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  #1  
Alt 19.06.2018, 13:55
spice spice ist offline
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Standard Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Hallo zusammen,
ich brauche dringend ein paar Meinungen.
Mein Mann hat seit 04/17 ein malignes Melanom mit Hirnmetastasen, welches zu verschiedenen Behandlungen geführt hat, unter anderem letztes Jahr zwei große Hirn-OPs, Bestrahlung, Immuntherapie, BRAF-MEK-Hemmer etc..
Insgesamt natürlich für uns als Familie (Mann 48 J., ich 43 J., Sohn 9 J., Tochter 3 J.) natürlich ohnehin eine große Belastung.
Nachdem von 12/17-05/18 eine Atempause durch MEK&BRAF hatten, ist nun seit Mai eine erneute Progression festgestellt worden. Derzeit bekommt er Ipi-/Nivo-Infusionen
Dazu kommt aber noch, dass mein Mann, vermutlich als Folge der OP, Krampfanfälle hat.
Der erste fand im August statt, ich fand meinen Mann nach der Arbeit blutend und verwirrt, die Kleine war allein bei ihm.
Der nächste Anfall war im Februar, hier war ich dabei, das war schon schlimm, weil mein Mann sich nach dem Krampfanfall verwirrt gegen die Rettungskräfte zur Wehr setze. Meine Kinder waren im oberen Stockwerk, hörten den Vater aber schreien.
Jetzt Mitte Mai ein erneuter Krampfanfall, nach dem akuten Krampf waren die Rettungskräfte noch nicht da, mein Mann wieder verwirrt und aggressiv, er ging mich an und die Kinder sahen es mit an. Seitdem ist mein 9-jähriger Sohn traumatisiert, hat riesige Angst vor seinem Vater, sagt er fühlt sich nicht mehr sicher daheim, fragt ihn bei jeder schnellen Bewegung, ob alles ok ist...
Seitdem gab es noch zwei leichtere Anfälle, vermutlich aufgrund einer veränderten Medikation (war eine Woche in einem Epilepsiezentrum zum einstellen) und Notfallmedikamenten. Er war auch nicht mehr aggressiv, aber verwirrt halt. Schon das war aber schlimm für meinen Sohn, er hat sich dann über Nacht zu Freunden bringen lassen. Derzeit ist mein Mann wegen einer heftigen Reaktion auf die Immuntherapie wieder in der Klinik.
Schlimm ist jetzt, dass mein Sohn auf jede Nachricht, dass es dem Vater besser geht, verängstigt fragt, ob er jetzt entlassen wird.
Und natürlich wird er das auch in ein paar Tagen, wenn nichts dazwischen kommt. Ich bin jetzt völlig hin und her gerissen, auf der einen Seite freue ich mich natürlich, dass es meinem Mann derzeit besser geht, auf der anderen Seite tut es mir weh, meinen Sohn so zu sehen und ich bin auch der Meinung, Kinder sollten sich daheim sicher fühlen können. Auch kann ich meinem Sohn ja nicht versprechen, dass es nicht wieder vorkommt, das weiß ja keiner.
Auch Polizei und Jugendamt wissen schon von der Problematik, weil bei den Krampfanfällen, wo mein Mann aggressiv war, ein Polizeieinsatz nötig war. Das sitzt natürlich auch irgendwie im Nacken. Würde man meinen Sohn fragen, würde er wohl sagen, dass er wo anders wohnen will, solange der Papa im Haus ist.
Für meinen Mann ist das natürlich total schlimm, er liebt seine Kinder über alles und neben der Diagnose, die ja schon schlimm genug zu verkraften ist, kommt jetzt noch, dass sein Sohn sich gar nicht freut, wenn er nach Hause kommt. Da er selbst in den Situationen nicht "da" war und diese nur aus Erzählungen kennt (er kann sich natürlich an nichts erinnern), kann er emotional auch die Reaktion unseres Sohnes nicht nachvollziehen. Ich habe das Gefühl, wenn ich ihm das Problem schildere, meint er, wir wollen ihn "abschieben". Ich weiß jetzt echt nicht, wie das weiter gehen soll. Mein Mann ist außerhalb der Krampfanfälle (von denen ja keiner weiß, ob die nach einer Woche oder nach drei Monaten wieder vorkommen) ja auch noch total normal (außer halt schnell erschöpft etc.), also keinesfalls pflegebedürftig, so dass eine externe Unterbringung nicht in Frage kommt (zudem fände ich das auch wieder schlimm, wer weiß, wie viel Zeit überhaupt noch bleibt). Alleine wohnen geht aber auch nicht wegen der Krampfanfälle.
Was würdet ihr in so einer Situation raten?
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  #2  
Alt 19.06.2018, 14:47
Beccamaus Beccamaus ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Hallo Spice,

meinst du nicht es macht Sinn wenn dein Mann, wenn er wieder zu Hause ist, mit deinem Sohn spricht. Sie sollen sich beide einfach Zeit füreinander nehmen, vielleicht zusammen ins Bett legen und dein Mann erklärt ihm alles. Dein Mann muss sagen das er in diesem Moment nicht Papa ist und das er hinterher nichts mehr davon weiß. Oder ihr sucht einen Psychoonkologen auf? Aber ich würde das Thema aufgreifen, er versteht mit 9 genau was ihr meint. Meine Tochter ist 10 und versteht alles was mit ihren Opa passiert. Die Kinder wissen ja auch das es früher "anders" war und das er liebevoll war.

LG und ganz viel Kraft für dich und deine Familie.
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  #3  
Alt 19.06.2018, 15:31
vintage vintage ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

hallo spice,

raten würde ich:
therapeutische begleitung für deinen sohn,
damit er mit einer neutralen emphatischen person
über die familienverhältnisse, wie sie nun mal sind, frei reden kann.

den berührenden, authentischen film "halt auf freier strecke" anschauen -
zusammen oder du mit dem sohn, oder du mit mann.... in einer geschützten atmosphäre.
es geht um einen familienvater mit hirntumor,
der im reihenhaus durch seine krankheit einiges durcheinander bringt.
zum teil mit lustig-traurigen folgen. der film íst ab 6 jahren freigegeben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Halt_auf_freier_Strecke

überlegungen anstellen, dass dein mann nicht mehr alleine mit den kindern ist.
bzw. diese die sicherheit haben, das immer jemand anderes noch da ist.

bei uns gibt es einen hospiz-dienst, der auch nach hause kommt.
das ist gut für gespräche einzelner familienmitglieder, aber auch untereinander.
auch die erkrankte person braucht evtl. jemanden zum reden.

