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  #1  
Alt 16.07.2007, 16:53
Benutzerbild von nikita1
nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hi,

mir ist da in der Zwischenzeit noch was aufgefallen: irgendwie hat sich mein Leben nach der Diagnose/schlechten Prognose beschleunigt.
Bis "vor der Diagnose" (denn das Leben teilt sich ab nun in "vor" und "nach" ein) hatte ich immer den Eindruck, noch viel Zeit fuer alles zu haben - dies hat sich in Luft aufgeloest ... ich habe unbewusst keine Zeit mehr.

Am liebsten wuerde ich alle Plaene und Projekte , selbst die sich fueher noch auf der langen Bank befunden haben - am liebsten sofort erledigen....

«
Beispiel:
eine Freundin laedt mich seit Jahren nach Kenia ein - also mindestens bis Weihnachten wollen wir das wahrnehmen (frueher habe ich immer gedacht : nun ja, vielleicht naechstes Jahr mal.....
Diese Liste an Beispielen kann ich weiter fortfuehren.... ploetzlich ist alles wichtig und unaufschiebbar geworden.

Als ich mir ueber mein Leben + das Ende desselben noch keine Gedanken machen musste - lebte ich langsamer, ruhiger und gluecklicher.
Nun hetze ich mit raushaengender Zunge durch die Tage und will noch abpassen, was moeglich ist.
Womit bewiesen ist: selbst wenn ich noch so leugnen will, dass mich die schlechte Prognose auf keinen Fall interessiert oder runterzieht - sie tut es doch!

Geht es euch auch so ???
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton
  #2  
Alt 22.07.2007, 07:50
Benutzerbild von teddy.65
teddy.65 teddy.65 ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hallo an euch alle,

die Zeit läuft irgendwie anders als vor dem Krebs. Vorher plante ich viel für die Zukunft. Habe mir oft Gedanken gemacht was in 1, 2, oder 3 Jahren sein wird. Da kann und will ich nun nicht mehr.

Ich hezte zwar nicht und will so viel wie möglich erledigen, doch ich schiebe ungern etwas auf die lange Bank. Es schleicht sich schon hin und wieder die Frage ein, ob es gut wäre z.B. die Terrasse erst im nächsten SOmmer neu zu gestalten, da ich nicht weiß ob ich dann dazu in der Lage wäre.

Kurz vor einer anstehenden Kontrolluntersuchung überprüfe ich immer alle möglichen Termine. Meine Untersuchungen waren letzte Woche und ich hatte bereits alles für das kommende Schuljahr meiner Kinder schon fertig organisiert. So früh war ich nie. Ich hatte einfach Angst davor, dass nun ein schlechter Befund mir die Kraft nehmen würde mich darum zu kümmern, also habe ich mich vor den Untersuchungen damit beschäftigt.

Generell finde ich das Leben im Hier und Jetzt viel viel besser. Die Sorgen um meine Rente mit 65 oder später mache ich mir nicht.

@Nikita1
auch wenn du fest davon überzeugt bist, dass die schlechten Prognosen die anderen treffen und nicht dich, so können sie dir dennoch Angst machen, denke ich.

Meine Prognosen nach 2,5 Jahren werden immer besser, dennoch war meine Angst vor und bei den Untersuchungen letzte Woche so groß wie nie zuvor. Macht auch keinen SInn, gell?
__________________
glg
Sabine

Rektum CA Nov. 2004, OP im Feb. 2005 mit Anlage eines endständigen Colostomas, Chemo bis Sept. 2005. Es geht mir gut
  #3  
Alt 22.07.2007, 10:45
Benutzerbild von happysunflower21
happysunflower21 happysunflower21 ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hallo an alle

