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  #1  
Alt 11.11.2010, 16:53
Benutzerbild von tine28
tine28 tine28 ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Es ist einfach eine Frage die mich echt quält.
Man stand daneben und konnte ihr nicht helfen um das es wieder besser wird.
Jeden Tag denke ich an sie und den Kampf und nie hätte ich gedacht sie so früh und auf diese Art zu verlieren.

Gibt es welche hier die das auch mitgemacht haben also so einen Kampf ??
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  #2  
Alt 11.11.2010, 17:18
JeanineK JeanineK ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Hallo Tine,

auch von mir mein herzliches Beileid.
Meine Mama ist am 02.07. verstorben.
Sie hatte nicht so einen "Kampf" wie Du es hier schilderst.
Ich war bis zum Schluss bei Mama..... und ich habe vorher Gott sei Dank noch keine Erfahrungen, von Sterben, in meinem Beisein (hört sich blöd an, aber ich weiß nicht, wie ich es schreiben soll).

Ich rief meine Kolleginnen an (mehrmals aus Krankenhaus), weil ich angst hatte, dabei zu sein. Aber Mama hat mich in dem Krankenhaus zur Welt gebracht und ich würde bei ihr sein. Meine Kolleginnen sagten mir immer wieder, es wäre nicht schlimm.

Ich fand es SEHR SCHLIMM. Mama war unter Morphin. Sie schlief ganz ruhig und hatte keine Reflexe (wie abhusten) mehr. Gegen Morgen atmete sie unruhiger aber mein Freund meinte, das wäre nicht so und ich würde mir das einbilden. Ich war fast soweit, dass ich nicht mehr dabei sein wollte, weil sie mich immer vom Tod ferngehalten hat. Aber diese ENtscheidung hat sie mir abgenommen. Ich setzte mich wie immer an ihr Bett, nahm ihre Hand und fragte: Mama, darf ich denn dann fahren? Ich erwartete kein Antwort. Sie konnte nichts mehr. Aber ich bekam eine Antwort. Sie stöhnte. Ich hatte das Gefühl, dass ich dableiben sollte. Ich fand es schrecklich, als sie aufhörte zu atmen, dann wieder anfing, etwas erbrach und immer wieder setzte die Atmung aus. Ich habe das meiner Ärtzin und Therapeutin erzählt und sie meinten, das wäre schnell gegangen. Mama hat nicht einmal mehr die Augen aufgemacht. Ich hatte angst, dass sie angst hatte. Aber die Therapeutin hat mir alles erklärt. Wo z.B. das Atemzentrum sitzt. Was aus Reflex geschieht und wie ein Mensch unter Morphin reagiert und dass der Körper eigenes Morphin freisetzt, dass man kein Angst hat..... Einmal hat die Therapeutin mich verunsichert.... vielleicht wollte sie ja sagen, dass ich fahren soll. Aber ich habe es anders gefühlt.
Ansonsten, habe ich von ihr Antworten erhalten.
Glaube mir, ich habe immer wieder andere Fragen gehabt. Ist sie wirklich nicht erstickt? Hatte sie angst? Hat sie mich gehört? So Fragen, Zweifel und auch Vorwürfe mit dir selber, werden immer wieder kommen.
Ich rate Dir, zu einem Therapeuten zu gehen. Wenn Du so Fragen hast, kann er sie Dir beantworten.
Ich hatte einmal Zweifel, ob sie nun an Immunschwäche oder Krebs gestorben ist. Ob die Therapie schuld war, ob es besser gewesen wäre, wenn sie sie nicht gemacht hätte.... da habe ich einen Arzt, den ich um eine Zweitmeinung gebeten hatte, als Mama noch lebte, angeschrieben. Er hat mir direkt geantwortet.
Ich kann Dir nicht sagen, was Deine Mutter hatte, warum sie so reagiert hat. Ich denke mal, wir nicht Mediziner können´nur immer vermuten.
Geh zu einem Therapeuten oder Arzt. Frage ihn geradeheraus. Sonst wird dir die Frage immer im Kopf rumgeistern.

