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  #1  
Alt 16.10.2005, 10:25
Benutzerbild von Anja283
Anja283 Anja283 ist offline
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Ort: Dresden
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Standard AW: mein leben

Hallo Sonnenstrahl,
ich habe meine Mama gestern vor einem Jahr gehen lassen müssen. Sie hatte einen sehr aggressiven Krebs und schlimme Chemos, wo ich am Anfang ihrer Erkrankung schon immer damit rechnete, sie nicht mehr lange zu haben.

Auf meiner Suche nach Infos kam ich hier ins KK-Forum und in den Chat.
Das Thema Krebs wurde bis dahin von mir auch nur verdrängt, auch als ein lieber Kollege einen bösartigen Gehirntumor hatte, hab ich mich verschlossen. Weil ich nicht wusste, wie ich mit ihm umgehen sollte.

Als meine Ma erkrankte, suchte ich hier nach Infos und hier haben mir Betroffene und Angehörige Mut gemacht, offen mit der Situation umzugehen, haben mir gezeigt, wie ich mit meiner Ma sprechen kann.
Es hat mir sehr gut getan, und ohne das Wissen was ich von hier habe, hätte ich meine Ma sicher auch oft nicht verstanden und vor den Kopf gestoßen.

Sie hatte einmal während Ihrer Krankheit eine sehr schlechte Zeit und ich dachte, das sie sterben wird. Ich habe ihr damals erzählt, das sie jederzeit mit mir über alles reden kann wenn Sie will, ich werde sie aber zu nichts drängen. Eines Tages als es ihr so schlecht ging, fing sie wirklich von alleine an, das Gespräch mit mir zu suchen. Und auch wenn es mir verdammt weh tat, mit meiner geliebten Mama über das Sterben und über ihre Beerdigung usw. zu sprechen, habe ich ihr zugehört und wir haben lange über alles gesprochen. Als ich sie an dem Tag dann allein lies, sagte mir ihr Blick einfach nur "Danke". Und sie lächelte mich an, nach langer Zeit lächelte sie mal wieder. Ihr war eine große Last von den Schultern genommen worden.
Später habe ich sie dann mal angesprochen, warum sie denn so lange gewartet hat, mit mir über ihre Ängste und Wünsche zu sprechen.... sie sagte nur... "weil alle, bei denen ich es versucht habe (Paps, ihre Schwester), haben abgeblockt und gesagt "ach mach dir keine Sorgen, das wird schon wieder". Klar, da hat sie einfach dicht gemacht und niemanden mehr an sich rangelassen. Wie oft habe ich gesehen, das sie einfach nur dasaß und grübelte. Keinen hat es interessiert. Und wenn ich mal das Thema "Krankheit" zu sprache brachte, würgte man auch mich ab. Ma nahm dann einfach nur meine Hand und drückte sie.
Sie tat mir in dem Moment so leid. Wie schwer muss es für sie gewesen sein, zu merken, das keiner ihr zuhören will. Alle haben nur geblockt.
Aber warum?
Weil sie sich ganz einfach nicht mit dem Thema Krebs und dem Umgang mit einem Patienten auseinandergesetzt haben. Verdrängungstaktik, so nach dem Thema "in unserer Familie gab es sowas noch nie, dann will ich es auch nicht wahr haben".

Sonnenstrahl, was ich Dir damit sagen möchte, ist eigentlich das selbe, was alle anderen auch schon meinten. Geh in die Offensive, und wenn deine Freunde oder Eltern wieder blocken, dann hau mit der Faust auf den Tisch. Ich weis, das ist leicht gesagt, denn wenn die Kraft fehlt, ist schon jedes laute Wort so kräfteraubend, das man es am liebsten hinterschluckt.
Aber vielleicht kannst Du deine Familie mal hier an das Forum heranführen, ich denke es hilft ihnen, mit der Situation umzugehen.