nach meiner ersten Krebs Diagnose 1998 habe ich es noch relativ leicht genommen und im laufe der Jahre habe ich nur noch selten ( nur vor dem Nachsorgetermin) daran gedacht.
Doch es kann sich so schnell ändern.
Im März diesen Jahres bekam ich die Diagnose Zungengrundcarcinom ( als Nichtraucher und nur Gelegenheitstrinker!)
Mein erster Gedanke war: Mist warum habe ich mir grade neue Sommerklamotten gekauft, brauche ich wahrscheinlich eh nicht mehr ( ja, lacht nur ).
Dann ging es 3 Monate lang auf und ab, CT, PET, MRT, 3 OPs am Zungengrund mit Neck dissection rechts( entf. der Lyphknoten im Hals)
und als vorläufige Enddiagnose "carcinoma in situ"
Man weiß also nie im voraus was die Zukunft bringt, ob es weiter bei dieser Diagnose bleibt weiß ich jetzt nicht, es ist durchaus möglich dass der Tumor wieder kommt.
Mittlerweile scheiße ( sorry ) ich mir nichts mehr, bin seit Februar krankgeschrieben, hätte theoretisch zwischen den OPs arbeiten können, habe ich aber nicht eingesehen. Hatte im Dez. 06 um Mutter_kind-Kur eingegeben, diese wurde genehmigt und so bin ich ab 01.08. drei Wochen mit meinen Kids in Kur, die wir geniessen werden.
Ich habe mir vorgenommen mein Leben zu genießen, ich weiß ja nicht wie lange es dauert. Da kann schon mal der Hausputz oder Garten warten, ich mache nur noch wozu ich Lust habe, nehme höchstens noch Rücksicht auf meine Kinder und hoffe dass ich sie wenigstens noch als Erwachsene sehen kann.
Das kann ich nur jedem raten, egal wie die Prognosen sind. Macht nur noch was ihr wollt, so es euch möglich ist.

Liebe Grüße
Rosemarie

__________________
Colon ascendens carcinom,Mai 1998
HNPCC
Zungengrundcarcinom März 2007 ( carcinoma in situ )

bei meinem Mann: seit Mai 2008 Zungencarcinom
  #4  
Alt 22.07.2007, 23:13
Mona66 Mona66 ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Zitat:
Zitat von happysunflower21 Beitrag anzeigen
... ich mache nur noch wozu ich Lust habe, nehme höchstens noch Rücksicht auf meine Kinder. Das kann ich nur jedem raten, egal wie die Prognosen sind. Macht nur noch was ihr wollt, so es euch möglich ist.
Keine, bzw. kaum noch auf irgendwas Rücksicht zu nehmen, kann es doch nicht sein? Oder hab ich es falsch verstanden? Alles was Spass macht im Leben, macht man doch zudem eher mit anderen Menschen und nicht allein, oder? Wenn man auf nix und niemanden mehr Rücksicht nimmt, werden aber kaum noch andere mitziehen...
  #5  
Alt 23.07.2007, 08:32
Benutzerbild von happysunflower21
happysunflower21 happysunflower21 ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hallo Mona 66,

sorry, ja das ist wohl etwas missverständlich geschrieben

Ich meinte damit dass ich mich zu nichts mehr drängen lasse, Dinge tun die ich eigentlich gar nicht tun will usw.
Ich habe meine Kinder, Geschwister und Freunde auf die ich natürlich Rücksicht nehme und auch im alltäglichen Leben bin ich niemandem gegenüber Rücksichtlos - im Gegenteil

Das " nur noch wozu ich Lust habe" bezieht sich mehr auf die alltäglichen Dinge wie Hausarbeit und ähnliches.
Wenn ich jetzt den Beitrag durchlese......das war wohl doch etwas zu emotional.
Aber der Kern bleibt natürlich, macht euch das Leben so schön wie es euch möglich ist

Liebe Grüße
Rosemarie
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Zungengrundcarcinom März 2007 ( carcinoma in situ )

bei meinem Mann: seit Mai 2008 Zungencarcinom
  #6  
Alt 23.07.2007, 09:02
Mona66 Mona66 ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Liebe Rosemarie

jetzt verstehe ich es .

Sich das Leben so schön wie möglich machen, sollte man eigentlich immer... Auch wenn man ganz gesund ist... finde ich

Liebe Grüße
Mona
  #7  
Alt 26.07.2007, 16:39
Optimist_1966 Optimist_1966 ist offline
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Daumen hoch AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hallo Ihr,

vor Kurzem wurde bei mir, männlich 41 Jahre, Leukämie (CML - chronische Phase) diagnostiziert.

Am Anfang hab ich sicher auch alle Infos aufgesaugt die im WWW zu finden waren, aber eigentlich machten mir vor allem die Aussagen zur Lebenswartung zu schaffen.

Als ich dann mal mit meinem kleinen 18 Monate alten Sohn spielte, wurde mir bewusst das ich eventuell nicht erleben sollte, das er in die Schule kommt.
Das war der Moment wo ich einfach all diese "Prognosen" über den Haufen schmiss und für mich einfach festlegte:
Egal was "die" sagen, ich werde meinem Sohn auf seiner Hochzeit tanzen sehen. Ich habe 40 Jahre darauf gewartet Vater zu sein, es ist das Tollste das ich je erleben durfte, und das lass ich mir sicher nicht von einer Diagnose oder Prognose nehmen.