Ich wünsche Dir sehr viel Kraft. Und Stärke.
Glaube mir. Ich denke so oft, ich schaffe es nicht. Und doch. Es geht wieder.
Da fällt mir der Spruch meiner Oma ein: Was uns nicht umbringt, macht uns stark. Wir schaffen das.

Kopf hoch.

Liebe Grüße
Jeanine
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  #3  
Alt 11.11.2010, 17:23
Benutzerbild von susen10
susen10 susen10 ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Oh .......ja Tine
die gibt es sicher!!!!!!!!!!
ich vergesse es wohl nie in meinem Leben,es sind gerade mal 10 Wochen her
Mein Kind hat auch mind. 17 Std. und noch mehr gekämpft.
Ich erinnere mich so genau ,wie es war.
Mein Kind war die ganze Nacht unruhig ,immer wieder wollte er sich setzen
ich konnte ihn fast nicht mehr halten,weil er so zusammen gesackt war in meinen Armen.Dazu kommt ,er hatte 3 Schläusche ,die sich immer verfitzten und ich zu tun hatte dass sie nicht heraus gerissen werden.
Es waren Katheter ,Schmerzpumpe und Sauerstoff.
Immer wieder legte ich ihn hin ,es war schwer ,denn sein Körper war tonnenschwer.
Gesprochen hat mein Kind nichts mehr ,nur gestöhnt.
Er war in seinem Elternhaus,darüber bin ich sehr glücklich .
Ich bin mir sicher ,es war dieser TOTESKAMPF.Der Körper wollte nicht mehr,aber er schon.Er wollte nicht gehen und seine geliebte MAMA alleine lassen.(alle anderen natürlich auch nicht)
Sonntag gegen 13 uhr hat er von der Palliativ Beruhigungsspritze bekommen.
Ich wusste mir keinen Rat mehr und habe sie gerufen.
Sie haben uns auch aufgezogene da gelassen,eine haben wir noch gegeben,dann starb er um 18.40Uhr

Du siehst ,du bist nicht alleine und mach dir nicht soviel Gedanken,vorallem keine Vorwürfe.
Sicher hast du alles getan,so wie ich auch.
Kein Mensch weiss ,was wirklich beim sterben vor sich geht.
Ich denke es ist bei jedem auch anders,aber ich bin mir sicher bei meinem Kind war es so und nicht anders.

Ich wünsche dir viel Kraft
Mein herzliches Beiled an dieser Stelle

Liebe Grüße
die traurige Angelika
__________________

_____________________


Ich bin gegangen, nur einen kleinen Schritt
und gar nicht mal weit.
Und wenn Du dorthin kommst, wo ich jetzt bin,
wirst Du Dich fragen warum Du
geweint hast.
unbekannter Verfasser
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Mein geliebtes Kind *18.09.1976 +29.08.2010
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  #4  
Alt 11.11.2010, 19:49
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HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Liebe Tine,

ich habe schon viele Menschen beim Sterben begleiten dürfen - privat und auch beruflich (im Pflegeheim und im Hospiz).

Der Gedanken den ich Dir nehmen möchte ist, dass Deine Mutter Angst hatte oder Schmerzen weil ich darauf vertraue, dass die Mediziner diese Dinge ganz sicher mit Medikation weggedrückt haben.

Was aber immer mal vorkommt ist, dass ein Mensch sein Leben noch nicht loslassen will und kann und dagegen kämpft, aus seinem "Cocon" zu schlüpfen.

Manche sagen: der Mensch stirbt so, wie er geboren wird - der eine kann loslassen, der andere nicht. Oft brauchen Menschen länger, die sich noch Sorgen machen um etwas oder die auf jemanden warten, den sie noch mal im Leben bei sich spüren möchten.

Bei Heike war es für mich spürbar so.
Am Vortag ihres Sterbens habe ich ihr gesagt:
"Wenn du nicht mehr magst - es ist alles geregelt und ich verspreche dir von Herzen, dass ich für deine Kinder da bin - und das ist ein Versprechen für mein Leben. Wenn du also nicht mehr magst oder kannst - lass deinen kranken Körper einfach liegen, schlüpf raus und flieg einfach los ..."

Und genau so geschah es.


