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  #1  
Alt 16.08.2001, 14:42
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Hört es irgendwann auf weh zu tun?

Hallo, mein Vater ist vor 1 1/2 Jahren an Krebs erkrankt. Vor 6 Monaten hat er den Kampf verloren.
Als Die Diagnose gestellt wurde, sagte man uns es ist heilbar. Nach der 1. großen Chemotherapie (6x, jeweils 5 Tage) ist der Krebs in seinem ganzen Körper. Nach der 2. großen Chemo hat man uns mittgeteilt daß man ihn nur noch schmerzfrei halten kann. Mein Vater wollte aber nicht aufgeben und machte weiter mit den Chemotherapien. Jede Woche 2x.
In der Zeit hat er sein Leben geordnet. Er ist zum Friedhof gegangen und hat sich sein Grab ausgesucht. Meine Eltern haben ihr Haus abbezahlt und das Auto wurde verkauft, weil er nicht mehr fahren konnte. Er hat sich von allen verabschiedet und ist eine Woche nachdem alles "erledigt" war, friedlich eingeschlafen.

Er hat uns nie gesagt wie schlecht es um ihn steht. Wir durften nie mit einem Arzt sprechen. Und sollten wir doch mal einen erwischt haben, durfte er uns nichts sagen. Mein Vater wollte nicht, daß wir erfuhren wie es um ihn stand. Er hat uns immer gesagt, daß die Chemo anschlägt und er bald wieder arbeiten kann.

Etwa 2 Monate vor seinem Tod war mir klar, daß er nicht mehr lange leben wird. Er hat nur noch in der Küche auf seinem Stuhl gesessen, nach draussen gestarrt und alle paar Minuten Schmerztropfen in sich hineingeschüttet.

An seinem letzten Tag ist mein Vater ins Krankenhaus zur Chemo gegangen, aber die Ärzte haben ihm gesagt das er die nicht bekommen kann weil er zu schwach ist. Daraufhin musste er im Krankenhaus bleiben. Er sollte wieder zu Kräften kommen. Abends um halb 10 kam dann der Anruf.

Seitdem ist nichts mehr wie es war. Meine Mutter hat jeglichen Lebensmut verloren und mein Sohn (7 Jahre) trauert um seinen Opa. Er weint sich in den Schlaf und baut Särge aus Pappe, wo dann sein Opa liegen soll. Er versteht nicht, wieso sein Opa hier auf Erden solche Schmerzen ertragen musste.

Und ich funktioniere nur noch. Rede mir ein, daß es so für meinen Vater am besten ist. Aber ich vermisse ihn so schrecklich.

Claudia
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  #2  
Alt 16.08.2001, 22:49
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Hört es irgendwann auf weh zu tun?

Ja Claudia,

es wird mal aufhören, aber bestimmt nicht auf einen Schlag.
Du beschreibst drei Personen die leiden, alle drei leiden aber jedoch unterschiedlich, denn es sind drei Generationen und auch drei unterschiedliche
Verbindungen zu dem Heimgegangenen: für die Mutter der Lebenspartner,
für Dich der Vater, für Deinen Jungen der Opa.
Weißt Du liebe Claudia, ich bin überzeugt der Junge leidet am meisten von allen.

Er vermisst den Opa sicher sehr, dann bekommt er mit wie es um Dich und der Oma steht und das gibt ihm noch zusätzlich Druck, denn er kann die Situation nicht ändern, er ist machtlos und somit leidet er sehr. Bitte versuch doch möglichst wenn es irgendwie geht dem Jungen gegenüber den Opa nicht gross zu erwähnen,
so hat er mindestens die Chance langsam die Gedanken zu reduzieren. Weißt Du, er ist 7 Jahre jung, er kommt mit anderen Kindern in Berührung die kein Leid zu verdauen haben, wenn das Spielen im Vordergrund steht, dann wird auch er seine Sorgen langsam aber bestimmt auf die Seite schieben, und wenn zu hause
nicht immer alles aufgefrischt wird, ist bald die Ruhe wieder da.


Für euch Erwachsenen ist es eher eine längere Prozedur, man kann es nicht vergessen, man soll es auch nicht, dennoch sollte und muss man der Tatsache ins Auge sehen. Die Leere die er hinterlassen hat muss ausgefüllt werden, egal mit welchem Hobby, aber auch mit der Überlegung was hat er uns doch noch mitgeteilt. Ihr sollt nicht zu viel leiden, er wusste es wird passieren, er hat die Tatsache gekannt und wollte mit allen Mittel verhindern dass ihr zu früh mit dem Leid in Berührung kommt. Er hat euch den Weg gezeigt und vorgemacht. Um es umzusetzen seid ihr gefordert, reisst euch zusammen, packt neu an, mit Mut und Elan, egal wenn die Tränen runter laufen im Gesicht, beisst auf diese harte Nuss und bewegt euch, geht unter die Leute, egal wo, wichtig ist nur Abwechslung muss es sein. Der Opa hat euch mit letzter Kraft vorgemacht: ich gebe nicht auf, ich mache weiter. Leider war die Krankheit stärker. Liebe Claudia, steh auf und iss, nach dem Essen bewege dich, du hast hier noch eine grosse Verantwortung, Deinen Sohn, also steh endlich auf und beginne neu zu leben, für Dich, Deinen Sohn, Deine Mutter und nicht zuletzt Deinen Vater, der das von Dir wollte.


lieben gruss
paolo
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  #3  
Alt 17.08.2001, 10:08
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Hört es irgendwann auf weh zu tun?

