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  #1  
Alt 17.09.2010, 09:23
Benutzerbild von HeikesFreundin
HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Standard AW: Wieviel Wissen verkraftet der Mensch

Hallo Rani,

sicher hat ein jeder Mensch das Recht zu wissen, wie es um ihn steht - wenn er es denn wissen will. Ich bin Altenpflegerin und oftmals mit solchen Situationen konfrontiert und eure Geschichte erinnert mich an einen Mann den ich pflegte.
Er hatte sehr fortgeschrittene MS, konnte bis auf Schlucken definitiv nichts mehr ... Seinen Husten hielt man im KH immer für "Aspirationspneumonie" (also Lungenentzündung durch Einatmen von Flüssigkeit, wie wenn man sich verschluckt). Eines Tages stellte ich im Spätdienst nen ziemlich aufgetriebenen Bauch fest - er hatte keine Schmerzen. Mein Gefühl sagte mir, ich muss den Arzt rufen (Sonntag). Krhs, Not-OP usw ... wobei festgestellt wurde, dass die immer wieder mit Antibiose behandelte "Aspirationspneumonie" Lungenmetastasen waren - er hatte nämlich Darmkrebs.

Mit den Angehörigen und auch den Ärzten haben wir beschlossen, in nicht auch noch nit DIESER Diagnose zu belasten - er hatte wahrlich schon genug zu tragen!

Entscheidend dabei war für uns:
dieser Mann konnte auch nicht mehr sprechen. Mit wem soll er, wenn er eine solche Diagnose erfährt dann sprechen? Mit wem seine Ängste teilen?

Wenn jemand sprechen kann und auch die Möglichkeit hat sowas in Gesprächen zu be-/verarbeiten, dann bin ich für Wahrheit.

Aber wenn jemand dazu nicht mehr in der Lage ist, empfinde ich es als
fahrlässig, jemandes Psyche so sehr zu belasten!

Vielleicht sprecht ihr nochmal in Ruhe mit den Geschwistern und fragt sie, ob sie sich vorstellen können, sie selbst würden dort SO artikulationsunfähig liegen und jemand würde ihnen so etwas mitteilen - und sie könnten mit KEINER Menschenseele darüber reden ...
Manchmal sind da ganz klare, manchmal auch harte Worte notwendig - kein Drumherumreden, damit jemand "aufwacht".

Fazit:
Ich bin der Ansicht, er sollte davon verschont bleiben - welchen Sinn hätte es, ihn zu belasten, denn nichts anderes wäre das: eine weitere schwere psychische Belastung ohne "Nutzen".

Viel Kraft!
__________________
... meine Freundin Heike ist am 24. Mai 2010 mit 48 J ganz friedlich für immer eingeschlafen ...

... meine liebe Freundin Lilli44 - auch Du hast für immer Deinen Platz in meinem Herzen ...


... I`ll see you when the sun sets!!!
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  #2  
Alt 17.09.2010, 14:44
Ranimaus Ranimaus ist offline
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Standard AW: Wieviel Wissen verkraftet der Mensch

Danke @ all!!!

Ihr habt mir noch neue Argumente geliefert, die unser Verhalten meinem Papa nix zu sagen rechtfertigt. Für uns die jeden Tag um Ihn rum sind, ist es eh schon schwer genug, Tränen zu verbergen, Trost zu spenden und Mut zuzusprechen! Hatte schon langsam Zweifel daran, ob es richtig wäre, weil die Geschwister so darauf pochen Ihn über seinen Zustand zu unterrichten.

@ Heikesfreundin

Wenn ichs nicht besser wüsste, könnte man meinen Du schreibst über meinen Vater. Mein Vater war auch letztes Jahr wg. einer Aspirationspneumonie im Krankenhaus und anschliessend in einer Reha! Vor einigen Wochen hat sich mein Vater auch wieder ganz doll verschluckt und wir dachten auch, dass die vermeintliche Lungenentzündung wieder vom Verschlucken kam.
Das er voller Krebs sein könnte hätten wir NIE gedacht.

Hoffe, dass meine Tanten uns endlich mit diesem Thema in Ruhe lassen, denn ich denke, dass wir als seine nächsten Angehörigen wissen, was in seinem Sinne ist.

Lieben Gruß
Rani
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  #3  
Alt 23.09.2010, 21:26
Norma Norma ist offline
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Beiträge: 1.157
Standard AW: Wieviel Wissen verkraftet der Mensch

Die Frage ist falsch formuliert.

NICHT: Wieviel Wissen verkraftet der Mensch?

SONDERN: Wieviel Wissen verkraftet der Betroffene?

Es gibt keine allgemein gültige Anwort auf diese Frage; jeder Betroffene ist anders.

In der Tat: die allernächsten Angehörigen, welche den Kranken am Besten kennen, sollten entscheiden;
gerade dann, wenn es bereits durch Vorerkrankungen zu einer massiven gesundheitlichen Beeinträchtigung gekommen ist.

