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Alt 18.06.2003, 15:37
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Beiträge: n/a
Standard mutter mit 9 verloren

Liebe Christiane,
ich weiß, ehrlich gesagt, nicht so recht, wie ich ausdrücken soll, was ich dir sagen möchte.

Zuerst einmal: Du bist nicht alleine! Es ist gut, dass du hier geschrieben hast, hier wirst du Verständnis finden und vielleicht können wir dir auch helfen zu lernen deiner Mutter, deinem Vater, deiner Stiefmutter und vor allem dir selber zu vergeben und zu verstehen?

Denn das ist das Gefühl, dass am meisten aus deinen Zeilen bei mir ankommt - Schuldgefühle, Ärger darüber, dass sie dich verlassen hat, darüber, wie du und deine Familie mit dem Verlust deiner Mutter umgegangen ist, darüber, dass dein Vater wiedergeheiratet hat, darüber, wie seine Frau damit umgeht.

Zunächst, glaube mir, ich verstehe was du durchmachst! Ich hatte meine Mutti mit 15, vor jetzt fast 25 Jahren, nach 2 Jahren schwerer Krankheit (nicht Krebs, aber trotzdem schlimm) verloren. Auch ich erinnere mich an die Zeit bevor sie starb - niemand hat mir gesagt, wie es wirklich um sie stand - und doch hatte ich es geahnt. Ja, ich war älter als du, aber gerade in den frühen Teenage-Jahren habe ich ihr, wie Kinder es so oft in dem Lebensabschnitt tun, Sorgen gemacht (nichts wirklich schlimmes, nur die üblichen Generationsreibereien) und ihr weh getan und habe später lange gedacht, "warum habe ich es ihr nur so schwer gemacht, wie konnte ich ihr das antun?". Aber weißt du, sie hätte es nicht gewollt, dass ich diesen Gedanken erlaube mein Leben zu bestimmen. Ich bin sicher, auch deine Mutti würde es nicht wollen! Wenn du sie heute fragen könntest, würde sie sich wahrscheinlich garnicht daran erinnern, dass du "was Böses" gesagt hast.

Und ich gebe Katrin Recht. Dein Vater hatte sicher große Probleme, dir die Wahrheit zu sagen. Vielleicht wusste er selber nicht, wie er damit umgehen soll, vielleicht wusste er sogar selber nicht, wie schlimm es stand oder konnte es damals nicht akzeptieren? Ich weiß es natürlich nicht, ich kenne weder dich noch ihn, aber ich könnte mir vorstellen, dass es so war.

Auch ich hatte nie Bezug zu Muttis Grab - bin zwar hier und da hingegangen, bis ich vor 14 Jahren hierher nach Australien zog, aber wirklich Bezug hatte ich nicht - es war halt nur ein Grab mit ihrem Namen drauf. Es ist auch nichts schlimmes dabei, finde ich. Für die einen ist ein Grab sehr wichtig, für andere ist es sogar eine Last. Mein Papa ist vor etwas über einem Monat in Deutschland gestorben. Da ich seine nächste Angehörige war, hat er bestimmt, kremiert und in einem anonymen Grab beerdigt zu werden. Viele mag das schockieren, aber ich bin ihm unendlich dankbar dafür, denn ich hätte es ja von hier aus nicht pflegen können. Für mich lebt er in meinem Herzen und meinen Gedanken weiter. Das ist, wie ich bei beiden Eltern damit umgehe, sie verloren zu haben. Die Trauer ist deine Sache, falsche Konventionen haben da nichts zu suchen.

Was deine Stiefmutter angeht. Auch da bin ich etwas erfahren, denn ich bin ebenfalls Stiefmutter von 5 "Kindern" meines Mannes, die nur zwischen ein und zehn Jahren jünger sind als ich (mein Mann ist 25 Jahre älter als ich, wir sind seit 14 1/2 Jahren verheiratet) Ich will deine Stiefmutter nicht in Schutz nehmen, ich kenne sie ja nicht, aber vielleicht kann ich dir helfen, sie etwas besser zu verstehen (ich hoffe, es tut dir nicht weh, was ich schreibe, das soll es nicht!!!)

Es wird für deine Stiefmutter sehr schwer sein. Vielleicht ist sie unsicher, weil sie weiß, dass sie deine Mutter nicht ersetzen kann. Vielleicht versucht sie auszudrücken, dass sie den Platz deiner Mutter in euren Herzen nicht verdrängen will, in dem sie das Grab pflegt. Ich weiß es nicht, bin ja auch kein Psychiater. Du bist ärgerlich, dass sie die Fotos deiner Mutter entfernt hat - das kann ich verstehen!!! Aber ich kann auch verstehen, dass sie nicht mit - wie soll ich sagen - einem Geist konkurieren möchte, wo immer sie in ihrer Wohnung hinsieht. Es ist schwer, den richtigen Mittelweg zu finden. Vielleicht kannst du sie bitten, dir die Fotos zu geben, vielleicht helfen die Fotos dir ja, schöne Erinnerungen an deine Mutter zurück zu bringen.

Du schreibst, deine Stiefmutter hat gewusst, dass sie in eine Familie heiratet - ja, das hat sie. Aber hat diese Familie sie auch als Mitglied akzeptiert oder muss sie täglich kämpfen, ihren rechtmäßigen Platz an der Seite ihres Mannes einzunehmen - anerkannt zu werden? Die erste Frau meines Mannes lebt zwar, sie sind seit über 20 Jahren geschieden, aber auch ich muss sogar heute noch hier und da meinen Platz als *seine Frau* in der Familie vertreten, auch wenn ich es mir anders wünschen würde - auch ich bekomme manchmal das Gefühl, dass ich in der Familie ja *nur* seine 2. Frau bin und für immer bleiben werde, egal, dass wir jetzt schon länger zusammen sind, als er es mit seiner ersten Frau war. Das ist etwas, dass einem manchmal sehr weh tut, denn ich habe von Anfang an alles getan was ich konnte, um seine "Kinder" und später deren Familien als meine Familie anzusehen - aber es muss halt auf Gegenseitigkeit beruhen, sonst wird es nichts. Ist es nicht möglich, dass deine Stiefmutter ähnlich empfindet?

Liebe Christiane, ich hoffe, ich war nicht zu brutal mit meinen Ansichten. Und bitte glaube mir, ich habe wirklich volles Verständnis für deine Gefühle!!! Ich habe nur versucht zu helfen.

Ich hoffe, du schreibst mal wieder,
Liebe Grüße aus dem winterlichen Australien,
Astrid
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