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  #1  
Alt 13.11.2009, 13:13
loewi loewi ist offline
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Standard 13. august 2009

gestern war das ct der lunge - gott sei dank nicht da auch noch lymphknoten aber ich habe gestern schon deutlich gespürt, wie sehr meine nerven auf eis liegen. um zehn nach zehn war ich fertig, und dann musste ich noch eine halbe stunde mit der doofen nadel im arm warten (falls ich auf das kontrastmittel noch allergisch reagiere) ich weiß ja, sie machen nur ihre arbeit, aber die haben gestern nicht ein bisschen menschlichkeit gezeigt. abgefertigt wie eine nummer, naja und dann bin ich gegen ende doch leicht wütend und genervt gewesen - habe die das auch spüren lassen und natürlich prompt eine doofe antwort kassiert, warum ich sie so dumm jetzt anmachen würde? ok, war nicht die richtige person (gibt es auch nicht, der richtige adressat ist mein körper oder der krebs, von dem ich nicht weiß, ob er noch irgendwo ist), aber hallo? ich meine ich habe allen grund, dass meine nerven blank liegen... ob nun rationales denken oder meine irrationale emotionalität spielt dabei keine rolle: fakt ist, auch wenn ich nun einen termin habe und irgendwo erleichtert bin, aber die angst bleibt! und die ist vollkommen angemessen!!!
dann war ich also endlich erlöst, dann war der bus weg und ergo: auch die bahn! das sind dinge über die ich mich früher stundenlang habe aufregen können, wo ich aber heute merke, es sind wenige minuten, weil mir die momente zu kostbar sind, als sie mit ärger und frust zu verbringen. bin dann doch irgendwie mittags angekommen, habe mir kartoffeln gekocht, mit margarine pfeffer und salz . -> henkersmahlzeit! dann um drei das ekelzeug für die darmspiegelung heute getrunken und vier stunden später die tabletten. mir ging es die ganze nacht ziemlich mies. gut der durchfall, klar, aber übelkeit, kotzeritis (wahrscheinlich stress, aber vielleicht auch unverträglichkeit) und wahnsinnig gefroren. heut früh ging es mir dann so miserabel, auch weil mein zucker voll im keller war (für meine verhältnisse) und bin schon früh hin, in der hoffnung früher als halb elf dran zu kommen. naja war dann fünf nach halb elf als sie mich runter gebracht haben und um viertel nach elf ging es dann los. die stimmung war sehr locker und entspannt, so dass sich meine wahnsinnige angst die ich vorher hatte, echt in grenzen hielt. sie haben mir den zugang gelegt; der arzt erklärte mir, dass ich wie bei der vollnarkose zwei spritzen kriege, eine die mich leichter macht, dann die schlafspritze. dann weiß ich nur noch, dass er das eine zeug gespritzt hat, mir warm wurde und es kribbelte, dann war ich weg. als ich aufwachte, sagte man mir, der arzt habe auch schon mit mir gesprochen. ach hat er , kein plan. jedenfalls haben sie auch da nichts gefunden! einerseits bin ich erleichtert, andererseits war es so eine kleine hoffnung, dass sie was finden (entzündung eben) was die lymphknoten erklärt hätte. hat es aber nicht. naja aber jetzt gönne ich mir die zweieinhalb wochen untersuchungspause. heut abend gehe ich früh ins bett und morgen früh muss ich um neun in wuppertal bei meinem gyn sein zur besprechung der untersuchung bei ihm. werd dann wahrscheinlich da bleiben weil ich um vier dann therapie habe.
so viel dann erst einmal für heute.
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Mitfreude, nicht Mitleid, macht den Freund aus. (Nietzsche)

Geändert von loewi (13.11.2009 um 18:04 Uhr) Grund: ergänzt
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  #2  
Alt 13.11.2009, 18:03
loewi loewi ist offline
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Standard 20. august 2009

