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  #1  
Alt 28.02.2016, 19:33
Bijou Bijou ist offline
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Registriert seit: 27.02.2016
Ort: Berlin
Beiträge: 3
Standard AW: Furchtbarer Tod

Es sind gerade mal fünf Tage vergangen... Und wir fangen schon an Sachen zu sortieren, wegzuschaffen, damit mein Papa sich damit nicht rumschlagen muss.. Aber vor einer Woche dachte ich noch welche Pflegestufe ich für Sie beantragen muss, damit Papa und ihr zu Hause unter die Arme gegriffen werden kann. Habe mich um einen rollator gekümmert, sie hatte sich sehr gefreut. Ich hatte schon mit meinem Chef darüber gesprochen dass ich auf unabsehbare Zeit weniger arbeiten kann. Wollte für Sie da sein und meinen Papa unterstützen. Jetzt habe ich eine solche Wut in mir, gleichzeitig bin ich ohnmächtig, ich wollte ihr doch so gern helfen! Frage mich ständig warum und wie hätte ich es verhindern können. Wieso musste sie auf diese Art sterben? Warum wurde uns nicht gesagt wie schlimm es wirklich ist? Vom weinen geht's in Wut über, dann kommt Ohnmacht und wieder weinen...
Ihr Sessel bleibt leer, ihr IPad liegt noch an der gleichen Stelle, so als würde sie gleich aus dem Bad kommen...
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  #2  
Alt 28.02.2016, 23:13
Benutzerbild von HeikesFreundin
HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Registriert seit: 13.05.2010
Ort: Lüneburg
Beiträge: 917
Standard AW: Furchtbarer Tod

Ja, ich verstehe dich total ... aber es ist tatsächlich so, dass auch
wir im Hospiz nicht immer voraussagen konnten, wann jemand
sich auf den Weg macht. Die Pfleger und Ärzte sind auch nur Menschen
und wann jemand seine Augen für immer schließt, ist auch für die erfahrensten Leute nicht zu hundert Prozent vorhersehbar.

Diese Ohnmacht, die Wut und den Schmerz - alles, was Du da fühlst, das kennen wohl alle, die jemanden
an eine solche Krankheit verloren haben.

Es ist die Hilflosigkeit, in der man hinterlassen wird und immer fragt man sich, was man noch hätte tun können oder müssen.
Aber alles was man auch tut oder tun kann, ändert am Ende nichts daran,
dass manche Krankheiten in gewissen fortgeschrittenen Stadien
über das Leben siegen.
Manchmal ganz plötzlich.

Als meine Mutter damals starb (das ist inzwischen fast 20 Jahre her)
war es ganz schrecklich, die Wohnung aufzuschließen - auch dort sah alles aus, als würde sie gleich wiederkommen.
Diese brutale Endgültigkeit war schrecklich - und schrecklich war es auch, dass draußen vor der Haustür das Leben einfach weiterging - wie immer ....

Die Autos und Busse fuhren, Leute liefen umher, während für mich in mir die Welt stillstand!!!
Ich dachte, das kann doch nicht sein - ALLES draußen ist wie immer, dabei ist Mama doch gestorben. Das tat sehr weh in diesem Moment.

Irgendwann nach ca einem 3/4 Jahr hatte ich die Phase: ich hatte mich erwischt, dass ich lachte ... das war auch ganz schrecklich, weil ich dachte: wie kann ich nur lachen, Mama ist schließlich tot - und ich dachte, dass ich eine ganz schlechte Tochter sein muss. Nein, das ist man nicht - es ist irgendwann die Rückkehr in das eigene Leben, aber das musste ich wirklich mühsam lernen.

Ich möchte Dir etwas mitgeben, was Du jetzt noch nicht sehen kannst:
das Leben wird nie wieder so sein, wie es vorher war - aber eines Tages
merkt man, dass das Leben trotzdem schön sein kann.

Das bedeutet nicht, dass ich nicht auch heute noch manchmal traurig bin, dass meine Mutter nicht mehr greifbar für mich da ist - und manchmal bekomme ich auch heute noch einen Kloss im Hals ... Dann sage ich ihr in Gedanken, dass ich sie lieb habe und der Kloss geht weg.

Aber bis dahin ist es ein langer Weg.

Wenn es Dir hilft, schreib schreib und schreib Dir alles von der Seele!

Liebe Umarmung,
Angie

P.S. es ist gut, die Sachen wegzubringen, weil es sonst immer schwerer wird.
Vielleicht hilft es euch, die Sachen an eine caritative Einrichtung zu geben -
dann habt auch ihr das Gefühl, dass sie einen guten Zweck erfüllen.
Ich habe das damals getan und es hat sehr geholfen.