ängste der kinder ernst nehmen; viel reden dadrüber, wenn der bedarf besteht.
kinder kinder sein lassen und ihnen viele gute erlebnisse verschaffen,
die das belastende im leben etwas ausgleichen.

vielleicht findet ihr in gesprächen zusammen ruhig ausgefallene lösungen, damit alle zufrieden sind.
der krebs ist ein ausnahmezustand und da darf auch ausgefallenes zur hilfe genommen werden.

viel kraft auch gerade dir!
__________________
lieben gruß, vintage



Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
starb knapp fünf Monate nach der Diagnose.
* Juli 1965 - + Mai 2015

ED Weihnachten 2014 Darmkrebs mit zu vielen Lebermetastasen,
dann auch Lungenmetastasen...
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  #4  
Alt 19.06.2018, 16:21
Jedimeisterin Jedimeisterin ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Liebe Spice,

vielleicht findest du dort auch Hilfe wegen der Epilepsie:

http://www.epilepsie-vereinigung.de/

Dickes Kraftpaket und ganz liebe Grüße
Jedimeisterin
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  #5  
Alt 19.06.2018, 17:03
spice spice ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Hallo ihr Lieben, vielen Dank für die Antworten!
Den Film werde ich mir mal anschauen. Therapeutische Begleitung suchen wir, haben aber erst für August einen Termin.
Natürlich hat mein Mann und auch ich mit ihm geredet, dass das nur die Krankheit ist und nicht der Papa selbst und er versteht es auch- vom Kopf her.
Aber vom Gefühl her hat er Angst, v.a. weil es ja jederzeit wieder passieren kann. Es war halt wirklich eine massive Situation, mein Mann hat in der Post-Krampf-Phase mit Messern hantiert, wollte das Sofa aus den Angeln heben, hat versucht mich zu packen und in das Zimmer zu ziehen, wo meine Kinder schreiend standen und nicht raus konnten, weil er in der Tür stand, schließlich sind sie/wir dann panisch die Treppe runtergeflüchtet... Vor dem Haus standen die Rettungskräfte und trauten sich nicht rein, weil sie ihn noch vom letzten Mal in Erinnerung hatten, drinnen hörten wir es poltern... Man muss dazu sagen, dass mein Sohn sowieso vom Naturell her sehr sensibel ist und ich befürchte, er hat echt einen Knacks weg. So schlimm wir es sich anhört, aber er spricht vom möglichen Tod seines Vaters schon fast so, als wäre das nicht die schlechteste Lösung. Das ist einfach furchtbar!
Allein ist er sowieso nicht mehr mit den Kindern, das würde mein Sohn gar nicht mitmachen. Aber ich kann auch nicht 24 h direkt neben meinem Mann stehen. Ein Krampfanfall war, als ich im ersten Stock war und mein Mann mit den Kindern im Wohnzimmer. Ganz realistisch gesehen ist das doch gar nicht anders machbar, wenn man in einem Haus wohnt
Viele gute Erlebnisse zu schaffen versuche ich, aber auch das geht eigentlich nur ohne den Papa, der kann das momentan gar nicht. Neulich hat er versucht, mit zu einem Fußballturnier unseres Sohnes zu gehen (das war immer eine tolle Gemeinsamkeit) und prompt dort die Aura bekommen, Notarzt etc., mein Sohn hat sich nicht getraut, mit uns nach Hause zu fahren, weil er Angst hatte, Papa fängt im Auto an zu randalieren...
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  #6  
Alt 19.06.2018, 19:40
Jedimeisterin Jedimeisterin ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Zitat:
Zitat von spice Beitrag anzeigen
Allein ist er sowieso nicht mehr mit den Kindern, das würde mein Sohn gar nicht mitmachen. Aber ich kann auch nicht 24 h direkt neben meinem Mann stehen. Ein Krampfanfall war, als ich im ersten Stock war und mein Mann mit den Kindern im Wohnzimmer. Ganz realistisch gesehen ist das doch gar nicht anders machbar, wenn man in einem Haus wohnt
Viele gute Erlebnisse zu schaffen versuche ich, aber auch das geht eigentlich nur ohne den Papa, der kann das momentan gar nicht. Neulich hat er versucht, mit zu einem Fußballturnier unseres Sohnes zu gehen (das war immer eine tolle Gemeinsamkeit) und prompt dort die Aura bekommen, Notarzt etc., mein Sohn hat sich nicht getraut, mit uns nach Hause zu fahren, weil er Angst hatte, Papa fängt im Auto an zu randalieren...
Liebe Spice,

vielleicht solltest du dich trotzdem Gedanken machen über einen Pflegegrad.

Ist jetzt etwas offtopic: Mein jüngster Sohn ist Autist, körperlich topfitt, muss
aber ständig beaufsichtigt und angeleitet werden.
Und in Prinzip muss man ja auf deinen Mann ja auch aufpassen, dass da
nichts passiert. Aber da belese dich bitte, es gibt da auch ein checkliste, ob
es überhaupt auf dich zutrifft.

Mein Schwager war auch damals an Krebs mit Hirnmetastasen. Und der hatte
auch epileptische Anfälle gehabt. Meine Schwester konnte ihn auch schlecht alleine lassen. Er war durch diese häufigen Aussetzer lange im Krankenhaus.
Naja, leider war mein Schwager dann an seinem Krebsleiden erlegen, weil
die Erkrankung bereits im Endstadium war.

Arbeitest du Teilzeit oder Vollzeit? Sind deine Kinder nachmittags noch in der
Schule und in der Kita?