Ich möchte Dir noch sagen, das auch wenn es Dir derzeit gesundheitlich nicht so gut geht, mach alles was Dir Spaß macht. Erfülle Deine Wünsche, geniese jede Sekunde, und gönne Dir auch Ruhe, wenn Du sie brauchst.
Dein Name hier "Sonnenstrahl" ist ein Mut-Mach-Name. Der sprüht vor Optimismus. Gib nicht auf.
Ich wünsche Dir, das Du bald eine Gesprächsebene findest. Und wenn Dir einfach danach ist, schau hier im Chat vorbei. Meistens ist immer jemand anwesend, und der hört dir garantiert auch zu.
Ich drück Dich.
LG
Anja
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  #2  
Alt 16.10.2005, 19:49
S.. S.. ist offline
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Beiträge: 9
Standard AW: mein leben

Hallo kleiner Sonnenstrahl !

...vielleicht würde es dir helfen, wenn du mal zu einer Psychologin gehen würdest? (...Mir hilft es jedenfalls sehr, mit einer neutralen Person über meine Gefühle/Ängste zu reden...)...Vielleicht fällt es dir leichter mit einer neutralen Person darüber zu reden?

Herzliche Grüsse

S.
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  #3  
Alt 16.10.2005, 19:55
KleinerSonnenstrahl KleinerSonnenstrahl ist offline
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Standard AW: mein leben

Zitat:
Zitat von S..
Hallo kleiner Sonnenstrahl !

...vielleicht würde es dir helfen, wenn du mal zu einer Psychologin gehen würdest? (...Mir hilft es jedenfalls sehr, mit einer neutralen Person über meine Gefühle/Ängste zu reden...)...Vielleicht fällt es dir leichter mit einer neutralen Person darüber zu reden?

S.
in der Klinik wo ich behandelt werde, ist eine Psychologin, die mich während den Behandlungen betreut und mit der ich reden kann... aber es fällt mir oft sehr schwer... sie ist eine Fremde... manchmal hilft es aber dennoch... und sie ist auch sehr nett...
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  #4  
Alt 16.10.2005, 20:19
nike
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Standard AW: mein leben

Lieber kleiner Sonnenstrahl!
Du machst du dir Sorgen um deine Familie und Freunde, weil sie sich Sorgen machen um dich. Wem würdest du dich gerne öffnen? Deiner Ma? Deiner Freundin? Oder vielleicht sogar hier im Forum?
Du darfst jetzt nicht in dich kehren, lasse deine Wut ruhig raus!
Du brauchst ein Ventil, die Last, die Angst die du zu tragen hast ist einfach zu schwer. Teile es mit lieben Menschen, die dir wichtig sind. Sie werden dir helfen. Da bin ich mir sicher, denn es wird auch ihnen helfen mit dieser großen Traurigkeit fertig zu werden.

Liebe Grüsse

nike
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  #5  
Alt 18.10.2005, 00:12
Simme25 Simme25 ist offline
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Beiträge: 7
Standard AW: mein leben

Hallo kleiner Sonnenstrahl,

kann gut nachvollziehen, wie du dich gerad fühlst! Es fehlen einem irgendwie die richtigen Worte um auszudrücken, wie man sich wirklich fühlt. Ich hab versucht, durch Verdrängung alles irgendwie zu "verharmlosen"... Bis es dann nicht mehr ging. Irgendwann platzt man und es muss einfach alles raus...
Der beste Weg ist, darüber zu reden! Zu reden, über die eigenen Ängste... Das ist, glaub ich, auch für deine Familie und Freunde der beste Weg mit der ganzen Situation umzugehen, wenn sie wissen, wie es in dir drinnen aussieht.
Du musst das nicht mit dir allein ausmachen! Dafür sind Freunde und family da...

Ich wünsch dir ganz viel Kraft!
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  #6  
Alt 18.10.2005, 19:32
DatSarah DatSarah ist offline
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Ort: Inzwischen in Düsseldorf, gebürtig aus dem Münsterland
Beiträge: 62
Standard AW: mein leben

Hallo Sonnenstrahl und der Rest hier!!