heute ist wieder einer dieser - wie soll ich sie nennen? - selbstbedauertage... ich sage bewusst nicht selbstmitleid, denn wie soll das gehen? ich leide mit mir selber mit??? boah ey hitze vernebelt mein hirn...
ne aber mal im ernst. ich hatte heute ein gutes und langes gespräch mit frau hans und sie fragte mich, wo ich eigentlich meine ganze trauer lasse??? ja wo lasse ich sie???? geweint habe ich in der ganzen zeit sehr sehr selten, ein oder zweimal in der ergo. und an dem tag als dr.L. mir sagte dass alle ergebnisse der zweiten op in ordnung sind und ein zweimal beim frosch... aber wo ist sie? ja fühlen kann ich sie deutlich, aber ist es traurigkeit oder ist es meine unbeschreibliche angst?
nächste woche ist uli´s geburtstag, nein wäre und ich weiß nicht, was ich gerade empfinde. sie fehlt mir, sie fehlt mir sogar sehr. und ihr geburtstag, den sie nicht mehr erleben darf, den sie nicht mehr erleben wollte, kratzt sehr an einem arg wunden punkt. es führt mir meine eigene sterblichkeit noch einmal deutlich vor augen. sie hat bewusst den weg gewählt, nicht mehr leben zu wollen, zu sterben, aber wie kann man einen solchen schritt wagen und auch gehen. mir bereitet der gedanke, eines tages zu sterben angst... ne so ganz ist es nicht das was gerade in meiner seele geschieht ...keine ahnung vielleicht später oder morgen ein neuer versuch.
jetzt eine stunde etwa später habe ich eine ehrliche antwort auf die frage meiner betreuerin, wo ich meine traurigkeit lasse... eigentlich kannte ich die antwort schon, aber habe sie gerade mir selber noch mal durch meinen körper gehen lassen: ... ich kotze meine traurigkeit und meine angst und meine ganzen gefühle aus! das ist die ehrliche antwort darauf
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  #3  
Alt 13.11.2009, 18:06
loewi loewi ist offline
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Standard 22.august 2009

gestern hatte ich wieder eine sehr gute therapiestunde und sie war leider wie immer zu kurz, doch eigentlich reicht eine stunde für den körper und die seele an anstrengung voll und ganz aus. leider habe ich so heftig dissoziiert, schon den ganzen vormittag über, und es ging mir sehr schlecht. sie hat es auch gleich zu beginn so wahrgenommen. naja, also wie gesagt es war mega anstrengend, da es auch oder vor allem um die beziehung zu meiner mutter ging (und sicherlich noch einige male gehen wird). unser verhältnis ist enger geworden hat sich gefestigt. ich spüre und ich weiß, dass es ihr meinetwegen sehr schlecht geht. irgendwie habe ich schuldgefühle, denn ich merke eben wie sehr sie leidet; andererseits berührt es mich sehr, denn ich weiß so, dass ich ihr sehr wichtig bin, was ich zum ersten mal wirklich wahrnehme und vor allem annehmen kann. und doch, was bleibt, ist das misstrauen. wird das so bleiben? ich habe einer freundin heute morgen geschrieben, dass ich natürlich angst habe vor der op, den folgen und den befunden ... aber genau da ist der haken; tief in mir drinnen wünsche ich mir beinahe, dass sie etwas finden, damit ich mir weiterhin der zuwendung, der liebe meiner mutter gewiss sein kann und gleichzeitig schäme ich mich für solche gedanken, fühle mich schuldig, weil ich es bin, wegen der es meiner mutter so schlecht geht.
alles sehr verworren.

in den vergangenen tagen habe ich ein sehr bewegendes buch gelesen: "ich werde leben" von dr. jerri nielsen, einer ärztin, die in der antarktis auf der amundsen-scott-südpolstation überwintert hat und dort an brustkrebs erkrankte. sie konnte aber aufgrund der witterungsbedingungen nicht ausgeflogen werden und behandelte sich dort praktisch über monate selber, stets via email in austausch mit einer ärztin. ein sehr bewegendes buch und vor allem ihre beschreibungen der antarktis, der stille, der einsamkeit...gott, was würde ich darum geben, so etwas nur einmal zu erleben. ganz alleine mit mir und niemandem sonst.

nun gut, heute bin ich in diesem buch auf ein gedicht gestoßen. das heißt, ich hatte danach gesucht. denn vor etwa anderthalb, zwei jahren hatte ich die verfilmung dieses buches mit susan sarrandon gesehen und da ist mir dieser text zum ersten mal begegnet, der mich damals schon sehr berührt hat, ohne meine diagnose. ich hatte mir vorgenommen, dr. nielsen eine email zu schicken und mich bei ihr zu bedanken, dass sie mir mit dem buch und ihren beschreibungen der antarktis mut gemacht hat. stärke gibt... habe bei google jerri nielsen eingegeben und dann kam seitenweise, dass sie am 23.juni diesen jahres an den folgen der erkrankung bzw. der erkrankung selber gestorben ist. hmm schon krass, aber nach einer kurzen benommenheit war mir klar, was bleibt, sind die worte, die sie in ihrem buch hinterlassen hat, manche als seien sie für mich geschrieben worden.

