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Alt 07.03.2019, 15:59
Rio Rio ist offline
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Standard AW: Erfahrung mit Rituximab Monoth. als First Line und Second Line (FNHL Grad1, Stad.

Hallo Lotol,

ob es in meinem Fall nun spezielle Einflußfaktoren auf den Krankheitsverlauf gibt oder gab, ist schwer zu sagen.
Vielleicht habe ich tatsächlich bis jetzt einfach nur Dusel gehabt. Was ich hierzu sagen kann, ist folgendes:
Die Diagnose habe ich ja 2002 erhalten, Symptome wie geschwollene Lymphknoten an Hals und Achselhöhle hatte ich
aber bereits seit dem Jahr 2000. Als dann die Diagnose kam, war das zuerst mal ein extremer Schock und Lebenseinschnitt.
Was ich damit meine, ist jedem, der dies selbst erleben bzw. erleiden musste, bewusst.

Da ich ausgesprochener Kopfmensch bin, habe ich, unter heutiger Sicht vermutlich als Verdrängungsversuch, begonnen,
über die Krankheit, von der ich vorher nicht mal wusste, dass sie existiert, zu recherchieren. Sehr schnell wurde mir klar,
es gibt zig verschiedene Varianten, die je nach Ausprägung unterschiedliche Heilungsmethoden und -chancen haben.
Ich wähnte mich im Dauerpech, da ich die indolente, nicht heilbare Version in fortgeschrittenem Stadium hatte (habe).
Was mir als Ergebnis meiner Recherche jedoch noch mehr Angst bereitete, als z.B. eine Chomotherapie, war der Gedanke,
dass mit Beginn der ersten Chemo auch die Resistenz gegen die Wirkstoffe der Chemo in Gang gesetzt wird.
Man kann diese ganzen Behandlungen ja nur begrenzt wiederholen, sprich, die Handlungsalternativen werden weniger.
Dies wollte ich um jeden Preis hinauszögern. Also Behandlung erst, wenn’s garnicht mehr anders geht. Wäre das Ergebnis gewesen,
eine Chemobehandlung kann ein indolentes Lymphom heilen, hätte ich diese sofort gemacht.

Da mir im Prinzip jede Behandlungsalternative lieber war als Chemo, habe ich weiter recherchiert, kam dadurch in eine experimentelle
Vakzinestudie der Uniklinik Freiburg, bei welcher ein Impfserum für jeden Patienten aus seiner Tumormasse individuell angefertigt wurde.
Dies war in der Klinik speziell bei mir nur unter Komplikationen gelungen. Während dieser Wartezeit und der enttäuschenden Nachricht,
dass es möglicherweise nichts wird, haben meine extremen Lymphknoten von selbst begonnen, sich langsam zurückzubilden. Man merkte
es daran, dass sich deren Konsistenz veränderte, von Bretthart zu eher weich. Als dann die Vakzine endlich zur Verfügung stand,
entschied der Professor dann gegen den Einsatz der Vakzine, um den Veränderungsprozess nicht zu stören und erstmal zu beobachten.

Da ich mittlerweile weiss, dass sich geschwollene Lymphknoten bei mir irgendwann auch wieder zurückbilden, ärgert es mich zwar,
wenn ein Neuer sichtbar wächst, aber ansonsten tue ich da weiter nichts. Leider sind sie ziemlich schnell da, es dauert aber bis zu
vier Jahren, bis sie wieder verschwinden. Man weiß nicht, ob dies durch „Selbstzerstörung“ (Zenit überschritten) oder durch die körpereigene Abwehr geschieht.
Ich habe mal zu Forschungszwecken Blut gespendet, aber niemals wieder etwas gehört. Die Studie wurde dann auch eingestellt.

Obwohl bis dato völlig unsportlich, habe ich damals mit dem Laufen begonnen. Ich brauchte einen Indikator, der mir zeigt, ob es körperlich bergab geht.
Dies mündete im finishen eines Marathon (4:47) sowie zwei Halbmarathons zu Trainingszwecken. Ich laufe bis heute, tatsächlich geht es mittlerweile sogar
rapide bergab, jedoch nicht krankheits- sondern altersbedingt. Wahrscheinlich wäre ich in meiner Altersklasse mittlerweile unter den TopTen in der Wertung.

Was habe ich noch gemacht? Ich gehe Vierteljährlich zu Sono und Kontrolle, bringe meinen Onko zur Verzweiflung,
gehe im Winterhalbjahr wöchentlich in die finn. Sauna, esse nichts fritiertes (was jedoch für die Katz war, der Cholesterinspiegel ist trotzdem irgendwo unter der Decke), habe im Verlauf der Jahre
meine Milz verloren und muss mir manchmal bewusst wieder vor Augen führen, dass ich ja bei allem auch noch krank bin.

Warum ich das jetzt so ausführlich geschrieben habe: weil man immer Hoffnung hat und der Krankheitsverlauf bei jedem einzelnen Menschen
unterschiedlich verläuft. Statistiken sollte man zum eigenen Wohl ignorieren. Jeder muss seinen eigenen Weg finden und gehen, jeder reagiert anders.
Mein Onko hat einen Patienten, der seit 1982 mit einem indolenten foll. Lymphom im W&W ist. Ein anderer Patient mit ebenfalls diesem
Lymphom hatte Anfang der 90’er eine Behandlung mit CHOP (damals gab es noch kein Rituxi und dergleichen), seither ist das Lymphom
komplett verschwunden, der Patient/die Patientin gilt längst als geheilt.