Recht haben sie alle. Reden ist das einzige was einem wirklich hilft mit sich und seiner Situation fertig zu werden.
Ich hatte auch Angst jemandem zur Last zu fallen, ab immer einen auf gute Laune gemacht wenn jemand da oder am Telefon war, hab versucht ihnen vorzuenthalten wie schlecht es mir mit der Bestrahlung wirklich geht, aber irgendwann hat mich meine Tante mal am Telefon erwischt während ich son richtigen Strahlenhater Schub hatte...sie war ganz schön ensetzt, hat sie meiner Mutter erzählt.
Aber ich hab festgestellt das es eigentlich nicht mein Problem ist wenn ich anderen vor den Kopf stoße. Seitdem rede ich sehr offen über mich, meine Krankheit und meine Gefühle, das ist echt wichtig.
Deine Ma wird für Dich da sein, egal was kommt, und egal wie weh es Dir selber tut, davon kannst Du ausgehen. Mache Dir am besten wenig Gedanken darüber wie schwierig es für die anderen ist. Dafür ist man Freund. Klar ist es schwierig, aber ein "harter Kern" bleibt eigentlich immer. Du bist nicht alleine, und wenn Du versuchst es nur mit Dir selbst auszumachen kommst Du auf Dauer nicht wirklich weiter.
Ich muss sagen das die Person von der Deine E-Mail kam schon son bisschen meinen Respekt hat. Es wäre doch viel einfacher sich gar nicht mehr zu melden, aber es gehört schon ne gewissen Portion Mut dazu zu sagen "Ich kann das nicht mehr". Und das Du das nicht machen kannst ist zwar blöde, aber nicht zu ändern, und deswegen müssen wir da durch.
Denn eins ist klar, es geht weiter, irgendwie.

Lieben Gruß
Sarah
__________________
Das Beste hoffen und das Schlimmste erwarten, alles wird irgendwann irgendwie gut!!!

Aber lass Dir vom Krebs nicht die gute Laune vermiesen, denn dann hat er gewonnen, und das gönnen wir ihm doch nicht!!
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  #7  
Alt 19.10.2005, 11:33
Sandra
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Standard AW: mein leben

Hallo kleiner Sonnenstrahl!!!!!

Ich kann so gut nachvollziehen, wie es Dir geht. Stehe nahezu an gleicher Stelle in meinem Leben! Nur ein paar Jahre später....

Als ich die Diagnose (Knochenkrebs) bekam, war ich 22. Es sah erst so gut aus... Meinen Eltern habe ich die Diagnose verschwiegen, ich wollte nicht in ihre Augen schauen und nicht hören, dass sie sich sorgen, meinetwegen.

Von der Familie meines Mannes bekam ich leider auch keine Unterstützung, sie waren der Meinung, ich sei selbst schuld an der Erkrankung, weil ich mich nicht gesund genug ernähren würde. Mein Mann kam abends von der Arbeit heim, schaute mich an, sah dass es mir nicht gut ging und machte die Tür wieder hinter sich zu...
Ich wollte so wenig Zeit wie möglich im KH verbringen und war daher viel zu Hause und vollkommen auf mich allein gestellt. Bei meinem Mann wurde das von Chemo zu Chemo besser und wir können uns inzwischen normal und vorurteilsfrei darüber unterhalten. "Freunde" hatte ich plötzlich gar keine mehr. Mit mir konnte man ja nicht mehr weggehen, nichts mehr anfangen..... Ich hab dann so gut es ging versucht weiter zu studiern, musste dann aber zwangsweise ein Jahr pausieren...