Mach Dir nicht so viele Gedanken - es macht Dich nur traurig und führt außerdem zu nichts. Du warst an Deiner Seite Deiner Mama und das ist ein besonderes Geschenk für SIE und auch für DICH!

Eine tröstende Umarmung,
Angie
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... meine Freundin Heike ist am 24. Mai 2010 mit 48 J ganz friedlich für immer eingeschlafen ...

... meine liebe Freundin Lilli44 - auch Du hast für immer Deinen Platz in meinem Herzen ...


... I`ll see you when the sun sets!!!
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  #5  
Alt 12.11.2010, 10:32
Benutzerbild von tine28
tine28 tine28 ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Jetzt sitze ich hier und meine Tränen kullern nur so.

Ich danke euch von tiefsten Herzen das ihr mir geantwortet habt.

Liebe Susan:
Wie traurig das wohl ist sein Kind in den Tod zu begleiten meine Oma 86Jahre war auch beim Sterben meiner Mama dabei und sie ist fast zusammengebrochen,wir mussten nur Aufpassen da sie starke Diabetikerin ist.

Meine Tränen fingen an zu kullern als dein Satz kam mit:

Zitat:
Ich bin mir sicher ,es war dieser TOTESKAMPF.Der Körper wollte nicht mehr,aber er schon.Er wollte nicht gehen und seine geliebte MAMA alleine lassen.(alle anderen natürlich auch nicht)
Sonntag gegen 13 uhr hat er von der Palliativ Beruhigungsspritze bekommen.
Ich wusste mir keinen Rat mehr und habe sie gerufen.
Sie haben uns auch aufgezogene da gelassen,eine haben wir noch gegeben
So war es bei uns auch ganz genau so.Bevor sie diese Medikamente von der palliativstation per Pumpe bekam wurde sie ruihg und ihre Atmung flach.
Vorher hatte sie massive Atemnot. Es war Morphium und wasAngstlösendes.

Sie hing sehr am Leben was ja kein Wunder ist mit 54jahren.
Ihre 2 kleinen Enkelkinder waren ihr ein und alles,jedes Wochenende bettelte sie rum das sie den kleinen haben will und sie hat soviel mit ihm gemacht von Zugfahren bis sonst was.

Sie war am Telefon immer so glücklich wenn Samuel bei ihr war und sie sagte immer das er ihr so gut tut weil es so eine schöne Ablenkung ist.
11 Tage vor ihrem Tod hat er nochmal bei ihr geschlafen und nur 2 Tage später fing es an mit Verwirrtheit und wurde von Tag zu Tag schlimmer.

Wir hatten jeden Tag kontakt und manchmal schlief sie sogar bei mir nur weil sie einen schönen Abend mit mir wollte.

Mein Papa musste da immer lächeln und sagte:
,,Du und deine Christine,,.

Dann war auch noch mein 15 jähriger Bruder an dem sie sehr hing.Er war nach 3 Mädchen der ersehnte junge für meine Eltern auch wenn es mit 39 jahren schon spät für ein Kind war aber als Mama hörte das es ein junge wird war ihr alles wurscht.
Er stand bei ihrem Tod kurz vorm Quali und wie soll es anders sein er hat ihn nicht geschafft.
Ein gutes hatte Mamas tot aber:

Sie starb am 25.2.2010 und mein Bruder hatte am 26.2.2010 ein Vorstellungsgespräch wegen einer Lehrstelle.
Er ging ordentlich Gekleidet mit verheulten und müden Augen trotzdem hin und der Chef hörte seine Geschichte,nahm den Stapel mit 150 Bewerbern vom Tisch und sagte:

Das du nach so einem schweren Schicksal das gerade mal ein Tag her ist trotzdem zu mir kommst erweist meinen grössten Respekt, Du hast die Lehrstelle.

Mama hätte sich sooooo gefreut.

Eure Tine
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  #6  
Alt 12.11.2010, 10:59
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susen10 susen10 ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Hallo Tine

noch eine kleine Berichtigung zu meinen Zeilen.
Doch mein Kind hat noch gesprochen,er sagte ständig
Hilfe Mama ......Hilfe......Bitte hilf mir doch!
Es spielt jetzt keine Rolle mehr,aber nachdem ich dir gestern
geschrieben hatte kam bei mir alles wieder hoch.
Habe mich halb tot geheult anschliessend.