Geändert von HeikesFreundin (28.02.2016 um 23:15 Uhr)
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  #3  
Alt 29.02.2016, 07:28
Klecks Klecks ist offline
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Registriert seit: 01.07.2012
Beiträge: 99
Standard AW: Furchtbarer Tod

Liebe Bijou,

ich kann Dich sehr gut verstehen. Als mein Vater ging, war es sehr ähnlich.

Auch ich frage mich heute noch, ob ich alles richtig gemacht habe bzw. bin überzeugt, dass ich einiges hätte anders machen können. Dann versuche ich mir bewusst zu machen, dass ich damals alles so gemacht habe, wie es eben ging. Ich habe mir keine Entscheidung leicht gemacht.
Aber ich weiß heute noch, wie aufgeregt er mich angerufen hat, als die Ärzte ihm geraten hatten, ins Hospiz zu gehen. Ich werde nie den Tag vergessen, als wir ihn dorthin gebracht hatten. Es tut wirklich weh, weil ich weiß, dass er eigentlich lieber zu Hause gewesen wäre. Aber er war einverstanden und ich denke, er wusste, dass es das beste war. Dennoch schmerzt es...

Und ich frage mich auch heute noch, ob er nicht doch vom Ende was mitbekommen hat. Als er die Diagnose bekam, hat er den Arzt als erstes gefragt, ob er ersticken müsse. Der hat das verneint und ihn versucht zu beruhigen. Wenn ich jetzt daran denke, dass es irgendwie doch so gekommen ist.... die Ärzte und Pfleger hatten gesagt, er kriegt das nicht mit und das sei der normale Sterbeprozess... Bettflucht etc., aber er war zwischendurch klar... es war einfach alles schrecklich...

Ich denke, auch Du hast alles getan, was Du konntest. Insbesondere wart Ihr da in den letzten Stunden! Wahrscheinlich sind die Selbstzweifel normal und ich hoffe für uns, dass das irgendwann nachlässt. Im Grunde wissen wir, dass es alles richtig war... aber es ist trotzdem sehr schwer zu begreifen. Und einfach auch alles viel zu viel.

Und auch wir haben sehr schnell begonnen, die Sachen auszusortieren. Es war sein Wunsch, und für uns wie ein Zeichen, als am Tag nach seinem Tod in der Zeitung von einer regionalen Organisation zu Kleiderspenden aufgerufen wurde.

Versuche Dich deshalb nicht zu sehr verrückt zu machen. Es ist gut so und Ihr bestimmt das Tempo. Man kann eigentlich nicht viel falsch machen, denn es darf Euch auch niemand reinreden. Das Problem ist, dass sich vieles irgendwie falsch anfühlt, weil man auch so durcheinander ist.

Es ist eine schwerze Zeit und ich wünsche Euch, dass Ihr gut hindurch kommt. Ich denke, Deine Mutter ist, genau wie mein Vater, froh, dass Ihr bei ihr wart. Und das zeigt auch, wie stark Ihr seid!

Fühl Dich gedrückt!
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  #4  
Alt 29.02.2016, 09:22
Benutzerbild von Lunaselene
Lunaselene Lunaselene ist offline
Registrierter Benutzer
 
Registriert seit: 21.09.2015
Beiträge: 41
Standard AW: Furchtbarer Tod

Mein tiefstes Mitgefühl liebe Bijou! Viel zu schnell, und viel zu wenig Zeit um sich darauf "einzustellen". Ich kann leider auch nicht bestätigen, dass "man" friedlich einschläft. Bei meinem Mann war es auch dann sehr plötzlich und gar nicht schön. Ich hab die Bilder nach wie vor im Kopf, bekomm sie nicht los, mein Trost und das halte auch dir vor Augen, wir waren bei Ihnen, wir hatten die Stärke und haben das Sterben mit ihnen ausgehalten. Sie waren nicht allein!!

Bei mir war noch eine Krankenschwester mit im Zimmer, teilnahmslos, mir kam mein Mann so hilflos vor...es kam keine Antwort oder Erklärung. Das ist schrecklich.

Ich wünsch dir/euch, dass ihr euch gegenseitig stärken könnt, viele liebe Freunde und positive Gedanken an die liebe Tante. Sie halten einen Aufrecht. Wir sprechen ganz viel von ihm, lassen ihn an unserem Leben teil haben, das tut uns allen gut.

Ich drück dich ganz fest...

lg Luna
__________________
Mein Schatz, gestorben am 22.08.2015
an GI Blutung - Magenkrebs
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