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Alt 17.07.2003, 06:13
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Standard junge Frauen und der Tod der Mutter

Guten Morgen, Ihr Lieben,

heute war mal wieder einer dieser Nächte, wo ich aufgewacht bin, weil ich von meiner Mama geträumt habe. Natürlich konnte ich danach nicht mehr einschlafen, musste so viel denken, so viele Gedanken auf einmal in meinem Kopf. Ich träume immer, sie wäre noch da. Im Traum sind das immer Alltagssituationen, die wir mal in irgendeiner Weise zusammen erlebt hatten, aber die doch irgendwie neu und noch nie dagewesen sind. In diesen Tagen häufen sich die Gedanken an meine Mama wieder mehr, wir kommen jetzt in die Phase, wo sich das schreckliche halbe Jahr ihrer Krankheit jährt. Letztes Jahr Anfang Juli haben wir die Diagnose gesagt bekommen und ungefähr Mitte Juli hat sie ihre erste Chemo bekommen. Mein Vater hat nach ihrem Tod eine Art "Krankentagebuch" gefunden, dort hat sie aufgeschrieben, wie sie sich gerade fühlt, wie die Behandlungen, Chemos etc. waren, wann es ihr schlecht ging, wann gut. Ich habe bis heute noch nicht die Kraft gefunden, es zu lesen. Wenn mir irgendwo in meinen Sachen eine handschriftliche Notiz o.ä. von ihr in die Hände fällt, muss ich sowieso immer weinen.

Liebe Alessa,
Du solltest Dir keine Vorwürfe machen, dass Deine Mama ihr Enkelkind nicht mehr erleben wird. Natürlich macht es traurig, aber es ist nun einmal so und Du kannst es nicht ändern. Meine Tochter kam auf die Welt, während mein Opa (der Vater meiner Mama) im Sterben lag. Ich wußte das nicht. Er hat wohl immer nach dem Baby gefragt, ob es denn endlich da sei. Aber die Geburt hat so lange gedauert, dass er gestorben ist und einige Stunden später kam sie auf die Welt. Das war damals eine schreckliche Sache. Wir konnten uns nicht so richtig freuen, ich hatte manchmal das Gefühl, seit die Kleine auf der Welt ist, passieren nur noch schlimme Sachen. Erst mein Opa, dann meine Mutter. Aber das ist natürlich Unsinn. Meine Mama hat Kinder geliebt und die Kleine war ihr ein und alles. Es ist eben nur schade, dass sie so früh gehen musste und die Zeit als Oma nicht länger genießen durfte.
Wenn der Zeitpunkt kommt, an dem Du selbst bereit zum Heiraten bist, und das tust Du einzig und allein NUR für Dich und Deinen Mann, dann gestalte Deine Feier so, wie Du es immer gern gehabt hättest. Denke nicht, dass Deine Mama gewünscht hätte, dass Du eine kleine Feier planen sollst, nur weil sie nicht mehr da ist. Ich bin sicher, dass hätte sie nicht gewollt. Meine Mama ist ein paar Tage vor Weihnachten gestorben. Weihnachten hat ihr immer viel bedeutet und so haben wir gefeiert, wir haben uns nicht verkrochen, obwohl wir am liebsten Weihnachten überhaupt nicht begangen hätten. Aber wir wußten, dass sie das nicht gewollt hätte. Unsere Mütter würden es sicher unsinnig halten, wenn wir ihretwegen auf irgendetwas verzichten würden, was uns am Herzen liegt, so sind Mütter doch oder nicht?

Liebe Katrin, liebe Michelle, liebe Elka,
das Abschotten und Verdrängen der schrecklichen Gedanken ist ganz normal. Das macht sicher jeder von uns. Die wenigsten können ihren Schmerz und ihren Verlust von Anfang zulassen und sich gehen lassen. Das bewundere ich. Mein Vater konnte es, dadurch dass mein Bruder und ich Stärke gezeigt und funktioniert haben. Ich bin froh, dass ich so gehandelt und am Anfang dicht gemacht habe. Er hat sich gehenlassen können und wir haben ihn aufgefangen. Er ist sehr tapfer und meistert seinen Alltag alleine sehr gut. Ich bin sehr stolz auf ihn. Welche Rolle spielt da, dass ich selbst lange gebraucht habe, bis ich meinen Schmerz zulassen konnte. Andererseits denke ich oft, wenn man nicht alles gleich wieder verdrängt und sich einfach mal gehenlässt und den bösen Gedanken nachhängt, kommt man dann schneller zu dem Punkt, wo die Erinnerungen wieder schön werden? Ich weiß es nicht. Jeder macht das glaube ich automatisch. Der eine so, der andere so. Irgendwann kommt jeder zu dem Punkt, wo er die schrecklichen Bilder vergisst und die schönen Erinnerungen wiederkommen. Bei mir hat es ein halbes Jahr gedauert. Wenn ich heute an meine Mama denke, muss ich sofort lächeln. Ich fühle mich geborgen, als wäre sie noch da. Manchmal kann ich ein bißchen ihre Nähe spüren. Das ist ein gutes Gefühl. Und in meinen Gedanken sieht sie aus wie früher. Dann muss ich nichts mehr verdrängen, ich muss mich nicht abschotten - ich fühle nur noch den Verlust und das von Tag zu Tag stärker. Ich hätte nie geglaubt, dass man so stark lieben kann. Ein kleiner Trost sind ist mir Zeilen aus einem irischen Segen, den meine Mutter zur Taufe unserer Tochter auf die Karte geschrieben hat: Und bis wir uns wiedersehen, halte Gott Dich fest in seiner Hand!
Das wünsche ich uns allen, dass wir unsere Mütter wiedersehen!

Zum Schluss möchte ich Euch noch ein paar Zeilen aufschreiben, die ich kürzlich gelesen habe -

Eine Mutter ist etwas wunderbares
Andere können Euch lieben, nur Sie versteht Euch
Sie arbeitet für Euch, pflegt Euch, liebt Euch
Verzeiht alles was Ihr tut
Sie betet für Euch
Und das einzige Leid das Sie Euch je antun wird
Ist zu sterben und Euch zu verlassen.

Ich wünsche Euch alles Gute, besonders Dir Katrin für die nächste Woche. Entschuldigt, dass der Beitrag so lange geworden ist.

Liebe Grüße
Kiki
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