Ich freue mich für deinen Bruder sehr ,dass es mit der Lehrstelle
geklappt hat.
Ich wünsche dir und deiner Familie alles Liebe
Deine Mam wird sicher ganz stolz auf Euch sein,
dessen bin ich mir sicher.

Liebe Grüße Angelika
__________________

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Ich bin gegangen, nur einen kleinen Schritt
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  #7  
Alt 12.11.2010, 12:50
Stefans Stefans ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Hallo Tine,

Zitat:
Zitat von tine28 Beitrag anzeigen
Es ist einfach eine Frage die mich echt quält.
Man stand daneben und konnte ihr nicht helfen um das es wieder besser wird.
Ja, das ist die Frage, die hat mich auch lange beschäftigt. Meine Frau ist mit 52 an BK gestorben, hier Zuhause, ich war in ihrer Todesnacht bei ihr. Sie konnte auch nicht mehr sprechen, aber noch verstehen, und noch meine Hand halten. "Friedlich" ist sie nicht gestorben. Die Verkrampfungen kenne ich auch, dann das Würgen, "Kaffeesatz-Kotzen", Schnappatmung... Wer weiss, ob und welche Schmerzen sie gehabt hat. Die Morphium-Dosis war hoch genug.

Das wird keiner beantworten können, aber es ist m.E. auch nicht wichtig, weil die Frage, die einen als Angehörigen quält, davon unabhängig ist: "warum konnte ich nicht helfen, sondern nur daneben stehen."

Ich glaube, auf die Frage gibt es nur eine Antwort: du konntest helfen, so viel wie möglich, indem du dabei warst. Mehr stand nicht in deiner Macht. Was bleibt, ist Verlust, Trauer, Nicht-begreifen-wollen... Aber ich glaube, das wäre ganz genau so, wenn deine Mutter "friedlich eingeschlafen" wäre.

Viele Grüße,
Stefan
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  #8  
Alt 12.11.2010, 14:34
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Hallo an alle,

während der Erkrankung meiner Mama, habe ich mich immer so sehr geklammert an jedes Fünkchen Hoffnung. Von Natur aus absolut pessimistisch eigentlich, habe ich da aber krampfhaft versucht, immer noch ein wenig Zuversicht schöpfen zu können.

Irgendwann wurd die gesundheitliche Tendenz immer eindeutiger. Es gab kein Beschönigen mehr, keinen Grund oder Anlass, noch fünkchenweise Hoffnung zu schöpfen.

Meine Mutter sagte mal zu mir:"Weißt Du, eigentlich denkt doch jeder nur an sich, und bemitleidet sich selber!"
Das stimmt. Weil man Angst hat. Angst vor dem Verlust, vor dem, was man sich in den schlimmsten Träumen nicht einmal vorstellen mag.

Eine Vorbereitung auf den Tag x, an dem man einen geliebten Menschen gehenlassen muss, gibt es nicht. Es ist nicht planbar, nicht kalkulierbar.

Seit meine Mama tot ist, da denke ich diese Gedanken, die ich früher verworfen hätte, zu Ende, und wenn sie auch noch so grausam, angsteinflößend oder beunruhigend sind. Ich bin einmal im Leben mit dem Supergau konfrontiert und seitdem bin ich auch nicht mehr in der Lage, gedanklich einen Schnitt zu machen.

Und ich glaube genau das ist es, was passiert, wenn man jemanden hat gehenlassen müssen. Man schont sich selbst nicht mehr.

Diese Gedanken, die einen umtreiben, die kenne ich auch. Das Hinterfragen der letzten Stunden und der letzten Tage, die Gewissheit, dass derjenige vielleicht hat noch sehr leiden müssen usw. Und man bekommt schlicht und ergreifend keine Antwort.

Ich versuche mich dann immer ein wenig damit zu trösten, dass ich mich frage, was Mama mir wohl sagen würde. Ich weiß was sie sagen würde, und das wiederum lässt es mich dann irgendwie aushalten.