LG Jedimeisterin

Geändert von gitti2002 (20.06.2018 um 01:29 Uhr) Grund: NB
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  #7  
Alt 20.06.2018, 05:42
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Liebe spice,

Zitat:
Jetzt Mitte Mai ein erneuter Krampfanfall, nach dem akuten Krampf waren die Rettungskräfte noch nicht da, mein Mann wieder verwirrt und aggressiv, er ging mich an und die Kinder sahen es mit an. Seitdem ist mein 9-jähriger Sohn traumatisiert, hat riesige Angst vor seinem Vater, sagt er fühlt sich nicht mehr sicher daheim, fragt ihn bei jeder schnellen Bewegung, ob alles ok ist...
Meinst Du mit "er ging mich an", daß Dein Mann Dich körperlich attackierte bzw. Dir Gewalt antun wollte?

Zitat:
Therapeutische Begleitung suchen wir, haben aber erst für August einen Termin.
Natürlich hat mein Mann und auch ich mit ihm geredet, dass das nur die Krankheit ist und nicht der Papa selbst und er versteht es auch- vom Kopf her.
Aber vom Gefühl her hat er Angst, v.a. weil es ja jederzeit wieder passieren kann. Es war halt wirklich eine massive Situation, mein Mann hat in der Post-Krampf-Phase mit Messern hantiert, wollte das Sofa aus den Angeln heben, hat versucht mich zu packen und in das Zimmer zu ziehen, wo meine Kinder schreiend standen und nicht raus konnten, weil er in der Tür stand, schließlich sind sie/wir dann panisch die Treppe runtergeflüchtet... Vor dem Haus standen die Rettungskräfte und trauten sich nicht rein, weil sie ihn noch vom letzten Mal in Erinnerung hatten, drinnen hörten wir es poltern... Man muss dazu sagen, dass mein Sohn sowieso vom Naturell her sehr sensibel ist und ich befürchte, er hat echt einen Knacks weg. So schlimm wir es sich anhört, aber er spricht vom möglichen Tod seines Vaters schon fast so, als wäre das nicht die schlechteste Lösung. Das ist einfach furchtbar!
Therapeutische Begleitung ändert zunächst mal gar nichts daran, daß Deine Kinder bereits traumatisiert sind.

Und auch nichts daran, daß Dein Mann zeitweise ein Sicherheitsrisiko für Euch alle sein kann.
Und zwar ein evtl. lebensbedrohliches, weil er evtl. wie ein Irrsinniger handeln kann.
Daß Ihr darüber geredet habt, hilft dabei auch herzlich wenig.

Helfen könnte jedoch, daß Dein Mann selbst Angst davor hat, daß er unkalkulierbar "ausrasten" und dabei etwas tun könnte, was er "bei Sinnen" niemals tun würde.

Es geht also im Prinzip darum, wie einerseits Du und Deine Kinder Euer Sicherheitsbedürfnis "garantieren" könnt und andererseits die Freiheit des Handelns Deines Mannes nur so weit eingeschränkt wird, daß er für den Fall der Fälle (Anfall) mit Sicherheit "neutralisiert" werden kann.
Jedenfalls so weit, daß Ihr Euch jederzeit vor ihm in Sicherheit bringen könnt.

Es ist sicher eine ungeheuer schwierige Situation, in der Ihr alle Euch befindet, aber dennoch sollte gerade in solchen Situationen ein Weg gefunden werden können, wie das familiäre Zusammenleben trotz evtl. "Ausnahmen" weiterhin aufrecht erhalten werden kann.
Das erfordert aber bei gutem Willen u.U. etwas unorthodoxe Problemlösungen.

Rein technisch gesehen ist das an sich kein Problem:
Wäre ich in der Situation Deines Mannes, hätte ich nichts dagegen, wenn man mich an eine "lange Leine" hängen würde.

Weder von "Kettenhund", noch von "Entwürdigung" will ich dabei sprechen.
Sondern nur davon, daß ein Bewegungs-Spielraum so eingeschränkt wird, daß alle damit ganz gut "leben" können.

Dein Mann hat hier aus meiner Sicht eine "Bringschuld".
Läßt sich das mit dem normalen Tagesablauf Deines Mannes (daheim) vereinbaren?
Wie ist der denn?

Liebe Grüße
lotol
__________________
Krieger haben Narben.
---
1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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  #8  
Alt 20.06.2018, 09:48
spice spice ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Hallo zusammen, vielen Dank für die Antworten.
Ich arbeite Vollzeit, die Kinder sind in Ganztags-Kita und -Schule untergebracht.
Mein Mann war bisher tagsüber also allein zuhause, bis zu der letzten Eskalation im Mai hat er die Kleine in die Kita gebracht und wieder abgeholt, jetzt natürlich nicht mehr. Aber auch er sollte eigentlich nicht mehr allein daheim sein (auch wenn wir durch Notfalluhr mit Sturzsensor etwas abgesichert sind).

