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  #1  
Alt 19.07.2003, 14:51
Gast
 
Beiträge: n/a
Standard Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Lieber Shalom,
ich habe gerade deine Beiträg gelesen! Sie machen mir wahnsinnig Mut!
Ich habe im Januar meinen Lebensgefährten verloren, und seitdem ist es bei mir ein ständiges Auf und Ab. Einerseits beginne ich ein "kleines" neues Leben, andererseits lebe ich noch voll und ganz in Erinnerungen.
Es war für mich sehr interessant, als du geschrieben hast, daß du nochmal ins Krankenhaus, Hospiz, und zu all den Orten gegangen ist, die dich an deine Frau erinnern.
Ich hatte schon die gleichen Gedanken, und diese Orte ziehen mich auch irgendwie magisch an. Irgendwie gehört es vielleicht ein wenig zum Loslassen dazu, daß man alles nocheinmal durchlebt.
Diese Orte habe ich in schlimmen aber auch irgendwie in schöner Erinnerung, weil wir die Zeit so intensiv miteinander erlebt haben.
Ich weiß nicht, ob ich es irgendwann einmal schaffen werde sie aufzusuchen, aber
es ist irgendwie schön zu hören, daß es dir inneren Frieden gebracht hat, dies zu tun.
Ich hoffe sehr, daß ich auch bald eine Einstellung bekomme wie du- das man nicht nur funktioniert und traurig in den Tag lebt, sondern das die Freude darüber und die Dankbarkeit an das Schöne bald wieder zurück kommen. Aber ich denke das kann man nicht erzwingen, sondern kommt von innen heraus.
Wahrscheinlich muß ich meinen Schatz mehr loslassen, aber es fällt sehr sehr schwer!

Liebe Grüße, Jenny
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  #2  
Alt 30.01.2006, 11:29
shalom shalom ist offline
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Registriert seit: 25.08.2005
Ort: Baden-Württemberg
Beiträge: 221
Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Wie sehe ich nach mehr als fünf Jahren nach dem Tod meiner Frau die damalige Trauersituation ? Was ist mir aufgefallen ? Was habe ich beobachtet ?

Mir hat ECHTES Mitgefühl sehr geholfen, denn das gab mir die Basis mich verstanden zu fühlen. Mir hat ECHTES MITEINANDER SPRECHEN UND NACHDENKEN sehr geholfen, meinen EIGENEN Weg zu finden.

Letztlich wußte ich jedoch für mich, Du mußt Dir selber helfen oder Dir helfen lassen, denn die mühsame Trauerarbeit kann Dir niemand abnehmen.

Was ich gar nicht wollte: den Stimmungen hilflos ausgeliefert zu sein. Ich wußte, ICH MUSS an mir ARBEITEN, weder ein Therapeut noch eine einfühlsame Trauergruppe oder eine Kur kann mir die Hauptarbeit abnehmen.

Der Therapeut würde mir zuhören, MICH REDEN LASSEN, WAS ICH EMPFINDE. Den Arbeitsweg zur Bewältigung hätte er mir nicht abgenommen.

Eine Trauergruppe wäre für mich wichtig gewesen, wenn ich meine Gefühle nicht hätte ausdrücken können und keine lieben Freunde gehabt hätte, um mich auszutauschen. Beide Dinge aber waren bei mir gegeben, sodaß ich mich mitten in meiner eigenen Trauerarbeit noch zusätzlich mit dem Leid anderer hätte intensiv auseinandersetzen müssen. Das wäre vielleicht gut gewesen, um meinen Gefühlsstand einordnen und mit anderen vergleichen zu können.

Dieses Forum hier hatte damals eine gewisse Funktion für mich, um zu sehen, wie andere Betroffene mit Trauer oder Krankheit umgehen. Das Forum ist für mich sehr wertvoll geworden. Was ich beim Forum nicht kann/konnte: Gefühls-Hopping durch die unterschiedlichen Threads. Mich haben ganz wenige Threads angesprochen und wenn ich meinte, etwas beitragen zu können, so habe ich einen Beitrag geleistet.

Jetzt habe ich die "Fremdhilfe" (Therapeut, Trauergruppe, Forum) angesprochen.

Was blieb nun für mich in meiner Situation übrig ?
(in eine Kur wollte ich nicht und brauchte sie vielleicht auch nicht)

Ich war bereit mich der neuen Situation zu stellen, aber wie ?

