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  #1  
Alt 23.10.2013, 13:20
Volker.M Volker.M ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Moin Chris!
Zitat:
Zitat von Kerejon Beitrag anzeigen
Um mal ganz ehrlich zu sein, hab ich die Schnautze gerade gestrichen voll.
Auslöser war ein Abendessen mit meinen Eltern, die es nach wie vor ignorieren, meine Situation anzunehmen. Bei jedem Telefonat muss ich sagen..." Hallo? Ich habe Krebs... " ... Und ich muss ein jedes mal wieder erklären, wie es um mich steht...
Ich bin hier zufällig auf denen Post gestoßen, kenne deine Vorgeschichte (Krankheitsverlauf und Zeiträume) nicht, fühle mich aber bei deiner Situationsbeschreibung an meine aktuellen Erfahrungen erinnert.
Vor ca. 1 Jahr wurde bei mir ein Tumor mit 80%er Ausdehnung über einen Lungenflügel diagnostiziert. Dieser wurde dann mit Chemo auf ca. 50% Ausdehnung verkleinert und seit ca. 6 Monaten mit erhaltener Chemo unter Kontrolle gehalten.
Meine Mutter (Vater 1993 gestorben), wohnhaft im Nachbarort, hat es trotz des Wissens um meinen Zustand bis zum heutigen Tag Zeit nicht geschafft sich mit mir persönlich oder telefonisch in Verbindung zu setzen - Ausnahme ein Anruf mit Text auf dem AB (letzten Winter als ich im Krankenhaus wegen einer Infektion um mein Leben kämpfte): "Du kannst ja mal anrufen...". Ich habe bis heute nicht angerufen, da ich dieses Verhalten nicht akzeptiere.

Natürlich habe ich lange darüber nachgedacht, was meine Mutter dazu bringt sich so zu verhalten, wenn das einzige Kind unter einer Krankheit leidet, an der es jeden Tag sterben kann. Ich bin dabei zu dem Schluss gekommen, dass sie selbst dermaßen große Angst vor einer ähnlichen (unheilbaren) Krankheit hat, dass sie sich einfach nicht in der Lage ist dieser offen in das Gesicht zu sehen. Meine Konsequenz daraus: Ich werde sie auch nicht damit "belästigen", denn sie ist einfach nicht stark genug (im Gegensatz zu meiner Frau) dieses Leben mit den möglichen Folgen zu ertragen.
Meine generelle Konsequenz für mein Leben daraus: Ich trenne mich von allen Menschen, die mir (meiner Meinung nach) nicht gut tun und mache keinen Unterschied zwischen Verwandtschaft oder anderen Personen.

Ich weiß nicht ob ich das Recht habe den Rat zu geben: Vielleicht wäre der richtige Weg, deine Eltern mit dem Thema nicht unter Druck zu setzen - so wie du es beschreibst, wirst du die gesuchte Anteilnahme wohl auch in Zukunft nicht finden. Es wird dich so aber weiter belasten und dir wichtige Kräfte für den Widerstand gegen deine Krankheit rauben.
Es gehören schon besondere persönliche Eigenschaften dazu, mit der Krankheit und mit uns als betroffene Menschen umzugehen. Letztendlich werden wir immer wieder feststellen, dass selbst Menschen die uns viel Verständnis entgegen bringen nicht in der Lage sein werden, unser Leben seit Diagnose unserer Krankheit nachzuvollziehen.
__________________
Volker

Stand meiner Erkrankung: Hier

Geändert von Volker.M (23.10.2013 um 13:42 Uhr)
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  #2  
Alt 23.10.2013, 18:33
Cecil Cecil ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo,
zunächst einen freundlichen Gruß von mir in die Runde.

Eigentlich wollte ich in diesem thread nicht schreiben, weil mir das Thema nicht so liegt. Dennoch habe ich eifrig mitgelesen. Da Ihr nun aber auf das Thema „Eltern“ gekommen seid, hat mich dann doch nichts mehr gehalten.

Ich kenne die Situation recht gut. Meine Eltern haben mich und damit auch meinen Mann hinsichtlich unserer Kinder entlastet und mich zeitweise sogar körperlich gepflegt. Da zu dieser Zeit das einzig Spannende in meinem Leben der Verlauf meiner Behandlung war und auch ständig irgendetwas Neues passierte, fing ich beim Mittagessen regelmäßig davon an zu berichten. Und meine Eltern, insbesondere meine Mutter, reagierten zunehmend unwirsch mit Sprüchen wie „es ist doch nun vorbei ….“ (dazu muss man wissen, dass die Nachsorge nach SZT Teil der Behandlung ist), „ du hast es überstanden“ oder „andere Menschen sind auch krank“.

Reagiert habe ich so, wie ich es jetzt auch bei Euch vereinzelt lese. Ich musste mich erst mit einer Außenstehenden darüber austauschen, um zu verstehen, dass das die Art meiner Eltern war, mit dem anhaltenden Schock umzugehen. Weil es nun mal „nicht normal“ ist, dass die Kinder u. U. vor ihren Eltern gehen. Weil meine Eltern auch nicht mehr die Jüngsten und teilweise an ihre Grenzen gestoßen sind. Weil sie aus eben diesem Grund sowohl sich selbst als auch mir wieder mehr Normalität gewünscht haben. Das Gefühl, das alles (wieder) gut ist.

Hallo Chris,
auch ich wollte Dich gern einmal fragen, wenn ich darf, ob die Arbeit Dir mehr Ablenkung bietet oder Dich eher belastet? Dabei habe ich selbst festgestellt, dass manchmal beides gleichzeitig möglich ist …...
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  #3  
Alt 23.10.2013, 23:03
Kerejon Kerejon ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo Cecil, ich möchte Dir hier exemplarisch antworten, schließe aber die Vorschreiber ( Chili, mucki et al ) mit ein.