Für mich war diese Machtlosigkeit das Allerschlimmste. Wie in einem bösen Traum, wo man quasi schon ahnt, wie es endet, und man rennt und rennt und kommt nicht von der Stelle und es holt einen, so oder so, immer ein, egal wie sehr man sich anstrengt.

Der Unterschied zu diesen Träumen ist, dass über den Tod hinaus eines beidseitig besteht. Die Liebe zueinander. Wenn man sich wieder ein wenig darauf besinnt, dann kann man es ein wenig besser ertragen.

Euch allen einen guten Tag

Annika
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  #9  
Alt 12.11.2010, 14:43
Benutzerbild von HeikesFreundin
HeikesFreundin HeikesFreundin ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

... auch wenn ich manchmal selber traurig bin ...

Ich möchte euch allen mal eine ganz feste, tröstende Umarmung schicken.

Einfach nur so.

Annika - ich glaube Du hast treffende Worte für alles Wesentliche
gefunden.
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... meine Freundin Heike ist am 24. Mai 2010 mit 48 J ganz friedlich für immer eingeschlafen ...

... meine liebe Freundin Lilli44 - auch Du hast für immer Deinen Platz in meinem Herzen ...


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  #10  
Alt 12.11.2010, 15:52
Pferdchen Pferdchen ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Mir laufen die Tränen wenn ich eure Zeilen lese.

Wenn ich jetzt noch mal darüber nachdenke wie es bei meinem Freund gewesen ist, wunder ich mich doch wie ruhig alles war.
Einen Tag vor seinem Tod war er nicht mehr ansprechbar und aus irgend einem Grund hat mir das nicht gesagt das es nun bald soweit sein wird....und das obwohl ich hier schon so viel gelesen hatte...
Morgens um 5:45 Uhr wurde ich angerufen ich soll schnell kommen, es geht zu Ende. Bei meiner Ankuft lagen im ganzen Zimmer Schläuche und mein Freund lag im Bett mit Schaum vor dem Mund, die Lunge hörte sich durch das viele Wasser an wie eine Babyrassel. Ich weiß bis heute nicht ob er in der Nacht gekämpft hat...ich habe nie wieder dieses Krankenhaus betreten oder mit einem der Ärzte gesprochen..
Das er überhaupt noch Atmen konnte, grenzte an ein Wunder. Er hat auf mich gewartet, davon bin ich überzeugt!
Ich habe mich zu ihm gesetzt und seine Hände gehalten, habe leise mit ihm geredet das er keine Angst haben braucht und seine Eltern auf ihn warten. In den 10 Minuten wurde sein Atmung fast unmerklich immer weniger und ich hatte keine Angst und ich glaube mein Freund auch nicht. Ich war dankbar das sein Leiden nun ein Ende hatte und er sich nicht weiter quälen mußte.

Tine ich glaube auch nicht das deine Mama Angst oder Schmerzen hatte, dafür werden die Ärzte gesorgt haben!

Alles Liebe

Michaela
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  #11  
Alt 12.11.2010, 18:08
Stefans Stefans ist offline
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Beiträge: 425
Standard AW: Warum ist das so?

Hallo Michaela,

Zitat:
Zitat von Pferdchen Beitrag anzeigen
aus irgend einem Grund hat mir das nicht gesagt das es nun bald soweit sein wird....und das obwohl ich hier schon so viel gelesen hatte...
Wer will schon sagen, wann "es" soweit ist. Als meine Frau damals zum Sterben aus der Klinik nach Hause kam, war am gleichen Tag meine Hausärztin da, die meine Frau vorher nicht kannte. Und die sagte zu mir: "Das ist nicht die Patientin, die sie mir beschrieben haben." Noe, war meine Frau da auch nicht. Die war völlig aufgedreht und glücklich, dass sie endlich nach Hause kommen durfte. Kein Vergleich zu den Wochen davor in der Klinik, wo sie nur traurig vor sich hin vegetierte und kaum was anderes sagen konnte als "wann darf ich endlich nach Hause? Holt mich hier raus!". Und als meine Frau gestorben war, Samstag morgens um vier, und ich etwas später die Hausärztin angerufen habe, sagte sie: "Das kann nicht sein, ihrer Frau ging es doch noch ganz gut."

