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  #1  
Alt 14.06.2006, 14:14
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Jelly Jelly ist offline
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Standard AW: Darmkrebs im Endstadium, Antikörpertherapie

Liebe Sigrun,

mit meiner Krankheit gehe ich insbesondere mit meinem Mann aber auch in der Familie (Cousinen, Schwager,.... wir haben selbst keine Kinder) aber auch mit meinen Bekannten offen um. Gestern noch haben wir Doppelkopf gespielt und da ich erst vor drei Wochen an der rechten Lunge operiert worden bin, fällt es mir schwer die Karten zu mischen und auszuteilen, das haben dann die anderen Mitspieler für mich übernommen. Auch habe ich gemerkt, daß ich Konzentrationsschwierigkeiten habe, hab mich dann dafür entschuldigt, da kam kein böses Wort, sondern nur Verständnis. Ich habe mich sehr gefreut, daß ich wieder mitspielen konnte, und weil meine Freunde wissen, was ich gerade durchmache, kann ich auch so sein, wie ich gerade fühle. Das tut gut und gibt Sicherheit. Muß mich nicht verstecken. Während der Chemophasen war ich aber so schlecht drauf, da wollte ich niemanden mehr sehen, habe nur geweint und den Kopf hängen lassen, mein Mann war sehr verständnisvoll, aber er konnte mir da auch nicht helfen. Den Tag der Chemo hat er immer zuhause gearbeitet, damit er mich hinbringen und wieder abholen und den Rest des Tages bei mir sein konnte, um mich zu versorgen. Er hat mich nie unter Druck gesetzt. Aber meine Stimmung ist trotzdem immer mehr abgesunken, so daß ich das Gefühl hatte, es wird garnicht mehr hell. Da war für mich keine Lebenqualität mehr spürbar und das hab ich dann auch mit meinem Mann besprochen. Ich hab dann entschieden, die Chemo abzubrechen und er hat die Entscheidung mitgetragen. Für mich ist das auch heute noch die richtige Entscheidung. Was nützen mir theoretische Chancen, wenn ich nicht mehr in der Lage bin, den Tag zu fühlen, wie kann er dann die Chance erhalten, der schönste Tag in meinem Leben zu werden, wenn ich die Sonne nicht mehr sehen kann ?

Meine Signatur soll nicht bedeuten, sammle Tage soviel Du kannst, egal wie Du sie erlebst, sondern siehe den Tag, den Du erlebst als Geschenk und nimm ihn an. Am 1.8.2004 wurde ich zum ersten Mal operiert, es folgten 5 weitere schwere Operationen, von allen habe ich mich erholt, so daß ich mein Leben wieder in die Hand nehmen konnte, die Chemo war für mich ein endloser dunkler Tunnel, kein Licht und kein Ende. Das will ich nicht.

Ich habe während meiner Krankheit gelernt, auch die kleinen Dinge zu sehen und sie zu schätzen, es ist nicht immer das große Event, nein es sind die 5 Minuten auf der Treppe vor unserem Haus, in denen mir meine Freundin und Nachbarin von ihren Sorgen erzählt und mich um Rat fragt, die den Tag wertvoll machen. Zu großen Events will ich garnicht mehr gehen, die machen mir heute eher Angst. Ein Stündchen mit meinem Mann im Biergarten und er läßt mich an seinem Alltag im Job teilhaben, das ist wert.

So glaube ich, daß Deine Mutter auch das Kaffetrinken, die Nähe zu Dir, Dir mal in die Augen zu schauen, genießt und braucht. Sie braucht keine großen Taten, sie möchte die Ruhe und Nähe im Gespräch und in Geborgenheit zu Dir und ihrer Familie, es ist ein wunderbares Gefühl, wenn man aufgehoben ist. Und dieses Gefühl braucht keine großen Taten einfach nur einbischen Zeit und Hingabe.

Ganz liebe Grüße auch an Deine Mutter !
Jelly
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  #2  
Alt 14.06.2006, 14:17
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Standard AW: Darmkrebs im Endstadium, Antikörpertherapie

Hallo Sigrun,

hab noch etwas vergessen. Ich bin ich einer Selbsthilfegruppe, die auch Gesprächsgruppen für Angehörige anbieten. Es ist die www.frauenhilfenachkrebs.de. Vielleicht gibt es die auch in Deiner Nähe und Du nimmst mal Kontakt auf, ich bin mir sicher, daß Du dort auch Hilfe bekommst, und Antworten, wie Du als Tochter mit dieser so schwierigen Situation umgehen kannst.