Ich lebe mein Leben wie vorher, rauche nun nimmer, versuche nur ein wenig bewusster zu leben. Okay, den Job finde ich nimmer soooo spannend wie früher, verbringe lieber mehr Zeit mit meiner Familie.

Die Nebenwirkungen von Glivec werden sicher auch wieder weggehen und eigentlich hätte ich es schlimmer erwischen können.

Das Leben ist zum Leben da....wer es verschläft ist selber schuld
__________________
CML (chronisch myeloische Leukämie) Diagnose 06/2007
Behandlung mit Glivec 400mg


Das Leben ist zu kurz um
  • das Falsche zu essen
  • das Falsche zu trinken und
  • mit den falschen Menschen Zeit zu verbringen
  #8  
Alt 25.09.2007, 01:29
Ullala Ullala ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Zitat:
Zitat von nikita1 Beitrag anzeigen
Hi,

mir ist da in der Zwischenzeit noch was aufgefallen: irgendwie hat sich mein Leben nach der Diagnose/schlechten Prognose beschleunigt.
...
Am Liebsten wuerde ich alle Plaene und Projekte , selbst die sich fueher noch auf der langen Bank befunden haben - am liebsten sofort erledigen....
...
Als ich mir ueber mein Leben + das Ende desselben noch keine Gedanken machen musste - lebte ich langsamer, ruhiger und gluecklicher.
...
Womit bewiesen ist: selbst wenn ich noch so leugnen will, dass mich die schlechte Prognose auf keinen Fall interessiert oder runterzieht - sie tut es doch!

Geht es euch auch so ???
Hallo nikita1 und all Ihr anderen,

also, langsamer und ruhiger habe ich bestimmt gelebt, aber nicht glücklicher!

Bei all der Scheiße, die der Krebs mit sich bringt, hat er mir doch eins bewusst gemacht:
Ich bin wer und ich bin etwas wert!
Mein S E L B S T W E R T G E F Ü H L ist größer geworden und wird es hoffentlich noch weiter werden.
Und das möchte ich nicht missen!

Ansonsten bin ich ein talentierter Verdrängungskünstler und ich verdränge auch oft und viel sehr bewusst; ansonsten würde ich dieses "Prognose-Denken" nicht aushalten.
Wer diesen Mist erfunden hat, sollte geteert und gefedert werden!

Ich sage immer: "Wenn Du als Gesunder zur Tür raus gehst und Dir fällt ein Ziegel auf den Kopf, bist Du noch eher tot als ich."

Und ich warte jetzt auf den Tag, an dem ich das auch selber aus tiefstem Herzen glaube!

Liebe Grüße, Ullala
  #9  
Alt 25.09.2007, 08:26
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Katrin A. Katrin A. ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

HAllo,ihr Lieben.

Kann mich Ullala anschließen.
1. Das mein Selbstwertgefühl gewachsen ist,was nicht jedem gefällt.
2. Das "verdrängen" auch bei mir vorkommt.Würde ich nun 1 Jahr nach Diagnose mich immer und immer wieder mit dem Thema Krebs auseinander setzen,würde ich verrückt werden.
Ich denke man muß den richtigen Weg zwischen Verdrängen/Ablenken und
zulassen und verarbeiten finden.....natürlich ist das wie das ganze Leben nicht leicht.
Bei mir hat ´der Krebs dazu geführt das ich erst heute merke wie sehr ich
mein Leben liebe und brauche......

Zum Thema Prognosen.....
Zu Beginn waren sie mir so wichtig,um Hoffnung zu schöpfen,um an Heilung zu glauben......Da wollte ich Zahlen.

Dann kam eine Phase,in der mich Prognosen runtergezogen haben.
Was ist wenn ich zu den 20 % gehöre,die bald versterben werden...???
Und meine Hoffnung war verflogen....
War auf dem Weg zur Depression,aber das ist das Letzte was ich nun noch
bekommen möchte,dafür lebe ich doch zu gern.

Und Heute sind mir Zahlen voll egal!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
Ich lebe jetzt,mir geht es gut,und was bringen mir Zahlen ausser das ich wieder nachgrübel.....

So ihr Lieben,ich wünsche allen einen schönen Tag....