Tja, tat es auch, noch bis 12 Stunden vor ihrem Tod. Da war noch eine Freundin zu Besuch, die ihr die dicken Beine massiert hat, und meine Frau war geistig voll da, hatte keine "besonderen" Beschwerden, und die beiden haben gescherzt: "Na, mit den dicken Füßen kannst du die high heels aber nicht anziehen!". Und meine Frau antwortete: "Das mache ich dann morgen." Am nächsten Morgen war sie tot. Abends habe ich gemerkt, dass sie geistig abwesend und etwas verwirrt war, und bin dann "vorsichtshalber" nicht schlafen gegangen - ich hatte wohl schon so eine Ahnung. Dann konnte sie nicht mehr sprechen, aber noch hören und mitunter lächeln. Und dann...

Zitat:
Er hat auf mich gewartet, davon bin ich überzeugt!
Das ist die Sache, die für mich an dem ganzen Sche*ss im nachhinein so positiv ist. Klar, jeder, der das mal erlebt hat, stand wie Tine da und konnte nicht "helfen". Aber das stimmt nicht ganz. Konnten wir, einfach, weil wir da waren. "Wir" hatten das große Glück, in den letzten Momenten des Lebens eines geliebten Menschens anwesend sein zu können. Dieser Mensch wollte nicht allein sterben, sondern wollte uns dabei haben.

Ich bin dafür sehr dankbar. Wenn ich mir vorstelle, dass es hier so passiert wäre (und das hätte gut sein können, wenn die Lieferzeit für die mobile Schmerzmittel-Pumpe noch ein paar Wochen länger gewesen wäre), wie meine Frau das niemals wollte. Dass sie in der Klinik gestorben wäre, Samstag früh um vier, allein, und ich wäre 6 Stunden später zu Besuch gekommen und hätte nur noch ihre Leiche gesehen, vielleicht noch im Kühlraum...

Ich glaube nicht, dass ich mit dieser Schuld des Zu-spät-gekommen-Seins weiterleben könnte. Von daher war das schon "gut" so, trotz aller Ohnmacht und Hilflosigkeit in den Todesstunden.

Viele Grüße,
Stefan
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  #12  
Alt 12.11.2010, 21:07
Pferdchen Pferdchen ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Ja Stefan, mir war es auch ganz besonders wichtig das ich bei ihm sein konnte. Ich hatte den Schwestern und Pflegern immer in den Ohren gelegen das sie mich ja gleich bei jeder Verschlechterung anrufen sollen und hätte es mir nie verziehen, wenn ich in diesem Moment nicht an seiner Seite gestanden hätte.
Ich hatte eh schon ein schlechtes Gewissen...die kurze Zeit seiner Krankheit war so chaotisch...
4 Wochen bevor wir in ein anderes Bundesland gezogen sind, bekam er die Diagnose BSDK und wurde operiert. Wir sind dann tatsächlich umgezogen und 2 Tage später mußte ich alleine unsere neue Selbständigkeit übernehmen und hatte natürlich sehr viel um die Ohren. Ich mußte mich vierteilen um alles unter einem Hut zu bekommen...den Umzug, die alte und die neue Selbständigkeit, die 2 Pferde am Haus, die Hunde und Katzen...und natürlich an erster Stelle der kranke Partner. Kurz vor seinem Tod, als er schon sehr verwirrt war, schaute er mich einmal ganz klar an und hat nur ein Wort gesagt: DANKE. Das hat mir so viel bedeutet.

Habe ich das richtig verstanden das deine Frau dich kurz bevor sie gestorben ist angelächelt hat? Was für ein schönes Geschenk von ihr!

Liebe Grüße

Michaela
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  #13  
Alt 13.11.2010, 13:46
Benutzerbild von annika33
annika33 annika33 ist offline
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Standard AW: Warum ist das so?