Liebe Grüße
Jelly
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  #3  
Alt 14.06.2006, 15:43
Thigi Thigi ist offline
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Standard AW: Darmkrebs im Endstadium, Antikörpertherapie

Hallo, liebe Jelly,

vielen herzlichen Dank für Deine Offenheit und Deine lieben Zeilen. Danke, daß Du Dir die Zeit dafür genommen hast.

Ist wirklich viel!!! wert, von Betroffenen zu "hören", wie sie sich fühlen und alles um sich herum wahrnehmen. Denn, irgendwie hätte ich auch nie geglaubt, daß da innerhalb der Familie diese Blockade sein kann, die es schwer macht, sich darüber zu unterhalten.

Werd mich um die Selbsthilfegruppe kümmern. Auch hab ich dran gedacht, mich kirchlich beraten zu lassen. Meine Ma ist evangelisch erzogen; evtl. kann man da was arrangieren, um ihr wieder Licht zu zeigen...

Ganz lieben Dank nochmals.

Viele Grüße und eine große Portion Kraft!!!

Sigrun
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  #4  
Alt 14.06.2006, 18:03
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Standard AW: Darmkrebs im Endstadium, Antikörpertherapie

Liebe Sigrun,

es freut mich sehr, daß ich Dir mit meinen Beiträgen helfen kann, Deine Mutter etwas besser zu verstehen. Für mich ist es unglaublich wichtig, daß mein Mann mich und meine Entscheidungen versteht und sie mitträgt, ich könnte das sonst garnicht bewältigen, ich hätte schon längst aufgegeben. Dabei möchte ich aber unbedingt auch ernst und wichtig genommen werden, der Gedanke, Deine Mutter "endmündigen" zu lassen, macht mir Angst, weil daraus hervorgeht, daß Du ihr Deine Vorstellungen "aufdrücken" möchtest, damit erdrückst Du sie aber, sie hat ein Recht, selbst über ihr Leben zu entscheiden, auch wenn sie Entscheidungen trifft, die Du nicht verstehen kannst oder willst. Sie hat eine Seele und eine Würde, die gerade in der Krankheit enorm leidet, wenn Du sie "endmündigen" würdest, wäre das wie ein Schlag ins Gesicht, das würde Deine Mutter nicht verkraften und Du hättest sie schon zu Lebzeiten verloren.

Wenn du das Gefühl hast, sie ist bei Deinem Vater nicht richtig aufgehoben, dann sorg doch dafür, daß Dein Vater Unterstützung z.B. von einem häuslichen Pflegedienst erhält, oder sprich den Pastor der Gemeinde an, daß er sich ab und zu für ein Gespräch mit Deiner Mutter oder mit beiden bei Euch einfinden möchte, schildere ihm Deine Sorge um die Mutter.

Ich verstehe Dich aber auch, die Behandlungsmöglichkeiten gerade bei Darmkrebs sind ja heute vielfältig und man möchte dann nicht begreifen, warum ein Betroffener Möglichkeiten nicht annimmt, wo Angehörige doch in allem eine Hoffnung sehen, den geliebten Menschen nicht oder nicht so schnell zu verlieren oder mitansehen zu müssen, daß der geliebte Mensch so leidet. Als Angehöriger ist man ja teilweise wirklich zur Hilflosigkeit verdonnert, was der Betroffene ablehnt, muß der Angehörige akzeptieren, da bleibt ihm keine Wahl...... und das ist super schwer und macht bestimmt auch total einsam, weil nicht Beteiligte wie z.B. Deine Freunde da garnicht mithalten können, die verstehen meistens garnicht, in welcher Not Du Dich befindest.

Dieses Forum ist garade aus diesem Grund ein so großes Geschenk, hier können Betroffene und Angehörige sich austauschen und Rat suchen und finden.

Ich wünsche Dir, daß Du den richtigen Weg findest, für Deine Mutter da zu sein, damit ihr noch ganz viel von einander habt.

Ganz viel Kraft und seit gut beschützt !
Liebe Grüße
Jelly
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  #5  
Alt 16.06.2006, 09:08
Thigi Thigi ist offline
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Standard AW: Darmkrebs im Endstadium, Antikörpertherapie

Hallo, und dankeschön.