Bis bald mal und auf das wir den "schlechteren" Prognosen in den Hintern treten!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!
__________________
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Mach kaputt-was dich kaputt macht
  #10  
Alt 26.09.2007, 00:21
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nikita1 nikita1 ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hallo all

nein, ich kann nicht behaupten, dass ich nach der Diagnose gluecklicher bin.
Auch ich bin ein Verdraengungskuenstler, aber im Hinterkopf sitzt die Diagnose + Prognose tief und fest. Niemals mehr werde ich mit der gleichen Leichtigkeit des Seins durchs Leben gehen wie vor dem Tag X.
Uebrigens hatte ich heute meine 1.Nachsorge und der ca. 6 cm grosse Tumor in der Zervix hat sich in LLLLLuft aufgeloest - Totalremission. . HEUTE bin ich gluecklich ! Jeder Tag ist nun was besonderes.
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton
  #11  
Alt 26.09.2007, 08:12
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Katrin A. Katrin A. ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hi,Nikita,

vorab HERZLICHEN GLÜCKWUNSCH zu dem "schönen" Nachsorgeergebnis.....
DAs macht auch sehr glücklich!!!!!!!!!
Dankbar bin ich dem Krebs auch in keiner Weise,da schließe ich mich dir an.
Trotzdem merke ich eine Entwicklung,die ganz positiv für mich ist.
Die Leichtigkeit des Seins ist auch bei mir verschwunden....
Aber sie ist manchmal wieder da,was ich vor einem halben Jahr nie geglaubt habe.
Wenn ich arbeiten gehen kann und keine Veränderrungen an meinem Körper spüre und mich sehr gut fühle,dann bin ich einfach glücklich und lache z.b.
genau wie vor der Diagnose.Obwohl ich erst glaubte die Duagnose hätte mir
mein unbeschwertes z.t albernes LACHEN geklaut.
Richtig mies geht es mir eigentlich nur,wenn ich irgendwas an meinem Körper feststelle,was ich mir nicht erklären kann.
Dann falle ich sehr tief..........

Ich drücke uns allen die Daumen,das wir die NAchsorgen ohne Zwischenfälle meistern!!!!!!!!!!!!!!!

Liebe Grüße,KAtrin
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Mach kaputt-was dich kaputt macht
  #12  
Alt 06.10.2007, 18:03
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hallo Mona66, Ullala und alle,

vorab: ich bin nur Angehöriger (Ehemann), meine Frau hat seit Anfang des Jahres Brustkrebs.

Bei uns war das so: meine Frau wollte von Anfang an eigentlich von Prognosen (und auch Diagnosen) wenig wissen. Sie hat sich vertrauensvoll in die Hände der Fachleute begeben - das ist ihr Weg, und damit ist sie gut gefahren. Ich bin da etwas anders. Ich traue Ärzten grundsätzlich nicht, sondern lese mich schlau und will grundsätzlich erstmal "alle Fakten auf den Tisch". Das ist mein Weg. Da muss jeder wissen, womit er persönlich (und das ist IMHO das einzige Kriterium) am besten leben kann.

Selbst mir als "Kopfmensch" sind nach kurzer Zeit Zweifel an der "ratio" gekommen. Prognosen und %-Zahlen mögen ja oft richtig sein - aber bei eigener Betroffenheit sind sie wohl doch eher was für Statistiker. Für Betroffene und Angehörige zählt aber nicht Statistik, sondern das Einzelschicksal. Und ob einem Fakten dabei helfen, dieses Schicksal zu bewältigen... auch das muss jeder selbst wissen. Ich glaube aus unserer Erfahrung hier, dass Lebenserfahrung bedeutsamer ist als Faktenwissen.

Zitat:
Zitat von Ullala
also, langsamer und ruhiger habe ich bestimmt gelebt, aber nicht glücklicher! Bei all der Scheiße, die der Krebs mit sich bringt, hat er mir doch eins bewusst gemacht: Ich bin wer und ich bin etwas wert!
Mein S E L B S T W E R T G E F Ü H L ist größer geworden und wird es hoffentlich noch weiter werden. Und das möchte ich nicht missen!
Da kannst du dich mit meiner Frau zusammen tun. Ich habe von solchen Slogans wie "Krankheit als Chance", "bewusster Leben" usw. immer wenig gehalten - bis der Krebs hier einzog. Aber bei meiner Frau und mir ist es wirklich so, wie du und viele andere sagen: eine Lebenskrise (ob Krebs oder was auch immer) bringt Erfahrungen mit sich, die die Lebensperspektive ganz schnell verändern können. Wo dann plötzlich andere Dinge wichtig werden.

Z.B. nicht mehr das Funktionieren im Job, sondern das eigene Wohlbefinden. Oder nicht mehr das neue Auto, sondern die kleinen Lebensfreuden, die sich Tag für Tag bieten (wenn man mal gelernt hat, sie zu beachten). Meine Frau z.B. hat einen sicheren, aber abgrundtief öden Behördenjob. Und schon in der Klinik nach der Brustamputation hat sie gesagt: sie arbeitet künftig, wenn sie mal wieder arbeitsfähig ist, nur noch halbtags, um mehr Zeit für Dinge zu haben, die ihr im Leben wichtiger sind als der Beruf. Das ist IMHO auch ein Ausdruck des gesteigerten Selbstwertgefühls, von dem Ullala spricht. IMHO etwas sehr positiv Egoistisches: sich mehr um sich selbst kümmern; und weniger um das, was vielleicht "formal" das "Sinnvollste" wäre, oder was andere von einem erwarten.