in jedem fall möchte ich das gedicht oder diesen text hier festhalten.

nach einer weile kennst du den feinen unterschied zwischen eine hand halten und eine seele an die ketten legen, du lernst, dass liebe nicht verlassen bedeutet, die gesellschaft eines anderen nicht sicherheit heißt. du verstehst allmählich, dass küsse keine verträge sind und geschenke kein versprechen. du beginnst, deine niederlagen mit hoch erhobenem kopf und offenen auges zu akzeptieren, mit der würde einer frau, nicht dem schmerz eines kindes. du lernst, deine wege auf dem heute zu bauen, denn der boden des morgen ist zu unsicher für pläne, und die zukunft stürzt oft mitten im höhenflug ab. nach einer weile lernst du, dass selbst sonnenschein dich verbrennt, wenn du zuviel davon bekommst. also bepflanzt du deinen garten und schmückst deine seele, anstatt darauf zu warten, dass jemand dir blumen bringt. du lernst, dass du viel ertragen kannst, dass du stark und wertvoll bist. du lernst und lernst ... und du lernst. du lernst mit jedem abschied.
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  #4  
Alt 13.11.2009, 18:09
loewi loewi ist offline
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Standard 24. august 2009

(biana wenn du es liest, wirst du einiges wahrscheinlich wieder erkennen - hab es zum teil von dir kopiert, weils echt 1:1 passt hoffe es ist ok für dich )

