hat. Wird wohl eine Hämorrhoide sein, dachte ich. Publiziert worden war, dass die Wissenschaft möglicherweise erfolgreich versucht mit Wirkstoffen den Tumoren die Blutzufuhr abzuschneiden. Man lässt sie aushungern. Eine Hämorrhoidensalbe wäre demgemäß kontraindiziert, ein Arztbesuch wohl kontraproduktiv.

Im Herbst begann dieser Bereich zu schmerzen, und wie das so ist, manche Schmerzen vergehen, manche nicht – diese blieben. Ausgestattet mit meiner Weißkittelallergie ging ich zur neuen Hausärztin, Sie überwies mich mit Metastasenverdacht auf die Onkologie des nahegelegenen KH.

Auf der Onkologie konnte, besser gesagt musste ich ein Arztgespräch mithören. Einem älteren Herrn wurde vor mir, im Warteraum, von der Ärztin mitgeteilt, dass er sich nochmals einer OP unterziehen müsse. „Warum“, fragte er, „warum haben sie nicht gleich das Ganze rausgenommen“ und die Ärztin antwortete „das machen wir immer so, wir nehmen zuerst immer nur einen kleinen Teil raus“. Ich spürte wie sich mein Körper verkrampfte. Wird wohl so eine Darmgeschichte sein, meinen Gedanken gelang es kaum mein Bauchgefühl zu beruhigen.

Dann wurde ich von einer ganz lieben Onkologin aufgerufen. Sie gab mir ohne Plastikhandschuhe die Hand, tastete ohne Plastik meinen Oberschenkel ab und erst dann, bei Betrachtung meines Hinterteils, griff sie zum Handschuhspender und zog das kalte Latex über. Ich empfand immer großes Unbehagen, wenn Ärzte nach Patientenwechsel die Handschuhe nicht wechselten, die Plastikhände nicht gewaschen wurden. Sie war sich nicht ganz sicher, möglicherweise wäre das eine Metastase, war ihre Meinung. Wie auch immer, das gehört chirurgisch saniert. Nach meiner Einwilligung informierte sie telefonisch den Oberarzt der chirurgischen Ambulanz. Als sie auflegte sagte sie: „damit nichts passiert“.

Es war bereits Mittag, Übelkeit stieg in mir auf, es war noch nicht abzusehen wann ich aufgerufen werden. So ging ich in den Parterre zum Kaffeeautomaten, holte mir einen Kaffee und ging gleich wieder zur Chirurgie. Dort angekommen wurde ich auch schon aufgerufen. Mit dem Kaffee ging ich also zum Arztgespräch. Der Arzt sah sich das Problem an, ich konnte mich wieder anziehen und niedersetzen, nahm einen Schluck Kaffee. „Trinkens nur ihren Kaffee weiter, sie sollten nämlich nüchtern sein“ sagte er. Dann rief er den Arzt an, welcher mich operieren würde und teilte ihm mit, dass eine Exzision durchzuführen sei“, legte auf und lachte, die Schwester mit ihm. Ich hinterfragte dieses Verhalten und wurde aufgeklärt, dass ich von einem „sehr guten Spezialisten, dem besten Chirurgen des KH“ operiert werden würde – und sie grinste wieder. Die Notaufnahme verweigerte ich, ich musste nochmals nach Hause, für meinen Hund einen Platz finden und mein Bett frisch überziehen. Dank des unangebrachten Kaffee trinkens wurde, ohne viele Diskussionen der Aufnahmetermin auf 15 Uhr verschoben.

Es war ein schönes 3-Bett-Zimmer welches mir zugewiesen wurde. Auf dem Einwilligungsbogen verwies ich auf meine Patientenverfügung und, dass ausschließlich eine Exzision, ggf. mit knappem Rand sollte der Schließmuskel gefährdet sein, durchzuführen sei. Nun kam eine Anästhesistin kurz vorbei, beim weggehen meinte sie „Ich gebe ihnen einen Kreuzstich“, ich rief ihr nach „warum“. Schon bei geöffneter Zimmertüre antwortete sie sehr unfreundlich , dass sie mir, mit meiner Schilddrüsenerkrankung sicher keine Vollnarkose gäbe. „Was, rief ich, das habe ich aber noch nie gehört“ und „wie siehts denn da mit den unerwünschten Nebenwirkungen aus, bin ich dann ganzkörpergelähmt oder kann ich nur die Beine nicht bewegen“ rotzte ich zurück.

Der OP-Gehilfe kam, meinte wohlwollend „das Abszesserl haben wir gleich“, ich versuchte den Irrtum aufzuklären. Dies gelang nicht, aufstehen und davonlaufen konnte ich auch nicht mehr. Im OP angekommen versuchte ich erfolglos immer wieder auf die Metastasenmöglichkeit hinzuweisen, letztendlich verlangte ich eine Spritze zum einschlafen. Kurz vor dem einschlafen hörte ich das Telefon läuten, eine Schwester sagte: „Sch., immer vor Dienstschluss“ und „Notfall nicht beatmet, nicht intubiert“ und schon lag ich alleine im OP. Das war ja wie im Film mit dem Ärtzehelikopter.....

