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  #1  
Alt 10.07.2006, 21:16
Sternschnuppe Sternschnuppe ist offline
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Registriert seit: 05.11.2005
Beiträge: 4
Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo Du !
ich bin 26 Jahre und habe im Mai meinen Dad mit 56 Jahren für immer verloren. Wie ich mit meiner Trauer umgehen soll, weiß ich nicht. Der Schmerz scheint mir die Kehler zuzudrücken und am liebsten wäre ich bei meinem Dad. Natürlich weiß ich das dies nicht geht, vorallem da ich meine Mam unterstützen muß. Ich versuche mein Leben einigermaßen zu reglen aber meistens drückt mich der Schmerz zu Boden. Ich weiß eben auch nicht wie ich meiner Mam helfen kann, da ich leider nicht oft bei Ihr sein kann, da ich nicht mehr zu Hause wohne. Das ganze Leben steht Kopf.
Es tut mir sehr leid für Dichm, daß Du auch schon diese schlimme Erfahrung machen musstest. Wie bekommst Du es den in den Griff ?
gruß Sternschnuppe
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  #2  
Alt 17.09.2006, 22:13
biancaneve biancaneve ist offline
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Registriert seit: 24.03.2006
Ort: Wien
Beiträge: 55
Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo Sternschnuppe,

"in den Griff bekommen" ist wohl noch etwas zu viel gesagt, aber ich schaffe es doch, dass es mir schrittweise besser geht. Schlimm war für mich das erste Mal, als ich am Flughafen an jener Stelle wieder vorbeigekommen bin, an der ich an jenem 5. April - am Boden sitzend, alle Sachen rund um mich verstreut - erst den Anruf mit der Todesnachricht entgegennehmen und danach meinen Lebensgefährten informieren musste.

So blöd das klingt, aber uns allen hat es gut getan, uns kopfüber in die Arbeit zu stürzen. Die "schwarzen Löcher" werden seltener, sind aber immer noch tief, allmählich weichen sie den Gedanken, was sie wohl in dieser oder jener Situation getan oder zu dieser oder jener Sache gesagt hätte.

Wann diese Phase einsetzt, wie lang sie dauert - das ist bei jedem Menschen verschieden. Ich bin froh, auf meine verbliebene Familie zählen zu können.

Ich wünsche Dir alles Gute!

Liebe Grüße
Alexandra
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  #3  
Alt 17.09.2006, 22:15
Benutzerbild von Katti
Katti Katti ist offline
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Registriert seit: 01.03.2006
Ort: Bad Hersfeld
Beiträge: 74
Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo Alexandra, Du sprichst mir aus der Seele!!
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  #4  
Alt 18.09.2006, 01:06
wolfgang_ wolfgang_ ist offline
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Registriert seit: 18.09.2006
Beiträge: 3
Standard AW: An alle jungen Hinterbliebenen

Hallo Ihr Lieben,

ich bin erst heute auf diese Seite und dieses Forum hier gestoßen und habe gerade fast den ganzen Thread durchgelesen. Es fiel mir nicht leicht, weil es viele Erinnerungen in mir wach rief. Meine Mutter ist vor 3 Jahren an Krebs gestorben, erst war es Brustkrebs, dann geheilt, dann 1 Jahr später die Lymphdrüsen und die haben die Metastasen dann durch den Körper gepumpt. Am Ende war es Lungenkrebs. Sie starb wenige Tage vor ihrem 49. Geburtstag.

Ich möchte Euch mitteilen, dass ich jede einzelne Geschichte von Euch aufmerksam gelesen habe und mich wahnsinnig verbunden mit Euch fühle, obwohl wir uns gar nicht kennen. Heute bin ich 22, meine Mutter starb mitten in meinen Abiturprüfungen und es hat mich damals unbeschreiblich zurückgeworfen und auch geprägt. Wie sehr sie mir im "normalen Alltagsleben" fehlt, habe ich erst Monate oder vielleicht sogar Jahre später begriffen. Oft fällt es mir heute noch auf. Immer wieder aufs Neue. Ich weiß, es ist ein schlechter Trost, wenn ich sage, dass es mich auch noch heute, drei jahre danach, manches mal sehr dreckig hinunter zieht. Aber vielleicht hilft es Euch, wenn ich Euch versichere, dass dieses Ganze immer seltener vorkommt. Dass man es wirklich kann - sich an die neue unfassbare Situation gewöhnen. Wenn auch niemals ganz.

Für jeden gibt es Schlüsselmomente. Momente der Erinnerung. Z.B. dieser Tage schließe ich mein Studium ab. Nächste Woche erhalte ich mein Diplomzeugnis. Es sind genau diese Momente, in denen ich denke, wie stolz sie heute auf mich wäre - bzw. auf mich IST! Und das sind so gedanken, die einen (zumindest mich) wahnsinnig einknicken lassen und traurig machen.