leben nach dem krebs... und so sieht meines grade aus
eine sehr brisante frage.
ich für meine wenigkeit habe festgestellt, dass mich diese krankheit, unheimlich verändert hat.
in zwei richtungen!
sie hat mich stärker , kritischer aber auch dankbarer gemacht.
insbesondere habe ich deutlich erkannt und heftig erlebt ,als auch gespürt,
wie schnell ein leben zu ende sein kann.
ich habe, dass erste mal vor einem abgrund gestanden, dadurch wurde ich sehr nachdenklich.
nachdenklich über mich und mein bis dato geführtes leben.
plötzlich wußte ich, dass es nicht selbstverständlich ist,dass leben zu leben.
die sonne jeden morgen aufs neue zu begrüßen......
keine schmerzen zu haben.
denn gesund sein,das war eine selbstverständlichkeit, doch an dem Tag X sollte ich eines "besseren" belehrt werden.
ich habe erkennen müßen ,dass menschen ,die ich für freunde hielt, eigentlich gar keine freunde sind.
und auch das gegenteil lernte ich kennen. (mehr gleich)
ich erhielt beistand und hilfe, von menschen,von denen ich es am aller wenigsten erwartet habe.
gelernt habe ich , gewisse dinge gelassener zu sehen!
ansonsten, ich geniesse viel mehr den tag ,als ich es je zuvor tat, freue mich,bin dankbar,für vieles!
ich lerne neu zu leben,und dass ist meine größte freude.
ich wünsche mir nur zeit zu leben!
zeit das leben zu geniessen, auch die schönen seiten wieder neu kennenzulernen.
materielle wünsche habe ich so auch nicht und ich bin weitaus bescheidener geworden. doch zwei, drei materielle wünsche - bzw. reisen - bleiben:
1. einmal mit delphinen schwimmen (dachte bisher das gibt es nur in florida, aber hab jetzt gelesen, dass es auch in der türkei geht - ist bestimmt preisgünstiger)
2. noch einmal in meine traumstadt new york wo ich exakt vier jahre vor meiner diagnose gelandet bin und die genialsten sechs tage meines lebens verbracht habe (habe gerade erst nochmal nachschauen müssen, wann genau es war - datum der u.s.-einreise am 24.2.2005 - tag x am 24.2.2009)
und meine
3. reise will ich in die antarktis unternehmen: ich kam drauf, als ich jetzt das buch von jerri nielsen gelesen habe, der ärztin die in der antarktis auf der forschungsstation überwintert hat und dort an brustkrebs erkrankt ist. ihre beschreibungen dieser unglaublichen landschaft, diese einsamkeit und diese stille, der sternenhimmel - all das wünsche ich mir einmal erleben zu dürfen.
ansonsten habe ich ohnehin die stille bzw. die ruhigen momente sehr schätzen gelernt. besonders in momenten, in denen die angst so groß wird, genieße ich es oft, mich ein paar minuten in eine kirche zu setzen. nicht um zu beten, was mir sehr sehr schwer geworden ist, sondern einfach nur einige minuten stille.
und so komisch es mir oft noch erscheint, aber trotz aller angst und aller anspannung und allem zweifel und und und, was eben einen so alles nach der diagnose begleitet... es kehrt auf der anderen seite auch gott sei dank wieder alltag und normalität vor allem ein:
1. ich kann mich wieder verlieben
2. ich genieße meine momente mit guten freunden und ehrliche herzlichkeit. am samstag war ich auf einem geburtstag eingeladen bei einer die ich vom abendgymnasium kenne. bin mit zwei freunden dort hin und sie wusste nur dass ich krank bin aber nichts genaues. als sie fragte, was ich denn habe und ich sagte dass ich krebs habe, war es nicht das was ich oft erlebt habe, dass menschen zurück schrecken, sondern ein herzliches in den arm nehmen. damit war es für beide gut. ich habe seit monaten zum ersten mal wieder ausgelassen getanzt, bzw. bei meinen tanzkünsten mich vielleicht eher zum horst gemacht, aber es war egal. ICH HABE MICH GUT GEFÜHLT UND AUFGEHOBEN UND WILLKOMMEN! EINFACH NORMAL!!!! im laufe des abends hat sie dann gesagt, ich bin immer herzlich willkommen wenn ich wieder raus bin aus dem krankenhaus. und ich spürte die ehrlichkeit!
3. ich genieße sogar den sommer - die jahreszeit die ich normalerweise gar nicht mag, aber ich genieße zur zeit die angenehme wärme auf meiner haut
4. ich genieße es wieder und noch mehr als je zuvor, stundenlang entspannt irgendwo zu sitzen und leute zu beobachten, so wie gestern auf einem trödelmarkt, wo ich gemeinsam mit meiner freundin (in die ich - siehe unter 1.)
einen stand hatte. ich habe den tag so sehr genossen!
5. nach einigen schlaflosen nächten lag ich gestern im bett und bin recht schnell eingeschlafen. kurze zeit später wurde ich wach, weil etwas seltsam war. ich überlegte einen kurzen moment und dann musste ich schmunzeln, denn was mich wundern lies war ganz einfach: ich stellte fest, dass ich schlafe - also augen zu und weiter schlafen. aber es war ein sehr schöner moment und
6. ich genieße kleine momente des glücks, z.b. als ich gestern um viertel vor sieben aufgestanden bin und wie immer morgens als erstes das fenster aufmachte: erst hörte ich sie nur und dann sah ich sie... einen ganzen schwarm meiner geliebten wildgänse.
puh, is glaub ich jetzt sehr sehr lang geworden, aber ja, eins ist mir noch eingefallen
7. ich bin froh, dass ich meiner sprachlosigkeit einen raum geben kann...in meinem krebstagebuch!
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  #5  
Alt 13.11.2009, 18:11
loewi loewi ist offline
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Standard 27. august 2009

seit monaten habe ich den wunsch, einmal wieder einfach nur gehalten zu werden, wenigstens einen kleinen moment... doch ich kann diesen wunsch nie äußern geschweige denn wenn es jemand versuchen würde, es auch annehmen.

gestern dann ist es mir wiederfahren. ich bin einfach einmal in den arm genommen worden. hatte gar keine zeit mir zu überlegen ... denn die umarmung kam von meinem gegenüber und war eine solche ehrliche geste der herzlichkeit ohne erwartungen.

und heute? heute ist mir noch ein großer schritt gelungen: ich habe um hilfe gebeten.

vorgeschichte: ich habe letzten freitag per post meinen antrag für mein krankheitssemester geschickt + das attest von meinem gynäkologen. gestern dann mal nachgefragt, wann denn die bewilligung zu erwarten sei und nochmal drauf verwiesen dass sie die schriftliche bewilligung zum bewo schicken, damit die in der zeit, wo ich im kh bin alles an die arge weiterleiten können. die sagten mir, dass mittwoch (also gestern) ein meeting ist, bei dem darüber entschieden wird. heut früh dann nochmal angerufen, da stellte sich heraus, dass die meine unterlagen gar nicht bekommen haben .