Ich kannte das große SCHWARZE LOCH, in das ich kurz nach dem ersten Krankenhausaufenthalt meiner Frau fiel. Ich wollte keine SCHWARZEN LÖCHER mehr haben, keine Ängste mehr vor der mit lieben Dingen meiner Frau gefüllten Wohnung, den geliebten gemeinsamen (zum Schluß sehr schweren) Spazierwegen.

Wäre ich meinen Ängsten nachgegangen, hätte ich unsere langjährige Wohnung verlassen müssen, ich hätte wegziehen müssen, um nicht auf Schritt und Tritt geliebte Wege betreten zu müssen, oder Bekannten antworten zu müssen.

Ich wollte NICHT, dass die Angst gewinnt.

Also habe ich versucht, die Angst beim Schopf zu packen und zu schauen, was die Angst mit mir macht.

Für Freunde und Bekannte hatte ich mir Sätze überlegt, mit deren ich fair und punktgenau auf die Standardfrage "Wie geht es DIR" antwortete. Ich bin dabei niemandem ausgewichen. Meist habe ich ich bei Interesse gefragt, was denn genau erzählt werden soll. Ich wollte mich schützen vor meiner eigenen Offenheit, um mich nicht verletzt zu fühlen.

Die ganze Wohnung war voller lieber Erinnerungen an meine Frau - überall - vor allem viele Bilder und Gegenstände unserer zahlreichen USA Reisen.

Was mir besonders nahe ging, waren die Kleider (Schuhe usw.), die noch ihren Geruch trugen. Ich wollte die wunderbaren Erinnerungen an Sie (meine Frau) behalten, mich aber von den stets Schmerz zufügenden Dingen trennen. Die beste Freundin meiner Frau hat dann kurz nach dem Tod meiner Frau die Kleider in Kisten gepackt und ich habe die verschlossenen Kisten an die Diakonie übergeben. Ich habe ihr Zimmer umgeräumt und eine leicht andere Gestalt gegeben, um nicht jedes Mal schmerzlich an die schweren Krankheitstage erinnert zu werden.

Die gemeinsamen Spazierwege habe ich fast alle nochmals alleine beschritten, es war mit viel Weinen, lautem Sprechen mit meiner verstorbenen Frau, auch mit Klagen (WARUM WIR usw.) verbunden. Jedes Mal habe ich mich NACHHER entlastet gefühlt. Ich bin nach Freiburg in die Klinik gefahren, wo sie AHB Maßnahmen erhielt, um die Krankenhausgänge zu durchlaufen. Ich bin an unserem Wohnort in die Klinik gefahren, in der sie ach so oft in fast jedem Zimmer der Onkologie lag. Ich habe dort im Laufe von Monaten mehrfach geschaut, was meine Seele sagt, wenn ich mich dort aufhalte. Ich bin an einem der Todestage in das Hospiz gefahren, in dem sie 2 Tage war, bevor sie starb.

Alle diese Gänge waren schwer, aber gut für meine Seele, denn ich wollte nicht, dass die Angst gewinnt.

Durch den Tod meiner Frau habe ich die Angst vor dem Sterben und dem Tod verloren. Ich bin dankbar, dass ich sie ein paar Wegschritte begleiten durfte. Es ist eine Bereicherung für mein Leben.

Ich habe vieles neu lernen müssen:

- Geduld mit mir selbst zu haben

- Unterscheiden zu lernen, wer wirklich mitfühlt /mittrauert

- Unterscheiden zu lernen bei Nachfragen wie es mir geht (Rein rhetorische Fragen, Höflichkeitsfragen, Interessensfragen)

- einzugestehen, daß ich selbst bis an die Grenzen meiner Leistungsfähigkeiten gegangen bin und tatsächlich viel geleistet habe (das in mir zuzulassen hat etwa 2,5 Jahre gebraucht; ich war nur für meine Frau da, habe nur funktioniert, um alles für sie Erdenkliche zu tun; ich habe mich dabei selbst gar nicht wahrgenommen)

Shalom

Geändert von shalom (01.02.2006 um 19:20 Uhr)
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  #3  
Alt 01.02.2006, 14:40
shalom shalom ist offline
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Beiträge: 221
Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Ich habe ein sehr einfühlsames Gleichnis gefunden, in dem Traurigkeit und Hoffnung einander begegnen (nachzulesen unter www.palverlag.de/Gleichnisse_Seite4.html). Damals hatte ich diesen Thread unter anderem auch mit den Worten Trauer und Hoffnung begonnen.