Aufgewacht bin ich wieder im Zimmer, bei der Visite hörte ich, dass ich 3 Tage nur Flüssigkeit, u.a. Astronautennahrung zu mir nehmen dürfe. Mit danke, brauche ich nicht, ich habe genug Reserven, lehnte ich diese Ersatzkost ab. Ein Supperl, Joghurt, Wasser und Kaffee würden mir reichen. Neugierig sah ich dann mal in den Eiskasten und fand diese Astronautennahrung, las mir die Inhaltsstoffe durch und, was stand denn da? Diese Leckerchen waren bereits ein halbes Jahr abgelaufen. So nahm ich die 3 oder 4 Flaschen, brachte sie zum Stützpunkt, verwies auf das Ablaufdatum. Ein altes Joghurt nahm ich auch gleich mit.

Im Arztbrief stand dann unter Diagnose: Perinalabszess bei Liposarkom, Incision und Drainage. Nächste Kontrolle: 4 Tage später bezüglich weiterem Procedere bei bekanntem Liposarkom in der Med. Ambulanz, 5 Tage später in der chirurgischen Ambulanz. Bei der Onkologie ging ich nur kurz vorbei. Die nette junge Ärztin war schwer erkrankt, ein anderer junger Onkologe hat einen Schlaganfall erlitten, es würde längere Wartezeiten geben. Zufall? Betriebsklima? So entschloss ich mich dieses Abteilung nicht länger mit meiner Anwesenheit zu belasten.

Der Arzt der chirurgischen Ambulanz fragte mich, was ich hier wolle. Ich soll zur Kontrolle kommen. „Was? Na sie sind gut. 1992 waren sie bei uns und jetzt kommen sie zu Kontrolle?“ Ich zog den Arztbrief aus der Mappe, der Arzt erkannte, dass ihm alte Unterlagen aus 1992 vorgelegt wurden, die neuen Unterlagen waren nicht vorhanden. Er zuckte mit den Schultern, las sich den Arztbrief durch und kontrollierte die Wundheilung. Als ich fragte was die Histologie ergeben hat, fragte er zurück, welche Histologie? Jetzt wurde ich aber sehr unruhig. Der Mann stand auf, fragte die Schwestern nach der Histo, kam zurück mit der Mitteilung dass diese noch nicht vorliege, grinste und murmelte, falls eine gemacht wurde.
Bitte wurde wenigstens eine Exzision durchgeführt? Weiß ´ich nicht, war ja nicht dabei, aber ich sehe eine Incision. Und wie merke ich das wenn es eine Metastase war? Dann wächst das nicht zu, war die Antwort. Ich musste wissen, ob es sich um eine Metastase gehandelt hat. Innerhalb kurzer Zeit könnte durch eine Nach-OP gröberes verhindert werden.

Nein, es war damals nicht Zorn der in mir aufstieg, es war Hass. Zu Hause angekommen schrieb ich einen Antrag auf Patientenakteneinblick und fuhr damit ausgestattet ins KH, ging gleich in das Sekretariat und legte den Antrag vor. Die Sekretärin bekam große Augen, schluckte, suchte telefonisch den Akt in verschiedenen Abteilungen des KH, suchte dann im Computer, fand die im Blechkasten deponierten Unterlagen und druckte mir einiges – kostenlos – aus. Dann kam der, für sie wohl erlösende Anruf dass der Akt gefunden sei, ich sollte zur chir. Abteilung kommen.
Eine sehr nette Oberschwester wartete bereits, begleitete mich in ein kleines Kammerl legte den Akt vor, ich würde alles kopiert bekommen was ich brauche.

Das Entnahmedatum war der 24., die Anforderung an die Histo vom 27., die Fragestellung Sarkom. So rief ich die Histologin an und fragte, nach welchen Sarkomzellen denn gesucht wurde, nach einem Knochen oder Weichteilsarkom? Sie hat, so die nette und bemühte Frau, beim Chirurgen nachgefragt und könne sich noch genau erinnern, dass das Material auf Liposarkom geprüft wurde.
Das histol. Ergebnis: entzündliche alterierte epidermale Zyste – na ja, und den Verdacht auf Zyste kennen wir bereits, der wurde 2003 nach der MRT geäußert. Aber, die Wunde war gut und problemlos verheilt.

Das Ergebnis:
In diesem KH, im Computerprogramm, gab es für Diagnosen an diesem Körperteil nur das Kürzel K61, nämlich die Diagnose Anal/Perinalabszeß, Für die operative Therapie nur 3362, OP bei Hämmorrhoiden, Analfistel. Ein Metastasenverdacht war im Programm nicht vorgesehen.
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