Ja, mit angegangen meine ich körperlich, er ist, für mich überraschend, nach dem Krampf in den ersten Stock gegangen, wohin sich die Kinder zurückgezogen hatten und ich natürlich hinterher, um die Kinder da rauszuholen. Er hat dies aber nicht zugelassen sondern hat versucht, mich zu packen und in das Zimmer hineinzuzerren bzw. hochzuheben (keine Ahnung warum und wozu). Ich musste mich massiv körperlich wehren, meine Kleidung ist dabei zerrissen. Natürlich war das traumatisierend, v.a. für den Großen.
Für meinen Mann ist das natürlich auch schrecklich, gerade, weil er merkt, dass sein Sohn Angst hat. Er hat darum auch auf ein starkes Notfallmedikament gedrängt, das wir jetzt auch haben und wovon er sehr schnell einschläft. Das haben wir auch schon beim letzten Mal eingesetzt und es hat gut funktioniert (zumal er da gar nicht aggressiv war, nur eben verwirrt). Ich denke, die reale Gefahr ist dadurch eher nicht mehr so gegeben. Aber mein Sohn kann das nicht glauben. Gestern hat er nochmal betont, dass er mit seinem Vater nicht mehr in einem Gebäude sein will (am liebsten nur noch skypen ).
Ich habe nur keine Ahnung, was man da machen kann. Wie gesagt, außerhalb der Krampfanfälle ist mein Mann (noch?) total normal, körperlich und kognitiv. Was sollte er in einem Pflegeheim machen (wenn es denn überhaupt genehmigt würde)? Die Abstände zwischen den Krampfanfällen waren zwischen einem halben Jahr und einer Woche. Zuletzt waren sie zwar häufiger aber durch die neue Medikation erhoffen wir uns schon, dass sie wieder seltener werden und eben die Aggressivität wegbleibt. Aber die Garantie, dass es nicht passiert und dass der Papa nicht mehr aggressiv wird, kann ich meinem Sohn natürlich nicht geben, das wäre gelogen (und er würde es eh nicht glauben). Ich bin wirklich ratlos...
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  #9  
Alt 20.06.2018, 15:50
hierfalsch hierfalsch ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Hmmm... Was für eine Sch*** Situation... Also mir fiele zu allem, was die anderen schon vorgeschlagen haben noch die Frage ein, ob es vielleicht einen "sicheren Ort" gibt, den Dein Sohn für sich haben kann um selbst zu entscheiden, wieviel bzw. wie wenig Nähe zum Papa er verkraftet? Also z.B. "Du kannst jederzeit bei Oma und Opa übernachten, wenn Du das möchtest, hier ist der Schlüssel, aber willst Du nicht bei uns Zuhause sein?"
Vielleicht gibt es ihm eine gewisse Sicherheit, dass er sich dem nicht aussetzen MUSS, sondern er sich eine Auszeit nehmen kann, wenn er das will?
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  #10  
Alt 20.06.2018, 16:28
vintage vintage ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

ja, was hierfalsch schrieb, trifft es auch. ein sicherer ort muss her. und wahlmöglichkeiten.


ich wollte nur noch sagen, dass ich es ganz toll finde,
dass dein/euer sohn über seine gefühle wie angst etc., über seine grenzen
und seine bedürfnisse so gut reden kann und du sie auch wahrnimmst.
das er den mut und das vertrauen hat, ein gutes in allem schlimmen.

als mein mann krank war, konnte sein sohn ihn nur ganz selten besuchen,
weil er wahrscheinlich auch angst hatte: vor dem anblick, vor dem abschied etc.
nur er konnte es uns bzw. seinem papa nicht sagen oder mitteilen,
sondern blieb einfach nur fern, was sehr schmerzhaft war - besonders für meinen mann. der sohn war fast 20.
auch "nach allem" konnte/kann er - zumindest mit mir und seinen halbschwestern - nicht darüber reden, was für alle sehr schade ist.
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Mein geliebter Mann wurde nur 49 Jahre alt und
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Geändert von vintage (20.06.2018 um 16:31 Uhr)
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  #11  
Alt 20.06.2018, 17:16
zebra01 zebra01 ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Liebe Spice,
es tut mir so leid, was ihr alle zusätzlich zu der Krebserkrankung noch durchmachen müsst.
Ich würde unbedingt noch mal zum Kinderarzt gehen, damit er vielleicht mit Druck eine schnellere psychische Behandlung deines Sohnes und auch deiner Tochter durchsetzen kann. Es geht ja hier um eine Akutsituation. Auch wenn deine Tochter, die ja auch noch mehr mitbekommen hat, nicht darüber redet, wer weiss was sich bei ihr festgesetzt hat.
Für zu Hause würde ich meinem Kindern eine Art Panikraum einrichten. Also ein Zimmer/Gästeklo oder so, zudem nur sie den Schlüssel haben, den sie immer dabei haben.
Je nachdem wie vernünftig dein Sohn ist, und ob er damit keinen Blödsinn macht, könntest du ihm auch Pfefferspray besorgen und zeigen, wie man es anwendet im Bedrohungsfall. ( Gibt es inzwischen in jeder Drogerie), Ausserdem sollte er für sein Zimmer einen Schlüssel haben, damit er nachts in Ruhe schlafen kann.
Vielleicht kann er sich so wieder darauf einlassen, mit seinem Vater zusammenzuwohnen und wenn nun keine schrecklichen Erlebnisse mehr kommen, dann gewinnt er hoffentlich wieder Vertrauen.
Ich wünsch Euch alles Gute
Katharina
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  #12  
Alt 21.06.2018, 01:38
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Liebe spice,

das Ganze hört sich nach einem ständigen Alptraum an, der alle belastet und deshalb höchst destruktiv für ein "normales" Familienleben ist.
V.a. Kinder müssen sich in einer Familie "sicher aufgehoben" fühlen können.

Wenn das in Ausnahmesituationen immer wieder nicht mehr der Fall ist, "zerbröselt" unweigerlich die ganze Familie.
Erste Anzeichen davon sind leider bei den Kindern bereits feststellbar.

Zitat:
Ich arbeite Vollzeit, die Kinder sind in Ganztags-Kita und -Schule untergebracht.
Mein Mann war bisher tagsüber also allein zuhause, bis zu der letzten Eskalation im Mai hat er die Kleine in die Kita gebracht und wieder abgeholt, jetzt natürlich nicht mehr. Aber auch er sollte eigentlich nicht mehr allein daheim sein (auch wenn wir durch Notfalluhr mit Sturzsensor etwas abgesichert sind).
Die evtl. Begleitung Deines Mannes (tagsüber) ist ein anders gelagertes Problem, das sich auch leichter lösen können dürfte.

Wenn ich den Tagesablauf richtig verstehe, ist es möglich, daß Du mitsamt Kindern morgens verschwindest und Ihr auch gemeinsam abends wieder daheim eintrudelt.
Läßt sich das evtl. so organisieren?
Denn das würde die Bewältigung des eigentlichen Problems erleichtern können.