ZITATANFANG

Die Geschichte von der traurigen Traurigkeit

Als die glutrote Sonne am Horizont dem Tag langsam entschwinden wollte, ging eine kleine zerbrechlich wirkende Frau einen staubigen Feldweg entlang. Sie war wohl schon recht alt, doch ihr Gang war leicht und ihr Lächeln hatte den frischen Glanz eines unbekümmerten Mädchens.

Fast am Ende dieses Weges, saß eine zusammengekauerte Gestalt, die regungslos auf den trockenen, ausgedörrten Sandboden hinunterstarrte. Man konnte nicht viel erkennen, das Wesen das dort im Staub des Weges saß, schien beinahe körperlos zu sein. Es erinnerte an eine graue aber weiche Flanelldecke mit menschlichen Konturen. Als die kleine zerbrechlich wirkende Frau an diesem Wesen vorbeikam, bückte sie sich ein wenig und fragte: "Wer bist du?" Zwei fast regungslose Augen blickten müde auf. "Ich? Ich bin die Traurigkeit." flüsterte die Stimme stockend und so leise, dass man sie kaum zu hören vermochte. "Ach, die Traurigkeit !" rief die kleine Frau erfreut, als würde sie eine alte Bekannte begrüßen.

"Du kennst mich?" fragte die Traurigkeit vorsichtig? "Aber ja, natürlich kenne ich dich! Immer wieder einmal hast Du mich ein Stück meines Weges begleitet."

"Ja, aber ...", argwöhnte die Traurigkeit, "warum flüchtest du dann nicht und nimmst reiß aus? Hast du denn keine Angst vor mir ?" "Warum sollte ich vor dir davonlaufen ? Du weißt doch selbst nur zu gut, dass du jeden Flüchtigen einholst. Man kann dir nicht entkommen. Aber, was ich dich fragen möchte: Warum siehst du so betrübt und mutlos aus ?" "Ich ... ich bin traurig", antwortete die graue Gestalt mit klangloser Stimme. Die kleine, alte Frau setzte sich zu ihr. "Traurig bist Du also", sagte sie und nickte verständnisvoll mit dem Kopf. "Erzähl mir doch, was dich so sehr bedrückt."

Und die Traurigkeit seufzte tief. Sollte ihr diesmal wirklich jemand zuhören? Wie oft hatte sie sich das schon gewünscht. "Ach, weißt du", begann die Traurigkeit zögernd, "es ist so, dass mich einfach niemand mag. Niemand will mich. Dabei ist es doch nun mal meine Bestimmung unter die Menschen zu gehen und für eine gewisse Zeit bei ihnen zu verweilen. Aber jedesmal wenn ich zu ihnen komme, schrecken sie zurück. Sie fürchten sich vor mir und meiden mich." Die Traurigkeit schluckte schwer. "Sie haben Sätze erfunden, mit denen sie mich verstoßen wollen. Sie sagen: Ach was, das Leben ist heiter und fangen an zu Lachen. Aber ihr falsches erzwungenes Lachen führt zu Magenkrämpfen. Sie sagen: Gelobt sei, was hart macht. Und dann bekommen sie Herzschmerzen. Sie sagen: Man muss sich zusammenreißen. Und sie spüren das Reißen in den Schultern und im Rücken, im ganzen Körper. Verkrampft sind sie. Sie drücken die Tränen tief hinunter und haben Atemnot. Sie sagen: Nur Schwächlinge weinen. Dabei sprengen die aufgestauten Tränen fast ihre Köpfe. Manchmal können sie dadurch nicht mal mehr Sprechen. Oder aber sie betäuben sich mit Alkohol und Drogen, damit sie nicht fühlen müssen." Die Traurigkeit sank noch ein wenig mehr in sich zusammen. "Und dabei will ich den Menschen doch nichts Böses, ich will ihnen doch nur helfen. Denn wenn ich ganz nah bei ihnen bin, können sie sich selbst begegnen. Ich helfe ihnen ein Nest zu bauen, um ihre Wunden zu pflegen und zu heilen. Weißt du, wer traurig ist, hat eine besonders dünne Haut, und manches Leid bricht dadurch immer wieder auf, wie eine schlecht verheilte Wunde, und das tut sehr weh. Aber nur wer mich zu sich läßt und all die ungeweinten Tränen weint, kann seine Wunden erst wirklich heilen. Doch die Menschen wollen gar nicht, dass ich Ihnen dabei helfe. Statt dessen schminken sie sich ein grellen Lachen über ihre Narben. Oder sie legen sich einen dicken Panzer aus Bitterkeit und ewiger Enttäuschung zu. Ich glaube, sie haben einfach nur unbändige Angst zu weinen und mich zu spüren. Deshalb verjagen sie mich immer wieder."

