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  #1  
Alt 10.04.2019, 12:05
Steffen_MD Steffen_MD ist offline
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Registriert seit: 10.04.2019
Beiträge: 5
Standard Meine Mama - auf ewig verreist :-(

Hallo,

ich habe mich jetzt erst hier angemeldet um einfach folgendes los zu werden.

Meine Mama ist gestern Nacht friedlich eingeschlafen.
Sie hatte erst vor 4 Wochen ihren 61. Geburtstag.

Das erste "da ist was auf der Lunge" war am 28.8.2018.
Zur gleichen Zeit wurde auch bei ihrer 80jährigen Mutti Lungenkrebs festgestellt. Es wurden dann viele Untersuchungen gemacht (angefangen hatte bei meiner Mama alles mit Schmerzen im Sternum) und irgendwann sagte man Lungenkrebs. nicht kleinzelliger Stadium IV B.
Sie bekam dann in den folgenden Wochen vor der geplanten Chemo sehr heftige Rückenschmerzen. Hat dies mehrfach bei Ärzten angesprochen aber es wurden dann nur Schmerzmittel gegeben und gesagt das hängt mit dem Krebs zusammen.

Dann kam sie zum ende Oktober in die Klinik wo sie erneut darum bat doch mal zu schauen wegen der heftigen Schmerzen. Sie konnte kaum richtig gehen oder liegen und auch die Schmerzmittel halfen nicht. Freitag hatte sie in der Klinik ein Arztgespräch.. nach viel überreden wurde für den Mittwoch danach ein MRT geplant um zu schauen. Ich hatte sie an diesem Freitag auch noch im KH besucht und ihr Mut gemacht. Im KH war sie wegen der 1.Chemo.

Am Sonntag ist sie dann im Zimmer gestürzt, wurde wieder ins Bett gepackt und nichts weiter wurde unternommen. (Mein Vater lag zu Hause mit einer heftigen Grippe flach)
Bei dem MRT wurde dann ein Tumor am Rückenmark gefunden der sofort notoperiert werden musste. Die OP war dann Nachmittags und nach dem allen war meine Mutti auch noch Querschnittsgelähmt. Rückblickend hat sie die Querschnittslähmung schlimmer getroffen als die Krebserkrankung selbst.
Sie kam dann erst in der 2. Dezember Woche wieder nach Hause. War dann aber kurz vor Weihnachten erneut im KH, da ihre Blutwerte sehr schlecht waren. Sie lag dann eine Nacht mit ihrer eigenen Mutter auf dem Zimmer. Der ging es dann aber schnell so schlecht das man die beiden trennte. Meine Oma ist dann 2 Tage später am 21.12. im alter von 80 Jahren verstorben.

Meine Mutter war keine Kämpferin, sondern eher eine Nachdenkerin.
Sie hat ständig vor sich hin gegrübelt. Wirklich viel besser ging es ihr nie.
Die Lähmung war "nur" inkomplett mit rest Motorik im linken Bein. Anfangs versuchte sie noch ein wenig mitzuarbeiten. nach 4 Chemos dann vor knapp 7 Wochen die erste Kontrolle. Metastasen sind größer geworden, neue Metastasen in der Leber, Wasser in der Lunge was aber nicht schlimm sei. Sollte es schlimmer werden, würde man punktieren.

Dann wurde eine Immuntherapie angesetzt. Da hatte sie nun am Montag den 2. Termin. Am Sonntag habe ich mich noch mit ihr Unterhalten. Sie hatte wieder große Angst vor diesem Termin. In einem Nebensatz sagte sie leise "Lass bloss alles bald vorbei sein". Das brach mir das Herz. Aber es zeigte mir das meine Mutter nicht mehr wollte.

Mein Vater der meine Mama zu Hause gepflegt hat, kam auch so langsam an seine Psychischen grenzen bei allem.

Auf jedenfall ging es meiner Ma nach dem Termin am Montag nicht sehr gut. Sie schlief wieder viel, was uns alle erstmal nicht sehr verwundert hat.
Aber gestern dann ging es ihr so schlecht das mein Vater den Notarzt rief.
Meine Ma war ganz schlimm am Röscheln/Blubbern (als wären literweise Wasser im Hals/der Lunge) und ihr Puls war sehr unregelmäßig.