Zitat:
Zitat von Stefans Beitrag anzeigen
Ich glaube nicht, dass ich mit dieser Schuld des Zu-spät-gekommen-Seins weiterleben könnte. Von daher war das schon "gut" so, trotz aller Ohnmacht und Hilflosigkeit in den Todesstunden.

Viele Grüße,
Stefan
Hallo an alle,

ja, das ist auch schwer damit zu leben.

Für mich, mit einer der schwierigsten Teile, was das Versterben meiner Mutter angeht.

Ich war nicht dort. Ich fühle mich bis heute in gewisser Weise schuldig. Sie ist nicht alleine gestorben. Sie lag auf der Palliativstation und verstarb in den Armen einer Schwester. Ich war vorher noch da.

Zuerst dachte man, sie habe evtl. eine Lungenentzündung, aber im Gegenteil - das Röntgenbild sah gar nicht schlecht aus. Man gab "Entwarnung". Keine "konkreten Vorzeichen", nichts dergleichen. Still und heimlich ist sie fort.

Mein Mann und mein Stiefvater waren eine Stunde ehe Mama starb noch bei ihr. Sie schlief friedlich, und so sagten die Schwestern, sei sie auch gestorben. Einfach rübergeschlafen.

Meine Oma starb im März 09. Im Jahr zuvor, da lag sie mehrfach mit schlechtem Zustand im KH. Einmal, so dachte man, würde sie es nicht schaffen. Oma schickte mich fort. Nike, hat sie ich immer genannt. "Nike, geh. Wir sind im Reinen. Alles ist gut!" Ich bin gegangen damals. Das fiel mir zwar schwer, aber ich hatte das Gefühl nicht, sie alleine zu lassen, sondern es war der Respekt gegenüber ihrem immer geäußerten Wunschen. Oma starb damals nicht - sie schaffte es noch einmal.

Im März war es anders und klar. Die Nieren versagten und auf Grund der gesundheitlichen Vorgeschichte, kamen Optionen wie Dialyse nicht in Frage. Die Patientenverfügung war dahingehend auch eindeutig geregelt. Sie war an die Geräte angeschlossen, und ich saß einige Stunden an ihrem Bett und hielt ihre Hand. Ob sie mich gehört hat, das weiß ich nicht genau. Aber als ich ihr meine Versprechen und letzten Worte ins Ohr sagte, da zog sie die Stirn kraus, so wie ein Kind schaut, wenn man ihm etwas ins Ohr flüstert. Skeptisch, hinterfragend, langsam verstehend und dann beruhigt. Die Vitalparameter sanken drastisch ab und die Schwestern kamen auch zwischendurch ins Zimmer. Die eine streichelte meine Schulter und sagte, es würde nicht mehr lange dauern. Ich ging dann. Das bereue ich nicht, denn ausdrücklich war das stets ihr Wunsch. Ich sollte da nicht bei sein!

Bei Mama ist es anders. Das tut mir unendlich leid, und ich wünschte mir sehnsüchtig den Zeiger zurückdrehen zu können. Merkwürdig eigentlich. Die ganze Erkrankung über, war das der Zeitpunkt, vor dem ich die meiste Angst hatte. Heute wünschte ich mir nichts sehnlicher, als dabeigewesen zu sein.

Darum kann ich die Dankbarkeit, die Stefans beschreibt, gut verstehen. Bei mir ist an der Stelle ein ewiger Gewissensbiss und die Frage, ob ich etwas falsch gemacht habe. Auch hier weiß ich genau, was meine Mutter sagen würde.

Die Verhältnismäßkeit, die Konstellation ist ja anders. Ich weiß nicht, ob ich meine Kinder gerne beim Sterben dabei hätte. Das ist für mich derweil nicht zu beantworten und nicht konkret vorstellbar. Ich glaube meinen Mann, den würde ich schon dabeihaben wollen.

Was den Tod meiner Mutter angeht, so gibt es für mich keinen "seelischen Freispruch". Ein "Fehler", der nicht zu revidieren ist. Ich muss damit leben, und all meine Hoffnung ruht darauf, dass ich ihr eines Tages vielleicht doch noch mal mitteilen kann, wie leid es mir tut.

Euch allen einen guten Tag

Annika
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