Du hast den berüchtigten Nagel so ziemlich korrekt getroffen. Meine Eltern wollen einfach nicht glauben, dass Ihr Sohn an einer, in unserer Fanilie bislang seltenen Krankheit sterben wird. Ich habe den Eindruck, mein Vater hat das schon verstanden, aber mütterlicherseits bekomme ich immer wieder zu hören: " Ach Hör doch auf, du hast doch kein Krebs..." Sie sind traurig, verzweifelt und versuchen ihr Möglichstes, aber schaffen es doch nur unzureichend, die Situation zu begreifen. Nichts anderes wollte ich damit sagen.

Was meine Arbeit angeht:

Es tut weh.... Sehr weh. Ich quäle mich jedes mal in die Klinik, konnte jetzt aber einen Halbtagsjob vereinbaren. Denn es ist tatsächlich so, dass mich die Arbeit mit Patienten ablenkt. Ich kann mich voll und ganz einem anderen Schicksal widmen, helfen bei selbst Krebskranken und nicht selten teile ich meine Krankheit mit, was auf unglaubliche Reaktionen stößt. Ich trete den Patienten auf einer völlig anderen Ebene entgegen ohne meine fachliche Kompetenz gefährdet zu sehen. In sofern ist die Arbeit, so weh sie mir auch tut, das so ziemlich einzige, was mich voran treibt. Abgesehen von meiner Lebenspartnerin natürlich, selbst Ärztin, und in diesen Dingen ähnlich verkopft wie ich ;-)

Euch allen ganz liebe Grüße

Chris

Geändert von Kerejon (23.10.2013 um 23:05 Uhr)
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  #4  
Alt 24.10.2013, 20:00
Cecil Cecil ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo, Chris,

wenn ich jetzt noch einmal hier schreibe und auf das Thema „Kämpfen“ zurückkomme, dann bin ich mir bewusst, dass ich das vom hohen Ross herunter tue; ich weiß auch nicht, wie Tablettenchemo sich anfühlt, habe lediglich bei meiner Kur mal mit zwei Patientinnen am Tisch gesessen, die auch eine nehmen mussten.
Nenne es eine Zwangshandlung: Interessehalber habe ich mal geschaut, was sich bei Deiner Art von Krebs so tut. Dabei sprangen mich erkennbar mehrere Tyrosinkinase-Inhibitoren und Antikörper an. Später kommen vielleicht noch Immunkonjugate und irgendwann … um einiges später gibt es Vakzine, so wie bei HPV.
Vielleicht geht es tatsächlich darum, Zeit zu überbrücken, bis auch hier ähnliche Erfolge erzielt werden wie bei unseren chronischen Leukämien. Ich würde mir für Dich wünschen, dass es schon bald soweit ist.

Alles Gute!
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  #5  
Alt 24.10.2013, 21:43
Kerejon Kerejon ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hallo Cecil,

Auf Zeit spielen wird bei mir nicht drin sein ;-) bei dieser seltenen Tumorart wird kaum geforscht, da es sich finanziell nicht lohnt, da nur marginale Nachfrage.

Wie ich schon irgendwo vorher schrieb, kenne ich die beiden führenden Köpfe, was die Behandlung angeht, persönlich und würde auch im fernen Ausland niemand anderen finden.

Es werden zur Zeit viele Chemos studiert, in Kombination od. alleine, aber in meinem Stadium hilft nur der Insketizidabkömmling ( DDT ) Mitotane mit 30 % Wahrscheinlichkeit. Wenns gut läuft, muss ich das Zeug 2 Jahre schlucken und dabei meine gesunde Nebenniere zerstören, Herr Addison lässt Grüßen.

Aber wie sagt man so schön? Kollateralschaden...

Liebe Grüße

Chris
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  #6  
Alt 24.10.2013, 22:43
Cecil Cecil ist offline
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Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Zitat:
Zitat von Kerejon Beitrag anzeigen
...
Es werden zur Zeit viele Chemos studiert, in Kombination od. alleine, aber in meinem Stadium hilft nur der Insketizidabkömmling ( DDT ) Mitotane mit 30 % Wahrscheinlichkeit. Wenns gut läuft, muss ich das Zeug 2 Jahre schlucken und dabei meine gesunde Nebenniere zerstören, Herr Addison lässt Grüßen. .....
.... nachdem Du bisher so viel Pech hattest, wünsche ich Dir im Sinne ausgleichender Gerechtigkeit, dass Du jetzt einfach mal riesiges Glück hast. (Hier gibt es leider so gar nichts mit Kleeblatt oder Marienkäfer .....)

Evtl. schreib ich auch noch mal was in "seltene Krebsarten", wenn ich darf und Dir nicht zu nahe trete.

Geändert von Cecil (25.10.2013 um 11:59 Uhr) Grund: Ergänzung
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  #7  
Alt 29.10.2013, 01:14
Kerejon Kerejon ist offline
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Beiträge: 24
Standard AW: Kämpfen - Diskussion um das Kämpfen gegen die Krankheit

Hey Cecil,

Danke für Deine aufmunternden Worten. Ich gebe zu, ich baue psychisch zur Zeit extrem ab. Zwar gehe ich meiner Arbeit noch nach, beschränke mich aber bewusst, oder vielleicht auch unbewusst auf Leidensgenossen und implantiere venöse Ports... Die Aufklärungsgespräche sind jedes mal interessant.

Lieben Gruß

Chris
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