gott sei dank war heute jobcafé beim bewo und ich bin hin. alles nochmal faxen und telefonieren und hier und da. ich habe aber herrn f. gebeten, mir ein wenig zu helfen (man höre: ich gebe verantwortung ab, bitte um hilfe!) so entstand eine tolle teamarbeit! mit dem ergebnis, dass ich mein urlaubssemester durchgekriegt habe. habe dann ans bewo eine email geschrieben:

Ein riesiges Danke noch einmal an Herrn F.!
Wir haben heute in einwandfreier Teamarbeit meine Bewilligung des Urlaubssemesters durch bekommen.
Es war eine tolle Erfahrung, denn mit seiner Hilfe habe ich vieles selbst gemacht und einiges an ihn abgegeben.
Man höre und staune, ich gebe Verantwortung ab!
Doch auch dank der Unterstützung und Ermutigung durch Herrn F. habe ich es geschafft, einige der unangenehmen Dinge selbständig zu erledigen.
Auch wenn es für Herrn F. sein Job ist, mit mir hat diese Stunde heute sehr viel gemacht und dafür nochmal ein dickes Danke!



alles etwas durcheinander heute
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  #6  
Alt 13.11.2009, 18:15
loewi loewi ist offline
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Standard 28. august 2009

gestern war noch ein ziemlich schlimmer tag. angefangen als frau h. anrief, meine andere betreuerin und eben wissen wollte, ob das jetzt alles geklappt hat und so. ich saß in der bahn und kämpfte am telefon schon mit den tränen weil ich einfach dermaßen am limit gerade mich bewege, was meine körperlichen und seelischen kraftreserven angeht. sie fragte mich dann auch, was mir gedanklich halt geben könnte. und ich habe mich zu sagen, dass mir dieser moment halt gegeben hat und es auch gedanklich tut:

ich bin gestern soooo überraschend von einem super netten menschen in den arm genommen worden und konnte mich gar nicht wehren
nein im ernst, es hat mir einen kleinen moment halt gegeben. es ist das wonach ich seit monaten mich sehne, aber angst hatte es auszusprechen und ich glaube ich hätte es auch nicht wirklich ausgehalten.*prinzesschen rühr mich nicht an*
aber gestern in einer meiner schwächsten momente hat niels mich einfach umarmt. eine kleine geste so voller ehrlicher herzlichkeit.
tat so gut


dann entstand gestern in der ergo binnen glaub weniger als einer minute ein sehr krasses bild. ich habe gleich angefangen ohne zu reden, einfach diesen druck loswerden. nur es geht nicht. im moment ist die angst wie eine schlinge, die sich um meinen hals legt. so habe ich es auch auf dem bild gemalt.

ich auf einem drahtseil, unter mir der abgrund und in meinem nacken der krebs und um meinen hals die angst, die schlinge, die mir aber vielleicht gerade auch den letzten rest an halt gibt.

ich spüre, dass ich zunehmend depressiver werde und wieder vermehrt mit meiner maske vor dem gesicht rum laufe. ich reiße böse witze und weiß es ist galgenhumor. nur ist der nicht besonders witzig, vertreibt nicht meine angst und meine fassade beginnt zu bröckeln. und ich kämpfe und kämpfe und kämpfe, dass ich noch irgendwie diese letzten fünf tage schaffe. und dann wenn ich wieder aufwache beginnt noch einmal die zeit der folter.

ja, ich bin optimist, sehr sogar, aber ich kann nicht anders, als darüber und daran zu denken, was sein wird, wenn sie etwas finden und ich chemotherapie bekomme. und am meisten machen mir echt meine haare zu schaffen. gerade gehe ich sehr sorgfältig mit ihnen um, kämme sie ausgiebig und trage sie oft jetzt offen. aber es tut mir weh, wenn ich daran denke, dass ich sie vielleicht in zwei wochen werde kurz schneiden müssen, denn drei dinge sind klar für mich, wenn ich eine chemo kriege:

1. ich lasse mir die haare schick kurz schneiden
2. ich werde mir einen port legen lassen, damit sie mich für die chemo nicht immer neu stechen müssen
3. ich werde keine perücke tragen . es gibt so schöne hüte und mützen und und und...