Alles Gute und viel Kraft wünscht
Norma
Diagnose Brustkrebs Nov. 2001
Diagnose Darmkrebs Juni 2007 bei meinem Mann
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  #4  
Alt 23.09.2010, 22:13
Ranimaus Ranimaus ist offline
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Beiträge: 18
Standard AW: Wieviel Wissen verkraftet der Mensch

Danke EUCH ALLEN.

Haben meiner Tante den sehr treffenden Satz gesagt, dass jeder Mensch ein Recht auf Wissen aber auch auf Nichtwissen hat.
Ebenso, dass mein Vater seine Diagnose nicht mehr durch Reden verarbeiten kann. Sie sollten unsere Entscheidung bitte akzeptieren.

Meine Tante hat daraufhin gesagt, dass es zwar nicht Ihre Meinung wäre aber sie würde unsere Entscheidung respektieren.

Damit ist das Thema vom Tisch.

Gruß
Rani
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  #5  
Alt 24.09.2010, 09:29
Benutzerbild von Levira
Levira Levira ist offline
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Beiträge: 206
Standard AW: Wieviel Wissen verkraftet der Mensch

Hi Rani!

Gratulation!

Man muss nicht immer einer Meinung sein. Aber die Meinung der andern zu respektieren, ist etwas vom Wichtigsten.

Hut ab vor allen: vor Euch, weil Ihr Euch für das Befinden Eures Vaters so einsetzt, vor Eurer Tante, weil sie Eure Entscheidung respektiert, obwohl sie anderer Meinung ist.

Liebe Grüsse
Levira
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  #6  
Alt 24.09.2010, 22:38
Ranimaus Ranimaus ist offline
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Beiträge: 18
Standard AW: Wieviel Wissen verkraftet der Mensch

Wir dachten bis heute das Thema wäre nun endlich wirklich geklärt und vom Tisch!

Wir hatten heute einen Termin bei einem Onkologen und einer Seelsorgerin!
Und .... es wurde wieder themastisiert, dass wir meinen Papa "belügen"!!!
Es wurde wieder argumentiert! Mein Vater würde keine Ruhe finden, bevor er es nicht wüsste. Das Wissen würde Ihm eine innere Ruhe verschaffen. Mein Einwand, dass ich in der Situation, wahrscheinlich REDEN; REDEN; REDEN wöllte, wurde abgetan mit: so denkt nur ein "GESUNDER"!

Es wurde mir anhand von irgendwelchen Studien erklärt, wie wichtig WISSEN über seinen Gesundheitszustand ist und dass die Ärzte behutsam mit der Aufklärung beginnen in unserem Beisein!!

Ich für meinen Teil bin nach wie vor gegen eine Aufklärung meines Vaters!! Meine Mutter hat auch Ihre Zweifel ob das WISSEN meinem Vater wirklich hilft Frieden zu finden! Von daher haben wir uns Bedenkzeit erbeten und auch auf mein Nachfragen, ob sich die Ärzte über unseren Wunsch hinwegsetzen würden, haben sie verneint!! Sie würden meinen Vater nicht aufklären, solange wir das OK nicht geben. Wir sollten aber bedenken, dass es für uns eine Erleichterung wäre, wenn die Wahrheit gesagt würde!

Sorry, -versteh ich nicht!! Klar fällt es schwer, Tränen zu verbergen, wider besseren Wissens Mut zuzusprechen aber ich finde wir als Angehörige, dass sag ich auch meiner Mama, müssen uns zurücknehmen und ganz doll stark sein. Wenn der ganze Alptraum vorbei ist, können wir an uns denken, aber derzeit zählt nur mein Vater.Gegen dass was Papa mitmacht, ist unser Leid als Angehörige denkbar klein!! So Gott will haben wir nämlich noch ganz viel Zeit, Geschehenes zu verarbeiten. Zeit die mein Papa nicht mehr hat.

Liebe, traurige Grüße
Rani
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  #7  
Alt 25.09.2010, 00:42
Benutzerbild von nikita1
nikita1 nikita1 ist offline
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Ort: am Atlantik
Beiträge: 1.748
Standard AW: Wieviel Wissen verkraftet der Mensch

Hallo Ranimaus,
Ich finde es GRAUSAM, wenn man deinem Vater in seinem hilflosen Zustand die Wahrheit sagen würde.
Wenn es ihm noch einigermassen gut gehen würde, wenn er die Kraft hätte, den so viel diskutierten "Kampf" aufzunehmen (der ja mehr auf seelischer Ebene gekämpft wird), wenn es nur den Hauch einer Chance auf Lebensverlängerung MIT Lebensqualität gäbe...dann würde ich es ihm sagen.

Da das alles nicht der Fall ist, bleibt fein still, lasst euch nicht unter Druck setzen.
Haltet seine Hand, sagt ihm, wie lieb ihr ihn habt und lasst ihn die letzte Zeit nutzen, dass er Frieden mit sich und seinem Leben findet, ohne Gram und vor allem ohne Angst !
__________________
Liebe Grüße
Nikita


Tapferkeit ist die Fähigkeit, von der eigenen Furcht keine Notiz zu nehmen.
George Patton
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