Zitat:
Für meinen Mann ist das natürlich auch schrecklich, gerade, weil er merkt, dass sein Sohn Angst hat. Er hat darum auch auf ein starkes Notfallmedikament gedrängt, das wir jetzt auch haben und wovon er sehr schnell einschläft. Das haben wir auch schon beim letzten Mal eingesetzt und es hat gut funktioniert (zumal er da gar nicht aggressiv war, nur eben verwirrt). Ich denke, die reale Gefahr ist dadurch eher nicht mehr so gegeben.
Daß Dein Mann selbst auf ein starkes Notfallmedikament drängte, zeigt, daß er bereit dazu ist, Konzessionen für den Notfall zu machen, was sachlich sicher angebracht ist.

Zitat:
Aber mein Sohn kann das nicht glauben. Gestern hat er nochmal betont, dass er mit seinem Vater nicht mehr in einem Gebäude sein will (am liebsten nur noch skypen ).
Ich habe nur keine Ahnung, was man da machen kann. Wie gesagt, außerhalb der Krampfanfälle ist mein Mann (noch?) total normal, körperlich und kognitiv.
An der Stelle Deines Sohnes würde ich das auch nicht glauben.
Wie sieht es denn mit dem Notfallmedikament aus, wenn Dein Mann bereits "ausgerastet" ist und dann evtl. gewalttätig wird?
Wie funktioniert das mit dem Medikament dann bzw. kann das dann überhaupt noch funktionieren?

Ich kann mir wirklich nicht vorstellen, daß man jemand, der nicht mehr bei Sinnen ist, dazu auffordern kann, nun gefälligst ein Medikament einzunehmen.
Wie wird das Medikament denn verabreicht?
Tabletten einnehmen, oder wird das gespritzt?
Könnte alles schwierig werden, wenn jemand ausgerastet ist.

Kurzum:
Die Bedenken Eures Sohnes sind für mich nachvollziehbar.
Andererseits ist es aber natürlich ein Unding, daß er daran denkt, sich einfach "ausblenden" zu wollen.
So geht das nicht.
Denke, diesen "Zahn" müßt Ihr Eltern ihm gemeinsam "ziehen".

Er mag noch so "empfindlich" sein, was aber auch nichts daran zu verändern vermag, daß er lernen muß, mit dieser Situation umgehen zu können, auch wenn er erst 9 Jahre alt ist.

Im familiären Zusammenhalt kann es Situationen geben, in denen mögliche Konflikte einfach "ausgeschaltet" werden müssen.
Was auch unter allen Umständen immer möglich ist, wenn alle guten Willens sind.

Korrigier mich bitte, wenn ich versuche, die Situation einigermaßen richtig zu umreißen:
1) Du und Eure Kinder sind Deinem Mann/ihrem Vater an Körperkraft hoffnungslos unterlegen, wenn er gewalttätig werden sollte.

2) An sich mußt nun Du der "ruhende Fels in der evtl. Brandung" sein, weil Dein Mann das nicht mehr uneingeschränkt sein kann.
Das wißt Ihr wohl beide ganz genau.

3) Im Grunde genommen seid Ihr alle (mehr oder weniger) durch die unerwarteten/ungewohnten Eskalationen von Gewalt geschockt.
Dabei muß man m.E. aber etwas differenzieren:

a) Mann/Vater versteht das weder noch will er das - er kann nichts dafür, weil das wohl nur eine mögliche Folge seiner Behandlung ist.
Er will sich deshalb aber nicht "ausgeschlossen" fühlen, sondern ist viel mehr bereit dazu, Konzessionen zu machen.

b) Frau/Mutter hat solche Eskalationen auch noch nicht erlebt, kann aber als Erwachsene besser damit umgehen, das als Ausnahme einzuordnen.

c) Sohn (9 Jahre alt) kann das alles gar nicht richtig einordnen, ist total verunsichert und hat nur noch Angst.
Er hat wohl das größte "Sicherheits-Defizit"

d) Tochter (3 Jahre alt) kann erst recht nichts mit der ganzen Situation anfangen.
Sie hat aber wohl alles als verwunderlich und erschreckend registriert.
Was meinst Du wie traumatisiert sie dadurch ist?

Du fragst danach, was man da evtl. machen kann.
Es gibt ein über 2000 Jahre altes "Sinnbild" dafür:
"Si vis pacem para bellum!"

Was in etwa bedeutet:
Willst Du Frieden (erreichen können) bereite den Krieg vor!
(Nicht in der Absicht, einen Krieg führen zu wollen, sondern viel mehr, um für einen evtl. Krieg so gerüstet zu sein, daß man ihn auch todsicher gewinnen kann.
Was viel mehr mit Selbstverteidigung und Abschreckung zu tun hat als mit aggressiven Kriegshandlungen.
Ist, nebenbei, ein "Sicherheitskonzept", das auch heute noch erfolgreich praktiziert wird, z.B. per NATO.)

Innerfamiliär läßt sich sowas durchaus auch praktizieren:
Redet deshalb offen und ehrlich miteinander!
Und versucht dabei, Sicherheitsdefizite "ausgleichen" zu können.

Denn worum geht es denn eigentlich genau?
Wenn nicht darum, Deinen Mann/den Vater ggf. und nur notfalls (wenn er aggressiv wird/ist) "neutralisieren" zu können.
Genauer gesagt, ihn "kampfunfähig" machen zu können, bevor er größeren Schaden anrichten kann, den er eigentlich gar nicht beabsichtigt.

"Rüstet" Euch also "auf" - Du selbst und Deine/Eure Kinder.
Um evtl. Attacken Deines Mannes/des Vaters mit Sicherheit widerstehen zu können.
Mit Pfefferspray o.ä. Geeignetem.

Das alles kann völlig einvernehmlich geschehen:
Wenn Dein Mann bei Sinnen ist, wird er dem wohl ohne weiteres zustimmen können:
Daß seine evtl. Aggressivität einfach "ausgeschaltet" werden kann.
Er will ja auch - genau so wie Du - daß die Familie wg. seiner Krankheit nicht "auseinander bricht".