Sie wurde dann eingeliefert und eine Stunde später war ich dort. Laut den Ärzten dort hatte sie Entzündungswerte und eine Lungenentzündung. Wo ich mich dann aber frage, warum man einen Tag zuvor die Immuntherapie gemacht hat.
Ihr blick war leer, ob sie wirklich wahrnahm wer da im Raum war, weiß ich nicht. Ich hoffe einfach sie hat es unterbewusst wahrgenommen. Sie hat zumindest zu meinem Vater nochmal gesagt das er sie drücken soll. Sie war auf jedenfall sehr aufgeregt. Ihr wurde dann ein Schmerzmittel und was zur Beruhigung gegeben. Als sie dann ruhig schlief sind wir gegangen. Da war es ca. 19Uhr.

Um 21 Uhr haben wir nochmal in der Klinik angerufen wie es ihr geht. Es wurde nur gesagt nicht gut. Wir sind dann direkt wieder hin gefahren.

Der Anblick dann war fürchterlich. Das wünscht man niemandem.. so seine Mama/Mann/Kind zu sehen. Sie war völlig apathisch, ihre Arme und Hände machten Bewegungen ohne Sinn. Als wollte sie sich immer irgendwo Festhalten. Es war einfach nur schlimm sie so zu sehen. Wer da im Raum war hat sie glaub ich gar nicht mehr wahrgenommen.
Wir haben dann schnell ihrem Wunsch entsprochen den sie in einer Patientenverfügung notiert hatte. Sie wollte kein unnötiges hinauszögern wenn es soweit ist. Wir haben dann alles was sie bekommen hat abstellen lassen und es wurde ihr langsam ein Schlafmittel zugeführt.

Sie wurde dann recht schnell viel ruhiger, auch wenn ihre Augen immer noch offen waren und ins leere schauten. Ebenso ihr Mund. Und dazu dieses fürchterliche blubbergeräusch bei der Atmung. Das wurde dann auch etwas besser durch irgend so ein Pflaster am Hals.

Ja und dann dauerte es eine Stunde die wir bei ihr waren, wo wir ihre Hände hielten und streichelten, wo wir einfach nur da waren.. mit sie nicht alleine in irgend so einem Zimmer stirbt.

Ihre Atmung wurde immer flacher und flacher, die Aussetzer immer größer.
Bis sie dann um 23.03 Uhr einschlief.

Ich hätte nie gedacht das ich sowas jemals erleben müsste.
Jemals so meine Mama beim sterben begleiten müsste.
Ich hät auch nie gedacht das ich das so durchstehen würde.
Aber mein Vater und ich, wollten sie einfach nicht alleine sterben lassen.
Mein Bruder wollte meine Ma so in Erinnerung halten wie er sie zuletzt einen Tag zuvor noch gesehen hatte. Ich mach ihm da auch keinen Vorwurf.
Aber es war insgesamt eine ganz schlimme Nacht.

Der einzige Trost grade ist das sie nun nicht mehr leiden muss, und sich nicht mehr quälen muss. Grade mal 7 Monate hat alles gedauert.

Warum nur meine Mutti, warum nur musste noch die scheiß Lähmung dazu kommen?! Das hat alles noch viel schlimmer gemacht als es eh schon war.
Sie hat immer gearbeitet seit sie 16 war, war irgendwie nie Krank und immer für alle da. Und nun stirbt sie viel zu früh mit grad mal 61.

Ich könnte die ganze Zeit nur heulen wen ich an gestern Abend denke..
Die Bilder von gestern muss ich schnell vergessen. Ich schau mir jetzt den Tag über immerzu Bilder von noch glücklichen Tagen an.. was mich aber grade auch nur zum weinen bringt. Es ist alles einfach nur trist grade.


Sorry für den langen Text, aber ich musste grad einfach runterschreiben was mir durch den Kopf geht..
Ich hatte die Nacht nur 2 Stunden Schlaf, aber kann trotzdem nicht schlafen.