Hallo Claudia

Ich kann Dich sehr gut verstehen, denn ich habe meinen Paps erst vor genau 3 Monaten verloren und kann es immer noch nicht glauben, dass es Wahr sein soll. Was mich irgendwie am Weitergehen bringt sind mein kleines Baby das im Bauch wächst, meine Familie, Freunde und dieses Forum. Ja dieses Forum hilft einiges zu verdauen auch wenn es manchmal extrem schwierig ist. Aber ich weiss man Paps hätte dies hier auch gemacht; anderen zu helfen wenn es bei einem selber nicht funktioniert hat............................Claudia den Schmerz den wir empfinden können nur wir empfinden die sowas durchleben, alle anderen versuchen zwar zu helfen und zu trösten aber sie wissen nicht wie es ist. Es ist schon so wie jemand mal im Forum geschrieben hat, die Zeit hat für uns Betroffene eine ganz andere Bedeutung. Sich unter die Leute mischen ist vorübergehend gut aber sobald man zuhause ist holt einen die Realität schnell ein. Was Deinen Sohn betrifft so würde ich mit ihm immer und immer wieder sagen, dass es Grossvater jetzt viel besser geht und, dass dort wo er ist er traurig ist, wenn er sieht, dass sein Enkelkind so traurig ist. Wenn er es beim ersten mal nicht glaubt dann sage es ihm immer und immer wieder. Sehr wahrscheinlich hat der Kleine das Gefühl sich von seinem Grossvater nicht so richtig verabschiedet zu haben. Lass ihn vielleicht einen Brief schreiben oder was Malen was ihr dann ans Grab legt, vielleicht hilft ihm das.
Claudia und Du schreibe hier im Forum so of t Du willst und kannst über Deine Gefühle. Auch meine Mutter war am Anfang ganz schlimm. Aber ich sage ihr immer und immer wieder, dass es doch Paradox ist sich so gehen zu lassen und somit auch krank zu werden, während unsere Väter so um das Leben gekämpft haben. Ich sage meiner Mutter immer wieder, dass wenn ihr was zustossen sollte, weil sie nicht auf sich aufpasst, ihr das Papa nie verzeihen wird. Ich reisse mich immer und immer wieder zusammen wenn ich mit meine Mama bin und wenn ich dann alleine bin weine ich auch. Man braucht so unendlich viel Kraft. Ich denke auch jetzt noch, dass mein Vater einfach auf eine lange Reise gegangen ist und bald zurückkommt. Die Gefühle die man durchlebt sind wie eine Achterbahn, mal geht es besser und mal schlechter.

Trotzdem Kopf hoch Du bist nicht alleine

Liebe Grüsse
Biljana
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  #4  
Alt 03.09.2001, 09:52
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Beiträge: n/a
Standard Hört es irgendwann auf weh zu tun?

Hallo,

danke für Eure Antworten. Ich hatte 2 Wochen Urlaub und konnte deshalb nicht antworten.
Ich muss sagen, in den 2 Wochen ging es mir ausgesprochen gut. Mein Sohn wurde eingeschult und die Tage waren ziemlich aufregend.

Meine Mutte und ich haben sehr viel Zeit miteinander verbracht und irgendwie ging es uns richtig gut. Ich war oft bei meinem Vater auf dem Friedhof und habe ihm alles über die Einschulung erzählt. Er wär bestimmt stolz auf seinen Enkel.

Paolo meinte, ich sollte nicht so oft mit Jan über seinen Opa reden, damit er die Gedanken an ihn reduziert. Warum sollte er? Auch wenn er noch klein ist, wird er seinen Opa nicht vergessen können. Und er soll das auch nicht. Jan kommt oft zu mir und will alles über seinen Opa wissen. Wie er als Kind war, wie er als Mensch war. Er macht sich viele Gedanken über ihn und ich finde das nicht verkehrt. Es ist seine Art, den Tod zu verstehen und zu akzeptieren.

Ich merke, das er langsam anfängt den Tod seines Opas zu verstehen. Er kann auch mittlerweile an sein Grab gehen. Letzte Woche hat er seinem Opa ein Herz aus weißen Steinen auf sein Grab gelegt. Er meinte daraufhin zu mir: "damit mein Opa nicht vergißt wie lieb ich ihn habe".

Bilana, wie geht es Deinem Baby? Ist es Dein 1. Kind? Ich freu mich auf eine Antwort.

Bis dann
Claudia
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