Hilf ihm bitte dabei, die Familie "zusammenhalten" zu können.
Wie auch immer Ihr das gestalten wollt:
Es ist das primäre Anliegen aller Eltern!
Selbst, wenn es das Letzte sein sollte, was sie für ihre Familie noch tun können.

Eure Kinder begreifen das alles nicht:
Bringt sie deshalb bitte wieder gemeinsam "in die Spur".


Liebe Grüße
lotol
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2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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  #13  
Alt 22.06.2018, 16:33
spice spice ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Hallo ihr Lieben, vielen Dank für die vielen Anregungen

Ich versuche mal, auf die einzelnen Punkte einzugehen.

Einen sicheren Ort außerhalb des Hauses gibt es bei Bekannten im Ort. Dort ist er beim letzten Krampfanfall bzw. dem Verwirrtheitszustand des Vaters auch hingegangen, obwohl wir ihn darauf hingewiesen haben, dass der Vater dieses Mal ja nicht aggressiv ist. Im Gegenteil, die Versuche meines Mannes, ihn zu beruhigen, haben eher zum Gegenteil geführt Mein Mann hat ihm immer wieder gesagt, "es ist alles gut, ich bin da" (auf die Frage meines Sohnes: bist Du noch "da"?), hat aber gleichzeitig von Typen geredet, die gar nicht da waren oder gesagt, wir müssen nach Hause, obwohl wir zuhause waren. Mein Sohn hat daraus mitgenommen "wenn Papa sagt, es ist alles gut, dann ist trotzdem längst nicht alles gut".
Sein Zimmer kann er abschließen, hat aber Angst, im Zweifelsfall nicht an seinem Vater vorbei zu kommen um es zu erreichen (wir haben ein sehr kleines, enges Haus). Außerdem sagt er, er hat Angst, dass der Papa die Tür eintritt und er dann erst recht in der Falle sitzt. Großeltern und andere Verwandte wohnen 400 km entfernt.

Notfallmedikamente: es handelt sich um eine Flüssigkeit, die in den Mund gespritzt wird und dann schnell bewirkt, dass mein Mann einschläft. Wenn ich beim Krampfanfall selbst dabei bin, kann ich das währenddessen machen, da ist genug Zeit. Insofern ist die Situation leicht kontrollierbar. Wovor mein Sohn und auch ich Angst haben, ist, wenn der Krampfanfall von uns nicht bemerkt wird (z.B. wenn wir schlafen oder wenn mein Mann, wie beim letzten Mal, in einem anderen Zimmer ist), und mein Mann dann bereits in verwirrtem Zustand zu uns kommt. Dann wäre ich auf Kooperation angewiesen. Beim letzten Mal hat das geklappt, in der Situation, in der mein Mann aggressiv war, wäre das nicht gegangen. Wir schlafen daher nicht besonders gut, wenn mein Mann im Haus ist, wie man sich vorstellen kann.

Der Tagesablauf ist jetzt schon so, dass ich die Kinder morgens mitnehme und abends wieder mitbringe. Jedoch mit mir allein fühlt sich mein Sohn nicht genügend beschützt, denn, wie richtig vermutet, mein Mann ist uns allen körperlich bei weitem überlegen. Das war bei den letzten Vorfällen ja schon so gewesen, da war ich ja anwesend.

Die Sache mit dem "Ausblenden": tja, mein Sohn hat von diesen Vorfällen auch in der Schule berichtet. Lehrerin und Sozialarbeiterin haben mir sehr klar gemacht, dass selbst, wenn die reale Gefahr mir vielleicht jetzt durch die Notfallmedikamente händelbar erscheint, sie allein durch die subjektive Bedrohungswahrnehmung meines Sohnes sie das Kindeswohl gefährdet sehen. Auch das Jugendamt hat mich schon angerufen wg. möglicher Kindesgefährdung. Und tatsächlich kann ich dem Jugendamt ja nicht garantieren, dass es nicht wieder zu einer Gefährdungssituation kommen wird. Ich sehe mich daher schon vor der Entscheidung, meinen Sohn nicht gegen seinen Willen mit seinem Vater konfrontieren zu dürfen.

Die Situation hast Du, lotol, durchaus richtig erfasst, außer, dass ich mit psychisch kranken Straftätern arbeite und durchaus schon mit Gewalt konfrontiert wurde. Aber in meiner gesamten Berufslaufbahn bin ich noch nie in einer so gefährlichen Situation gewesen.
Die Tochter zeigt meines Erachtens noch keine Auffälligkeiten. Sie wächst da so rein...
Es gäbe jetzt die Möglichkeit, dass mein Mann zunächst zu seinen Eltern entlassen wird (wobei mein Sohn sich dann durchaus auch Sorgen um seine Großeltern macht). In ca. 3 Wochen habe auch ich Urlaub und ich stelle es mir so vor, dass wir dann auch dorthin fahren (in der Nähe wohnen auch meine Eltern, so dass man den Kontakt nach Bedarf dosieren könnten). In der neutralen Umgebung können Vater und Sohn vielleicht wieder Vertrauen aufbauen (vorausgesetzt, es passiert wirklich nicht wieder etwas, bisher hat der Frieden ja immer nur ein paar Tage gehalten). Vielleicht können wir meinen Mann dann auch wieder mit zurücknehmen.

Weiteres Problem ist jetzt, dass mein Mann sich wie erwartet durch diesen Vorschlag ausgeschlossen/ausgestoßen fühlt und meinem Sohn dies zum Vorwurf macht ("warum übertreibt er so, ich war doch beim letzten Mal gar nicht mehr aggressiv, warum erzählt er sowas auch in der Schule...") und sich eher gekränkt zurückzieht ("ich will nur noch weg"). Wenn er ihn das spüren lässt, sehe ich keine guten Aussichten für eine Verbesserung der Beziehung
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  #14  
Alt 23.06.2018, 04:08
lotol lotol ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Liebe spice,

es ist eine extreme Situation, in der Ihr alle Euch leider befindet.
Dennoch denke ich, daß es prinzipiell am besten ist, sich auch in solchen Situationen innerfamiliär darum zu bemühen, wie man das "Miteinander-Leben" - wenn auch mit notwendigen/sachgerechten Abstrichen - organisieren kann.