Ich werde jetzt zu meinem Vater fahren und hoffe wie gesagt das der Text nicht zu lang ist.

Ich selbst bin übrigens 40 - meinen 40. Geburtstag letztes Jahr konnte ich noch mit meiner Oma und Mama feiern. Zu der Zeit waren beide noch Gesund. Jetzt keine 9 Monate später ist die Welt nur noch halb so Bunt.

Geändert von Steffen_MD (20.04.2019 um 21:42 Uhr)
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  #2  
Alt 10.04.2019, 15:20
Falco11 Falco11 ist offline
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Registriert seit: 29.03.2017
Beiträge: 130
Standard AW: Meine Mama - auf ewig verreist :-(

Hallo Steffen,

ich möchte Dir mein Beileid aussprechen. Die Prognosen bei diesem Krebs sind überwiegend mehr als schlecht.

Dennoch war es richtig und sicher für Dich wichtig, bis zuletzt bei Deiner Mutter zu sein.

Das Leben ist oft nicht gerecht und nachvollziehbar.

Alles Gute.

Falco
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  #3  
Alt 10.04.2019, 17:20
Positiv_Denken Positiv_Denken ist offline
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Beiträge: 102
Standard AW: Meine Mama - auf ewig verreist :-(

Der Verlust Deiner Mutter tut mir sehr leid. Ich habe meine Mutter letztes Jahr verloren.

Der Sterbeprozess ist leider kein schöner. Für den Sterbenden hoffentlich "einfacher" als für den Angehörigen. Wir hatten von der Palliativstation ein Heft zur Sterbebegleitung. Das hat uns sehr geholfen. Ich konnte das Heft auch schon einigen weiterreichen, die in einer ähnlichen Situation waren.

Die Unruhe, die Bewegungen ins (für uns) Nichts sind normal vor dem Sterben. Ich hatte immer den Eindruck meine Mutter greift in die neue Welt. Sie meinte in dieser Zeit auch das sie heim möchte. Und damit hat sie nicht ihr zuhause auf der Erde gemeint.
Ein Auge hatte sie immer in den Raum gerichtet, das andere Richtung Fenster. Für uns sah es aus als ob sie in die Leer blickt. Für mich hat sie zu dem Zeitpunkt beide Welten gesehen. Und vielleicht Abschied genommen.....mit dem Blick in die Zukunft.

Ich wünsche Dir für die nächste Zeit viel Kraft. Der Schmerz, der Verlust wird nicht besser. Aber einfacher. Die guten Tage überwiegen die schlechten.
Trage Deine Mutter im Herzen weiter. Beziehe sie mit ein in Dein Leben. Erzähle von ihr und lache mit ihr. Sie wird bei Dir sein.
__________________
Meine Mutti
*18.09.1946 05.07.2018

ED: Mai 2018. Lebermetastasen mit nicht bekannten Ursprungstumor.
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  #4  
Alt 13.04.2019, 21:16
Benutzerbild von SchneeEngel
SchneeEngel SchneeEngel ist offline
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Ort: Berlin
Beiträge: 26
Standard AW: Meine Mama - auf ewig verreist :-(

Mein herzlichstes Beileid zum Verlust deiner Mutti.

Bei deinem Text hab ich gleich Gänsehaut bekommen.. Wirbeln Die Bilder in meinem Kopf wieder auf wie meine Mama eingeschlafen ist. Dieser Blick ins Leere und wie sie einfach daliegt und man weiß man kann nichts machen und schaut zu wie sie von einem geht.

Und bei euch ging auch alles noch so schnell. Ich hoffe die Zeit die ihr noch hattet, konntet ihr noch etwas genießen, auch wenn diese doofe Lähmung kam.

Wünsche dir ganz ganz viel Kraft.. Bleib stark. Einfach ist es nicht.. Aber du wirst immer die schönen Momente bei dir tragen.