Mein Credo: Beim indolenten Lymphom passiert nichts über Nacht, man hat Zeit, sich zu informieren und dann zu entscheiden.
Es kommt immer auf den Fall an.

LG Rio
__________________
07/2002 NHL Follikuläres Lymphom Grad I, Stadium IV mit Knochenmarkbefall.Erstdiagnose, seither watch & wait
09/2003 massive Bulks - Chemo abgelehnt
06/2004 Einschluss in Vakzine-Studie Uni Freiburg
12/2004 Verzicht auf Einsatz Vakzine, da seit 01/2005 Teilremission
04/2006 Komplettremission
01/2011 Splenektomie
05/2012 erneutes Lymphomwachstum rechte Leiste
04/2016 erneut partielle Remisson
03/2019 Komplettremission.
01/2022 Weiterhin Komplettremission
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Alt 08.03.2019, 05:13
lotol lotol ist offline
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Beiträge: 716
Standard AW: Erfahrung mit Rituximab Monoth. als First Line und Second Line (FNHL Grad1, Stad.

Hallo Rio,

Zitat:
Zitat von Rio
Als dann die Diagnose kam, war das zuerst mal ein extremer Schock und Lebenseinschnitt.
Was ich damit meine, ist jedem, der dies selbst erleben bzw. erleiden musste, bewusst.

Da ich ausgesprochener Kopfmensch bin, habe ich, unter heutiger Sicht vermutlich als Verdrängungsversuch, begonnen,
über die Krankheit, von der ich vorher nicht mal wusste, dass sie existiert, zu recherchieren. Sehr schnell wurde mir klar,
es gibt zig verschiedene Varianten, die je nach Ausprägung unterschiedliche Heilungsmethoden und -chancen haben.
Ich wähnte mich im Dauerpech, da ich die indolente, nicht heilbare Version in fortgeschrittenem Stadium hatte (habe).
Was mir als Ergebnis meiner Recherche jedoch noch mehr Angst bereitete, als z.B. eine Chomotherapie, war der Gedanke,
dass mit Beginn der ersten Chemo auch die Resistenz gegen die Wirkstoffe der Chemo in Gang gesetzt wird.
Man kann diese ganzen Behandlungen ja nur begrenzt wiederholen, sprich, die Handlungsalternativen werden weniger.
Dies wollte ich um jeden Preis hinauszögern. Also Behandlung erst, wenn’s garnicht mehr anders geht. Wäre das Ergebnis gewesen,
eine Chemobehandlung kann ein indolentes Lymphom heilen, hätte ich diese sofort gemacht.
Mich schockte noch nie irgendetwas nennenswert.
Weder in jungen Jahren und erst recht nicht im höheren Alter (bei etwas mehr altersbedingter Gelassenheit).
Mag damit zusammenhängen, daß ich im Zeichen der Sonne (Löwe) geboren wurde, geborener und unverwüstlicher Optimist bin und auch körperlich immer ganz gut beieinander war und immer noch bin.

Schwer zu sagen, inwieweit das alles einen (positiven) Einfluß auf die Krebs-Bewältigung/-Überwindung hatte.

Keineswegs bin ich ein Stoiker, der alles so hinnimmt, wie es halt kommt.
Sondern jederzeit bereit dazu, notfalls mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zu kämpfen.

Denke, es ist schon ganz interessant, daß sich auf der Basis unterschiedlicher Voraussetzungen bei Lymphomen auch ganz unterschiedliche Handlungs-Alternativen ergeben können.

Ich hatte z.B. (eigentlich) gar keine Wahlmöglichkeit mehr:
Entweder Chemotherapie oder (am Lymphom) "abkratzen".

Die nur einzig sinnvolle Wahl mußte ich treffen, bevor ich mich großartig mit Lymphomen beschäftigt hatte.
Es lief bei mir genau andersherum als bei Dir:
Erst hinterher versuchte ich, Lymphome verstehen zu können.

Nach allem, was ich bisher von ihnen weiß, kann man das ohnehin nicht so ganz richtig verstehen.
Weil es viel zu viele "Spielarten" von ihnen gibt.
Zufälligkeiten, die ihrerseits bedingt sind, aber auch von individuellen Voraussetzungen von Lymphomen Betroffener.

Wo soll man da zu Klärungen anfangen und aufhören?
Ungefähr genau so groß dürfte das Dilemma der uns behandelnden Ärzte sein.

Inwieweit man bei Lymphomen überhaupt von "Heilung" sprechen kann, weiß ich wirklich nicht.
Wir haben sie nun mal "am Hals" und müssen uns mit ihnen "durchfretten" so lange das möglich ist.

Ist doch an sich eine ganz "einfache Kiste":
Dusel brauchen wir dabei, und weiter gar nichts.

Liebe Grüße
lotol
__________________
Krieger haben Narben.
---
1. Therapie (2016): 6 Zyklen R-CHOP (Standard) => CR
Nach ca. 3 Jahren Rezidiv

2. Therapie (2019/2020): 6 Zyklen Obinutuzumab + Bendamustin => CR
Nach ca. 1 Jahr Rezidiv, räumlich begrenzt in der rechten Achsel

3. Therapie (2021): Bestrahlung
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