Wir sind uns sicher einig darin, daß dabei an oberster Stelle die Sicherheit aller Beteiligten, auch die Deines Mannes, zu stehen hat.
Bedenk dabei bitte, daß jeder von Euch ein anders gelagertes Sicherheitsbedürfnis in dieser Situation hat.

Dein Mann hat (vermutlich) gar kein's - denn wovor sollte der geschützt werden?
Er will nur nicht aus der Familie ausgeschlossen werden oder sich so fühlen.

Dein's kannst nur Du selbst einordnen.
Vermutlich schlaft ihr beide inzwischen in getrennten Zimmern?

Eure Tochter ist (glücklicherweise) nicht traumatisiert.

Euer Sohn hat (vermutlich) das größte Sicherheitsdefizit.
Nicht nur weil er Angst hat, sondern auch, weil er (nachvollziehbar) glaubt, daß er möglicherweise nackter Gewalt ausgesetzt sein könnte.

Qualtitativ macht es m.E. keinen großartigen Unterschied ob nun jemand volltrunken, psychisch krank ist oder wg. Medikamenten "ausrastet":
Er weiß evtl. nicht mehr was er tut bzw. tut etwas, das er normalerweise niemals tun würde.

Kurzum:
Jemand kann, evtl. auch nur temporär, zu einem Sicherheitsrisiko werden.
Ihr Eltern könnt mit "Engelszungen" an Euren Sohn "hinreden", daß sein Vater nicht mehr ausrastet.
Niemals wird er Euch das glauben, weil Ihr es ihm auch nicht "garantieren" könnt.

"Rüstet" ihn also beide gemeinsam so "auf", damit er sich selbst wehren und verteidigen kann.
Mit Pfefferspray, Elektroschocker oder was es halt so gibt, Menschen kampfunfähig zu machen.
Und redet dabei offen und ehrlich mit ihm!

Nichts beschönigen, sondern ihn "bestärken" wollend, um ihm seine Angst nehmen zu können.
Könnt dabei auch versuchen, ihn ein wenig in die Verantwortung zu nehmen.
Dahingehend, daß er auch seine kleine Schwester (notfalls) mit beschützen kann.
Schlafen die Kinder in einem Zimmer oder in getrennten?

Zitat:
Einen sicheren Ort außerhalb des Hauses gibt es bei Bekannten im Ort. Dort ist er beim letzten Krampfanfall bzw. dem Verwirrtheitszustand des Vaters auch hingegangen, obwohl wir ihn darauf hingewiesen haben, dass der Vater dieses Mal ja nicht aggressiv ist. Im Gegenteil, die Versuche meines Mannes, ihn zu beruhigen, haben eher zum Gegenteil geführt Mein Mann hat ihm immer wieder gesagt, "es ist alles gut, ich bin da" (auf die Frage meines Sohnes: bist Du noch "da"?), hat aber gleichzeitig von Typen geredet, die gar nicht da waren oder gesagt, wir müssen nach Hause, obwohl wir zuhause waren. Mein Sohn hat daraus mitgenommen "wenn Papa sagt, es ist alles gut, dann ist trotzdem längst nicht alles gut".
Sein Zimmer kann er abschließen, hat aber Angst, im Zweifelsfall nicht an seinem Vater vorbei zu kommen um es zu erreichen (wir haben ein sehr kleines, enges Haus). Außerdem sagt er, er hat Angst, dass der Papa die Tür eintritt und er dann erst recht in der Falle sitzt.
Wundert es Dich wirklich, daß Euer Sohn Angst hat?
Jeder erwachsene Mann tritt - v.a. wenn er im Wahn ist - locker eine Tür ein.
Habt ihr im Haus Türzargen aus Holz oder aus Stahl?
Und wie sind denn die Türblätter beschaffen?
Hohlkörper-Konstruktion oder Massiv-Holz?

Was Euer Sohn mit evtl. "in der Falle sitzen" artikuliert, ist nichts weiter als seine evtl. Annahme, völlig hilflos zu sein und sich nicht wehren zu können.
Abhilfe kann zweifelllos durch seine "Aufrüstung" geschaffen werden.

Du sprichst nur von sicheren Orten außerhalb des Hauses.
Warum nicht von der Möglichkeit, (wirklich) sichere Orte auch innerhalb eines Hauses schaffen zu können?
Das ist doch ein reiner Willensakt, sowas realisieren zu können.
Könntet Ihr auch gemeinsam machen:
Ist ja immer besser, evtl. Probleme gemeinsam zu eliminieren.

Vermittelt nicht nur mechanische Sicherheit, sondern auch die, daß das "Grund-Anliegen" in der Familie allseits identisch ist.

Zitat:
...Wovor mein Sohn und auch ich Angst haben, ist, wenn der Krampfanfall von uns nicht bemerkt wird (z.B. wenn wir schlafen oder wenn mein Mann, wie beim letzten Mal, in einem anderen Zimmer ist), und mein Mann dann bereits in verwirrtem Zustand zu uns kommt. Dann wäre ich auf Kooperation angewiesen. Beim letzten Mal hat das geklappt, in der Situation, in der mein Mann aggressiv war, wäre das nicht gegangen. Wir schlafen daher nicht besonders gut, wenn mein Mann im Haus ist, wie man sich vorstellen kann.
Du glaubst doch wohl hoffentlich nicht im Ernst, daß Du von einem "Ausgerasteten" Kooperations-Bereitschaft erwarten kannst?
Der will etwas durchsetzen, das er sich gerade "einbildet".
Und zwar ohne "Rücksicht auf Verluste".

Nun gibt es ja mehrere Möglichkeiten, für ruhigen Schlaf zu sorgen:
Ihr "schottet" Deinen Mann nächtens ab oder alle Zimmer der restlichen Familien-Angehörigen.