Drück dich lieb
__________________
Meine Mama
*17.03.66 27.12.18

Lungenkrebs im Endstadium, 52 Jahre

ED: November 17
Mögen die Englein dich nun für immer beschützen
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  #5  
Alt 13.04.2019, 22:50
Clea Clea ist offline
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Registriert seit: 13.01.2017
Beiträge: 561
Standard AW: Meine Mama - auf ewig verreist :-(

Lieber Steffen,
mein Beileid zum Verlust deiner Mutter.
Es ist wohl das größte Geschenk für eine Mutter, wenn der Sohn und der Mann einen hinüberbegleiten.
Für euch war das schlimm und es wird noch lange so bleiben. Die innere Unruhe fällt ab, aber das Grübeln bleibt.
Bei meiner Ma war es auch Lungenkrebs, wir hatten nach der Diagnose keine acht Wochen mehr.
Bei ihr war es die Halbseitenlähmung, die sie ans Bett fesselte.
Ich wünsche dir, dass du es packst.
__________________
Meine Ma
17.9.1957-19.2.2017, 59 Jahre, Lungenkrebs mit Hirnmetastasen
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  #6  
Alt 15.04.2019, 13:56
Steffen_MD Steffen_MD ist offline
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Registriert seit: 10.04.2019
Beiträge: 5
Standard AW: Meine Mama - auf ewig verreist :-(

Vielen Dank für die lieben Worte.

Und teilweise so sehr ähnliche Geschichten dahinter.

Nun sind ein paar Tage vergangen und mein Vater, Bruder und ich unterhalten uns immer mal wieder über das warum und wieso am Ende so schnell.

Wir sind uns nicht immer einig...
Nur bei einer Sache dann doch.. die Lähmung hat meiner Mutter jeglichen Kampfeswillen genommen. Sie war davor die Wochen nach der Krebsdiagnose schon nicht mehr so gut drauf, aber da hatte sie noch gekämpft. Nach der Lähmung dann aber war vieles anders. Sie hat kaum noch gelacht und sehr viel gegrübelt. Sie war immer viel am Laufen (auf Arbeit z.B.) und auch Privat immer getanzt und im Garten dinge getan usw..
Die Lähmung hat alles noch viel schlimmer gemacht als es eh schon war.

Ich glaube das letzte mal das ich meine Mama noch richtig lächeln gesehen habe, war der letzte Weihnachtsabend. Da hat sie auch noch kurz mitgemacht bei einem Kartenspiel. Aber eben auch nur kurz, da ihr dann der Rücken und alles weh tat. Danach die Wochen und Monate war da gar kein lächeln oder lachen mehr.

Nun wo einige Tage vergangen sind, weiß ich aber eines sehr wohl..
Wir sind glücklich das wir bei ihr waren. Ich hätte es mir nie verzeihen können wenn sie da im KH über Nacht verstorben wäre.. alleine. Das hätte ich ewig mit mir rum getragen. Und so schlimm diese letzten Stunden am Krankenbett auch waren.. meine Mama war dabei als ich auf die Welt kam - ich war dabei als sie die Welt verlassen hat.
Auch dieser komische Gedanke kam mir die Tage irgendwann.
Und innerlich geht es mir besser damit das ich bei ihr war.. dies überwiegt auch die schlimmen letzten Bilder und Momente.

@SchneeEngel: Leider konnten wir seit der Lähmung nicht mehr viel genießen. ja es gab Weihnachten, Silvester, ihren Geburtstag vor 4 Wochen...
Wir waren zu Weihnachten auch noch einmal auf dem Weihnachtsmarkt mit ihr und auch so mal draußen mit dem Rollstuhl. Aber wirklich viel Freude hatte meine Ma daran nicht mehr. Sie war da auch immer am grübeln, hatte viele schmerzen (vom Sitzen oder einfach am Rücken)
Den letzten kleinen Ausflug hatten wir nur 3 Tage vor ihrem tot am Samstag. Da waren wir bei ihrer Schwester zu Besuch und haben den Nachmittag bei Kaffee und Kuchen in der Sonne auf der Terrasse verbracht.

Wir sind derzeit nun viel am erledigen und machen - das lenkt etwas ab.
Zum Glück hab ich diese Woche Urlaub.. so doof die Zeit ist - auf Arbeit sein kann/will ich gerade auch nicht.
Wo ich noch große Angst vor habe, ist vor dem Abschiednehmen bei der Beerdigung und die Wochen danach.
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