Als es hieß "ALLES SIEHT SEHR GUT AUS", kam das erste Rezidiv! Darauf folgten weitere... Mein Knochenmark ist so stark geschädigt, dass ohne Medis die Leukos etc. so niedrig sind, dass ich einen Infekt nach dem anderen bekomme. Mit Medis ist es leider manchmal auch nicht viel besser... Ich hab viel gekämpft, mindestens genauso oft aufgegeben und den Mut immer wieder gefunden. Aber es wird mit jedem Mal schwerer, mit jeder Niederlage! Lt. Aussage einiger Ärzte dürfte ich gar nicht mehr leben! Tu ich aber. - Wie lange noch, ist da sicher eine andere Frage.- Im Juni ist mein Cousin gestorben (malignes Melanom) mit 31 Jahren... Das hat mich dermaßen runter gezogen, dafür kann ich kaum Worte finden! Er war für mich mehr Bruder, als es meine Brüder je waren... Er war mir mehr Freund, als andere es je hätten sein können. Und plötzlich geht er, vor mir, und lässt mich allein!

Meine Taktik in jeder Hinsicht ist oftmals VERDRÄNGEN! Das ist nicht gut und auch nicht richtig! Ich finde es sehr stark von dir, dass Du so offen damit umgehst, kann deine Ängste so gut nachempfinden! Ich weiß, dass ich sterben werde (wie alle anderen auch), nur viel früher als die Meisten! Wann es soweit ist, weiß niemand und diese Ungewissheit ist das, was uns so fertig macht. Wenn Du magst, können wir uns gern austauschen, Mails schreiben, telefonieren... wie auch immer!

Ganz liebe Grüße

Sandra
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  #8  
Alt 16.10.2005, 19:53
KleinerSonnenstrahl KleinerSonnenstrahl ist offline
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Registriert seit: 03.10.2005
Ort: Niedersachsen
Beiträge: 16
Standard AW: mein leben

Ich danke euch für eure Antworten! Ich weiß im Moment kaum was ich groß sagen soll... auf der einen Seite habe ich soviel zu sagen und doch bin ich stumm... es gibt Momente, da lähmt mich schlicht weg die Angst... auch das Gefühl das in meinem Körper vorgänge vor sich gehen und ich diese einfach nicht beeinflussen kann... oft sitze ich da und denke an schöne Momente in der Vergangenheit und bekomme dieses beklemmende Gefühl, dass ich solche Momente nicht mehr oft erleben werde. Es macht mir Angst... Das Gefühl den Tod vor Augen zu haben und gleichzeitig das gefühl; oh mein Gott, bitte nicht, ich bin doch erst 19... meine Gedanken und Gefühle drehen sich ohne dass ich sie stoppen kann... und dann diese riesen Angst... solch eine große Angst... ich versuche positiv zu denken... aber es fällt schwer, denn immer wenn ich glaubte es geht Berg auf, kam ein neuer Schlag, und das mitten ins Gesicht... auf der anderen Seite denke ich, es gibt kleine Kinder, die schon in einem Alter sterben, wo sie noch nicht so das Leben genießen konnten... ich durfte immerhin schon einige schöne Dinge erleben... eigentlich darf ich mich da gar nicht beschweren... ich habe im Moment auch das Gefühl, dass es alle anderen, hier in meiner Umgebung schlechter geht als mir, weil es sie alle so mitnimmt... ich bekam vorhin eine Email, von einer mir ganz wichtigen Person, die mir kurz und knapp schrieb wie leid es ihr tut, und das es ihr leid tut, dass sie nicht weiter reagieren kann, weil sie solche Angst hat... ich bekomme das Gefühl anderen zur Last zu fallen... Ich hab im Moment eine Phase wo ich offen und ehrlich über alles rede... einfach weil ich es nicht für mich behalten kann... ich weiß nicht, ob gerade das auch alle ängstigt, weil sie mich so nicht kennen, weil sie mich nur so kennen, dass ich alles mit mir allein aus mache... es tut mir auch weh, zu sehen und zu hören, wie sehr es anderen weh tut... auf der anderen Seite enttäuscht es mich auch ein bisschen... einfach weil ich denke, ich kann mich auch nicht einfach umdrehen und sagen, mir tut das so weh nun mach ich die Augen zu... ich darf und kann es auch nicht...
ein trauriger und erschöpfter sonnenstrahl...
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