Denke, wenn auch Deinem Mann etwas daran liegt, den Familienzusammenhalt weiterhin aufrecht erhalten zu können, sollte er kein Problem damit haben, für seinen und den ruhigen Schlaf seiner Familie dadurch zu sorgen, daß nur er sich nachts an einem gesicherten Ort befindet.

Genauer gesagt, (nur er nachts) sicher verwahrt bzw. eingesperrt ist.
Selbstverständlich mit Kommunikations-Möglichkeiten (nur) zu Dir verbunden, die er jederzeit nutzen kann, falls er Hilfe brauchen sollte.

Zitat:
Der Tagesablauf ist jetzt schon so, dass ich die Kinder morgens mitnehme und abends wieder mitbringe. Jedoch mit mir allein fühlt sich mein Sohn nicht genügend beschützt, denn, wie richtig vermutet, mein Mann ist uns allen körperlich bei weitem überlegen. Das war bei den letzten Vorfällen ja schon so gewesen, da war ich ja anwesend.
Gut, daß der Tagesablauf schon so läuft.
Versucht bitte beide gemeinsam, das Sicherheitsdefizit Eures Sohnes zu beseitigen.
Stellt ihm auch die Mittel zur Verfügung, daß er sich notfalls selbst wehren kann und unterrichtet ihn auch in der Anwendung von ihnen.

Zitat:
Die Sache mit dem "Ausblenden": tja, mein Sohn hat von diesen Vorfällen auch in der Schule berichtet. Lehrerin und Sozialarbeiterin haben mir sehr klar gemacht, dass selbst, wenn die reale Gefahr mir vielleicht jetzt durch die Notfallmedikamente händelbar erscheint, sie allein durch die subjektive Bedrohungswahrnehmung meines Sohnes sie das Kindeswohl gefährdet sehen. Auch das Jugendamt hat mich schon angerufen wg. möglicher Kindesgefährdung. Und tatsächlich kann ich dem Jugendamt ja nicht garantieren, dass es nicht wieder zu einer Gefährdungssituation kommen wird. Ich sehe mich daher schon vor der Entscheidung, meinen Sohn nicht gegen seinen Willen mit seinem Vater konfrontieren zu dürfen.
Prinzipiell ist es ja mal so, daß es ausschließlich Sache Eures Sohnes ist, was er wo und in welchem Umfang zu berichten beliebt.
Er ist zu jung dazu, um selektieren zu können, wo man besser die "Schnauze über familiäre Angelegenheiten hält".

Es macht ja schließlich einen Unterschied, ob man das im unmittelbar persönlichen Umfeld tut oder so wie hier, anonym, in einem Forum.
Übrigens danke ich Dir, daß Du Deine Angelegenheit hier thematisiert hast:
Denn es scheint ja wirklich nichts zu geben, was sich im "Krebs-Umfeld" alles so einstellen kann.
Alle dabei Beteiligten sind immer "in Bedrängnis".

Für richtig "nett" halte ich die Einlassungen von Lehrerin, Sozialarbeiterin und die des Jugendamtes bzgl. "Kindeswohl-Gefährdung".

Etwas mehr können die Dir dazu nicht sagen?
Vielleicht auch mal Vorschläge zur Problemlösung machen?

Laß Dich bitte von derlei Schmarrn keinesfalls beeindrucken!
Es geht nicht darum, Euren Sohn mit seinem Vater konfrontieren zu müssen.
Sondern um etwas ganz anderes:
Ihr beide habt Eurem Sohn sein Leben "geschenkt".
Mit Eurem Wollen und dem damit verbundenen Vergnügen dazu.

Er mag noch nicht begreifen können, was für ein großartiges Geschenk das ist.
Und auch nicht, daß es auch eine Verpflichtung für ihn ist, davon etwas an seine Eltern (unter allen Umständen, die ihm vielleicht "widrig" sind) "zurückgeben zu müssen".
Das weiß er alles noch nicht und es wird ihm wohl erst im Laufe seines Lebens "dämmern" können.
Wie bei uns allen.

Versucht bitte, Eurem Sohn klarmachen zu können, daß auch er ein Teil der Familie ist, welches die "mitträgt" und mitzutragen hat.

Jemand anders hat bei diesem "Mittragen" überhaupt nichts zu "melden"!
Weil das eine rein innerfamiliäre Angelegenheit ist.

Ansonsten:
Weißt Du, was ein gordischer Knoten ist?
https://de.wikipedia.org/wiki/Gordischer_Knoten

Die gibt es immer wieder mal im Leben.
Man muß nur den Mut dazu haben, sie "durchtrennen" zu wollen.

Es geht nicht darum, Kinder zu irgendwas zwingen zu wollen, das sie gar nicht wollen. Das ist von vornherein zum Scheitern verurteilt.
Sondern viel mehr darum, sie davon überzeugen zu können, welches Handeln jedenfalls richtig ist.

"Davonlaufen" und sich selbst per "skypen" dem Geschehen zu entziehen, kann dazu gar keine Alternative sein.


Liebe Grüße
lotol
__________________
Krieger haben Narben.
---
1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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  #15  
Alt 23.06.2018, 10:39
Elisabethh.1900 Elisabethh.1900 ist offline
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Standard AW: Kind hat Angst vor seinem krebskranken Vater

Lieber Lotol,
Zitat:
Zitat von lotol Beitrag anzeigen
Für richtig "nett" halte ich die Einlassungen von Lehrerin, Sozialarbeiterin und die des Jugendamtes bzgl. "Kindeswohl-Gefährdung.
Die, von Dir genannten Personen haben von ihrem beruflichen Auftrag die Pflicht, das Kind vor Gewalt zu schützen, egal woher sie kommt.
Die entstandene Situation ist insgesamt schwierig geworden, zumal eine Epilepsie schwer zu verstehen ist. Eine Möglichkeit wäre, nochmals mit den behandelnden Ärzten des Vaters zu sprechen, ob eine andere Einstellung auf Medikamente etwas bewirken würde.

Elisabethh.

Geändert von gitti2002 (24.06.2018 um 00:52 Uhr) Grund: Zitatcode
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