Dann schwieg die Traurigkeit. Ihr Weinen war erst schwach, dann stärker und schließlich ganz innig und verzweifelt und die vielen kleinen Tränen tränkten den staubigen, ausgedörrten Sandboden. Die kleine, alte Frau nahm die zusammengesunkenen Gestalt tröstend in die Arme. Wie weich und sanft sie sich anfühlt, dachte sie und streichelte das zitternde Bündel. "Weine nur, kleine Traurigkeit", flüsterte sie liebevoll, "ruh dich aus, damit du wieder Kraft sammeln kannst. Du sollst nicht mehr alleine wandern. Ich werde auch dich von nun an begleiten, damit die Mutlosigkeit nicht noch mehr Macht gewinnt."

Die Traurigkeit hörte zu weinen auf. Sie sah zu ihrer neuen Gefährtin auf und betrachtete sie erstaunt: "Aber ... aber, wer bist du eigentlich ?"

"Ich ...", sagte die kleine und zerbrechlich wirkende Frau und lächelte dabei wieder so unbekümmert wie ein kleines Mädchen, " ... bin die Hoffnung!

Copyright M.Schumann


Was wir daraus lernen können

Gute wie schlechte Gefühle gehören zum Leben und oftmals könnten wir etwas Schönes nicht genießen, wenn uns negative Gefühle fremd wären. Gewiss: negative Gefühle können schmerzhaft sein. Sie sind jedoch nur Wolken, hinter denen die Sonne scheint.

Entscheidend ist, dass wir die negativen Gefühle annehmen und sie als Lebensabschnitte ansehen, die vorübergehen.

Lebensweisheit

Solange wir uns die Hoffnung auf ein besseres Leben bewahren, haben wir die Chance, ein besseres Morgen, eine bessere Zukunft zu gestalten.
Wir wünschen Ihnen die Kraft und den Mut, Zeiten der Traurigkeit und der Verzweiflung anzunehmen und sich Ihre Hoffnung zu bewahren.


ZITATENDE

Geändert von shalom (02.02.2006 um 07:00 Uhr)
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  #4  
Alt 01.02.2006, 17:28
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AndreaS AndreaS ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Lieber Shalom,

danke, dass du deinen Thread wieder nach oben geholt hast. Als Ergänzung für die Denkanstöße der letzten Tage hat es mir sehr viel bedeutet und ich glaube, ich habe noch ein wenig mehr verstanden.

Viele meiner Ängste konnte ich mittlerweile auch schon besiegen, manche noch nicht, aber wir wissen alle, es braucht Zeit.

Die Geschichte der traurigen Traurigkeit hat unsere Tochter übrigens an Claus Beerdigung vorgelesen, vielleicht weil wir sogar ganz am Anfang unseres Trauerweges trotz aller Verzweiflung wussten, wie wichtig die Hoffnung in unserem Leben bleiben sollte.

LG
Andrea
__________________
Που να 'σαι τώρα που κρυώνω και φοβάμαι
και δεν επέστρεψες
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  #5  
Alt 02.02.2006, 15:24
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Nachdenkliches zum "Kampf" zwischen Gefühl und Verstand, Trauer und Hoffnung

Ich habe in früheren Jahren mühsam lernen müssen, die unselige Trennung von Gefühl und Verstand aufzuheben, Gefühle zuzulassen, eigene Gefühle und die Gefühle anderer stehen zu lassen, Wolken vorüberziehen zu lassen, vieles auszusprechen und gleichzeitig auch dem Verstand Raum zu geben.

Wenn deine todkranke Frau dir gegenübersitzt, die du so liebst und dir sagt, du mögest glücklich weiter leben auch vielleicht mit einem neuen Partner, das war sehr schwer für mich zu ertragen. Ich wollte doch, dass SIE bei mir bleibt und WIR zusammenstehen und alt werden.

Wir sollten nicht gemeinsam alt werden, sondern hatten die Aufgabe uns auf den schweren letzten Weg gemeinsam vorzubereiten mit unseren Gefühlen und unserem Verstand. Und diese Aufgabe haben wir von Anfang bis zum Schluß auch angenommen.

Ich konnte daher - wenn auch wie jetzt nur unter Tränen - meine Frau gehen lassen, es war für sie eine Erlösung und Befreiung von der kaum noch erträglichen Last ihrer Krankheit. Und es war gut so, warum sollte ich beklagen, dass sie nun nicht mehr leiden musste ? Ich hatte das Geschenk gesund zu sein, sie hatte es jedoch nicht. Von daher sehe ich auch jeden Tag in meinem "zweiten" Leben als ein Geschenk an, das ich als sehr wertvoll erachte und "hege und pflege".