Meine Ma hat gestern zum zweiten Mal Antikörper bekommen. Danach hat sie gleich wieder geschlafen. Klang aber gestern abend ganz gut und hat auch Fußball geschaut. Heute werd ich bei ihr reinsehen. Aber wenn das Wetter so grottig ist, der Luftdruck niedrig, hat sie auch kreislauftechnische Probleme.
Jedoch, Peanuts im Vergleich.

Ansonsten werde ich mich an die Tipps halten

Liebe Grüße und ein gutes Wochenende Euch allen.
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  #6  
Alt 19.06.2006, 11:22
Thigi Thigi ist offline
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Standard AW: Darmkrebs im Endstadium, Antikörpertherapie

Hallo,

meiner Ma gings gestern wieder nich sooo doll. Hat im Bett gelegen und auch nune ganz schönen Ausschlag bekommen. Aber die Sache soll wohl wirken, wenn man diesen Ausschlag bekommt. Also nehm ich es als ein gutes Zeichen auf.

Aufgrund Eurer Beiträge lasse ich jetzt auch "lockerer", was meine Ma betrifft. Hab mit ihr auch drüber gesprochen, daß sie für mich nach wie vor die "alte" ist, nur, daß eben ihr Körper hilfebedürftig ist, und daß ich ihre Entscheidungen akzeptiere und mich wirklich nach ihr richte, was Aktivitäten und Wünsche betrifft.
Glaube mal, sie hat das gut aufgenommen, und war sicherlich ein bisschen erleichtert. Möchte ja nicht, daß sie noch wegen mir unter Druck steht.

Bin froh, daß ich sie so habe, wie sie jetzt ist (besser, als sie gar nicht mehr zu haben!!!).

Meinem Bruder fallen leider auch nich allzuviele Dinge ein, die die Sache für Ma und uns alle erleichtern. Er ist immer nur - über ihren Zustand - "beeindruckt", wenn er bei Ma war...
Jeder geht eben anders damit um.
Ich bin da eben auch immer etwas ungeduldig etc.

Halte Euch auf dem Laufenden...
Nächsten Donnerstag is "Bergfest" für meine Ma. Dann hat sie noch 3x Antikörper und danne eine Pause
Ich freu mich drauf und hoffe, daß ihr eine gute Erholung zu Teil wird.


Danke Euch und liebe Grüße
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  #7  
Alt 27.06.2006, 16:33
Thigi Thigi ist offline
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Standard AW: Darmkrebs im Endstadium, Antikörpertherapie

Hallo,

gibt erst mal keine guten Neuigkeiten von meiner Ma.
Momentan wird sie von starkem Fieber (bis 39,2°) geplagt und von Muskelverhärtungen und -krämpfen. Da ham wir schon (Vati und ich) Wadenwickel bis in die Nacht gemacht und Aspirin gegeben, weil sie stärkere Sachen ablehnt.
Sie nimmt ihre Vitamintabletten allerdings nicht. Das macht mich wütend. Denn eigentlich soll da alles drin sein, was ein Körper in ihrer Verfassung braucht!
Dann wären sicher auch die Muskelprobleme nich so akkut. Denn, sie kann kaum laufen und zieht dann ein Bein wie einen schweren Baumstamm hinterher.

Leider hat sie auch nicht viel Appetit. Und das Bestellen von Lieferessen klappt auch noch nich so. In Chemnitz sind die Anlaufpunkte gezählt...

Ich versteh halt nur nich, daß sie selbst so nachlässig ist und ihre Medizin nich ordentlich einnimmt. Was soll denn ihrem Körper noch geschehen? Die Nebenwirkungen sind doch jetzt eh nich mehr so ernst zu nehmen, oder? Was schlimmeres als Darmkrebs gibt es doch für sie gar ne.
Und dann, wenn die Probleme auftreten, ningelt sie. Wenn man aber mit der Medikamenteneinnahme diese Probleme vermeiden kann???

Es ist ein Spiel - auch mit meinen Nerven.
Man will ihr doch helfen; aber die stetig schlechten Nachrichten schlagen auf uns zurück und wir sind dann auch ratlos

Will nur hoffen, daß ihr Blutbild gut aussieht. Dadurch erhält meine Ma vielleicht wieder einen Motivationsschub

Naja, liebe Grüße erstmal.

PS: gibt es hier eigentlich auch sogenannte Forentreffen, bei denen sich evtl. die Angehörigen und die Betroffenen ab und an treffen? Is freilich kein schöner Anlaß, aber kann ja sein, daß es sowas hier scho gibt...

Danke

Sigrun
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