Zitat:
Ich sage immer: "Wenn Du als Gesunder zur Tür raus gehst und Dir fällt ein Ziegel auf den Kopf, bist Du noch eher tot als ich."
Genau so ist es! Wie leben alle ständig mit Risiken aller Art. Wir können am nächsten Bissen Schnitzel ersticken, die Treppe runterfallen, usw. usf. Und wer sich mal ernsthaft überlegt, wie gefährlich es ist, die nächste Hauptstraße zu überqueren oder in einen PKW zu steigen... der könnte sich eigentlich sofort erschießen, weil es ihn ja früher oder später doch treffen wird. Und Leben heisst IMHO auch, solche Risiken "einfach" auszublenden - weswegen ich "Verdrängung" in dieser Hinsicht da gar nicht negativ finde. Kein Mensch kann damit Leben, wenn er sich nur noch Sorgen um sein Leben und seine Gesundheit macht :-(

Zur "Panung": ich weiss nicht mehr, ob hier oder woanders - jedenfalls erinnere ich mich an eine schöne Signatur, die sinngemäß sagt: "Leben ist das, was passiert, während man etwas ganz anderes plant / vorhat." Und so ist es wohl. Was will mensch in unserer heutigen Zeit, wo kein Job mehr sicher ist, und wo keiner weiss, was in 20 oder 30 Jahren von seiner (Riester)Rente übrig bleibt, denn überhaupt planen?

Meine Frau und ich haben angesichts des Krebs' nur für den "Notfall" geplant: Testament, gegenseitige Vorsorgevollmachten, Patientenverfügungen. Also so gut wie möglich abgesichert, dass wir uns um den anderen kümmern können, falls es erforderlich sein sollte. Viel mehr an Planung fiel uns - angesichts Ullalas Ziegel, der einem morgen auf den Kopf fallen könnte - beim besten Willen nicht ein ;-)

Auch, wenn es nicht immer lustig ist, planlos durch's Leben zu gehen. Trotzdem glauben wir, dass es eine wichtige Lebenserfahrung angesichts einer Krise ist, dass das Leben eben nicht planbar ist. Sondern mitunter einfach "Schicksal", mit dem man irgendwie lernen muss umzugehen. Jede(r) auf seine persönliche Weise.

Viele Grüße,
Stefan
  #13  
Alt 06.10.2007, 21:10
Schnucki Schnucki ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hallo Stefan,

Zitat:
Selbst mir als "Kopfmensch" sind nach kurzer Zeit Zweifel an der "ratio" gekommen. Prognosen und %-Zahlen mögen ja oft richtig sein - aber bei eigener Betroffenheit sind sie wohl doch eher was für Statistiker.
DAS widerspricht sich doch sehr extrem mit dem, was Du im LK-Forum geschrieben hast - Ablehnung der Behandlung, weil doch so wenig Chance auf Heilung besteht.

Kannst Du mir das bitte erklären?

Grüße

Astrid
  #14  
Alt 07.10.2007, 11:21
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Hallo Astrid,

Zitat:
Zitat von Schnucki Beitrag anzeigen
Kannst Du mir das bitte erklären?
Ich kann es zumindest versuchen. Aber das werde ich per PN machen, nicht hier. Weil besagter thread schon unerfreulich genug war - und es IMHO keinen Sinn macht, dass er im Nachgang noch hierhin "streut". Auch wenn er vielleicht von Anfang an hier besser aufgehoben gewesen wäre - mein Fehler.

Viele Grüße,
Stefan
  #15  
Alt 07.10.2007, 12:19
Benutzerbild von Biba
Biba Biba ist offline
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Beiträge: 339
Standard AW: Wie geht Ihr mit Prognosen um?

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Hallo Astrid,


Ich kann es zumindest versuchen. Aber das werde ich per PN machen, nicht hier. Weil besagter thread schon unerfreulich genug war - und es IMHO keinen Sinn macht, dass er im Nachgang noch hierhin "streut". Auch wenn er vielleicht von Anfang an hier besser aufgehoben gewesen wäre - mein Fehler.

Viele Grüße,
Stefan
Dann hätte ich auch gerne eine PN .

Biba
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