Ich habe mich den Aufgaben zu stellen, eine Flucht hilft nicht, dann holt mich die Seele wieder ein ("Angst essen Seele auf").
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  #6  
Alt 08.02.2006, 10:38
anny anny ist offline
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Beiträge: 42
Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Hallo Shalom,
du bist auch ein Kämpfer ;-)

In meiner Arbeit im KH,in der Sterbebegleitung und in den Trauerseminaren wurde mir sehr Vieles klarer.
Manche Menschen möchten dieses Selbstmitleid in ihrer Trauer nicht missen,denn gerade dieses Mitleid erinnert sie an den Verstorbenen.
Dadurch haben sie Gewissheit das der Schmerz vorhanden ist....und nicht vergeht.
Denn es wäre für manchen garnicht auszuhalten ohne diesen Schmerz leben zu *müssen*

Diesen Menschen lasse ich auch in meinen Seminaren einen Freiraum,sie dürfen in ihrem Schmerz verharren niemand zwingt sie diesen abzulegen.
Nur weißt was ich beobachtet habe,je mehr andere auftauen,diese Phasen der Trauer bewußt durchgehen und auch vermehrt darüber sprechen desto mehr kommen auch die Anderen und beginnen zu sprechen.

Die Phasen wechseln sich ab,oft werden ein und dieselbe Phase mehrmals durchschritten.......das ist grundsätzlich verschieden.

Eines aber vergessen die meisten Trauernden,auch STERBENDE gehen durch diese Phase,dieselben Phasen zeit ihres letzten Lebensabschnittes.

Nicht nur ich bin der ARME......sonder auch derjenige der gehen MUSS.

Liebe Grüße und knuddel
anny
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  #7  
Alt 08.02.2006, 14:13
shalom shalom ist offline
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Standard AW: Gemeinsame/einsame Wege bei Krankheit

Liebe Anny,

danke für deine Antwort, ich kann jedes Deiner Worte bestätigen. Du schriebst insbesondere:

Eines aber vergessen die meisten Trauernden,auch STERBENDE gehen durch dieselben Phasen während ihres letzten Lebensabschnittes. Nicht nur ich bin der ARME......sondern auch derjenige der gehen MUSS.

Für das gemeinsame Durchlaufen einiger dieser Phasen während der langen Krankheits - und Abschiedszeit zusammen mit meiner verstorbenen Frau bin ich sehr, sehr dankbar.

Abschied nehmen : Für mich ein Frühbeginn der Trauer, aber noch gemeinsam, Hand in Hand.

Es war unerbittlich und schmerzlich für uns beide, aber wir konnten uns dem gar nicht entziehen. Es gab NICHT die Möglichkeit, es zu verdrängen. Es gab auch nicht die Möglichkeit voreinander die Situation, das Unabänderliche zu beklagen.

In Würde sterben zu können, dankbar für ein gelebtes Leben Abschied nehmen zu können, war ihr geschenkt. SIE hat sich dieser unendlich grossen Aufgabe gestellt und SIE hat die Aufgabe gelöst. Das hat sie bis zum Endpunkt ihres Lebens bei mir, unseren Freunden, dem Krankenhauspersonal ausgestrahlt: Würde in Krankheit/Sterben, Liebe, menschliche Größe.

Ich bin sehr dankbar, dass ich meine Frau damals ein Stück begleiten durfte. Auch wenn es immer wieder schwer ist, ich denke gerne an die vielen kleinen und großen Abschiede, sie zeigen mir immer wieder was "Würde" beim Sterben bedeutet und ordnen meine eigene Trauer um ihren Verlust dem entsprechend eher gering ein.

Anny, ich danke Dir für den Hinweis, in diesem Trauerforum nicht nur den Gesichtspunkt der überlebenden Betroffenen zu beleuchten, sondern auch den der Sterbenden.

Es kann uns "Überlebenden" durchaus helfen, Gedanken und Gefühle neu zu gewichten und zu hinterfragen.

Mit lieben Grüßen
Shalom
__________________
Es ist nicht genug zu wissen, man muß es auch anwenden.
Es ist nicht genug zu wollen, man muß es auch tun.


(Johann Wolfgang von Goethe)
"Wilhelm Meisters Wanderjahre", 3. Buch, 18. Kapitel

Geändert von shalom (08.02.2006 um 14:15 Uhr)
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