es fällt mir schwer, mich im spiegel zu betrachten und zu wissen, dass ich in fünf tagen nicht mehr so aussehe wie heute. klar verändert man sich jeden tag. (auch das ist etwas, das mir in den letzten monaten sehr aufgefallen ist) - doch dann werde ich eine narbe haben von 20 cm etwa. und diese narbe werde ich täglich sehen. die andere sehe ich ja nicht. naja und auch wenn sie so gut verheilt wie die andere, so werde ich sie immer fühlen können. ich finde narben irgendwie faszinierend, denn für mich ist es immer so, dass narben geschichten erzählen. jede narbe, die ich mir selber zugefügt habe, erzählt ihre eigene geschichte.
anders fühlt es sich noch mit dieser narbe an, die entstehen wird:
- sie ist sehr präsent für mich, sie zeichnet mich an einer für mich sehr intimen stelle. für mich ist mein bauch und besonders mein bauchnabel etwas fast heiliges, denn darin habe ich meinen sohn getragen - schwer zu erklären
- die geschichte, die diese narbe erzählen wird, ist eine geschichte vom krebs, ob sie was finden oder nicht, aber sie wird gemacht um alles auszuschließen. und auch wenn ich danach gesund bin, dann wird das eine ewige erinnerung an diese zeit bleiben.

das ganze ist schwer in worte zu fassen. ich fühle mich fremd, habe einen sehr schlechten kontakt zu meinem körper, aber dafür einen sehr intensiven kontakt zu meiner seele... wie sieht es in meiner seele aus. ich greife nochmal auf die methode von thomas zurück, meine gefühle und meine gedanken mit worten zu beschreiben:

meine seele erinnert mich an ein verlassenes fabrikgebäude. alte backsteine, rote, warme backsteine, sie isolieren. je tiefer ich in das verlassene gebäude vordringe, desto mehr fällt mir der staub auf dem boden auf, hier und da einmal ein werkzeug, verrostet, da sich lange zeit keine verwendung dafür gefunden hat. ich hebe diese werkzeuge auf und sammel sie ein. dann gehe ich weiter, blicke in rohre und versuche ihrem dunklen verschlungenen weg mit meinem blick zu folgen. doch sie verlaufen ineinander und teilen sich wieder. ich blicke hinauf zur decke. zerbrochene fenster, durch die lauwarmer nieselregen fällt. wärmt und kühlt meine haut. die umgebung macht mich benommen, doch ich fühle mich sicher. ich gehe zur wand des gebäudes und lehne mich an die backsteinwand. genieße die kühle der steine, betrachte die halle von einer anderen seite, überall der staub, denke lange nicht aufgeräumt worden, hier drinnen... jede menge werkzeug, aber was ich nicht finden kann, das sind ein besen oder ein staubsauger... der regen, der durch die deckenfenster fällt, wärmt plötzlich nicht mehr, kühlt, ich fühle mich wie gelähmt... etwas drückt mich an die wand...dunkelheit...benommenheit. plötzlich rieche ich rauch. und da sehe ich es: feuer! es brennt... alles in meiner seele brennt und ich bin gefangen ...
ich bin so durcheinander im moment, dissos, ich merke es schon wieder, aber noch muss ich drei stunden durchhalten, um dann an meinem derzeit einzigen sicheren ort ein wenig halt zu haben. mein anderer sicherer ort ist derzeit das bewo. das büro.
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  #7  
Alt 13.11.2009, 18:17
loewi loewi ist offline
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Standard 28. august 2009

heute habe ich eine wundervolle email von meiner freundin aus kanada bekommen, die mich und die ich liebevoll schwesterlein nennt. ja, katja ist so etwas wie meine zweite große schwester

mein liebes schwesterlein,
bin dir hier nicht sehr hilfreich.moechte dich ehrlichen herzens in den arm nehmen und moechte dir so gerne sagen ,alles wird gut.
doch macht es mich traurig.spuere deine angst und kann sie so sehr nachvollziehen.
es ist noch ein trauma mehr fuer dich.
wuensche dir viel,viel kraft und das du nur liebe menschen um dich hast.
alles andere interessiert nicht.
du bist wichtig,dass es dir besser geht.du gesund wirst.
moechte dir worte des haltes geben und doch waeren sie sinnlos und banal.
was soll ich dir schreiben,um ein stueck kraft zu geben.veilleicht faellt mir noch was ein.
ausser,dass ich abends bevor ich einschlafe an dich denke und fuer dich mit bete.
es nicht viel,aber vielleicht ein kleines bisschenhilfe aus der feerne,fuer einen ganz besondere frau.
es umarmt dich dein schwesterlein
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