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Alt 14.06.2013, 00:26
Benutzerbild von Lina21
Lina21 Lina21 ist offline
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Registriert seit: 02.02.2013
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Lächeln Papa du wirst immer in meinem Herzen sein

Nun sind es 9 Monate her als mein Vater starb. Ich dachte zu Beginn ich würde das niemals durchstehen. Aber ich lebe.. Einen Ratschlag habe ich bekommen: Ich solle nicht den Weg der Toten einschreiten.

Und das stimmt, denn ich konnte in der ersten Phase nichts tun. Ich war so geschockt und versuchte alles durch Arbeit und Studium zu verdrängen. Auch das Büro meines Vaters habe ich weitergeführt und Steuererklärungen für Kunden ausgefüllt. Früher hatten wir das immer zusammen gemacht, doch diesmal war ich auf mich alleine gestellt. Ich konnte ihn nicht bei Unklarheiten fragen. Deshalb habe ich einen Steuererklärungskurs gemacht. Ich wollte mir sicher sein, dass ich das auch kann. Der ganze Druck wurde mir jedoch zum Verhängnis. Als ich die Semesterprüfungen hatte wurde es mir zu viel. Ich habe alles gegeben, das weiss ich. Aber meine Gefühle waren diesmal stärker. Nach den Prüfungen nahm ich mir Zeit um wenigstens ein Teil des Geschehens zu akzeptieren.

Ich besuchte die Palliativstation und bedankte mich für den Einsatz & die Hilfsbereitschaft. Dann besuchte ich noch das Unternehmen, wo mein Vater gearbeitet hat. Anschliessend ging ich noch am Bodensee, und setzte mich an dem Ort wo ich & mein Vater nun vor einem sassen. Dort konnte ich zum ersten mal weinen.

Zuhause konnte ich das nicht, denn ich wollte nicht, dass meine Geschwister mich so sehen. Da ich die älteste bin, wollte ich ihnen Stärke zeigen und ihnen Mut machen. Ich glaube dieser Schritt hat mir sehr gut getan. Obwohl ich gemerkt hatte, dass ich all diese Orte aufgesucht habe und sogar Hoffnung hatte, dass ich mein Vater sehe. Ich wollte es nicht wahrhaben, dass er nicht bei uns ist.

Auch in der Schule ging es mir ähnlich. Ein Monat nach dem Tode meines Vaters hatte ich bereits meine erste Präsentation über eine wirtschaftliche Arbeit, die wir verfassen mussten. Ich fühlte mich an diesem Tag noch einigermassen gut, und hoffte, dass alles klappen würde.
Doch dann als ich präsentierte, sah ich zu meinem Platz rüber und sah meinen Vater. Er war nicht mehr krank, er sass da und lächelte mich an, wie früher. Ich hielt kurz den Atem an und schaute kurz in die Klasse. Dann riss ich mich zusammen und versuchte nicht auf meinen Platz zu schauen.
Alle schauten mich fragwürdig an. Ich entschuldigte mich und setzte den Vortrag dann fort. Diese Situation beschäftigte mich eine Weile. Hatte ich Halluzinationen? War ich psychisch gestört? Wie konnte es soweit kommen?Oder war es vielleicht doch real?

Diesen Vorfall konnte ich niemanden erzählen. Darum ging ich in die Bibliothek und suchte nach Büchern. Nach dem durchlesen des Buches, wurde mir alles klar..alle Phasen die ich durchstehen musste, wieso ich so reagierte und noch viel wichtiger, dass ich es akzeptieren muss. Sonst werde ich überall nach meinem Vater suchen und es nicht wahrhaben.

Ich wusste auch wieso ich auf einmal so sensibel wurde und nicht jedem trauen konnte. Andererseits bin ich froh, denn nun weiss ich wem ich trauen kann. Und wer mir in schwierigen Situationen hilft. Ich dachte immer das wäre die Verwandschaft, doch da hatte ich mich getäuscht. Mein Onkel wohnt in derselben Liegenschaft wie wir. Wir sind 2 Hausstöcke voneinander entfernt. Doch seitdem mein Vater von uns gegangen ist, hat er sich nicht einmal über uns interessiert. Ich erwartete nicht,dass er mir die ganzen administrativen Dinge erledigt, sondern schlicht eine Frage: Wie es uns geht? Respekt ist wohl zu viel verlangt. Nun weiss ich, dass ich mich mit solchen Kleinigkeiten nicht runterbringen lassen soll.

Ich habe vieles selber erledigt und das habe ich für meine Familie gemacht und für meinen Vater. Ich denke jeden Tag an ihn und ich bin mir sicher,dass er mich auch weiterhin unterstützt hat, auch wenn ich ihn nicht sehe oder seine Nähe spüre.

Nun sind wir auch finanziell stabil, meine Mutter erhält die Rente, mein Bruder arbeitet. Ich leiste keinen Beitrag, doch ich bin mir sicher, dass sich das Studium lohnt, und ich später meiner Familie auch finanziell helfen kann. Da ich die Semesterprüfungen nicht bestanden habe, werde ich es nochmals versuchen. Ich bin mir sicher, dass es beim zweiten Anlauf klappen wird.

Im September werde ich am pink ribbon charity walk 2013 in zürich teilnehmen. So kann ich etwas Gutes für die Krebskranken (Brustkrebs) tun und gleichzeitig auch für mich. Denn so sehe ich auch eine Verbindung zu meinem Vater.

Liebe Grüsse

Lina
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