Ich schreibe das alles hier aber aus dem grund, weil ich Euch Mut machen möchte. In meinem Fall liegt es 3 Jahre zurück, dass meine Mutter starb. Wenn ich heute in ruhigen, einsamen Momenten an den Augenblick denke, als mich mein Vater weinend geweckt hat, um die Nachricht zu übermitteln, dann breche ich oft in Tränen aus. Jedenfalls entdecke ich dann oft an mir selbst, wie "frisch" noch sämtliche Erinnerungen an damals sind.
Auf der anderen Seite habe ich mich in den 3 Jahren sehr weiterentwickelt, gerade wegen Studium und so, es hat sich sehr viel verändert in meinem Leben und auch in dem meiner Brüder und meines Vaters. Ich würde von mir sagen, im ganzen Leben um ein Vielfaches selbstständiger geworden zu sein und versuche oft, einfach die positiven Dinge aus dem Ereignis von damals zu sehen. Auch wenn mir gute Freunde manchmal sagen, ich hätte die Sache bislang nur "verdrängt" statt "verarbeitet".

Naja. 3 Jahre sind eigentlich nicht lang. Aber so gesehen ist es eine Ewigkeit her. Und dann gibt es sie doch wieder. Die Situationen, in der ich ihr gerne Dinge erzählen würde, in der ich mir wünschte, Mama wäre noch da. Mit ihrer unbeschreiblich-einfühlsamen, einzigartigen Art. Mama eben. Die furchtbaren Erinnerungs-Momente: Die elendigen Tage im Mai, an denen es keine Radio-Werbung gibt, in der nicht über "MUTTERTAG" gesprochen wird. Die Heiligabende im verkleinerten Familienkreis, die nicht und auch nie mehr das sind wie früher. Die Momente des Alltagsfrusts, wenn einem die Ansprechpartnerin bei Problemen fehlt. Die Momente sind furchtbar und in meinen Augen auch kaum mit irgendwelchen seelischen Schmerzen zu vergleichen, die ich jemals irgendwie erfahren habe.

Aber ich möchte Euch Mut machen. Wenn Ihr Eure Mama oder Euren Papa an Krebs verloren habt, Ihr dürft Euch nicht alleine fühlen! Ich weiß sehr genau, wie es ist. Wie es ist, wenn die Wut in einem ausbricht, kurz nach der Fassungslosigkeit. Irgendwann der Hass, der Hass auf Krebs, der Hass auf die Ungerechtigkeit. Die nicht aufhören wollende "Warum?"-Frage. Und die ewige Unzufriedenheit mit sich selbst. Das nicht-mehr-glücklich-sein-können. Unkonzentriertheit. Ich kenne das alles! Ihr dürft den Kopf nicht hängen lassen, ja?! Es ist so verdammt schwierig und tut so verdammt weh. Ja verdammt, auch Jahre später noch. Aber denkt daran: Hätte es Eure verstorbene Mutter oder Euer verstorbener Vater gerne, dass Ihr jetzt traurig wärd? Würde sie es gut finden, dass ich jetzt wieder weinend am Computer sitze? Hätte sie gern, dass ihr wegen ihr traurig seid? NEIN!!!!!!!!!!

Bitte fühlt Euch nicht alleine. Kontaktiert Eure Freunde. Denn genau das hat mir persönlich wahnsinnig geholfen und es gibt heute noch Tage, an denen es mir wahnsinnig hilft. Auch wenn es mir wehtut, dass jetzt - 3 Jahre danach - viele Leute nicht mehr darüber sprechen (wollen). Denken sie wirklich, für mich wäre wieder alles "ok"? Die Sache wäre "abgehakt"? Niemals wird es das sein, nie!
Kontaktiert Eure Freunde! Sie werden Euch zuhören und ich versichere Euch, nichts - NICHTS - hilft ehrlicher und besser, als sich die Scheiße von der Seele reden zu können. Auch wenn man dabei heulen muss. Auch wenn man dabei 3 Gläser Rotwein leert. Es hilft.

Bitte fühlt Euch nicht allein, Ihr habt es nicht verdient, ja? Das meine ich ernst, auch wenn wir uns nicht kennen. Ihr dürft mich gerne anschreiben, ich freue mich über Kontakt und bin gerne zur Hilfe, für ein offenes Ohr oder zum Erfahrungsaustausch bereit. Fühle mich sehr fest mit Euch verbunden!

Viele Grüße
Wolfgang
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